Geburtshilfe Frauenheilkd 1989; 49: 127-139
DOI: 10.1055/s-2008-1026594
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Relaxin, ein wiederentdecktes Hormon für Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin

Relaxin, a Rediscovered Hormone for Both Delivery at Term and Reproductive MedicineF. Jockenhövel
  • Max-Planck-Gesellschaft, Klinische Forschungsgruppe für Reproduktionsmedizin und
  • Institut für Reproduktionsmedizin der Universität Münster
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Zwei Aspekte der Wirkung von Relaxin im weiblichen Organismus sind besonders gut erforscht: die inhibierende Wirkung auf die Kontraktilität des Myometrium und die diktierende Wirkung auf die Zervix. Im Gegensatz zu Relaxin wirken Oxytozin und Prostaglandine auf die Zervix fast ausschließlich indirekt über die Steigerung der uterinen Kontraktionen. Dies unterwirft Mutter und Kind einem erhöhtem Risiko. Relaxin setzt dagegen direkt an der Zervix an und bewirkt eine Dilatation, ohne die uterine Aktivität zu steigern. Sollte dieses Wirkprinzip in die Klinik umsetzbar sein - die Ergebnisse der ersten klinischen Studien machen dies sehr wahrscheinlich -, würde Relaxin zu einem wichtigen Medikament werden. Daher ist die Durchführung weiterer klinischer Studien dringend erforderlich. Durch den Einsatz der Gentechnologie ist die Produktion größerer Mengen menschlichen Relaxins ermöglicht worden, so daß durch die Verwendung homologen Materials die Ergebnisse gegenüber den früheren Studien verbessert werden können, und die Gefahr der Induktion einer Antikörperbildung gegen heterologes Relaxin nicht gegeben ist.

Ein Paradoxon in der Wirkung Relaxins ist mit dem gegenwärtigen Verständnis der Endokrinologie der Schwangerschaft nicht zu klären. Einerseits hemmt Relaxin uterine Kontraktionen, ist also schwangerschaftserhaltend, andererseits fördert es die zervikale Dilatation und unterstützt so die Geburt. Zur Zeit liegen noch keine Studien vor die untersucht haben, ob diese Wirkungen des Relaxins gleichzeitig ausgelöst werden können oder ob unterschiedlich hormonelle Milieus erforderlich sind.

Die Funktion des plazentaren Relaxins ist noch völlig unbekannt. Die in anderen Geweben erwiesene proteolytische Wirkung Relaxins spielt möglicherweise eine Rolle bei der Ablösung der Plazenta.

Von der Onkologie bisher unbeachtet blieb die Beobachtung, daß Relaxin mitogen für Zellen des Brustdrüsenkörpers ist, und im Tierversuch das Wachstum von Brustdrüsentumoren fördert. Die Bedeutung dieser Beobachtungen für die Entstehung und das Wachstum der Mammakarzinome beim Menschen bedarf der weiteren Abkläru ng.

Ebenso wichtig ist die Aufklärung der Funktion des Relaxins für die männliche Fortpflanzungsphysiologie. Relaxin scheint die Spermienmotilität zu steigern, doch bis jetzt hat man noch nicht die richtige Methode entwickelt, dieses eindeutig darzustellen. Auch aus dieser Eigenschaft des Relaxins ergäben sich weitreichende Konsequenzen für Diagnostik und Therapie in der Reproduktionsmedizin. Der Nachweis des Mangels von Relaxin im Seminalplasma würde nicht nur der Aufklärung der Ätiologie einer Form von Asthenozoospermie bedeuten, sondern würde durch den Zusatz von Relaxin zum Seminalplasma bei Inseminationen die erste kausale Therapie bei Verminderung der Spermienmotilität bedeuten.

Abstract

Relaxin, a Polypeptide structurally related to the insulin family of hormones, plays an important role in reproductive physiology. In the female, it is mainly produced by granulosa cells, though in some species, placenta and endometrium also produce relaxin.

Measurements of increased relaxin activity prior to Ovulation and several in-vitro studies suggest that relaxin plays a role in the auto- or paracrine regulation of follicular wall degradation.

However, one of relaxin's major physiological functions is the inhibition of uterine contractility during pregnancy. Uterine quiescence is established in synergism with progesterone. Oestrogen exposure of the uterus is a prerequisite for relaxin's effect, since estradiol stimulates uterine relaxin receptors. Relaxin reduces myometrial contractility through decreased intracellular Ca2+ content, reduced uterine prostacyclin production and reduced phosphorylation of the myosin complex.

At term, relaxin facilitates remodeling of the cervix and symphysis, allowing greater distensibility and flexibility, thereby reducing duration of labour. In clinical trials heterologous relaxin applied locally to the cervix accelerates vaginal delivery by a direct effect on the cervix, without increasing uterine activity. If this effect can be confirmed in larger clinical studies, relaxin might become of major importance for obstetricians.

In the male, seminal plasma contains high concentrations of relaxin, which is most likely produced by the prostatic epithelium. Several in-vitro studies indicate a stimulatory effect of relaxin on human sperm motility. This, however, needs further investigation.

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