Geburtshilfe Frauenheilkd 1989; 49(8): 720-727
DOI: 10.1055/s-2008-1036073
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Zum Einfluß geburtshilflich-perinatologischer Maßnahmen auf die Mortalität und Frühmorbidität von Frühgeborenen der Gewichtsklasse 500 bis 1500 Gramm

Influence of Obstetric-Perinatological Measures on Mortality and Early Morbidity of Premature New born Children Weighing 500-1500 GrammesH. J. Voigt, N. Lang, H. Segerer, K. Stehr1
  • Klinik für Frauenheilkunde mit Poliklinik und Hebammenschule der Universität Erlangen-Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. N. Lang)
  • 1Klinik mit Poliklinik für Kinder und Jugendliche der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Direktor: Prof. Dr. K. Stehr)
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. März 2008 (online)

Zusammenfassung

In einer retrospektiven Analyse der perinatalen Einflußfaktoren von 186 Frühgeborenen der Erlanger Universitäts-Frauenklinik aus den Jahren 1982 bis 1987 mit einem Geburtsgewicht von 500 bis 1500 g wurde die Mortalität und die Frühmorbidilät, charkterisiert durch Hirnblutungen, Atmenotsyndrom und Infektionen in ihrem Zusammenhang mit dem geburtshilflichen Vorgehen und der pädiatrischen Intensivbehandlung untersucht. Es wurden 45 Kinder der Jahrgänge 1982/83 den 141 Kindern, die von 1984 bis 1987 einem veränderten Behandlungsprinzip unterworfen waren, gegenübergestellt. Im zweiten Untersuchungszeitraum ließ sich eine deutliche Senkung der Mortalität und der Inzidenz der asphyxie-bedingten, schweren Hirnblutungen und des Atemnotsyndroms beobachten. Als signifikante geburtshilfliche Einflußfaktoren erwiesen sich ein großzügigerer Entschluß zur operativen Entbindung durch die Sectio, die Verkürzung der Latenzzeit nach vorzeitigem Blasensprung und die stärkere Präsenz eines neonatologisch erfahrenen Teams von Pädiatern. Die beobachtete Verdreifachung der Sectiofrequenz hat zu einer Reduktion der perinatalen Mortalität und Morbidität um 50 % geführt. Von der großzügigen Indikation zur Sectio profitieren vor allem die BEL-Kinder, bedingt auch die Schädellagen-Kinder. Die Verkürzung der Latenzphase bei vorzeitigem Blasensprung führte zu einer deutlichen Senkung der Infektionsmorbidität und Mortalität. Es wird daraus der Schluß gezogen, daß das häufig geübte abwartende Verhalten mit dem Ziel, die Lungenreife zu verbessern, zugunsten einer aktiveren, die Infektion und das Geburtstrauma vermeidenden Geburtsleitung aufgegeben werden sollte. Die Basis für geburtshilfliche Entscheidungen sollte mehr die pränatale Gewichtsschätzung als das errechnete Gestationsalter sein. Als untere Grenze des mit einem gesunden Leben zu vereinbarenden Geburtsgewichtes werden derzeit 750 g angesehen.

Abstract

In a retrospektive analysis of perinatal influencing factors in 186 premature newborns of the Department of Gynaecology of the University of Erlangen covering the period from 1982- 1987 with birth weights between 500 and 1500 grammes, the mortality and early morbidity were analysed, as characterised by cerebral haemorrhages, respiratory distress syndrome and infections insofar, as they had been connected with the obstetrical approach and paediatric intensive-care treatment. 45 infants born in 1982/ 83 were compared with 141 infants, who had been subjected to a different treatment approach during 1984 to 1987. During the second period, there was a marked drop both in mortality and in the incidence of asphyxia-induced severe cerebral haemorrhage and of the respiratory distress syndrome. A shortened latency period after premature rupture of the amnion, and a more pronounced presence of a neonatologically experienced team of paediatricians were found to be significant obstetric liberal influencing factors in determining the need to perform Caesarian section. The triplication of the frequency of Caesarean section observed resulted in a 50% reduction in perinatal mortalily and morbidity. Infants with pelvie presentation benefited most from the more liberal performance of Caesarean section, as did infants with vertex presentation. Shortening of the latency phase in premature rupture resulted in a marked reduction in infection morbidity and mortality. Therefore we conclude, that the frequently practised procrastinalion with the aim to await an improvement in hing maturity should be replaced by a more active obstetric management, avoiding both infection and birth trauma. Obstetric decisions should be based rather on prenatal estimation of weight than on the calculated gestational age. At present, the lowest birth weight associated with the expectation of a healthy life is considered to be 750 grammes.

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