Geburtshilfe Frauenheilkd 1989; 49(10): 857-864
DOI: 10.1055/s-2008-1036100
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Definition und ätiologische Faktoren der hypotonen Urethra in Verbindung mit der Streßharninkontinenz der Frau*

Definition and Etiological Factors of Hypotonic Urethra associated with Stress-Induced Urinary Incontinence in the FemaleTh. Schwenzer, Claudia Schwenzer, M. Schwenzer1
  • Universitätsfrauenklinik Düsseldorf (Dir.: Prof. Dr. L. Beck)
  • 1Arbeitsmedizinisches Zentrum Farbwerke Hoechst AG
* Herrn Prof. Dr. med. A. W. Schwenzer zum 70. Geburtstag gewidmet.
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. März 2008 (online)

Zusammenfassung

Bei 555 streßinkontinenten Patientinnen und 119 kontinenten Vergleichspersonen wurden Anamnese, klinische Befunde und urodynamische Parameter mit der Frage untersucht, wie die hypotone Urethra definiert werden kann und ob es ätiologisch bedeutsame Faktoren für die hypotone Urethra gibt.

Die lineare Altersabhängigkeit des Urethradruckes und des Urethraverschlußdruckes, wie sie aus vorliegenden Untersuchungen anzunehmen war, konnte bestätigt werden. Als hypotone Urethra werden Befunde mit einem Verschlußdruck unterhalb der einfachen Standardabweichung einer Normkurve definiert. Auch der Verschlußdruck bei streßharninkontinenten Patientinnen nimmt linear mit dem Alter ab. Dabei können Patientinnen mit Streßharninkontinenz in zwei Gruppen unterteilt werden, die sich anhand ihres Verschlußdruckes unterscheiden: 46% der Patientinnen dieser Untersuchung wiesen eine hypotone Urethra auf- Bei 54% war der Verschlußdruck annähernd so hoch wie bei den Frauen des kontinenten Vergleichskollektivs.

Weiter zeigte sich, daß vorangegangene Inkontinenzoperationen, aber auch andere operative Eingriffe wie die einfache Hysterektomie, häufig einen negativen Einfluß auf den Urethraverschlußdruck haben und die Hypotonie begünstigen können. Mit der Abnahme des Verschlußdrukkes ist regelmäßig auch eine signifikante Verkürzung der Harnröhre verbunden. Das Maximum des Verschlußdruckes verschiebt sich nach distal. Frauen, die trotz hypotoner Urethra kontinent sind, bauen auf einer breiten Zone der funktionellen Urethralänge einen positiven Verschlußdruck auf, während bei den Inkontinenten schon schwache Hustenstöße, die den Blasenverschluß im Verschlußmaximum noch nicht sprengen, zu einer Öffnung der Harnröhre führen und es zum Druckangleich zwischen Blase und Urethra kommt.

Abstract

In 555 stress-induced urinary incontinent and 119 continent women patients, we studied the history, clinical and urodynamic investigations to define the hypotonic Urethra and to find out important etiological factors of the low urethral closure pressure.

The linear depression of the urethral pressure and the urethral closure pressure at rest - well known from literature - has been confirmed in this study. With hypotonic urethra, closure pressure values were found to be below the simple standard deviation from a norm-curve. Also, in cases of stress urinary incontinence, we found a nearly linear depression of closure pressure. The stress incontinent patients could be devided in two groups: 46% with hypotonic urethra, 54% with nearly normal closure pressure.

History of former incontinence surgery, but also of other operations such as simple abdominal or vaginal hysterectomy, is correlated with low urethral closure pressure. The degree of closure pressure is correlated with shortening of the functional urethral length. The maximum closure pressure shifts distally. Women, who, despite hypotonic urethras. are continent, build up a positive closure pressure throughout a broad zone of the functional urethral length. Contrarily, in the case of incontinent patients, even a weak coughing spasm, which does not even break through the bladder sphincter in maximum closure, can cause opening of the urethra and establishment of pressure equilibration between bladder and urethra.

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