Zusammenfassung
Der Schwangerschaftsabbruch ist zunächst ein biologisches Problem, und die im übertragenen
Sinn des Wortes abrupte Unterbrechung des physiologischen Phänomens Schwangerschaft
kann nur ein willkürlicher Eingriff in die Biologie der Mutter-Frucht-Beziehung sein.
Der Schwangerschaftsabbruch muß aber auch als psychologisches, soziologisches und
gesellschaftspolitisches Problem gesehen werden. Leben wir doch in einer Zeit, in
der Schwangerschaftsabbruch unter bestimmten Bedingungen gesetzlich erlaubt und ärztlicherseits
durchgeführt werden kann.
Es wird in diesem Referat betont, daß bei gesicherter pränataler Diagnose einer schweren
Entwicklungsstörung, wie z. B. Down-Syndrom (Trisomie 21), bzw. bei einem wissenschaftlich
gesichert hohen Risiko zu angeborenen Defekten der Schwangeren unter den Voraussetzungen
einer eingehenden humangenetischen Aufklärung und Beratung der Abbruch dieser Schwangerschaft
möglich gemacht werden soll.
Es ist conditio sine qua non, daß die letzte Entscheidung von der Frau zu treffen
ist. Daß jedoch diese Entscheidung neben der medizinischen Problematik von einer Fülle
von familiären, persönlichen weltanschaulichen, also zutiefst menschlichen Faktoren
gesteuert wird, ist ebenso verständlich wie der Umstand, daß in die ärztliche Beratung
persönliches Erleben und Erfahrung des Arztes, seine weltanschauliche Bindung, seine
ärztliche Erziehung, aber auch sein Wissen um die psychologischen, physischen Zwänge
und sozialen Ängste der Schwangeren mitwirken. Der Gynäkologe, der dann den Eingriff
durchführt, soll und muß seine ärztliche Aufgabe unter eben denselben Gesichtspunkten
sehen. Diese Vorgangsweise, die über eine spezielle Indikation zum Abbruch führt,
kann nur dann möglich sein, wenn wir bedenken, wie unendlich schwierig, mühsam und
deprimierend die Entwicklung stark geistig Behinderter vor allem im Erwachsenenalter
wird. Auch in unserer Zeit ist es ein Leben voll von Nöten, Leiden, Einengungen und
Isolation. In einem frühen Stadium der Gravidität diese abzubrechen, scheint uns ein
möglicher Weg für jene Eltern zu sein, die sich einer solchen Belastung über Jahre
und Jahrzehnte hinweg nicht gewachsen fühlen.
Abstract
Therapeutic abortion is formost a biological problem. The abrupt termination of the
physiologic phenomenon of pregnancy is a sudden interference with the biology of the
interaction between mother and fetus.
Therapeutic abortion is also a psychological, a socialogical and a political problem.
Today therapeutic abortion is legal under certain condition and done by physicians.
This review supports therapeutic abortion for prenatally determined abnormalities
which have a scientifically high risk of defective off spring especially trisomy 21.
Intensive genetic counselling prior to the therapeutic abortion is necessary.
The last decision for the therapeutic abortion rests with the pregnant mother. The
genetic medical problem is only part of the decision making since a number of familial,
personal, religious and human factors are involved in the decision. The experience
of the physician, his world view, his medical education, his knowledge of the psychological
and physical and social anxieties of the pregnant patient also modify the decision
making. The gynaecologist who carried out the therapeutic abortion needs to take these
factors into account. Considering how difficult and depressing the development of
severely mentally retarded persons is especially when they reach adulthood and how
limited there life is by suffering, limitations and isolation therapeutic abortion
is a valuable method to spare parents the stress of caring for severely mentally retarded
offspring for years and decades.