Zusammenfassung
Die vorliegende Studie untersucht die Supprimierbarkeit des freien Plasmaöstriols
bei 12 Patientinnen mit Risikoschwangerschaften in der 32. bis 39. SSW. Im einzelnen
bestand bei 4 Patientinnen eine Gestose, die in drei Fällen mit einer Plazentainsuffizienz
kombiniert war und in 2 Fällen eine intrauterine Dystrophie zur Folge hatte. Bei weiteren
7 Patientinnen lag eine Plazentainsuffizienz vor, sechsmal verbunden mit einer intrauterinen
Dystrophie. Eine Patientin wies eine Anämie mit Wachstumsretardierung des Föten auf.
Die Blutentnahmen erfolgten halbstündlich von 17 bis 2 Uhr und um 3 Uhr. Von 20 Uhr
bis 2 Uhr wurden 0,25 mg ACTH 1 - 24 (Synacthen®) infundiert. Freies Plasmaöstriol
wurde radioimmunologisch, Plasmacortisol mit der Proteinbindungsmethode gemessen.
Unabhängig von der Ätiologie der gestörten Schwangerschaft teilten wir die Patientinnen
nach der Höhe der Östriolspiegel in der Kontrollperiode in eine Gruppe (I) mit durchschnittlichen
Konzentrationen über 6 ng/ml und eine Gruppe (II) mit unter 6 ng/ml liegenden Werten
ein und verglichen sie mit Normalschwangerschaften.
Die Werte in der Kontrollperiode von 17 bis 20 Uhr fielen von den normalen Schwangerschaften
(21,5 ± 9,3 ng/ml) zu Gruppe I (8,6 ± 2,4 ng/ml) und Gruppe II (3,8 ± 1,2 ng/ml) jeweils
signifikant ab (p < 0,001). Als Ausdruck einer dynamischen Östriolproduktion in den
Abendstunden betrug der maximale Konzentrationsanstieg bei den Normalschwangerschaften
in der Kontrollperiode 7,9 ng/ml; er fiel auf 3,0 ng/ml bei Gruppe I und 1,2 ng/ml
bei Gruppe II ab.
Unter ACTH nahmen bei allen drei Gruppen die Östriolspiegel signifikant ab. Der durchschnittliche
Konzentrationsabfall betrug bei den gesunden Schwangeren 8,6 ng/ml (44%), er lag bei
Gruppe I bei 2,7 ng/ml (38%) und war bei Gruppe II mit 0,8 ng/ml (27%) am geringsten.
Die Gruppe II wies mit 3 Totgeburten und 2 asphyktischen Neugeborenen die höchste
Mortalitäts- und Morbiditätsrate auf. Bei Gruppe I wurden zwei unauffällige und vier
mangelentwickelte, aber klinisch vitale Neugeborene entbunden.
Nach diesen Ergebnissen zeichnet sich die besonders gefährdete Schwangerschaft durch
niedrigere Östriolwerte am Abend, ein Fehlen der dynamischen Östriolproduktion und
durch eine verminderte Supprimierbarkeit unter ACTH aus.
Abstract
The present study investigates the suppression of free plasma oestriol in 12 high-risk
pregnancies from the 32nd to 39th week of gestation. 4 patients suffered from gestosis, three times combined with placental
insufficiency and in addition twice with fetal growth retardation. 7 patients presented
placental insufficiency, in 6 cases associated with fetal growth retardation. 1 patient
exhibited severe anemia also together with fetal growth retardation.
Blood was drawn every 30 minutes from 5 p.m. to 2 a.m., and at 3 a.m. From 8 p.m.
to 2 a.m. 0,25 mg ACTH 1 - 24 (Synacthen®) was infused. Free plasma oestriol was measured by radioimmunoassay.
Plasma cortisol was quantitated by the protein binding method. According to the oestriol
levels in the control period patients were divided in 2 groups (mean values above
or below 6 ng/ml) and compared with normal pregnancies. Mean values in the control
period from 5 p.m. to 8 p.m. decreased from normal pregnancies (21,5 ± 9,3 ng/ml)
to group I (8,6 ± 2,4 ng/ml) and group II (3,8 ± 1,2 ng/ml) (p<0.001). Indicating
dynamic oestriol production in the evening the maximum rise of oestriol was in normal
patients 7,9 ng/ml during this period. The maximum rise was in group I 3,0 ng/ml and
in group II 1,2 ng/ml.
During ACTH-infusion in all three groups oestriol levels decreased significantly (p<0,001).
The mean decrease was in normal pregnancies 8,6 ng/ml (44%), in group I 2,7 ng/ml
(38%) and in group II only 0,8 ng/ml (27%). Group II exhibited with 3 still births
and 2 distressed newborns the highest rate of mortality and morbidity. In group I
2 normal and 4 growth-retarded babies were delivered.
These results suggest that fetal jeopardy is evidenced by low oestriol values in the
evening, the absence of episodic secretion and a diminished suppression under ACTH.