psychoneuro 2008; 34(1): 7
DOI: 10.1055/s-2008-1040373
Magazin

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Alkoholabhängigkeit und antisoziale Persönlichkeitsstörung - Greifswalder Familienstudie - Risiko für Verhaltensstörungen der Kinder

Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Februar 2008 (online)

 

Inwieweit das Trinkverhalten der Eltern das psychosoziale Verhalten ihrer Kinder beeinflusst, wird kontrovers diskutiert. Einige Studien berichteten, dass Kinder alkoholkranker Eltern eine höhere Prävalenz für Aufmerksamkeitsstörungen sowie aggressives Verhalten und Straftaten aufweisen [1], [2]; die Daten in der Literatur sind jedoch widersprüchlich. Möglicherweise kann dies auf methodische Probleme zurückgeführt werden. So wurde beispielweise nicht in allen Studien genau erfasst, ob die Eltern neben ihrer Alkoholabhängigkeit auch an antisozialer Persönlichkeitsstörung (ASPD) litten, die ebenfalls zu Verhaltensstörungen der Kinder beitragen kann. ASPD ist eine Störung, die vor allem bei Männern sehr eng mit Substanzabhängigkeit und -missbrauch zusammenhängt [3]. In der Allgemeinbevölkerung ist das Risiko für Alkoholabhängigkeit bei Menschen, die von ASPD betroffen sind, 21-fach höher als bei Nichtbetroffenen [5]. Etwa jeder Fünfte mit Alkoholproblemen leidet gleichzeitig auch an ASPD [4].

In der Greifswalder Familienstudie wurde jetzt genau untersucht, ob Kinder alkoholabhängiger Eltern oder von Eltern mit ASPD ein höheres Risiko für psychosoziale Störungen aufweisen als Kinder alkoholabstinenter Eltern. Wissenschaftler der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, Greifswald, untersuchten 340 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 18 Jahren. Aus dieser Gruppe wiesen 76 Jugendliche eine positive Familiengeschichte für Alkoholismus auf und 47 Jugendliche eine positive Familiengeschichte für eine antisoziale Persönlichkeitsstörung der Eltern. Lediglich die Kinder der Eltern mit ASPD zeigten signifikant höhere Werte für Aufmerksamkeitsprobleme, aggressives Verhalten oder Straftaten. Bei Kindern alkoholkranker Eltern zeigte sich dagegen keine statistische Signifikanz für einen direkten Zusammenhang zwischen der Alkoholabhängigkeit der Eltern und der psychosozialen Störung ihrer Kinder.

KW

Quelle: Barnow S et al. The influence of parental drinking behaviour and antisocial personality disorder on adolescent behavioural problems: results of the Greifswalder Family Study. Alcohol Alcohol 2007; 42 (6): 623-628

Literatur

  • 01 Barnow S . Lucht M . Freyberger HJ . Alkoholprobleme im Jugendalter unter Berücksichtigung der Hochrisikogruppe Kinder alkoholkranker Eltern. Ergebnisse einer Familienstudie in Mecklenburg-Vorpommern.  Der Nervenarzt. 2002;  73 (7) 671-679
  • 02 Barnow S . Schuckit M . Smith TL . et al . The relationship between the family density of alcoholism and externalizing symptoms among 146 children.  Alcohol and Alcoholism. 2002;  37 (4) 383-387
  • 03 Grant BF . Stinson FS . Dawson DA . et al . Co-occurrence of 12-month alcohol and drug use disorders and personality disorders in the United States: results from the National Epidemiologic Survey on Alcohol and related conditions.  Archives of General Psychiatry. 2004;  61 361-368
  • 04 Helzer JE . Pryzbeck TR . The co-occurrence of alcoholism with other psychiatric disorders in the general population and its impact on treatment.  Journal of Studies on Alcohol. 1988;  49 (3) 219-224
  • 05 Regier DA . Farmer ME . Rae DS . et al . Comorbidity of mental disorders with alcohol and other drug abuse. Results from the Epidemiologic Catchment Area (ECA) Study.  JAMA. 1990;  264 2511-2518
    >