Klin Monbl Augenheilkd 1988; 192(2): 108-112
DOI: 10.1055/s-2008-1050084
© 1988 F. Enke Verlag Stuttgart

Augenbewegungs-Muster bei homonymer Hemianopsie und visuellem Hemineglekt

Okulographische Abgrenzungs-Kriterien anhand von 19 Fällen und diagnostische BedeutungEye Movement Patterns in Homonymous Hemianopia and Visual HemineglectO. Meienberg
  • Neurologische Universitätsklinik Basel
    (Vorsteher: Prof. Dr. med. H. E. Kaeser)
Further Information

Publication History

Manuskript erstmals eingereicht 23.9.1987

zur Publikation in der vorliegenden Form angenommen 21.12.1987

Publication Date:
11 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Patienten mit homonymer Hemianopsie sind im Alltag sehr unterschiedlich behindert. Neben erhaltenen Restfunktionen in der betroffenen Gesichtsfeldhälfte sind dafür zum Teil auch okulomotorische Kompensationsmechanismen oder das zusätzliche Vorliegen eines visuellen Hemineglektes verantwortlich. Um Objekte in ihrer blinden Gesichtsfeldhälfte zu finden, wenden solche Patienten im wesentlichen drei okulomotorische Suchstrategien an: Eine „Treppenstufen”-Strategie, eine „Überschieß”-Strategie und eine „Prädiktive” Strategie. Patienten mit einem zusätzlichen visuellen Hemineglekt hingegen sind weder imstande, eine „Prädiktive” Strategie anzuwenden, noch entwickeln sie mit der Zeit eine „Überschieß”-Strategie. Anhand von 19 Fällen mit homonymer Hemianopsie und/oder visuellem Hemineglekt wird gezeigt, dass es mit den von uns früher zusammengestellten okulographischen Kriterien möglich ist, bei homonymer Hemianopsie einen zusätzlichen visuellen Hemineglekt objektiv und quantitativ zu erfassen. Die praktische Bedeutung dieser Möglichkeit liegt darin, dass Patienten mit einem Hemineglekt wesentlich mehr behindert sind, ihre Behinderung aber ignorieren oder unterschätzen.

Summary

Patients with homonymous hemianopia are quite differently handicapped in daily life. While residual visual functions in the blind hemifield can be responsible for such differences in visual orientation, compensatory oculomotor mechanisms or the presence of additional visual hemineglect may also play a role. In order to find objects in their blind hemifield such patients essentially employ three oculomotor searching strategies: A “staircase” strategy, an “overshoot” strategy, and a “predictive” strategy. Patients with additional visual hemineglect, however, are neither able to use the predictive strategy, nor can they develop an overshoot strategy with time. Oculographic criteria compiled previously by the present authors were employed in 19 cases with homonymous hemianopia and/or visual hemineglect to demonstrate the possibility of an objective and quantitative delimitation of these two disorders. The practical importance of such a delimitation is that patients with hemineglect are much more handicapped, but ignore or underestimate their handicap.

    >