Pädiatrie up2date 2008; 3(4): 359-372
DOI: 10.1055/s-2008-1077665
Gastroenterologie

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Ikterus bei Kindern und Jugendlichen

Stefan  Wirth
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Publication Date:
04 December 2008 (online)

Einleitung

Der Ikterus, im Volksmund Gelbsucht genannt, betrifft selten junge Menschen. Verfärbt sich die Haut eines Kindes oder Jugendlichen aber gelb, muss der behandelnde Arzt diesen Befund zügig und effizient abklären. Für die Gelbfärbung der Haut ist das Bilirubin, ein Abbauprodukt des Hämoglobins, verantwortlich. Seinen Metabolismus gilt es zu verstehen, um angemessene Aussagen über die Ursache eines Ikterus machen zu können. Der Ikterus kann Ausdruck einer akut lebensbedrohlichen Erkrankung oder aber der Beginn eines chronischen Leidens sein. Die Differenzialdiagnosen älterer Kinder und Jugendlicher unterscheiden sich dabei wesentlich von denen Neugeborener und Säuglinge.

Bilirubinmetabolismus

Bilirubin ist ein Produkt des Hämoglobinmetabolismus. Hämoglobin wird im retikuloendothelialen System zu Biliverdin abgebaut und dann durch die Hämoglobinoxygenase und Biliverdinreduktase zu Bilirubin metabolisiert. Bilirubin ist primär lipophil und wird auf dem Transport vom retikuloendothelialen System in die Leber an Serumalbumin gebunden. Über Rezeptoren nehmen Leberzellen solche Bilirubin-Albumin-Komplexe auf. Die Rezeptoren schleusen diese Komplexe durch die Hepatozytenmembran in deren Zytoplasma und binden sie am glatten endoplasmatischen Retikulum. Hier erfolgt die Konjugation zu wasserlöslichem Bilirubin, das nun als Bilirubinmonoglucuronid oder nach Glucuronisierung durch die UDP -Glucuronyltransferase als Bilirubindiglucuronid vorliegt. Das konjugierte Bilirubin wird durch kanalikuläre Membrantransporter in die Gallekanälchen transportiert. Es mischt sich mit weiteren Gallesäften und gelangt von dort ins Intestinum. Die Darmflora baut es zu Urobilinogen und Sterkobilin ab. Das Serumbilirubin setzt sich aus unkonjugiertem und konjugiertem Anteil des Bilirubins zusammen. Gleichbedeutend verwendet man auch die Begriffe indirektes und direktes Bilirubin (Abb. [1]).

Zu beachten ist das so genannte Deltabilirubin. Es stellt eine Fraktion des kovalent an Albumin gebundenen Bilirubinglucuronids. Bei einer akuten Erkrankung kann es die messbare Hyperbilirubinämie verlängern, während sich andere Lebersyntheseparameter bereits normalisieren [1] [2].

Merke: Bei bestehendem Ikterus muss der Arzt frühzeitig zwischen einer möglichen Hämolyse und einer Lebererkrankung differenzieren. Abb. 1 Vereinfachtes Schema des Bilirubinmetabolismus.

Definition

Als Abbauprodukt des Hämoglobins färbt Bilirubin Haut, Konjunktiven und Körperflüssigkeiten gelb. Bei älteren Kindern ist ein Ikterus ab einem Gesamtbilirubinwert von 2 – 3 mg/dl (34,3 – 51,3 mmol/l) sichtbar. In der Regel bezeichnet man ein Gesamtbilirubin unter 1,5 mg/dl als normal.

Man unterscheidet zwei Arten der Hyperbilirubinämie:

  • Bei unkonjugierter oder indirekter Hyperbilirubinämie liegt ein erhöhter Gesamtbilirubinwert mit einem Anteil des direkten Bilirubins von weniger als 15 % vor.

  • Für eine konjugierte oder direkte Hyperbilirubinämie ist charakteristisch, dass die Konzentration des konjugierten Bilirubins über 2 mg/dl liegt oder mehr als 20 % des Gesamtserumbilirubins beträgt [3] [4].

Merke: Eine Bilirubinerhöhung über 1,5 mg/dl ist pathologisch. Die Differenzierung zwischen indirekter und direkter Hyperbilirubinämie ist der erste wichtige Schritt zur Diagnose.

Literatur

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Prof. Dr. Stefan Wirth

Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
HELIOS Klinikum Wuppertal
Universität Witten/Herdecke

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