Zusammenfassung
Die zum niedermolekularen Heparin (NMH) ähnliche Pharmakokinetik der DOAKs (Direkte
Orale Antikoagulanzien) ermöglicht im klinischen Alltag den Austausch dieser Substanzen
unter Beibehaltung der Anwendungsfrequenz. Vor allem bei nicht sicherer oder nicht
möglicher oraler Anwendung von DOAKs erfolgt die parenterale Gabe von NMH. Die benötigte
Karenzzeit vor Interventionen oder Operationen ist für beide Anwendungen präzise darstellbar.
Beide Substanzklassen werden, wo nötig, durch ähnliche Labortests überwacht.
Ein generelles therapiebegleitendes Gerinnungsmonitoring, wie es seit vielen Jahrzehnten
unter Verwendung von Vitamin-K Antagonisten üblich ist, ist unter Einnahme der neuen
Xa- und Thrombin-Inhibitoren nicht erforderlich. Treten bei Patienten, die mit den
DOAK behandelt werden, spezielle klinische Situationen auf (z.B. notfallmäßige Operationen
oder Interventionen, akute Blutungssituation, akutes Organversagen), so können für
den behandelnden Arzt Informationen über die Wirkspiegel im Plasma des Patienten die
Einschätzung des Blutungsrisikos erleichtern. Da die DOAKs an zentraler Stelle in
das Gerinnungssystem eingreifen, zeigen sie eine Interferenz mit den globalen Gerinnungstesten
wie z.B. Thromboplastinzeit (TPZ; Quick/INR), aktivierte partielle Thromboplastinzeit
(aPTT) und Thrombinzeit (TZ)(nur Thrombininhibitoren!) und speziellen gerinnungsphysiologischen
Untersuchungen. Die Veränderungen in der Gerinnungsdiagnostik sind sowohl abhängig
vom Wirkmechanismus des DOAK und der entsprechenden Halbwertszeit als auch vom Zeitpunkt
der Tabletteneinnahme, der Dosierung und vom dem im Gerinnungslabor verwendetem Testsystem/Reagenz.
Zur Interpretation der hämostaseologischen Messergebnisse muss dem behandelnden Arzt
und dem Labormediziner bekannt sein, welches DOAK zu welchem Zeitpunkt eingenommen
wurde. Weiters muss die Empfindlichkeit (Dosis-Wirkungskurve) des jeweiligen verwendeten
Testsystems berücksichtigt werden. Mit den Globaltesten der Gerinnung können unter
Behandlung mit DOAK lediglich abschätzende (semi-quantitative) Aussagen getroffen
werden:
Liegt unter Einnahme von Rivaroxaban die Thromboplastinzeit (Quick / INR) im Normbereich
(vorausgesetzt es wurde im Labor ein auf Rivaroxaban empfindliches Reagenz, z.B. Neoplastin
Plus benutzt), so kann gefolgert werden, dass eine klinisch relevante Restwirkung
von Rivaroxaban im Patientenplasma unwahrscheinlich ist. Unter Einnahme von Dabigatran
weist eine aPTT >80 sec im Talspiegel auf ein erhöhtes Blutungsrisiko hin, eine im
Normbereich liegende TZ lässt auf die Abwesenheit von Dabigatran im Plasma schließen.
Für die Quantifizierung der Plasmakonzentration von anti-Xa Inhibitoren stehen speziell
auf die jeweilige Substanz kalibrierte chromogene anti-Xa-Teste zur Verfügung. Für
die Quantifizierung der Plasmakonzentration von Dabigatran kann die kalibrierte verdünnte
Thrombinzeit (Hemoclot®) eingesetzt werden. Eine Messung der Medikamentenkonzentrationen ist im klinischen
Alltag jedoch bislang routinemäßig nicht vorgesehen, da die gemessenen Plasmakonzentrationen
klinisch derzeit nicht für den einzelnen Patienten interpretiert werden können. Insgesamt
muss der Einsatz hämostaseologischer Labormethoden zum Nachweis von DOAKS den lokalen
Gegebenheiten entsprechend geplant und immer wieder (z. B. bei Reagenzienwechsel)
zwischen Labor und Klinik abgestimmt werden.
Schlüsselwörter
Antikoagulation - Pharmakokinetik - Plasma-spiegel - Labormonitoring