Ferrando C.
et al.
Individualised perioperative open-lung approach versus standard protective ventilation
in abdominal surgery (iPROVE): a randomised controlled trial.
Lancet Resp Med 2018;
DOI:
10.1016/S2213-2600(18)30025-0
iPROVE (individualised perioperative open-lung approach versus standard protective
ventilation in abdominal surgery) war eine prospektive, randomisierte Multicenterstudie,
an der 21 spanische Kliniken teilnahmen. Einschlusskritierien waren u. a. ein Alter
≥ 18 Jahre, eine offene oder laparoskopische Bauchoperation > 2 Stunden, ein BMI < 35 kg/m2 und ein intermediäres bis hohes Risiko für postoperative pulmonale und systemische
Komplikationen (ARISCAT-Score). Schwangerschaft, vorbestehende Lungenerkrankungen,
eine intrakranielle Druckerhöhung und Herzinsuffizienz durften nicht vorliegen. 80 %
der Patienten hatten onkologische Krankheiten und 40 % der Interventionen erfolgten
minimal-invasiv. Die balancierten Gruppen bekamen eine unterschiedliche intra- und
postoperative Beatmung:
-
OLA-iCPAP: individuelle Open-lung- und CPAP-Ventilation (n = 241),
-
OLA-CPCP: individuelle OLA- und definierte CPAP-Ventilation (n = 238),
-
Standardbeatmung (STD) und definierte CPAP-Ventilation (n = 244),
-
STD und O2-Maske.
In der OLA-iCPAP-Gruppe erhielten die Patienten stufenweise Recruitmentmanöver bis
zu einem Atemwegsdruck von 40 cm H2O, gefolgt von einer PEEP-Titration. Der individuelle PEEP lag 2 cm H2O über dem PEEP bei der höchsten dynamischen Compliance. Eine postoperative CPAP-Ventilation
erfolgte nur bei einer Sauerstoffsättigung < 96 % (BMI-abhängig 5 oder 10 cm H2O/3 h). Bei OLA-CPAP erfolgte immer eine CPAP-Anschlussbeatmung (5 oder 10 cm H2O/3 h). In den Standardgruppen erfolgte kein Recruitment. Sie unterschieden sich durch
postoperativen CPAP (PEEP 5 cm H2O) oder Sauerstoffgabe über eine Venturi-Maske. Der primäre Studienendpunkt war ein
Kompositum aus pulmonalen und systemischen Komplikationen in den ersten 7 postoperativen
Tagen. Dabei wurden zahlreiche Erkrankungen berücksichtigt (u. a. Aspirationspneumonie,
Hypoxämie, Pneumothorax, Bronchospasmus, Wundinfektionen, Herzinsuffizienz, Sepsis,
Nierenversagen).
Die Recruitment-Manöver wurden bei 4 % der Patienten wegen intermittierender hämodynamischer
Probleme unterbrochen, aber nach Wiederbeginn erfolgreich beendet. Der mittlere individualisierte
PEEP betrug 10 cm H2O. Bei 14 % der Standardgruppen erfolgte eine PEEP-Erhöhung (OLA 0 %). In der OLA-iCPAP-Gruppe
erhielten 30 % protokollgemäßig eine postoperative CPAP-Ventilation. Die Hämodynamik,
Flüssigkeitsgabe, vasoaktive Substanzen, Urinvolumen, Blutverluste, Anästhesie und
Operationsdauer unterschieden sich in den Gruppen nicht. Die Beatmungsstrategie wirkte
sich insgesamt nicht signifikant auf die Häufigkeit pulmonaler und systemischer Komplikationen
aus. Das OLA-iCPAP-Konzept beeinflusste aber Einzelkomponenten. Die Patienten hatten
deutlich seltener ≥ 3 Komplikationen (RR 0,46; 95 %-KI 0,27 – 0,76; p = 0,13). Verglichen
mit der STD-O2-Gruppe kamen bei OLA-iCPAP seltener ≥ 3 pulmonale und insbesondere
≥ 3 systemische Komplikationen vor (RR 0,23; 95 %-KI 0,07 – 0,81; p = 0,013). Die
OLA-Varianten senkten prolongierte Intensivaufenthalte um 50 %. Der Beatmungsmodus
beeinflusste die Gesamtmortalität nach 30, 180 und 365 Tagen nicht.
Die individualisierten Ventilationsstrategien reduzierten die perioperative Komplikationshäufigkeit
insgesamt nicht. Hohe individuelle Komplikationsraten waren aber seltener. Die Autoren
nehmen einen positiven Effekt der individualisierten postoperativen CPAP- in Kombination
mit der personalisierten intraoperativen Ventilation an. Bei Patienten ohne Derecruitment
könnten die negativen CPAP-Effekte überwiegen.
Dr. med. Susanne Krome, Melle