physiopraxis 2018; 16(04): 48-51
DOI: 10.1055/a-0594-7365
Perspektiven
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Resilienz – Die Widerstandskraft stärken

Isabella Helmreich
,
Angela Kunzler
,
Klaus Lieb

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Publikationsdatum:
24. April 2018 (online)

 

Der positive Blick auf sich, auf die eigenen Stärken und Fähigkeiten ist eine Kompetenz, die in der heutigen Zeit immer wichtiger wird. Dr. Isabella Helmreich, Angela Kunzler und Prof. Dr. Klaus Lieb geben Anregungen, wie Sie sich gegen Stress schützen und Ihre Widerstandskraft stärken können. Denn fest steht: Resilienz ist erlernbar.


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Dr. Isabella Helmreich, Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin, Wissenschaftliche Leitung der Geschäftsstelle des Deutschen Resilienz Zentrums (DRZ) gGmbH, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz

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Angela Kunzler, Diplom-Psychologin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am DRZ, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz;

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Prof. Dr. Klaus Lieb, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz und wissenschaftlicher Geschäftsführer des DRZ

Jedes Jahr leiden allein in Europa 38,2 Prozent der Bevölkerung unter einer psychischen Störung [1]. Aber nicht alle Menschen, die Stress oder widrigen Lebensumständen ausgesetzt sind, werden psychisch krank – manche wachsen sogar an ihren Krisen. Warum besitzen einige Menschen diese psychische Widerstandskraft – die sogenannte Resilienz?

Dem Medizinsoziologen Aaron Antonovsky zufolge gleicht das menschliche Leben einem Fluss, der von leichten Strömungen bis hin zu gefährlichen Stromschnellen durchzogen ist [2]. Im Sinne dieser Metapher werden wir im täglichen Leben mit verschiedenen Widrigkeiten konfrontiert: kleinere Stressoren (z. B. täglicher Verkehrsstau), kritische Lebensereignisse (z. B. Verlassen des Elternhauses) oder gar Traumata (z. B. schwerer Verkehrsunfall).

Die Art und Weise, wie diese Stressoren bewältigt werden, variiert von einer Person zur anderen jedoch deutlich [3]. Mit anderen Worten: Es zeigen sich Unterschiede in der Resilienz zwischen verschiedenen Menschen. Doch was versteht man eigentlich unter Resilienz?

Der Begriff leitet sich aus dem lateinischen „resilire“ (deutsch: abprallen, zurückspringen) ab und ist ursprünglich in der Physik und Materialkunde verortet. Hier beschreibt er die Eigenschaft besonders elastischer Werkstoffe, in die Ausgangsform zurückzukehren, nachdem sie verformt wurden. Wissenschaftliche Disziplinen haben den Ausdruck in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach aufgegriffen [4]. Übertragen auf den Menschen bezeichnet Resilienz die Aufrechterhaltung oder rasche Rückgewinnung der psychischen Gesundheit während oder nach widrigen Lebensumständen [5].

In der Psychologie und Medizin existiert eine Vielzahl verschiedener Definitionen von Resilienz. Insgesamt lassen sich drei grundlegende Definitionsansätze bestimmen [6, 7].

Resilienz
kann man trainieren.

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Abb.: ipopba/adobestock.com

Resilienz als Persönlichkeitsmerkmal

In den Anfängen der Resilienzforschung wurde Resilienz als stabile Persönlichkeitseigenschaft verstanden [8]. Diese Sichtweise birgt jedoch Risiken: Sie ebnet den Weg für die Wahrnehmung, einige Menschen hätten das nötige Rüstzeug, um Widrigkeiten zu überstehen, andere nicht. Außerdem besteht die Gefahr von Schuldzuweisungen gegenüber Personen, die sich angesichts von Stress oder traumatischen Erfahrungen als nicht resilient erweisen [4]. Auch die empirische Befundlage für die Annahme von Resilienz als unveränderliche Persönlichkeitseigenschaft ist unzureichend [10]. Es konnte gezeigt werden, dass man die individuelle Resilienz durch Trainingsmaßnahmen verändern kann [12].

Persönlichkeit kann daher lediglich als einer von vielen Faktoren betrachtet werden, der die individuelle Anpassung an schwierige Lebenserfahrungen mitunter beeinflusst.


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Resilienz als „Endprodukt“

Im Laufe der Forschung betrachtete man Resilienz zunehmend als positives Ergebnis oder „Endprodukt“ eines Prozesses [7] – das heißt die erfolgreiche psychische Anpassung trotz einer erheblichen Stressorexposition.

Resilienz als Ergebnis wird durch eine große Anzahl verschiedener Faktoren bestimmt. So sagt beispielsweise die Fähigkeit, trotz des Verlusts einer nahestehenden Person positive Emotionen zu erleben, Resilienz vorher [12].


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Resilienz als Prozess

Aktuelle Tendenzen gehen schließlich so weit, Resilienz als dynamischen (Anpassungs-)Prozess zu verstehen [6, 7], wobei meist drei mögliche Verläufe differenziert werden. Die US-amerikanischen Gesundheitspsychologen Stephen J. Lepore und Tracey Revenson veranschaulichten die drei Verläufe anhand der Metapher eines sturmgebeutelten Baumes [3]:

  • Resistenz: Der Stamm und die Äste eines Baumes sind so stark, dass er dem Sturm erfolgreich trotzen kann. In ähnlicher Weise können resiliente Menschen trotz widriger Lebensumstände psychisch gesund bleiben, da sie beispielsweise über bestimmte Strategien verfügen.

  • Regeneration: Die Äste des Baumes werden durch den Sturm zwar verbogen, kehren danach jedoch in ihre Ausgangsform zurück. So kann ein Mensch durch Stress oder eine traumatische Erfahrung vorübergehend beeinträchtigt werden – zum Beispiel in Form eines Burnouts oder einer depressiven Erkrankung –, sich hiervon jedoch schneller wieder erholen.

  • Rekonfiguration: Durch den Sturm verändert sich die Struktur des Baumes (zum Beispiel Ausrichtung der Äste), wodurch er künftigen Unwettern besser gewachsen ist. Diese dritte Möglichkeit besteht darin, dass sich eine Person nach einem kritischen Lebensereignis an die veränderte Situation anpasst, um zukünftige Belastungen besser bewältigen zu können.

Obwohl es bislang keine allgemeingültige Definition von Resilienz gibt, kann man trotzdem Folgendes festhalten: Um überhaupt von Resilienz sprechen zu können, müssen zwei Voraussetzungen gegeben sein:

  • das Vorliegen von bedeutsamen Stressoren oder Widrigkeiten sowie

  • die erfolgreiche Bewältigung dieser Stressoren [9].

Jeder Mensch verfügt über Resilienzfaktoren und -strategien, die er für sich nutzen kann.


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Die Anfänge der Resilienzforschung

Die Erforschung des Phänomens, dass viele Menschen trotz hoher Belastungen nicht oder nur vorübergehend psychisch erkranken, erlebte in den letzten Jahren einen wahren Boom. Fast hat man das Gefühl, als gäbe es keinen Zeitungsartikel, Fernsehbeitrag oder Selbsthilfe-Ratgeber mehr, der sich nicht mit der Stärkung der eigenen Widerstandskraft beschäftigt. Tatsächlich ist Resilienzforschung jedoch nicht neu.

Die Anfänge des Resilienzkonzepts und der Erforschung von Schutz- beziehungsweise Resilienzfaktoren reichen in die 1950er-Jahre zurück, als zunächst Kinder und Jugendliche im Fokus des Forschungsinteresses standen [4]. Vor dem Hintergrund entwicklungspsychologischer Studien wurden Faktoren identifiziert, die Kinder gegenüber negativen Auswirkungen widriger Entwicklungsbedingungen schützen und eine positive Entwicklung vorhersagen.


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Pionierinnen auf Hawaii

Zu den bekanntesten Arbeiten zählt die Kauai-Studie, welche die US-amerikanische Entwicklungspsychologin Emmy Werner gemeinsam mit Ruth Smith durchführte [13]. Emmy Werner gilt als eine der Pionierinnen der Resilienzforschung. In der Längsschnittstudie auf der Hawaii-Insel Kauai wurde die gesamte Geburtskohorte des Jahres 1955 (insgesamt 698 Kinder) über 40 Jahre lang von einem Team aus Psychologen, Kinderärzten, Krankenschwestern und Sozialarbeitern begleitet. Pränatal sowie im Alter von einem Jahr, zwei, zehn, 18, 32 und 40 Jahren erfolgte eine Entwicklungsprüfung.

Werner und ihre Kollegen stellten fest, dass ein Drittel der 1955 geborenen Kinder unter besonders belastenden Entwicklungsbedingungen aufwuchs und verschiedenen Risikofaktoren ausgesetzt war (zum Beispiel perinatale Komplikationen, Vernachlässigung, Armut). Insbesondere den Kindern aus dieser Hochrisikogruppe galt das Interesse des Forscherteams: So zeigten zwei Drittel einen eher ungünstigen Entwicklungsverlauf (mit Straffälligkeiten, Lern- und Verhaltensauffälligkeiten, Psychopathologien). Ein Drittel der Hochrisikokinder hingegen wuchs zu gesunden und erfolgreichen Erwachsenen heran – erwies sich also als resilient.

Bei der Aufklärung der Unterschiede konnten Emmy Werner und ihr Team eine Reihe personaler und sozialer Ressourcen auf Seiten der resilienten Kinder und Jugendlichen identifizieren. Hierzu gehörten zum einen individuelle Faktoren, wie eine hohe soziale Kompetenz, ein positives Temperament, ein aktives Bewältigungsverhalten angesichts von Problemen sowie eine ausgeprägte Selbstwirksamkeitserwartung.

Resilienzfaktoren – Das fördert Resilienz

Folgende (psychosoziale) Ressourcen sind als Resilienzfaktoren im Erwachsenenalter gut belegt [4, 24]:

  • einen Sinn im Leben sehen: beispielsweise über die Orientierung an persönlichen Werten

  • Kohärenzgefühl: generelle Tendenz, die Anforderungen des Lebens als verstehbar, bewältigbar und sinnhaft zu empfinden

  • positive Emotionen: regelmäßiges Erleben positiver Gefühle und Stimmungen, auch angesichts von Stress oder traumatischen Erfahrungen

  • Hardiness: Grundhaltung, aktiv an verschiedenen Lebensbereichen mitzuwirken, Situationen als kontrollierbar zu empfinden und Anforderungen als Herausforderung anzunehmen

  • Selbstwertgefühl: positive Bewertung der eigenen Person

  • aktives Coping: aktive Bewältigung von Stress sowie kritischen oder traumatischen Lebensereignissen, zum Beispiel mittels problemorientierter Lösungsstrategien

  • Selbstwirksamkeitserwartung: Überzeugung, Anforderungssituationen aus eigener Kraft bewältigen zu können

  • Optimismus: Tendenz zu positiven Ergebniserwartungen und positive Ursachenzuschreibungen von Ereignissen

  • soziale Unterstützung: Zugriff auf ein funktionierendes soziales Netzwerk

  • kognitive Flexibilität: Fähigkeit, auf veränderte Umweltbedingungen durch Variationen im Denken und Handeln zu reagieren

  • Religiosität/Spiritualität: Übernahme von Glaubensüberzeugungen und Teilnahme an religiösen Aktivitäten bzw. Beschäftigung mit Sinnfragen des Lebens

Daneben führte auch das Vorhandensein äußerer Faktoren dazu, dass die Auswirkungen der risikoreichen Entwicklungsbedingungen abgeschwächt wurden. So wiesen die resilienten Kinder der Kauai-Studie eine enge emotionale Bindung zu einer wichtigen Bezugsperson auf und konnten außerhalb ihrer Familie auf ein unterstützendes soziales Umfeld zurückgreifen.


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Risiko-Schutzfaktoren-Modell

Seit Beginn der Resilienzforschung konnte man in unterschiedlichen Populationen eine umfassende Liste von (neuro-)biologischen, psychischen und sozialen Schutz- bzw. Resilienzfaktoren identifizieren, die gegenüber verschiedenen Stressoren und Widrigkeiten protektiv wirken und vermutlich auch miteinander interagieren [7] (RESILIENZFAKTOREN, S. 49).

Literaturtipps

Resilienzstärkung

  • Berndt C. Resilienz: Das Geheimnis der psychischen Widerstandskraft. Was uns stark macht gegen Stress, Depressionen und Burnout. München: dtv; 2013

  • Maehrlein K. Die Bambusstrategie: Den täglichen Druck mit Resilienz meistern. Offenbach: GABAL Verlag; 2014

  • Mourlane D. Resilienz: Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen. Göttingen: BusinessVillage GmbH; 2014

  • Kalisch R. Der resiliente Mensch. München/ Berlin: Berlin-Verlag; 2017

Emotionsregulation

  • Wengenroth M. Das Leben annehmen. So hilft die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT). Bern: Huber; 2013

Burnout/Achtsamkeit

  • Waadt M, Acker J. Burnout. Mit Akzeptanz und Achtsamkeit den Teufelskreis durchbrechen. Bern: Huber; 2013

Stärkung der psychischen Gesundheit

  • Bohus M, Lyssenko L, Wenner M, Berger M. Lebe Balance. Programm für innere Stärke und Achtsamkeit. Stuttgart: Trias; 2013

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Abb.: ipopba/fotolia.com

Zur Erklärung der Aufrechterhaltung oder Rückgewinnung der psychischen Gesundheit trotz Stress werden aber auch Risikofaktoren herangezogen. Risikofaktoren umfassen

  • Vulnerabilitätsfaktoren, das heißt immanente biologische und psychologische Merkmale wie genetische Prädisposition, Persönlichkeit, körperliche oder psychische Erkrankungen sowie

  • Umweltfaktoren und Stressoren, wie zum Beispiel kritische Lebensereignisse, sozioökonomische Benachteiligung, Alltagsstressoren oder Traumata.

Vorhandene Risikofaktoren führen jedoch nicht zwangsläufig zu einer Einschränkung der psychischen Gesundheit. Die Resilienzfaktoren moderieren den Anpassungsprozess, indem sie die negativen Folgen von Vulnerabilitäten und Stressoren auf die psychische Gesundheit „abpuffern“ bzw. abschwächen [23].


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Resilienz ist erlernbar

Doch wie erhält man die psychische und physische Gesundheit aufrecht oder gewinnt sie zurück?

Mehr denn je sind effektive Maßnahmen zur Prävention und Gesundheitsförderung gefragt – nicht nur auf körperlicher, sondern auch auf seelischer Ebene. Interventionen zur Resilienzförderung setzen vor allem an den Schutzfaktoren an. So können frühzeitige Präventionsansätze helfen, angemessene Strategien im Umgang mit widrigen Lebensumständen zu entwickeln. Dadurch soll der Ausbruch von Erkrankungen abgewendet werden.

Im Folgenden werden einige Resilienzfaktoren dargestellt, die in der Literatur gut belegt sind und im Erwachsenenalter als trainierbar angesehen werden [vgl. 15, 24, 25]. Für jeden Faktor werden Möglichkeiten der Veränderung aufgezeigt.


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Soziale Unterstützung

Wie schon die Kauai-Studie der Psychologinnen Emmy Werner und Ruth Smith belegte [13], ist soziale Unterstützung ein wichtiger Schutzschild gegen Belastungen. Dieser Faktor ist mit einer der am besten untersuchten Einflussfaktoren auf die psychische und physische Gesundheit [15, 24]. Fehlt es an sozialer Unterstützung, hat man ein höheres Erkrankungs- und Sterberisiko [26].

Es gibt vielfältige Ansatzpunkte, an dem eigenen sozialen Netz zu arbeiten. Beispielsweise mithilfe eines „Netzwerkchecks“ [27]. Hierbei nimmt man die Bereiche Familie, Arbeit, Nachbarn/Vereinskollegen und Freunde unter die Lupe und macht sich bewusst, auf wen man in diesen Bereichen zurückgreifen kann, wenn man Hilfe benötigt. Um gut für die Widrigkeiten des Lebens aufgestellt zu sein, sollte man mindestens in drei Bereichen Menschen haben, auf die man im Ernstfall zählen kann [vgl. 27].


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Aktives Coping

Ein weiterer gut belegter Resilienzfaktor ist das aktive Coping, das heißt die aktive Bewältigung von Stress sowie kritischen oder traumatischen Lebensereignissen zum Beispiel mittels problemorientierter Lösungsstrategien. An der aktiven Bewältigung von widrigen Lebensereignissen kann man beispielsweise mittels Stressbewältigungsstrategien arbeiten und dadurch die psychische und physische Regenerationsfähigkeit verbessern. Körperlich gibt es hier zwei Ansatzpunkte:

  • entweder Stressabbau durch körperliche Aktivität (z. B. Sport)

  • oder durch Entspannung (z. B. Entspannungsverfahren).

Auch die Schulung von Achtsamkeit (zum Beispiel „im Hier und Jetzt sein“, „bewertungsfreies Wahrnehmen“) kann dazu beitragen, stressauslösende Faktoren bewusster wahrzunehmen, Überbelastungen frühzeitig zu erkennen und diesen aktiv entgegenzusteuern. Beispielsweise indem man sich Zeit nimmt, eine kurze Pause einlegt oder ganz bewusst ein Glas Wasser trinkt.


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Emotionsregulation

Um die neurobiologische Stressresistenz zu stärken und widrige Lebensumstände zu akzeptieren, kann es helfen, Emotionsregulationsstrategien zu erlernen. Eine Möglichkeit bietet das ABC-Schema nach Ellis [28]. Bei diesem Modell geht es darum, die eigenen Denkmuster und Bewertungen zu erkennen und ggf. anzupassen.


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Sinn im Leben sehen

Mittels Wertecheck kann man an einer adäquaten Ziel- und Lösungsorientierung arbeiten [27]. Das heißt, wer sich bewusst macht, welche Werte ihm persönlich wichtig sind und ob er sein Leben auch diesen Werten entsprechend führt, der erfährt langfristig ein sinnerfülltes Leben.


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Selbstwirksamkeitsüberzeugung

Auch der Resilienzfaktor Selbstwirksamkeitsüberzeugung, das heißt das Vertrauen, Anforderungssituationen aus eigener Kraft bewältigen zu können [29], ist sehr gut belegt [24, 25]. Die Selbstwirksamkeit besteht aus zwei Komponenten, der Kompetenz- und der Konsequenzerwartung.

Indem immer wieder eigene Fähigkeiten und Stärken sowie vergangene Erfolge und Leistungen bewusst gemacht werden (z. B. Feedback bei Freunden einholen), kann die Selbstwirksamkeitsüberzeugung verbessert werden und Stressoren werden als Herausforderungen und nicht als Bedrohung angesehen.


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Realistischer Optimismus

Der Grundhaltung realistischer Optimismus, also der Tendenz zu einer positiven Ergebniserwartung und einem positiven Attributionsstil, kommt bei der Resilienzstärkung ebenfalls eine große Bedeutung zu.

Das Konzept des „positiven Attributionsstils“ geht auf den US-amerikanischen Psychologen Martin Seligman [30] zurück und spiegelt eine interne Haltung wider, bei der Optimisten Erfolge als internal, stabil und global beurteilen. Das heißt, sie schreiben sich Erfolge selbst und ihren überdauernden Fähigkeiten zu. Misserfolge hingegen schätzen sie als external, variabel und spezifisch ein, das heißt, sie beurteilen sie eher als Zufall und unabhängig von ihrer Person.

Ein positiver Attributionsstil ermöglicht dadurch ein aktives Bewältigungsverhalten, denn Misserfolge werden als veränderbar angesehen, und bei Rückschlägen wird nicht sogleich aufgegeben.


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Positive Emotionen

Besonders einfach und zu jeder Zeit lässt sich am Resilienzfaktor „positive Emotionen“ arbeiten. Positive Emotionen (d. h. regelmäßig positive Gefühle und Stimmungen zu erleben) haben sowohl eine förderliche Wirkung auf einen selbst (Körper und Psyche) als auch auf andere Menschen.

Sie sind wie eine psychische Auszeit, in der man seinen Akku und seine Ressourcen wieder auflädt [31]. Zusätzlich entfalten sie eine Art „Depotwirkung“ [32], denn man kann jederzeit auf diese Ressource mittels Wachrufen schöner Erinnerungen zugreifen. Beim Training, sich über Alltägliches zu freuen (z. B. das Lächeln eines Mitmenschen), kann auch das Führen eines Glückstagebuchs helfen, um den Blick für die schönen Begegnungen und Begebenheiten des Alltags zu schärfen. Auch das Aufhängen schöner, positiver Bilder im Büro oder in der Therapiepraxis kann dazu beitragen, häufiger positive Gefühle hervorzurufen.


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Wie kann ich meine persönliche Resilienz stärken?

Oft ist man sich nicht bewusst, welche Resilienzfaktoren man denn eigentlich schon besitzt. Daher ist es in einem ersten Schritt wichtig, sein Wissen über Resilienzfaktoren und -strategien zu erweitern. Dafür kann man sich Fragen stellen wie:

Soziale Unterstützung, senkt das Erkrankungsund Sterberisiko

  • Über welche Resilienzfaktoren verfüge ich?

  • Welche nutze ich noch nicht, obwohl ich sie besitze?

  • Welche fehlen mir vielleicht noch?

Hier können Selbsthilfebücher helfen, um sich mit dem Thema und diesen Fragen in Ruhe auseinanderzusetzen (LITERATURTIPPS).

In einem zweiten Schritt geht es dann um die Veränderung. Das kann heißen, dass ich vorhandene Ressourcen wieder aktiviere, zum Beispiel alte Freunde aus meinem sozialen Netzwerk, oder dass ich ganz neue Strategien erlerne, zum Beispiel den Blick auf das Positive im Leben zu lenken und die Fähigkeit zu trainieren, die schönen kleinen Dinge des Alltags wahrzunehmen. Hier kann auch der Austausch mit anderen hilfreich sein, um neue Ideen zu bekommen oder auch zu hören, wie andere mit schwierigen Situationen umgehen und welche Lösungsansätze sie anwenden.

Im letzten Schritt geht es dann um die Übertragung in den Alltag. Hier heißt es, das Gelernte in der Praxis zu üben, also neue Verhaltensweisen nicht nur im Kopf auszuprobieren, sondern wirklich regelmäßig aktiv anzuwenden und zu trainieren.


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Sich mit Resilienz zu beschäftigen macht Spaß

Das Schöne am Training der Resilienz ist, dass man nach den eigenen Stärken und Fähigkeiten schaut, also nicht nur den Blick darauf richtet, was alles nicht funktioniert, sondern auf das, was gut läuft, und wie man seine Stärken und Ressourcen noch besser einsetzen kann, um die Psyche, aber auch den Körper für schwierige Situationen im Leben zu wappnen. Sich mit Resilienz zu beschäftigen macht Spaß und kann wirklich jedem nur empfohlen werden!


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