Handchirurgie Scan 2018; 07(03): 201-202
DOI: 10.1055/a-0644-8835
Aktuell
Beugesehnen
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Biomechanische Vorteile von Seit-zu-Seit-Naht gegenüber Pulvertaft-Naht für Beugesehnentransplantation

Duprat A. et al.
Biomechanical study comparing Pulvertaft suture to step-cut suture.

Hand Surg Rehabil 2018;
37: 24-29
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Publication Date:
15 January 2019 (online)

 

    Bei der Versorgung akuter Beugesehnenverletzungen hat es im Verlauf der letzten Jahre große Fortschritte gegeben, aber ältere Verletzungen stellen immer noch ein Problem dar. Oft wird in einem ein- oder zweizeitigen Vorgehen ein Sehnentransplantat aus dem M. palmaris longus eingesetzt, aber die optimale Methode zur Fixierung dieses Grafts wird kontrovers diskutiert.


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    Die Naht muss zum einen so stabil sein, dass sie unter Zugbelastung nicht reißt, zum anderen aber eine Oberfläche aufweisen, die die spätere Gleitfähigkeit der Sehne nicht beeinträchtigt. Das ist v. a. im Rahmen der heute üblichen Frühmobilisation wichtig, die unmittelbar postoperativ beginnt und Verklebungen und Fibrosen der Sehnenscheiden vermeiden soll. Chirurgen aus Poitiers haben nun 2 Methoden in einem Laborversuch verglichen.

    Die Arbeitsgruppe um André Duprat hat dazu 30 Leichenarme verwendet (Durchschnittsalter der Verstorbenen 77 Jahre). Daran präparierten die Mediziner die Sehne des M. flexor digitorum profundus von Finger IV sowie die Sehne des M. palmaris longus frei. Die Beugesehnen wurden dann proximal auf Höhe der Handgelenkfurche und distal vor ihrem Ansatz am Fingerendglied durchtrennt. Anschließend erfolgte die Rekonstruktion der Beugesehnen mit Überbrückung durch ein Transplantat aus der Palmaris-longus-Sehne. Bei jeweils 15 Händen fixierten die Operateure Sehnen und Sehnengraft mit

    • einer Durchflechtungsnaht nach Pulvertaft (3 Durchflechtungen auf 3 cm) mit einem 4 – 0-Nylonfaden, die als Standard gilt (Gruppe 1), oder mit

    • einer Step-cut-Naht in Seit-zu-Seit-Technik mit 4 – 0-Nylonfaden und einer zusätzlichen epitendinösen Naht mit 6 – 0-Nylon (Gruppe 2).

    Anschließend verglichen die Wissenschaftler mithilfe einer Materialprüfmaschine für die jeweiligen Nähte

    • die Belastbarkeit, beurteilt anhand der Kraft, die für das Erreichen eines Spalts von 2 mm nötig war,

    • die Zugfestigkeit und

    • die Querschnittflächen der rekonstruierten Sehnen.

    Die Auswertung ergab, bei ähnlichen Abmessungen der Sehnen vor der Rekonstruktion,

    • eine vergleichbare Belastbarkeit in den beiden Gruppen, mit im Mittel 116,2 N (± 35,6N) bei Pulvertaft-Naht und 103,3 N (± 30,5 N) bei Step-cut-Naht,

    • eine signifikant geringere Zugfestigkeit in Gruppe 1, mit 3,4 N/mm2 (± 1,0 N/mm2) gegenüber 5,3 N/mm2 (± 1,5 N/mm2) in Gruppe 2, und

    • einen signifikant höheren Sehnenquerschnitt nach Pulvertaft-Naht, mit 35 mm2 (± 7,9 mm2) gegenüber 19,8 mm2 (± 2,8 mm2) in der Gruppe mit Step-cut-Naht.

    Fazit

    Die hier verwendete Step-cut-Naht ist bei Rekonstruktion der Beugesehnen in der biomechanischen Prüfung ähnlich belastbar wie die klassische Pulvertaft-Naht, fassen die Autoren zusammen. Sie erlaubt damit ebenfalls eine frühe postoperative Übungsbehandlung. Die Step-cut-Naht zeigt allerdings eine höhere Zugfestigkeit und ist deutlich dünner. Letzteres könnte sich im weiteren Verlauf als positiv erweisen, wenn dadurch die Ausbildung von Fibrosen verhindert wird.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim


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