Perrot A,
Schwartz M.
Robert
Koch und Louis Pasteur. Duell zweier Giganten.
Darmstadt: WBG
Theiss; 2015. geb., 256 S. € 24,95.
ISBN: 978-3-8062-3150-2
Im Jahre 2014 erschien im Verlag Odile Jacob, Paris, das Buch „Pasteur et Koch“, herausgegeben
von Annick Perrot und Maxime Schwartz; es trägt den Untertitel „Un Duel de Géants
dans le Monde des Microbes“ (ISBN 978-2-7381-3178-2). Im darauf folgenden Jahr (2015)
wurde die deutschsprachige Übersetzung „Robert Koch – Louis Pasteur, Duell zweier
Giganten“ von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, Darmstadt, publiziert (Konrad
Theiss Verlag; ISBN 978-3-8062-3150-2). Sie umfasst 256 Seiten. Dabei sind kleine
Umgestaltungen in der deutschen Ausgabe gegenüber dem französischen Original bemerkenswert:
Aus der französischen Broschur wurde eine deutsche gebundene Ausgabe; die Reihenfolge
der beiden Namen im Titel und die Untertitel wurde umgestellt; das Inhaltsverzeichnis
ist vom Schluss an den Anfang des Buches gerückt; die Widmung fehlt in der deutschen
Ausgabe.
Das Buch ist gut lesbar, allgemeinverständlich geschrieben, kurzweilig, wovon die
Einleitung einen guten Eindruck vermittelt:
Préface
Pasteur et Koch? Pasteur, je connais, mais Koch, qui est-ce? Et comment cela se prononce-t-il?
„Coq“? „Coche“?
Vorwort
Pasteur und Koch? Pasteur, den kenne ich, aber Koch, wer ist denn das? Und wie spricht
man ihn aus? „Coq“?, „Coche“?
Dieses Buch über Robert Koch und Louis Pasteur ist in Form einer „Doppel-Biografie“
geschrieben, in welcher sich die einzelnen Kapitel jeweils einem Lebensabschnitt des
einen, dann des anderen Protagonisten, Pasteur beziehungsweise Koch, widmen. Dabei
sind häufige Querverbindungen, Bezugnahmen auf den jeweils anderen der beiden wichtig,
bereichernd. So lernt der Leser den Lebenslauf, vor allem die berufliche Biografie,
beider Protagonisten kennen, welche hier nur kurz skizziert werden sollen:
Louis Pasteur, 1822 in Dole (Department Jura) geboren und damit fast zwanzig Jahre
älter als Robert Koch, studierte Chemie und Physik und wurde 1847 zum Doktor der Naturwissenschaften
promoviert. Nach Assistentenjahren wurde er 1854 auf den Lehrstuhl für Chemie der
Universität Lille berufen, ab 1867 war er Professor der Chemie an der Sorbonne in
Paris. Pasteur war ein hervorragender Wissenschaftler. Schon in jungen Jahren erforschte
er die Rolle der Mikroben bei der Gärung von Alkohol und rettete die französische
Seidenraupenzucht[1], bevor er einen Impfstoff gegen den Milzbrand entwickelte, eine Krankheit, die Kuh-
und Schafherden vernichtete. Er entwickelte die nach ihm benannte „Pasteurisierung“
zur Haltbarmachung von Lebensmitteln. 1885 konnte er den ersten an Tollwut infizierten
Patienten impfen und damit die Krankheit heilen beziehungsweise ihren Ausbruch verhindern.
Pasteur starb 1895. 1888 wurde das nach ihm benannte Institut Pasteur in Paris gegründet.
Robert Koch, 1843 in Clausthal (Harz) geboren, studierte Medizin in Göttingen; dort
wurde er 1866 promoviert. Anschließend folgten ärztliche Tätigkeiten in verschiedenen
Krankenhäusern, dann als niedergelassener Arzt in eigener Praxis. Während des Deutsch-Französischen
Krieges (1870/1871) wurde Koch als Militärarzt in verschiedenen Orten Frankreichs
eingesetzt. 1872 wurde er Amtsarzt (Kreisphysikus) in Wollstein (Provinz Posen); daneben
führte er eine Privatpraxis.
In seinem eigenen kleinen Labor begann Koch bakteriologische Forschungen. Hierzu entwickelte
er Untersuchungsverfahren, an welche folgende Stichworte erinnern sollen: die Fotografie
zur Dokumentation seiner Forschungsergebnisse; Öl-Immersions-Linsen zur Mikroskopie;
spezielle Färbungen zur Sichtbarmachung und Differenzierung von Bakterienarten; später
u. a. den Brutschrank und vor allem die Verwendung von festen, transparenten Nährböden
zur Kultivierung von Bakterien[2]. Er publizierte zunächst über die Entstehung des Milzbrands und von Wundinfektionen.
1876 konnte Koch dann Professor Ferdinand Cohn, einem anerkannten und berühmten Wissenschaftler,
in Breslau seine Untersuchungen präsentieren und ihn von der Richtigkeit seiner Ergebnisse
überzeugen. Damit begann der Aufstieg Kochs: 1880 Berufung an das kaiserliche Gesundheitsamt
Berlin. Am 24. März 1882 hielt Koch seinen berühmt gewordenen Vortrag über die „Aetiologie
der Tuberculose“. Später entdeckte er die Erreger der Cholera. 1885 wurde er zum ordentlichen
Professor für Hygiene ernannt, 1891 zum Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten
in Berlin berufen. 1905 wurde ihm der „Nobelpreis für Physiologie oder Medizin“ verliehen.
Robert Koch starb 1910.
Louis Pasteur und Robert Koch bewiesen durch ihre Forschungen die Konzeption der Infektionskrankheiten
und legten die Grundlagen einer neuen medizinischen Disziplin „Bakteriologie/Mikrobiologie“.
Zusammen mit ihren Mitarbeitern – die „französische und die deutsche Schule“ – entwickelten
und verfeinerten sie die Untersuchungsmethoden; sie entdeckten die Antikörperbildung
und damit die Möglichkeit der Bekämpfung dieser Krankheiten durch eine vorbeugende
Impfung mit ihren gloriosen Erfolgen. Der Leser lernt aber auch ihre Anfangsschwierigkeiten,
ihre Fehlansätze, Sackgassen und andere Probleme kennen (zum Beispiel Robert Koch:
der Tuberkulin-Skandal, die Kontroverse um die Rindertuberkulose).
Vielen Menschen, nicht nur in Frankreich und in Deutschland, ist bekannt, dass zwischen
beiden Gelehrten eine Rivalität entstand, die mit einer bisher unbekannten Schärfe
in Worten und Briefen einherging und viele Jahre anhielt. Um sie zu verstehen, muss
man die französisch-deutschen Beziehungen nach dem Deutsch-Französischen Krieg von
1870 / 1871 kennen, die das zuvor normale Verhältnis auf beiden Seiten nachhaltig
gestört haben. Dieser Krieg machte aus Pasteur, der in seiner Jugend offen deutschfreundlich
gewesen war, einen abgrundtiefen Hasser Deutschlands. Man könnte denken, dass diese
Rivalität fruchtlos und kontraproduktiv war. Sie schuf jedoch, so scheint es, einen
Wettstreit, der jeden der beiden Kontrahenten über sich hinaus wachsen ließ. Das Werk
dieser beiden Giganten der Wissenschaft, und allgemeiner, der französischen und deutschen
Schulen, erwies sich als eine wunderbare Ergänzung. Dank dieser Gelehrten sind die
meisten Infektionskrankheiten, die vor ihnen die Menschheit dezimierten, zumindest
in den entwickelten Ländern besiegt worden.
Auch heute noch sind die beiden Protagonisten und ihre Leistungen im jeweils anderen
Land recht wenig bekannt. Das französische Buch und seine deutsche Übersetzung sind
deshalb für Leser nicht nur interessant, sondern auch wichtig und helfen wesentlich,
historische Fehl-Entwicklungen und -Interpretationen zu korrigieren.
Dr. Robert Kropp, Fulda