Einleitung
Die Kenntnis über die Anatomie und Morphologie des Bronchialsystems ist elementar
bedeutsam für jegliches Verständnis physiologischer und pathophysiologischer Vorgänge
im Respirationstrakt. Eine veränderte Morphologie der kleinen Atemwege als Folge chronischer
Atemwegserkrankungen wie bspw. Asthma oder COPD bedingt funktionelle Beeinträchtigungen,
die der therapeutischen Korrektur bzw. Optimierung bedürfen [1]
[2]
[3]. Inhalativ applizierte Medikamente können jedoch nur an dem Ort wirksam sein, an
dem eine entsprechend hohe Konzentration an Wirksubstanz deponierbar ist. Für die
Effektivität einer Therapie ist es von grundlegender Bedeutung, zu wissen, in welchem
Teil des Bronchialsystems inflammatorische und strukturelle Veränderungen zu funktionellen
Beeinträchtigungen der Ventilation führen.
Erstmalige Feinstrukturbeschreibung der Lunge durch Ewald R. Weibel und Domingo M.
Gomez
Erstmalige Feinstrukturbeschreibung der Lunge durch Ewald R. Weibel und Domingo M.
Gomez
Die detaillierte morphometrische Untersuchung der Lungenstruktur geht auf den Österreicher
Ewald R. Weibel und den Kubaner Domingo M Gomez zurück [4]
[5]
[6]. Weibel war Anatom und Gomez Kardiologe und Mathematiker. Beide Wissenschaftler
haben versucht, die Architektur der menschlichen Lunge zu beschreiben und Morphologie
und Funktion in einen Zusammenhang zu bringen. Weibel und Gomez konnten nachweisen,
dass die Atemwegsdiameter der Lunge von Generation zu Generation abnehmen, der Gesamtquerschnitt
aber exponentiell zunimmt, sodass der Atemwegswiderstand von zentral nach peripher
immer kleiner wird. Zuvor hatte der Schweizer Physiologe Fritz Rohrer (1888 – 1926)
aufgrund seiner aerodynamischen Berechnungen noch angenommen, dass die kleinen Atemwege
etwa 90 % des Atemwegswiderstandes bei der gesunden Lunge ausmachen [7]. Die morphometrischen Untersuchungen von Weibel haben entscheidend zur Beschreibung
der Lungenarchitektur und der Mikromorphologie sowie zum Verständnis der Strömungsmechanik
beigetragen. Weibel und Gomez haben 1962 in ihrem Artikel „Architektur der menschlichen
Lunge“, publiziert in Science, grundlegende Informationen zur anatomischen und funktionellen
Struktur der Atemwege beigetragen [4]. Mithilfe eines komplizierten geometrischen Modells kamen die Forscher zu dem Ergebnis,
dass die gesunde Lunge aus 300 Millionen Alveolen und einer Lungenoberfläche von etwa
60 – 90 m2 besteht. Neuere Berechnungen gehen von einer Lungenoberfläche bis zu 140 m2 aus.
Anatomie des Bronchialsystems
Anatomie des Bronchialsystems
Nach der Funktion werden die tiefen Atemwege in die luftleitende Zone, die Übergangszone
mit beginnendem Gasaustausch und die respiratorische Zone unterteilt. Beginnend mit
der Trachea teilen sich die Atemwege etwa 23 mal: Zunächst in Bronchien und Bronchiolen,
dann in die intraazinären Luftwege [2]
[4]
[8]
[9]. Der Aufzweigungsmodus der Bronchien folgt dem Prinzip einer unregelmäßigen Dichotomie.
Bis zu den terminalen Bronchiolen der 15. Teilungsgeneration hat das Bronchialsystem
vorwiegend eine Luftleitungsfunktion. Der Bronchiolus terminalis wird als Stamm des
Azinus bezeichnet. Dann schließt sich die Übergangszone, die bereits erste Alveolen
aufweist, mit den Bronchioli respiratorii (16. – 19. Generation) an. Mit der 20. Aufzweigung
beginnen die Alveolargänge, die mit Alveolen dicht besetzt sind. Dieser Bereich wird
als eigentliche Respirationszone bezeichnet.
Der Azinus ist als grundlegende funktionelle Einheit des Gasaustausches zu verstehen,
sein Durchmesser beträgt etwa 1 – 2 mm. Die Atemwege innerhalb der Azini haben nicht
die rohrartige Konfiguration der konduktiven Bronchiolen, ihre Wand wird von zahlreichen
ringförmigen Alveolareingängen gebildet. Zu den Azini gehören alle Alveolen tragenden
Anteile des Bronchialsystems. Die menschliche Lunge besteht aus etwa 30 000 Azini.
In den Azini findet eine weitere Differenzierung in Bronchioli respiratorii und Ducti
alveolares statt. Die Ducti alveolares sind vollständig von Alveolen umgeben. Die
am Gasaustausch teilnehmenden Abschnitte machen etwa 90 % des Lungenvolumens aus.
Dieser hohe prozentuale Anteil vermittelt einen Eindruck über die große Fläche der
respiratorischen Zone. Als anatomischer Totraum wird derjenige Anteil des Bronchialsystems
bezeichnet, der zwar belüftet ist, in dem aber kein Gasaustausch stattfindet. Weibel
und Gomez berechneten für die Bronchioli respiratorii einen Innendurchmesser von 500 µm
und einen von 400 bis 450 µm für die Ducti und Sacculi alveolares [4].
In den [Abb. 1a, b] und [Abb. 2] ist der Aufbau des Bronchialsystems mit den unterschiedlichen Generationen der Bronchien
dargestellt. Es erfolgt eine prinzipielle Trennung in die funktionellen Einheiten
Lufttransport und Gasaustausch (Diffusion). In [Abb. 2] sind die kleinen Atemwege (Bronchioli praeterminales, Bronchioli terminales sowie
die Bronchioli respiratorii) besonders gekennzeichnet. Es ist davon auszugehen, dass
insbesondere in diesem Bereich die inflammatorischen Prozesse und strukturellen Veränderungen
ablaufen. Während die großen und kleinen Bronchien in ihren Wänden Knorpelspangen
zur Stabilisierung des Atemweges aufweisen, verfügen die Bronchiolen, die definitionsgemäß
einen Durchmesser von weniger als 1 mm aufweisen, über keinen stabilisierenden Knorpelanteil
mehr. Die Faserelemente der Bronchiolen sind mit denen des Lungengewebes verwoben,
glatte Muskelfasern herrschen vor, schleimproduzierende Becherzellen sind nicht mehr
vorhanden. Ein Kollabieren der Bronchiolen wird verhindert, indem das umgebende Lungengewebe
einen radialen Zug auf die kleinen Bronchien ausübt. Entsteht jedoch ein starker Überdruck
in den Alveolen, können die Bronchiolen von außen komprimiert werden. Beim Gesunden
haben die kleinen Atemwege eine große funktionelle Reserve. Diese funktionelle Reserve
wird deutlich reduziert, wenn das System der kleinen Atemwege geschädigt wird. Liegen
bereits morphologische Veränderungen in den kleinen Atemwegen vor, so ist der Atemwiderstand
erhöht.
Abb. 1 a, b Der anatomische Aufbau des Bronchialsystems mit Darstellung der luftleitenden und
respiratorischen Atemwege. Die präterminalen und terminalen Bronchiolen sowie die
Bronchioli respiratorii sind als „small airways“ primär von den inflammatorisch bedingten
strukturellen und funktionellen Veränderungen betroffen. Der Lungenazinus ist der
funktionelle Endabschnitt der Lunge. Der bronchiolus terminalis wird auch als „Stamm“
des Azinus bezeichnet.
Abb. 2 Darstellung des Atemwegs von der Trachea bis hin zu den Alveolen. Die Verzweigungen
der Bronchien werden in Generationen eingeteilt. Zudem sind die Dimensionen der großen
und kleinen Atemwege aufgeführt. Die Bronchioli terminales und respiratorii sowie
die präterminalen Bronchien (rot hinterlegt) sind maßgeblich von dem Inflammationsprozess
bei COPD und Asthma betroffen.
Der Tracheobronchialbaum strömungstechnisch
Der Tracheobronchialbaum strömungstechnisch
Es ist unter funktionellen Aspekten von elementarer Bedeutung, dass die am Gasaustausch
teilnehmenden Alveolen gleichmäßig belüftet und auch perfundiert werden. Bei der inspiratorisch
bedingten Erweiterung der Lunge wird die Atemluft über die Trachea in die beiden Hauptbronchien
geleitet und verteilt sich dann über das immer feiner verzweigte Röhrensystem des
Bronchialbaums. Die Lunge mit dem Tracheobronchialbaum kann strömungstechnisch wie
eine Trompete verstanden werden, bei der die Luftgeschwindigkeit im Bereich des Mundstücks
am größten ist und am Ende des Trichters ein Minimum erreicht. Im oberen Atemwegsbereich,
im Larynx, der Trachea sowie den großen Bronchien liegt eine turbulente Strömung vor,
in den kleineren Atemwegen bis hin zu den Alveolen eine laminare Strömung bzw. Diffusion.
Definition der kleinen Atemwege
Definition der kleinen Atemwege
Der Begriff „small airways disease“ wurde Ende der 60er-Jahre von Macklem und Hogg
geprägt [8]
[10]. Als „small airways“ oder „kleine Atemwege“ werden diejenigen bezeichnet, die distal
im Bereich der konduktiven und der respiratorischen Zone liegen und einen Durchmesser
von < 2 mm aufweisen. Entsprechend der Weibelschen Atemwegsanatomie ist von 3 Bereichen
auszugehen:
-
die großen konduktiven Atemwege der Generationen 1 – 7
-
die kleineren konduktiven Atemwege(< 2 mm Durchmesser) der Generationen 8 – 15
-
die Lungenazini (< 2 mm Durchmesser) der Generationen 16 – 23 mit den am Gausaustausch
teilnehmenden Strukturen
Woolcock hat die Region der kleinen Atemwege als „silent zone“ bezeichnet [11]. Sie hat mit dieser Begrifflichkeit zu verstehen gegeben, dass sich die kleinen
Atemwege bei chronisch verlaufenden obstruktiven Atemwegserkrankungen über viele Jahre
hinweg „still verhalten“ und sich eine klinische Symptomatik häufig erst dann manifestiert,
wenn eine morphologische und funktionelle Schädigung derselben vorliegt. Eine symptomatische
Bronchitis bei unauffälliger Lungenfunktion stellt somit vermutlich eine bereits weit
fortgeschrittene „small airways disease“ dar, die sich im weiteren Zeitverlauf zu
einem Vollbild der COPD entwickelt. Mithilfe der Kathetertechnik konnten Hogg, Macklem
und Thurlbeck nachweisen, dass sich die periphere Resistance bei Patienten mit chronisch
obstruktiver Atemwegserkrankung um den Faktor 4 – 40 erhöht, die zentrale Resistance
jedoch nur geringgradig ansteigt [10]. Bei Lungengesunden macht die periphere Resistance im Mittel lediglich 10 – 25 %
des gesamten Atemwegswiderstandes aus, im Falle einer Erkrankung der kleinen Atemwege
steigt sie auf Werte bis zu 90 %.
Obstruktive Ventilationsstörungen
Obstruktive Ventilationsstörungen
COPD
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease,
COPD) ist durch eine im Verlauf der Erkrankung voranschreitende, typischerweise nicht
oder nur partiell reversible Atemwegsobstruktion definiert. Bei der COPD sind strukturell
und funktionell in erster Linie die kleinen Atemwege betroffen [1]
[8]
[10]. Die Inhalation toxischer Partikel stimuliert eine inflammatorische Immunantwort
und einen Remodelingprozess in den terminalen und beginnend in den respiratorischen
Bronchiolen. Die obstruierten kleinen Atemwege können durch die aktive Einatmung funktionell
noch passiert werden, bei der in Ruhe passiv ablaufenden Exspiration verbleibt jedoch
ein zunehmender Anteil an Luft im Alveolarbereich und führt langfristig zur Entwicklung
eines Lungenemphysems. Pathophysiologisch kommt es zu einem zunehmenden Verlust der
elastischen Fasern, einem Schwund der Alveolarsepten sowie einer Reduktion des Kapillarbettes
[12]
[13]. Die in den Atemwegen protrahiert verlaufende Inflammation bei COPD-Patienten ist
mit einem gehäuften Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen, deren Pathogenese
ebenfalls mit systemischer Inflammation einhergeht, assoziiert. Es lassen sich vermehrt
reaktive Sauerstoffspezies, Zellen des Immunsystems, verschiedene Akute-Phase-Proteine
und proinflammatorische Zytokine im Blut dieser Patienten nachweisen [14]
[15]
[16]
[17]
[18].
Asthma bronchiale
Während die COPD eine protrahiert verlaufende chronisch inflammatorische Atemwegserkrankung
darstellt, ist das Asthma bronchiale primär durch intermittierend auftretende Atemwegsobstruktionen,
zumeist durch Allergenprovokation induziert, gekennzeichnet. Die Lungenfunktion eines
Asthmatikers kann in symptomfreien Intervallen völlig normal sein. Ein nicht hinreichend
therapiertes und nicht kontrolliertes Asthma kann jedoch zu einer fixierten Obstruktion
im Sinne einer COPD führen. Entsprechend der GINA-Kriterien ist es Ziel der Asthmabehandlung,
eine optimale Symptomkontrolle zu erreichen und die Risiken für Exazerbationen, Verschlechterungen
der Lungenfunktion, Langzeitfolgen und Nebenwirkungen der Therapie zu minimieren [19]. Obwohl es sehr wirksame Medikamente zur Behandlung des Asthma bronchiale gibt,
sind die Ergebnisse der Asthmakontrolle unbefriedigend. Bei deutlich mehr als 50 %
der Patienten muss das Asthma als nicht bzw. schlecht kontrolliert angesehen werden
[20]
[21]
[22]
[23]
[24]. Beim Asthma bronchiale wird heute von unterschiedlichen Phänotypen, die einer individualisierten
Therapie bedürfen, ausgegangen. Es ist zu mutmaßen, dass eine Chronifizierung der
Erkrankung auch zu strukturellen und funktionellen Beeinträchtigungen der kleinen
Atemwege führt. In welcher Art und Ausprägung das Atemwegsremodeling bei den unterschiedlichen
Phänotypen des Asthmas abläuft, ist jedoch noch weitgehend ungeklärt. Hinsichtlich
der pathogenetischen Bedeutung der „small airways“ war die Aufmerksamkeit in den letzten
Jahren v. a. auf die COPD gerichtet, dies v. a. auch unter dem Aspekt eines kausalen
Zusammenhangs zwischen COPD und Emphysem. Vom Asthma bronchiale ist bekannt, dass
der inflammatorische Prozess, in Abhängigkeit des Phänotyps, die kleinen und großen
Atemwege in unterschiedlichem Ausmaß betreffen kann. Kraft und Mitarbeiter haben bei
11 asthmatischen Patienten mit nächtlicher Symptomatik und 10 asthmatischen Patienten
ohne nächtliche Symptomatik zweimalig (04.00 h und 16.00 h) Bronchoskopien mit endo-
und transbronchialen Biopsieentnahmen durchgeführt [25]. Bei Patienten mit nächtlichem Asthma fand sich, verglichen mit dem Befund am Tage,
eine deutlich erhöhte Anzahl von Eosinophilen und Makrophagen im „alveolar tissue“.
Die Abnahme der nächtlichen Lungenfunktion korrelierte signifikant mit der Eosinophilenzahl
in der peripher entnommenen Bronchialschleimhautbiopsie. Ein schwer einstellbares
sowie ein nächtliches Asthma bronchiale gehen mit einem verstärkten Influx von Entzündungszellen
in die kleinen Atemwege einher. Der periphere Atemwegswiderstand steigt mit dem Ausmaß
der Inflammation.
Inhalation und Erreichbarkeit der kleinen Atemwege
Inhalation und Erreichbarkeit der kleinen Atemwege
Schlüssel zum Erfolg der antiobstruktiven Therapie ist die Erreichbarkeit der kleinen
Atemwege. Eine bedeutsame Reduzierung des erhöhten Atemwegswiderstandes gelingt nur
dann, wenn die inhalativ applizierte Medikation die kleinen Atemwege in entsprechender
Dosis erreicht. Beim Gesunden nimmt der Querschnitt der Atemwege in Richtung „kleine
Atemwege“ exponentiell zu, der Atemwegswiderstand ist vergleichsweise gering. Sind
die kleinen Atemwege jedoch strukturell verändert, so steigt der Atemwiderstand an
und lässt die Patienten symptomatisch werden. Die Schädigung der kleinen Atemwege
scheint aufgrund der funktionellen Reserve lange Zeit kompensierbar. Mit Auftreten
erster Symptome wie Dyspnoe, Husten oder Auswurf wird die „silent zone“ zu einer „activated
zone“.
Das Haupteinsatzgebiet der Inhalationstherapie ist die Gruppe der obstruktiven Atemwegserkrankungen.
Die Vorteile der topischen Behandlung liegen im raschen Wirkungseintritt am Zielorgan
sowie einem günstigen Wirkungs-/Nebenwirkungsverhältnis. Retrospektiv stellt die Etablierung
antiinflammatorischer Substanzen einen Meilenstein in der Geschichte der Inhalationstherapie
dar. Da die Lunge mit ihrer großen Oberfläche ein ideales Resorptionsorgan für Medikamente
darstellt, werden die Inhalationstechnologien und die Aerosolapplikation weiterhin
im Fokus der Behandlung chronischer Atemwegserkrankungen stehen. Die Lungendepositionsraten
inhalativ applizierter Medikamente liegen zwischen 10 und 30 % und sind damit vergleichsweise
schlecht [26]
[27]. Ist die Atemmuskelkraft bei COPD und Emphysem limitiert, fällt die Medikamentendeposition
noch geringer aus. Für die Deposition von Aerosolen in der Lunge sind mehrere Parameter
von grundlegender Bedeutung: die Teilchengröße, das Atemzugvolumen, der Atemfluss,
die Morphometrie des Atemweges und der Massenausstoß des Aerosolgenerators. Während
größere Teilchen bereits an der Wangenschleimhaut, im Pharynx oder Larynx verbleiben,
können die kleineren die Peripherie der Atemwege erreichen. Bei kontinuierlicher Aerosolerzeugung
ist die in der Lunge applizierte Dosis umso größer, je tiefer der Atemzug ist. Um
den gesamten funktionellen Totraum zu passieren, muss ein entsprechend großes Atemzugvolumen
generiert werden. Nur so ist das Einbringen von Aerosolteilchen in den Bereich der
„kleinen Atemwege“ realisierbar. Die Teilchengröße für eine gute Wirkstoffapplikation
im Bereich der kleinen Atemwege liegt bei < 3 – 4 µm, ideal ist eine von 2 µm [26]
[27].
Die Diagnostik der kleinen Atemwege – bislang unzureichend
Die Diagnostik der kleinen Atemwege – bislang unzureichend
Die Bedeutung der kleinen Atemwege ist bei der Behandlung chronisch obstruktiver Atemwegserkrankungen
jahrzehntelang unterschätzt worden. Die kleinen Atemwege mit weniger als 2 mm Durchmesser
machen etwa 90 Prozent des gesamten Lungenvolumens aus. Entzündungsvorgänge und Gewebeumbauprozesse
können in diesem peripheren Bereich mit den herkömmlichen diagnostischen Verfahren
nicht ausreichend dargestellt werden. Der Progress inflammatorischer Prozesse und
die Konsequenzen, die sich hinsichtlich Stabilität und Funktionalität der kleinen
Atemwege ergeben, sind jedoch prognosebestimmend. Bislang existiert kein diagnostischer
Goldstandard zur differenzierten Beurteilung der kleinen Atemwege. Neben den radiologischen,
lungenfunktionsanalytischen und nuklearmedizinischen Verfahren kommen diagnostisch
die Oszillometrie und Gasauswaschverfahren (Multiple Breath Gas Washout; Gas-Mehrfachatemzugs-Auswaschtest)
zum Einsatz [28]
[29]. Zur Beurteilung der Bronchialschleimhaut, des Inflammationsprozesses sowie zur
Gewinnung einer Bakteriologie können endo- und transbronchiale Biopsien, Bronchiallavagen
und induziertes Sputum durchgeführt werden.
Die Morphologie ist eine beschreibende Methode, die auf der Darstellung von Strukturen
mittels Bildern beruht. Zur funktionellen Beurteilung reichen strukturelle Beschreibungen
jedoch in der Regel nicht aus. Informationen über Anzahl, Längenverhältnisse, Durchmesser
und Volumina von Gewebeanteilen sind ebenfalls von Bedeutung. Zur Beurteilung der
Anatomie des Bronchialsystems wurden traditionell Ausgussmodelle des Bronchialsystems
angefertigt, Schnitte durch Mikrodissektion angefertigt und Strukturen unter Licht-
und Elektronenmikroskopen vermessen. In der bildgebenden Diagnostik der Atemwege kommen
Verfahren wie die Computertomografie (CT), die hochauflösende CT sowie die Lungenszintigrafie
zum Einsatz. Während die Diagnose und computertomografische Quantifizierung eines
Lungenemphysems bzw. der großen Atemwege seit vielen Jahren etabliert ist, bereitet
die Beurteilung der kleinen Atemwege unverändert Probleme. Rückschlüsse über das Ausmaß
der Beteiligung kleiner Atemwege lassen sich radiologisch über das „Air Trapping“
ziehen. Radiomorphologisch imponiert eine reduzierte Lungendichte im Vergleich zu
gesunden Arealen. Trotz Weiterentwicklung radiologischer Verfahren mit Mehrschichtaufnahmen
und verkürzter Rotationszeit kann eine Strukturauflösung von < 500 µm in vivo noch
nicht erreicht werden. Goldstandard zur Visualisierung und Vermessung von Strukturen
< 200 µm sind die Histomorphometrie sowie die Mikro-Computertomografie in der Ex-vivo-Forschung.
In den letzten Jahren hat sich die Mikro-Computertomografie, mit der Mikrostrukturen
dreidimensional dargestellt und morphometrisch vermessen werden können, weiterentwickelt.
So konnten Tanabe und Mitarbeiter bei Patienten mit COPD Grad IV und einem pan- bzw.
zentrilobulären Emphysem mittels Mikro-CT nachweisen, dass es im Krankheitsverlauf
zu einer zunehmenden Destruktion der präterminalen und terminalen Bronchiolen kommt.
Verglichen mit Kontrollpersonen kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Anzahl
terminaler Bronchiolen sowie einer Zunahme der Wanddicke der noch verbliebenen (prä-)terminalen
Bronchiolen. Das Remodeling der terminalen Bronchiolen wiederum wird als Voraussetzung
für die Ausbildung eines Emphysems angesehen [30]
[31].
Für den klinischen Alltag wird ein Verfahren benötigt, mit dem Veränderungen der kleinen
Atemwege in einem frühen Stadium erkannt werden können. Mittels der Bodyplethysmografie
können Air Trapping und Hyperinflation gemessen werden. Die Erhöhung statischer Volumina
tritt häufig als Folge chronischer Ventilationsstörungen auf. Der Verschluss der kleinen
Atemwege bedingt eine Erhöhung der funktionellen Residualkapazität (FRC), des Residualvolumens
(RV) sowie der Totalen Lungenkapazität (TLC). Das RV oder der Quotient aus RV und
TLC sind Parameter, die auf eine funktionelle Beeinträchtigung der kleinen Atemwege
hinweisen können. Bei der Spirometrie wird der Parameter FEF25 – 75 als Hinweis auf das Vorliegen einer peripheren Obstruktion genutzt. Die Aussagekraft
ist jedoch eher begrenzt. Allenfalls bei normalem FEV1 kann der FEF25 – 75 hinweisend für eine periphere Flusslimitation sein. Die Impulsoszillometrie (IOS)
gilt als sehr sensitive Methode zur Objektivierung und Differenzierung von zentraler
und peripherer Atemwegsobstruktion [32]. Mittels IOS können Erkrankungen der kleinen Atemwege früher als mit der Spirometrie
oder Bodyplethysmografie erkannt werden. Die IOS ist im klinischen Alltag vergleichsweise
unproblematisch einsetzbar. Bei der IOS werden der Ruheatmung des Patienten impulsförmige
Schwingungen überlagert. Die ausgesandten Schwingungen werden dann im Bronchialsystem
reflektiert und analysiert. Periphere und zentrale Atemwegsobstruktion sind durch
den spezifischen Verlauf von Resistance R und Reactance X bei unterschiedlichen Messfrequenzen
differenzierbar. Die Gasauswaschtests stellen eine sensitive Methode zur Erfassung
von inhomogener Ventilation und Air Trapping in den kleinen Atemwegen dar. Man unterscheidet
Einfach- und Mehrfachauswaschtests, wobei letztere komplexeren Fragestellungen in
der Forschungsanwendung vorbehalten sind. Die exhalierte alveoläre NO-Konzentration
stellt eine einfache und nicht invasive Methode zur Beurteilung der Atemwegsinflammation
dar. NO wird sowohl in den distalen als auch proximalen Atemwegen gebildet. Eine Differenzierung
hinsichtlich der Lokalisation proximale/distale Atemwege ist nicht möglich.
Die Erkrankung der kleinen Atemwege muss als Frühform der chronisch obstruktiven Atemwegserkrankungen
angesehen werden. Die morphologischen Veränderungen bleiben anfangs lange „unentdeckt“
(silent zone), da sie wegen des atemmechanischen Verhaltens mit der derzeit zur Verfügung
stehenden Funktionsdiagnostik nicht zu erfassen sind und über Jahre hinweg symptomlos
bleiben. Kenntnisse über die Morphologie des Bronchialsystems sowie des Azinus als
funktioneller Einheit sind Grundlage für das Verstehen physiologischer und pathophysiologischer
Abläufe von Gastransport und -austausch. Die Mikro-Computertomografie eröffnet neue
Optionen der Darstellung von Mikrostrukturen im „kleinen Atemwegsbereich“. Von therapeutischer
Seite stellt sich die Frage, ob und wie perspektivisch eine verbesserte Medikamentendeposition
in den kleinen Atemwegen erreicht werden kann. Bei der COPD steht natürlich die Meidung
inhalativer Noxen unverändert im Vordergrund.