Das Curriculum für Magistralrezepturen befindet sich noch in der Entwicklung. Die
Finalisierung wird noch in diesem Jahr erwartet. Bereits erworbene Punkte werden rückwirkend
angerechnet.
Hintergrund
Trotz unzähliger Fertigarzneimittel gibt es immer noch Lücken in der Arzneimittelversorgung,
die durch die Verordnung von Rezepturen geschlossen werden können. Weiterhin hat es
gerade in den letzten Jahren relevante Änderungen im Management von Dermatosen gegeben,
die die Verordnungsmöglichkeiten von Rezepturen auch in verschiedenen Leitlinien unterstreichen.
So geht die neue „S2k-Leitlinie zum Gebrauch von Präparationen zur lokalen Anwendung
auf der Haut (Topika)“ [6] hilfreich auf die Besonderheiten der Rezepturarzneimittel ein.
Gründe für die Verordnung von Rezepturen sind unter anderem:
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Kein Fertigarzneimittel vorhanden
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Neue Therapieoptionen
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Große Größen erforderlich
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Duftstofffrei
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Individuelle Konzentration (Stichwort: Pädiatrie, Gerontodermatologie)
Bedingt durch die letzte Novelle der Apothekenbetriebsordnung (2012) ergaben sich
Änderungen in der Plausibilitätsprüfung, der Beurteilung hinsichtlich pharmazeutischer
Qualität und Arzneimittelsicherheit. Das führte zunächst zu etwas Unmut bei beiden
Berufsgruppen, letztlich aber zu einer Verbesserung der Rezepturqualität. Im Untersuchungszeitraum
4. Quartal 2011 bis 3. Quartal 2014 wurden mit Daten des Deutschen Arzneiprüfungsinstitutes
e. V. (DAPI) [1] die Verordnungsgewohnheiten für Rezepturen in Deutschland untersucht [5]. Dabei wurden Verordnungen ermittelt, die zulasten der gesetzlichen Krankenversicherungen
im ambulanten Sektor rezeptiert wurden. Etwa 3 von 10 Verordnungen durch Dermatologen
in Deutschland waren im Untersuchungszeitraum Rezepturen. Dermatologen stellen im
deutschen kassenärztlichen Versorgungssystem nicht ganz 3 % aller Ärzte und rezeptieren
mehr als die Hälfte aller Rezepturen. Pro Quartal und Arzt wurden im Fachbereich Dermatologie
durchschnittlich 270 Rezepturen verordnet, in allen anderen Arztgruppen durchschnittlich
13,5. Während des Untersuchungszeitraums wurden pro Quartal im Mittel fast 2 Millionen
Rezepturen (1,3 %) verordnet. Somit spielen Rezepturarzneimittel neben den Fertigarzneimitteln
nicht nur bei den Dermatologen eine bedeutende Rolle. Im Sinne der evidenzbasierten
und patientenindividuellen Medizin sollten die Rezepturqualität und das Verschreibungsverhalten
der Ärzte (Magistral- und Individualrezepturen) stets optimiert werden. Dies bedeutet,
dass 1. vorzugsweise Rezepturen zu verordnen sind, die bereits auf Plausibilität überprüft
wurden, sog. „Magistralrezepturen“, und dass 2. der Verordner bestimmte Kenntnisse
zur Verschreibung einer Rezeptur haben sollte.
Unterschied zwischen Individual- und Magistralrezepturen
Unterschied zwischen Individual- und Magistralrezepturen
Bei einer Magistralrezeptur handelt es sich um ein Rezepturarzneimittel, das auf der
Grundlage standardisierter und geprüfter (Rezeptur-)Vorschriften hergestellt wird,
in Veröffentlichungen zu finden ist und mit Ausnahme patientenindividueller Aspekte
bereits auf Plausibilität und Stabilität überprüft wurde. Trotz der pharmazeutischen
Standardisierung haben sie wie alle Rezepturarzneimittel kein zugelassenes, abschließend
definiertes Indikationsgebiet und können auch hinsichtlich Menge und zum Teil Stärke
flexibel verordnet werden. Hier gibt es Formelsammlungen verschiedener Anbieter. Am
bekanntesten ist das NRF (Neues Rezeptur-Formularium) mit über 200 Magistralrezepturen
([Abb. 1]). Die Individualrezeptur dagegen wird ad hoc verordnet und basiert nicht auf bereits
pharmazeutisch auf Plausibilität überprüften Zusammensetzungen. Deshalb geben solche
Ad-Verschreibungen häufig Anlass zu Rückfragen aus der Apotheke und entsprechend verzögerter
Abgabe an den Patienten. Zur Optimierung der Rezepturqualität wird gefordert, dass
vermehrt auf Magistralrezepturen zurückgegriffen wird [2].
Abb. 1 Magistralrezepturen. Formelsammlung für Ärzte [3].
Hilfestellungen zur Rezepturverordnung
Hilfestellungen zur Rezepturverordnung
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Fortbildungsveranstaltungen auf regionalen und überregionalen Kongressen
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Interdisziplinäre Veranstaltungen mit Dermatologen und Apothekern
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Literatur:
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Rubrik in „Hautarzt“ (Springer): Rezepturtipps für die Praxis aus der Praxis [7]
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Standardisierte Rezepturen: Formelsammlung für Ärzte [3]
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Formelsammlungen der Arzneimittel- oder Rohstoffhersteller mit auf Plausibilität geprüften
Rezepturen
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Bereich für Ärzte im DAC/NRF-Internetauftritt mit Magistralrezepturen und der Fragemöglichkeit
zu Rezepturvorschriften, www.dac-nrf.de/arzt
Dieses Curriculum soll dazu beitragen, die Qualität der Rezepturverschreibungen und
damit der Patientenversorgung zu optimieren. In einer Erhebung in Rheinland-Pfalz
und im Saarland wurde ermittelt, dass nur 10 % aller Rezepturen Magistralrezepturen
sind. Dies mag viele Gründe haben. Doch während der täglichen Praxis werden oft Rezepturen
bevorzugt, die uns seit Jahrzehnten vertraut sind – auch teilweise ohne Plausibilitätsprüfung
und ohne Abklärung, ob hier bereits ähnliche, auf Plausibilität überprüfte Rezepturen
existieren. Das Curriculum vermittelt Grundkenntnisse im praktischen Alltag mit Rezepturen
und bietet additiv die Möglichkeit, eigene Individualrezepturen in Zusammenarbeit
mit Rezepturexperten auf Plausibilität zu überprüfen.
Bedingungen zum Erhalt des Curriculums:
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Die Qualifizierung der Teilnehmer sollte jeweils innerhalb von 2 Jahren abgeschlossen
werden. Das Zertifikat kann als Facharzt erlangt werden. Punkte können bereits während
der Assistenzarztzeit erworben werden.
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Die DDA verleiht das Zertifikat nach vorgegebenen Kriterien auf Antrag.
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Zertifiziert werden Mitglieder der DDA.
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Jeder Absolvent muss mindestens 15 Fortbildungspunkte (1 Punkt sind 45 Min.) erzielen.
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Mindestens 9 Fortbildungspunkte sind bei Fortbildungen wie Kongressen oder Kursen
zu erzielen, die durch die DDA zertifiziert wurden.
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Bis zu 6 Punkte können durch den Nachweis eigener Rezeptiertätigkeit erworben werden,
was die Evaluation von bis zu 3 selbst verschriebenen Individualrezepturformeln einschließt.
Die Beurteilung wird anhand der mit Begleitinformationen eingereichten Formeln von
hierfür qualifizierten und von den Apothekerkammern benannten Pharmazeuten im Auftrag
der DDA vorgenommen und durch die Geschäftsstelle der DAC/NRF-Kommission organisiert.
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Mindestens 3 Punkte sind über Qualitätszirkel (z. B. regionale Dermatologische QZ
oder auch regionale gemeinsame Veranstaltungen durch Apotheker mit Dermatologen) zu
erarbeiten. Diese Fortbildungen sind ebenfalls durch den Veranstalter über die DDA
zu zertifizieren.
Bereits erworbene Punkte während der Entstehung des Curriculums sollen rückwirkend
anerkannt werden.
Rezeritifizierung
Zur Rezertifizierung sollten nach 5 Jahren mind. 5 Fortbildungspunkte in diesen Themenschwerpunkten
nachgewiesen werden.
Folgende Kenntnisse sollen vermittelt werden
Folgende Kenntnisse sollen vermittelt werden
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Nischen für Rezepturarzneimittel
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Welche verschiedenen Grundlagen der Externatherapie gibt es, in welchen Körperarealen
wird was und warum angewandt?
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Alters- und krankheitsbedingte Besonderheiten
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Wirkstoffkunde
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Was bedeutet Plausibilitätsprüfung?
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Grundlegende formale Vorgaben des Arzneimittelgesetzes (AMG), der Arzneimittel-Verschreibungsverordnung
(AMVV) und der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO)
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Forderungen zur pharmazeutischen Qualität der Ausgangsstoffe (Gehalt, Reinheit, Identität)
und der Zubereitungen (Gehalt, Kompatibilität, Stabilität)
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Wann darf ein Körperpflegemittel (Kosmetikum) oder ein Medizinprodukt als Rezepturgrundlage
Verwendung finden? Was gilt es zu beachten?
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Kenntnisse zur Basistherapie
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Wie kann ich meine eigenen Rezepturen auf Plausibilität überprüfen oder mit bereits
bekannten Magistralrezepturen abgleichen?
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Praxisnahe Demonstration der Beschaffenheit diverser Externa
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Konstruktive Nutzung der Kompetenz des Apothekers bei Vermeidung und Lösung von Rezepturproblemen
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Rationales und rationelles Rezeptieren unter Berücksichtigung standardisierter Rezepturen
und Arzneiträger
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Nutzung unterschiedlicher Medien zur Aktualisierung der Rezepturverordnung
Kongresse/Fortbildungen, die Möglichkeiten bieten, Curriculum-Punkte zu erwerben:
Die Anzahl der Punkte richtet sich nach der angebotenen Veranstaltung und deren Länge
(pro 45 Min. 1 Punkt). Die DDA legt die Anerkennung der Punkte fest.
Beispiele:
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DDG (2-jährlich), DDG kompakt[1] 3 Punkte
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Münchner Fortbildungswoche (2-jährlich)[1] 3 Punkte
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Regionale Fortbildungen wie
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Gesellschaft für Dermopharmazie Jahreskongress (jährlich)[1] 2 Punkte
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Sommerschule Dermatologische Therapien Halle[1] 5 Punkte
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NRF-Spezialkurse, ggf. firmeneigene Fortbildungen[1]
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Punkte durch CME-Artikel[1]
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Regionale Gruppen der Dermatologen (QZ)
oder (innovativ) der Apotheker
(Fortbildung der LAK) und Dermatologen (BVDD) in Kombination[1] 3 Punkte
Das Curriculum befindet sich noch in der finalen Freigabe, sodass kleine Änderungen
noch möglich sind. Die Optimierung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen
Ärzten und Apothekern ist hier besonders hervorzuheben.
Wir freuen uns auf viele Rezepturbegeisterte.