ergopraxis 2019; 12(01): 44
DOI: 10.1055/a-0732-9137
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Die Rechtsfrage: Dürfen Angestellte eigene Visitenkarten auslegen?

Karsten Bossow

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Publication Date:
04 January 2019 (online)

 

„Ich bin angestellte Therapeutin und habe mir eigene Visitenkarten erstellt, um diese in der Praxis auszulegen. Ist das rechtens?”
Therapeutin aus Nordrhein-Westfalen


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Karsten Bossow

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Karsten Bossow ist seit 1999 Rechtsanwalt. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht und Medizinrecht beant-wortet seit 2012 Ihre Leserfragen.

Die Antwort unseres Experten

Sofern der Praxisinhaber, also der Arbeitgeber, kein Problem darin sieht, dass die Mitarbeiterin eigene Visitenkarten auslegt, bestehen rechtlich keine Bedenken. Im Gegenteil ist es in vielen Branchen üblich, dass Mitarbeiter, die regelmäßig mit Kunden, Klienten oder Patienten Kontakt haben, über eigene Visitenkarten verfügen. Der Kunde hat dann einen Ansprechpartner in der Firma, der über seine Belange Bescheid weiß. Allerdings entsprechen diese Visitenkarten regelmäßig der Corporate Identity des Arbeitgebers. Sie werden also üblicherweise für alle Mitarbeiter im gleichen Design erstellt, das sich meist in der Praxis und auf Briefköpfen wiederfindet. Die Visitenkarten enthalten dann den Namen und die dienstlichen Kontaktdaten des jeweiligen Mitarbeiters.

Wenn nun die Mitarbeiterin eigene Visitenkarten erstellt, an ihre Patienten verteilt und in der Praxis auslegt, könnte der Eindruck entstehen, dass sie selbstständig in der Praxis tätig ist. Dies führt jedoch nicht dazu, dass sie sozialversicherungs- und steuerrechtlich als Selbstständige behandelt wird. Für diese Bewertung kommt es vielmehr auf das Gesamtbild an – die eigene Werbung, beispielsweise mit persönlich gestalteten Visitenkarten, ist nur ein Indiz für selbstständige Tätigkeit. Indizien gegen eine selbstständige Tätigkeit sind die Arbeit nach Weisungen und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Werden also üblicherweise Terminabsprachen anhand des Praxiskalenders vorgenommen und kann der Praxisinhaber entscheiden, wer wann welchen Patienten behandelt, spricht dies für eine Tätigkeit im Angestelltenverhältnis. Ebenso spricht für die Angestelltentätigkeit, wenn die Mitarbeiterin ihre erbrachten Leistungen nicht direkt gegenüber dem Patienten beziehungsweise dessen Krankenversicherung, sondern gegenüber dem Praxisinhaber abrechnet.

Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass allein die persönlichen und selbst gestalteten Visitenkarten für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit nicht ausreichen. Es müssen noch mehr Umstände hinzutreten, um hier auf eine selbstständige Tätigkeit zu schließen.

Der Praxisinhaber könnte der Leserin allerdings untersagen, ihre Visitenkarten in seinen Praxisräumen auszulegen und zu verwenden. Er kann dies auch zum Anlass nehmen, um über seine eigene Corporate Identity nachzudenken, und Visitenkarten für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erstellen lassen.


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