Zu diesem Zweck analysierten sie die Daten von Patienten mit Supraglottiskarzinom,
die zwischen Mai 2010 und Juni 2014 operiert wurden. In diesem Zeitraum erfolgte bei
17 Patienten eine transorale Roboter-assistierte Laryngektomie und bei 20 Patienten
eine supraglottische Laryngektomie.
Das mittlere Alter der Robotischen-Chirurgie-Gruppe betrug 62,2 (53–86) Jahre und
das
der offen operierten Gruppe 57,5 (39–78) Jahre. In jeder Gruppe betrug der Anteil
weiblicher Patienten 2 %. Bei allen Patienten erfolgte eine selektive
Neck-Dissection I–IV oder eine modifizierte beidseitige radikale Neck-Dissection.
Tumorstadium oder Ausbreitung des Tumors war für beide Gruppen vergleichbar. Eine
adjuvante Strahlentherapie erhielten 13 Patienten der Robotischen- Chirurgie-Gruppe
und 15 Patienten der offen operierten Gruppe. Die Tumore wurden bei allen Patienten
erfolgreich entfernt. In der Gruppe der transoralen Roboteroperationen war keine
Tracheotomie oder längere Intubation erforderlich. In der Robotischen-
Chirurgie-Gruppe konnte die Ernährungssonde nach 7 (0–12) Tagen entfernt werden, in
der offen operierten Gruppe geschah dies nach 12,2 (7–53) Tagen. Der Unterschied war
signifikant.
Der Krankenhausaufenthalt betrug in der Gruppe der transoralen Roboteroperationen
8,8
(0–14) Tage und in der offen operierten Gruppe 14,7 (7–35) Tage. Auch diese
Differenz war statistisch signifikant. Es gab keinen Unterschied zwischen den
Gruppen hinsichtlich der Komplikationen. Die mittlere Nachbeobachtungsphase für die
Robotische- Chirurgie-Gruppe betrug 25,8 Monate und 41 Monate in der
Vergleichsgruppe. Die Gesamtüberlebensrate erreichte 88 % in der Gruppe der
transoralen Roboteroperationen und 95 % in der offen operierten Gruppe. Die
krankheitsspezifische Überlebensrate betrug 94 % in der Robotischen-
Chirurgie-Gruppe und 95 % in der Vergleichsgruppe. Es gab demnach keine Unterschiede
hinsichtlich Gesamtüberlebenszeit und krankheitsspezifischer Überlebenszeit zwischen
den Gruppen.
Die transorale Roboterchirurgie zur Behandlung eines supraglottischen
Larynxkarzinoms ist ein onkologisch sicheres Verfahren und führt zu den gleichen
Ergebnissen wie eine herkömmliche offene Operation, so die Autoren. In Bezug auf
funktionale Ergebnisse ist die Zeitdauer der Ernährung über eine Sonde und die
Krankenhausaufenthaltsdauer signifikant kürzer.
Richard Kessing, Zeiskam
Studien-Kommentar
★★ Die Arbeitsgruppe um Karabulut et al. untersucht in ihrer Studie über die
chirurgische Behandlung von supraglottischen Larynxkarzinomen grundsätzlich eine
sehr interessante Patientengruppe, bei der die Behandlungstendenz in den letzten
Jahren anhaltend stark zur primären Radiochemotherapie ging. Die guten Ergebnisse
sowohl der transoralen Roboter-assistierten Chirurgie, als auch der transzervikalen
Chirurgie decken sich mit bisher publizierten Daten und auch meiner persönlichen
Erfahrung, und dürfen hier hervorgehoben werden.
In der vorliegenden Publikation werden chirurgische Zugangswege verglichen und
abschließend dem Roboter-assistierten transoralen Vorgehen wegen schnellerer
Erholung der Schluckfunktion und kürzerer Krankenhausliegedauer sowie Vermeidung
einer Tracheotomie die besseren Ergebnisse zugeschrieben.
Im deutschsprachigen Raum und weit darüber hinaus ist das transorale Vorgehen bei
supraglottischen Larynxkarzinomen seit der Einführung der mikroskopisch
kontrollierten transoralen Laserchirurgie und Beschreibung ausgezeichneter
Ergebnisse an einem großen Patientenkollektiv durch Wolfgang Steiner [1] ein absolutes Standardvorgehen.
Hierauf nimmt die retrospektive, nicht verblindete, nicht randomisierte Studie mit
kleiner Fallzahl und unzureichender Nachbeobachtungszeit leider keinen Bezug.
Zur mäßiggradigen Bewertung der Studie trägt jedoch vor allem das methodische
Vorgehen bei:
-
Das transorale Roboter-assistierte Vorgehen und dessen Bewertung beschränkt
sich hier auf die alleinige Tumorresektion mit postoperativem Verlauf.
-
Die Behandlung der Vergleichsgruppe, die eine transzervikale Resektion
erhielt, hingegen wurde mit einer gleichzeitigen, beidseitigen Neck
Dissection sowie einer prinzipiell durchgeführten Tracheotomie
kombiniert.
-
Die Auswirkungen einer beidseitigen Neck Dissection sowie einer Tracheotomie
auf Krankenhausverweildauer, Komplikationen und möglicher Kompromittierung
der Schluckfunktion sind hinreichend bekannt und lösen eine Vergleichbarkeit
der Patientengruppen weitgehend auf.
-
An dieser Stelle sei betont, dass in der Entscheidung zur zweizeitig
durchzuführenden Neck Dissection bei transoral reseziertem Primärtumor eine
medizinisch-fachlich korrekte Vorgehensweise gewählt wurde. Ebenso
unterliegt die Indikationsstellung zur Tracheotomie vorrangig der
persönlichen Verantwortung des Operateurs. Hier soll ausschließlich die
fehlende Vergleichbarkeit der Patientengruppen kritisch bemerkt werden.
-
Zur Bewertung der postoperativen Erholungszeit wäre zudem die Angabe der
jeweiligen Operationsdauer aufschlussreich gewesen.
Zusammenfassend lässt die ausführlich beschreibende Studie von Karabulut et al. nach
Meinung des Autors keinen Vergleich der angeführten Therapieformen zu.
Mittlerweile existiert eine große Anzahl publizierter Beschreibungen der onkologisch
adäquaten Durchführbarkeit der transoralen Roboter-assistierten
Kopf-Halschirurgie.
Der hierbei stets angeführte Vorteil im funktionellen Bereich muss sich jedoch
weiterhin einem Vergleich mit der mikroskopischen Laserchirurgie stellen, um den
Mehrwert der ökonomisch aufwändigen Technologie zu rechtfertigen. Hierzu sind
prospektive Studien mit adäquater Fallzahl erforderlich.