Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2019; 14(04): 38-43
DOI: 10.1055/a-0829-2766
Praxis
Grundlagen
© Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG

Verborgener Hunger

Sandra Flory
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
15. Juli 2019 (online)

 

Summary

Auf die Bioverfügbarkeit von Mikronährstoffen wirken sich sowohl unbeeinflussbare als auch beeinflusse Faktoren aus. Zu Zweiteren gehören lebensmittel-und ernährungsbedingte Einflüsse. Der Beitrag veranschaulicht am Beispiel von Eisen, Kalzium, Magnesium sowie Vitamin A und β-Carotin, wie sich die Bioverfügbarkeit über die Zusammenstellung und Zubereitung von Lebensmitteln verbessern lässt. Das beste Mittel gegen Mikronährstoffmangel und verborgenen Hunger ist eine ausgewogene Mischkost, die verschiedene Zubereitungsarten wie Kochen und Rohkost kombiniert.


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Abb. 1 Spinat: Obwohl er als eisenreiches Gemüse gilt, ist er nicht besonders geeignet als Eisenquelle. Nur 1–3 % des darin enthaltenen Eisens erreichen die Blutbahn. Foto: © Adobe Stock / Siarko

BIOVERFÜGBARKEIT - Wie kann die Aufnahme von Mikronährstoffen optimiert werden?

MANGELERNÄHRUNG ist nicht nur ein Thema in den Entwicklungsländern. Der sogenannte „verborgene Hunger“ ist auch in Deutschland ein häufig auftretendes Problem. Der Begriff beschreibt Mängel an Mikronährstoffen trotz ausreichender oder sogar übermäßiger Energiezufuhr über die Nahrung. Ursache dieser Mängel ist neben einer einseitigen Ernährungsweise die Unkenntnis über die Bioverfügbarkeit von Mikronährstoffen aus verschiedenen Nahrungsmitteln [[1]].

Bioverfügbarkeit - Was ist das eigentlich?

Die in der Nahrung enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe erreichen nicht zu 100 % die Blutbahn und den Ort, an dem sie ihre notwendige Funktion ausüben. Zum Teil werden sie nicht von den Darmzellen aufgenommen und sofort ausgeschieden oder nach der Aufnahme direkt verstoffwechselt. Der Anteil eines aufgenommenen Nährstoffes, der seinen Wirkort erreicht, wird durch die Bioverfügbarkeit beschrieben. Häufig ist der Wirkort nicht bekannt oder nicht nur auf einen Ort beschränkt [[2]]. In diesen Fällen nimmt man die Plasmakonzentrationen zur Hand. Hohe Plasmaspiegel eines Mikronährstoffes nach einer Mahlzeit sind Hinweise auf eine gute Bioverfügbarkeit. Gegenteilig beschreiben niedrige Plasmaspiegel eine geringe Bioverfügbarkeit.


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Wie wird die Bioverfügbarkeit ermittelt?

Man kann sich die Ermittlung der Bioverfügbarkeit nach oraler Aufnahme folgendermaßen vorstellen: Zu Beginn wird ein Basislevel der Plasmakonzentration des zu untersuchenden Nahrungsinhaltsstoffs bestimmt. Eine Person nimmt die Mahlzeit mit dem zu untersuchenden Stoff auf, und es wird zu ausgewählten Zeitpunkten Blut abgenommen. Über Messungen der Plasmakonzentration des Nahrungsinhaltsstoffs wird die sogenannte Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve entwickelt (siehe Abb. 2): Eine größere Fläche unter dieser Kurve bedeutet eine höhere Bioverfügbarkeit. Diese Kenngröße berücksichtigt zeitliche Variationen in der Aufnahme und Ausscheidung des Stoffes. Weitere Kenngrößen sind die maximal erreichte Konzentration und die Zeit, bis diese erreicht wird [[3]].


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Welche Faktoren beeinflussen die Bioverfügbarkeit?

Unterschiede in Alter, physiologischen und pathophysiologischen Zuständen und interindividuelle Effekte sind unbeeinflussbare Faktoren der Bioverfügbarkeit. Regulierbar sind lebensmittel-und ernährungsbedingte Einflüsse [[4], [5]].

Dabei spielen zwei Hauptfaktoren eine Rolle: Die Freisetzung der Mikronährstoffe aus dem Lebensmittel und die Fähigkeit des Körpers, den Nährstoff aufzunehmen. Beispielsweise behindern die schwer verdaulichen pflanzlichen Zellwände das Freisetzen von Nährstoffen aus Obst, Gemüse und Getreideprodukten und vermindern die Bioverfügbarkeit. Zubereitungsformen wie Kochen oder Garen wirken häufig diesem Hindernis entgegen. Des Weiteren treten Wechselwirkungen mit anderen Lebensmittelinhaltsstoffen auf, die die Aufnahme des Nährstoffs positiv oder negativ beeinflussen. Die wechselwirkenden Inhaltsstoffe kommen nicht zwangsweise in demselben Lebensmittel vor, sondern sind Teil der Gesamtmahlzeit [[4]].

Folglich sind eine geeignete Lebensmittelauswahl, - kombination und - zubereitung Stellschrauben, die aktiv reguliert werden können [6]. Es folgen einige Beispiele, um diese Zusammenhänge zu veranschaulichen.

Definition

Bioverfügbarkeit

Unter Bioverfügbarkeit versteht man die relative Menge eines Nährstoffes, die nach Aufnahme ihren Wirkort beziehungsweise das Plasma erreicht.

Wichtige Kenngrößen sind

  • der Verlauf der Plasmakonzentration über die Zeit, beeinflusst durch Absorption und Ausscheidung

  • die maximale Plasmakonzentration, die nach der Aufnahme erreicht wird

  • die Zeit, zu der die maximale Plasmakonzentration erreicht wird

Kurz Gefasst
  1. Auf die Bioverfügbarkeit von Mikronährstoffen wirken sich sowohl unbeeinflussbare als auch beeinflusse Faktoren aus. Zu Zweiteren gehören lebensmittel-und ernährungsbedingte Einflüsse.

  2. Der Beitrag veranschaulicht am Beispiel von Eisen, Kalzium, Magnesium sowie Vitamin A und β-Carotin, wie sich die Bioverfügbarkeit über die Zusammenstellung und Zubereitung von Lebensmitteln verbessern lässt.

  3. Das beste Mittel gegen Mikronährstoffmangel und verborgenen Hunger ist eine ausgewogene Mischkost, die verschiedene Zubereitungsarten wie Kochen und Rohkost kombiniert.


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Was bedeutet das für die Aufnahme von Eisen?

Eisen ist für den Sauerstofftransport und - speicher im Körper notwendig. In den roten Blutzellen ist es Bestandteil des Proteins Hämoglobin und in den Muskelzellen des Myoglobins. Außerdem ist es zentraler Elektronenüberträger in der Elektronentransportkette und bei enzymatischen Reaktionen. Ein Eisenmangel geht mit verschiedenen unspezifischen Symptomen wie Kopfschmerzen und Müdigkeit einher, basierend auf einer sogenannten Eisenmangelanämie durch verminderte Hämoglobinbildung. Obwohl bestimmte Gemüsesorten und Getreideprodukte mengenmäßig in Sachen Eisengehalt die Vorreiter sind, zählen Fleischprodukte zu den effizienteren Eisenquellen. So ist Spinat beispielsweise ein eisenreiches Gemüse (2–5 mg pro 100 g), jedoch erreichen nur 1–3 % davon die Blutbahn [[1], [4]]. Was ist der Grund für diesen Gegensatz? Das Stichwort heißt Bioverfügbarkeit!

Häm-Eisen oder Nicht-Häm-Eisen?

Bei Nahrungseisen wird zwischen Häm-Eisen und Nicht-Häm-Eisen unterschieden. Das Häm-Eisen kommt in Fleischprodukten vor, das Nicht-Häm-Eisen beschreibt die pflanzliche Form des Eisens und ist in Getreideprodukten, Obst und Gemüse enthalten. Der Darm nimmt 25 % des Häm-Eisens aus Fleisch und nur 10 % des Nicht-Häm-Eisens aus pflanzlicher Quelle auf. Nahrungsfaktoren beeinflussen die Aufnahme des Nicht-Häm-Eisens, jedoch nicht des Häm-Eisens. Einige Gemüsesorten, Nüsse, Linsen und Getreidearten enthalten neben der pflanzlichen Zellmatrix auch Phytate, die Eisen binden, wodurch es nicht resorbiert werden kann und ungenutzt ausgeschieden wird. Erhitzen oder Garen lockert die Lebensmittelstruktur, zerstört teilweise die hemmenden Faktoren und verbessert dadurch die Bioverfügbarkeit des Nicht-Häm-Eisens [[5], [6]].


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Ja zu Orangensaft, nein zu Kaffee und Tee

Nicht nur die Inhaltsstoffe desselben Lebensmittels, sondern auch einer kompletten Mahlzeit interagieren miteinander. Wer auf die Bioverfügbarkeit achtet, kombiniert bewusst Lebensmittel. In vorherigen Ernährungsstudien förderten Inhaltsstoffe von Zwiebel und Knoblauch die Eisenaufnahme. Vitamin C (Ascorbinsäure) erhöht durch dessen Säureeigenschaft die Bioverfügbarkeit von Eisen. So unterstützt die Zugabe von Zitronensaft nach der Zubereitung oder ein Glas Orangensaft zur Mahlzeit die Eisenaufnahme. Der Verzehr von Kaffee, Grün-oder Schwarztee zeigt einen gegenteiligen Effekt. Die darin enthaltenen Tannine und Chlorogensäure komplexieren das Eisen und verhindern dessen Aufnahme. Eine Studie zeigte, dass bei einem zusätzlichen Verzehr von 150 ml Schwarztee zur Mahlzeit die Aufnahme von ursprünglich 7,5 % des Gesamteisens auf 3,5 % sank. Die Studie verglich ebenfalls die Eisenaufnahme zwischen Personen mit unterschiedlicher Basisversorgung an Eisen. Bei einer Unterversorgung ist die Aufnahmefähigkeit des Körpers höher als bei einer adäquaten Versorgung [[7]].

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Abb. 2 Schema für eine Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve: Die Fläche unter der Kurve ist schraffiert dargestellt. Die Markierung an der y-Achse weist auf die Herleitung der maximal erreichten Plasmakonzentration des untersuchten Stoffes hin (hier ca. 12 ng/ml). Außerdem ist die Zeit, bis die maximale Plasmakonzentration erreicht wurde, gekennzeichnet (hier ca. 4,5 h).

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Milchprodukte als Eisenquelle ungeeignet

Bei einer Studie, bei der 150 mg Kalzium zu einer Hamburger-Mahlzeit hinzugefügt wurden, sank die Eisenaufnahme um 50 %. Diese Beobachtung liefert eine Erklärung für die schlechte Bioverfügbarkeit von Eisen aus den kalziumreichen Milchprodukten, jedoch trat diese Wechselwirkungen zwischen Eisen und Kalzium bei einer langfristigen Kalzium-Supplementierung nicht auf. Eisen-Zink-Wechselwirkungen werden ebenfalls diskutiert. Da sie aber bislang nur unter unphysiologischen Bedingungen beobachtet wurden, stellen sie kein im Alltag auftretendes Problem dar [[8]].


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Wie ist das bei Kalzium?

Die bedeutendste Funktion von Kalzium ist die Rolle in der Mineralisation von Knochen und Zähnen. Außerdem ist es essenzieller Botenstoff bei einigen molekularen Abläufen, unter anderem der Umsetzung des Nervenimpulses in die Muskelkontraktion. Folge eines chronischen Kalziummangels ist die Osteoporose, die sich insbesondere im fortgeschrittenen Alter in Form von Knochenbrüchen äußert. Gute Nahrungsquellen für Kalzium sind Milch und Milchprodukte, einige Gemüse, Mineralwässer, Nüsse und Kräuter [[1]].

Wie die Aufnahme von Eisen hängt auch die Aufnahme von Kalzium von der Grundversorgung des Körpers ab. Bei einem Kalziummangel ist die Aufnahme erhöht, verglichen mit dem Zustand bei adäquater Versorgung. Die Stellschrauben der Bioverfügbarkeit sind insbesondere bei einer schlechteren Kalziumversorgung bedeutend [[9]].

Kein Unterschied zwischen verschiedenen Milchprodukten

Milch und Milchprodukte sind nicht nur aufgrund ihres Kalziumgehaltes, sondern auch aufgrund der hohen Bioverfügbarkeit gute Nahrungsquellen. Der Milchzucker Laktose und das Milchprotein Casein, Aminosäuren und Phosphopeptide fördern die Aufnahme des Kalziums. Zwischen den Milchprodukten gibt es keine Unterschiede hinsichtlich der Bioverfügbarkeit. In einer Studie wurde berechnet, welche Menge an ausgewählten Lebensmitteln verzehrt werden muss, um die gleiche Kalziumaufnahme wie von 240 ml Milch zu erreichen. Cheddar-Käse und Naturjoghurt unterschieden sich nicht von Milch in ihren Portionen.


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Vorsicht bei pflanzlicher Kost und Ballaststoffen

Wie bei anderen Mineralstoffen und Spurenelementen wird auch die Aufnahme von Kalzium durch pflanzliche Phytate und Oxalate gehemmt. Der Aufschluss von Kalzium aus ballaststoffreichen Lebensmitteln ist deutlich vermindert. Erhitzen oder zum Beispiel das Mahlen von Mehl wirkt durch Auflockerung beziehungsweise Zerstörung der Lebensmittelstruktur und antinutritiven Komponenten diesen Effekten entgegen. In der zuvor erwähnten Studie wurden auch oxalatreiche und - arme Lebensmittel miteinander verglichen: ungefähr 382,5 g Brokkoli (oxalatarm), 1,4 kg Spinat (oxalatreich) oder 800 g Süßkartoffeln (mittlerer Oxalatgehalt) müssten verzehrt werden, um die gleiche Menge Kalzium aufzunehmen wie aus 240 ml Milch. Da auch Tannine die Ausscheidung des Kalziums im Darm fördern und damit die Aufnahme reduzieren, sind unter anderem Kaffee und Tee ungünstige Lebensmittel [[6], [10]].


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Vitamin D ist für Kalzium Freund und Helfer

Das fettlösliche Vitamin D (Funktion in Kalziumhomöostase) fördert die Kalziumaufnahme. So war nach zehnwöchiger Einnahme von Vitamin-D-Supplementen die Kalziumaufnahme dosisabhängig erhöht. Wer also auf eine gute Vitamin D-Versorgung achtet, schafft eine Voraussetzung für eine gute Kalziumversorgung [[11]].

In den gängigsten Supplementen liegt Kalzium als Kalziumkarbonat und Kalzium-Zitrat-Malat vor. Allgemein zeigten beide Formen vergleichbare Bioverfügbarkeiten. Bei bestimmten Personengruppen, unter anderem bei gestörter Magensäureproduktion oder Absorptionsstörungen, wird Kalzium in Form von Kalzium-Zitrat-Malat besser aufgenommen [[12]].


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Und Magnesium?

Magnesium ist für eine Reihe von Stoffwechselvorgängen auf molekularer Ebene notwendig. Dabei wirkt es als Cofaktor für verschiedene Enzyme. Erste Hinweise auf einen Magnesiummangel sind nächtliche Wadenkrämpfe.

Mineralwässer, Weizenkleie, Keime, Getreidemehle, Nüsse und grünes Gemüse sind Nahrungsquellen für Magnesium [[1]].

Mehr ist nicht unbedingt besser

Im Fall von Magnesium bedeutet die Gabe von höheren Dosen nicht automatisch höhere Plasmaspiegel. So wurden in einer Studie bei Aufnahme von 36 mg 65 %, bei einer Gabe von 973 mg 11 % aufgenommen. Unter anderem aus diesem Grund wird eine über den Tag verteilte Magnesiumzufuhr empfohlen statt einer hohen Einmaldosis. Grundlage hierfür ist der sättigbare Anteil des Aufnahmemechanismus in die Darmzelle [[13]].


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Für Einflussfaktoren siehe Kalzium

Die Faktoren, die Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von Kalzium nehmen, tun dies größtenteils auch für Magnesium. So ist eine für die Kalziumaufnahme geeignete Lebensmittelauswahl und - zubereitung gleichzeitig für die Aufnahme von Magnesium von Vorteil. Kritische Lebensmittelinhaltsstoffe für die Aufnahme von Magnesium sind ebenfalls Oxalate, Phytate und Ballaststoffe. Wie auch bei Kalzium ist die Lebensmittelverarbeitung, aber auch der Oxalatund Phytatgehalt von Gemüse entscheidend [[6]]. So wurde zum Beispiel eine geringere Magnesiumaufnahme aus oxalatreichem Spinat als von oxalatarmem Kohlgemüse beobachtet. Der Griff zu oxalatärmeren Gemüsesorten wie Gurke, Kohl, Paprika und Brokkoli wirkt sich positiv auf Kalziumund Magnesiumspiegel aus. Mineralwässer sind bessere Magnesiumquellen, wenn sie zu Mahlzeiten getrunken werden. Eine erhöhte Proteinzufuhr geht mit einer besseren Magnesiumaufnahme einher. [[13]].

In früheren Studien zeigten unphysiologisch hohe Dosen an Eisen, Kupfer, Mangan, Zink und Phosphor negative Wechselwirkungen mit Magnesium. Da unter normalen Bedingungen solch hohe Dosen nicht erreicht werden, sind die Beobachtungen im Alltag von geringerer Bedeutung. Es sind verschiedene Magnesiumsupplemente, darunter Magnesiumzitrat, - hydroxid, - chlorid, - oxid, - acetat, - karbonat und - aspartat erhältlich. Sie unterscheiden sich in ihrem Erfolg hinsichtlich der Magnesiumaufnahme nicht [[13]].


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Wie lässt sich die Vitamin-A-beziehungsweise β-Carotin-Aufnahme erhöhen?

Vitamin A gehört zu den fettlöslichen Vitaminen und ist für den Sehzyklus, die Zelldifferenzierung und das Wachstum essenziell. Leber, einige Fischarten, Milch und Milchprodukte sind Vitamin-A-Quellen. Das sogenannte Provitamin A, geläufiger: β-Carotin, ist in pflanzlichen Lebensmitteln wie Grünkohl, Möhren oder Paprika vertreten. Es kann in Vitamin A umgewandelt werden, wobei 6–12 mg β-Carotin für 1 mg Vitamin A benötigt werden. Erste Mangelerscheinungen äußern sich in Sehstörungen (die sogenannte Nachtblindheit) und Veränderungen von Haut und Schleimhäuten.

Tabelle 1

Übersicht über Nahrungsquellen und Faktoren, welche die Bioverfügbarkeit von ausgewählten Mikronährstoffen beeinflussen [[1], [5], [6], [9], [13], [14]]

Mikronährstoff

Nahrungsquellen

Fördernde Faktoren

Hemmende Faktoren

Eisen

Fleischprodukte, einige Gemüse-und Getreidesorten

Tierisches Protein, Vitamin C (zum Beispiel Orangensaft, Zitronensaft), Inhaltsstoffe von Zwiebel und Knoblauch

Tannine und Chlorogensäure (u. a. Tee, Kaffee); Phytate (Gemüse, Nüsse, Linsen und Getreide); Kalzium (zum Beispiel innerhalb eines Milchproduktes)

Kalzium

Milch und Milchprodukte, Gemüse, Mineralwässer, Nüsse und Kräuter

Laktose, Vitamin D, Phosphopeptide, Aminosäuren (zum Beispiel Milchprodukte), Fruktooligosaccharide

Oxalate und Phytate (Gemüse, Nüsse, Linsen und Getreide); Tannine (Tee, Kaffee)

Magnesium

Mineralwässer, Vollkornprodukte, Nüsse, grünes Gemüse

proteinreiche Mahlzeiten, Mineralwässer zur Mahlzeit

Ballaststoffe, Phytate und Oxalate (Gemüsesorten, Nüsse, Linsen, verschiedene Getreidesorten)

Vitamin A, β-Carotin

Leber, fettreiche Fische, Milch, Milchprodukte, Eier, Obst, Gemüse

Nahrungsfett, mildes Erhitzen

Ballaststoffe, zu starkes Erhitzen

Wie bei den anderen fettlöslichen Vitaminen (D, E, K) lässt sich die Aufnahme von Vitamin A beziehungsweise β-Carotin durch gleichzeitige Fettzufuhr verbessern. Allgemein ist das Vitamin A aus tierischen Produkten besser verfügbar als das β-Carotin aus pflanzlichen Produkten. Die Bioverfügbarkeit des β-Carotins hängt insbesondere von der Lebensmittelmatrix ab. In dunkelgrünen, blättrigen Gemüsen ist es in Komplexen in den Chloroplasten eingeschlossen und sehr schlecht bioverfügbar. In Früchten und nicht-grünen Gemüsesorten ist es als Öltröpfchen in den Chloroplasten eingelagert, leichter daraus lösbar und folglich etwas besser verfügbar. Um die Bioverfügbarkeit zu erhöhen, ist neben dem gleichzeitigen Verzehr von Fett das milde Erhitzen zu empfehlen. Kurzes, mildes Dünsten von Gemüse ist eine für die Bioverfügbarkeit positive Maßnahme. Beim Erhitzen wird das β-Carotin aus der Matrix gelöst. Jedoch ist auch Vorsicht geboten: Ein zu starkes oder zu langes Erhitzen zerstört das β-Carotin und andere hitzeinstabile Vitamine [[14]].


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Ausgewogen gegen verborgenen Hunger

Die Bioverfügbarkeit von Mikronährstoffen hängt von unbeeinflussbaren (Alter, individuelle Unterschiede, pathophysiologische Zustände) und beeinflussbaren Faktoren (Freisetzung aus dem Lebensmittel, Aufnahme vom Körper) ab. Durch geeignete Lebensmittelzusammenstellung und - zubereitung kann die Aufnahme von Mikronährstoffen verbessert werden. Für Mineralstoffe sind insbesondere Phytate, Tannine, Chlorogensäure und Oxalate aufnahmehemmende Nahrungsinhaltsstoffe. Zubereitungsmethoden wie Kochen, Garen oder bakterielle Fermentation sind häufig förderlich, da sie die Mikronährstoffe aus der Lebensmittelstruktur lösen. Da Erhitzen wiederum andere, hitzeempfindliche Mikronährstoffe, beispielsweise Vitamin C, zerstört, sollte die Ernährung ebenfalls Rohkostanteile umfassen.

In erster Linie beugt unter physiologischen Bedingungen eine ausgewogene Mischkost Mikronährstoffmängel und dem verborgenen Hunger vor. Dabei muss auf einzelne Lebensmittel mit niedriger Bioverfügbarkeit bestimmter Mikronährstoffe wie Spinat nicht komplett verzichtet werden, wenn die Kost insgesamt abwechslungsreich ist.

Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/a-0829-2766

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Sandra Flory

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Universität Hohenheim
Institut für Ernährungswissenschaft (140)
Garbenstraße 28
70599 Stuttgart
E-Mail: sandra.flory@online.de


Sandra Flory studierte Ernährungswissenschaften (JLU Gießen) und Molekulare Ernährungswissenschaft (Universität Hohenheim). Ihre Promotion im Fachgebiet Biofunktionalität der Lebensmittel (Universität Hohenheim) beschäftigt sich unter anderem mit der Pharmakokinetik von sekundären Pflanzenstoffen und Vitaminen.

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Verwendete Literatur

  • 1 Biesalski H-K, Grimm P. Nowitzki-Grimm S. Taschenatlas Ernährung. 7. Aufl. s.l.. Stuttgart: Thieme; 2017
  • 2 Borel P, Desmarchelier C. Bioavailability of Fat-Soluble Vitamins and Phytochemicals in Humans.. Effects of Genetic Variation. Annu Rev Nutr 2018; 38: 69-96 doi: 10.1146/annurev-nutr-082117-051628
  • 3 Muindi JR, Roth MD, Wise RA. et al. Pharmacokinetics and metabolism of all-trans-and 13-cis-retinoic acid in pulmonary emphysema patients.. J Clin Pharmacol 2008; 48: 96-107 doi: 10.1177/0091270007309701
  • 4 Biesalski H-K, Bischoff SC, Pirlich M, Weimann A. Hrsg. Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 5. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2018
  • 5 Forbes RM, Erdman JW. Bioavailability of trace mineral elements.. Annu Rev Nutr 1983; 3: 213-221 doi: 10.1146/annurev.nu.03.070183.001241
  • 6 Gibson RS, Perlas L, Hotz C. Improving the bioavailability of nutrients in plant foods at the household level.. Proc. Nutr. Soc 2006; 65: 160-168 doi: 10.1079/PNS2006489
  • 7 Thankachan P, Walczyk T, Muthayya S. et al. Iron absorption in young Indian women. The interaction of iron status with the influence of tea and ascorbic acid.. Am J Clin Nutr 2008; 87: 881-886 doi: 10.1093/ ajcn/87.4.881
  • 8 Sandström B. Micronutrient interactions. Effects on absorption and bioavailability.. Br J Nutr 2001; 85: S181 doi: 10.1049/BJN2000312
  • 9 Bronner F, Pansu D. Nutritional aspects of calcium absorption.. J Nutr 1999; 129: 9-12 doi: 10.1093/jn/129.1.9
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  • 14 Platel K, Srinivasan K. Bioavailability of Micronutrients from Plant Foods. An Update.. Crit Rev Food Sci Nutr 2016; 56: 1608-1619 doi: 10.1080/10 408398.2013.781011

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Abb. 1 Spinat: Obwohl er als eisenreiches Gemüse gilt, ist er nicht besonders geeignet als Eisenquelle. Nur 1–3 % des darin enthaltenen Eisens erreichen die Blutbahn. Foto: © Adobe Stock / Siarko
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Abb. 2 Schema für eine Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve: Die Fläche unter der Kurve ist schraffiert dargestellt. Die Markierung an der y-Achse weist auf die Herleitung der maximal erreichten Plasmakonzentration des untersuchten Stoffes hin (hier ca. 12 ng/ml). Außerdem ist die Zeit, bis die maximale Plasmakonzentration erreicht wurde, gekennzeichnet (hier ca. 4,5 h).
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