Schlüsselwörter
Cholesterin - Eier - Biosynthese - Cholesterinhomöostase - Steroidhormone - Metabolismus
im Gehirn - Neurodegeneration - Alzheimer - Arteriosklerose - Anthozyane
Cholesterin ist ein sehr bedeutender Baustein für verschiedene Membranstrukturen des
Körpers sowie als Ausgangssubstanz für die Synthese von Steroidhormonen, Gallensäure
und Vitamin D (einem Hormon!). Synthese, Transport innerhalb des Körpers und Metabolismus
werden durch zahlreiche Mechanismen reguliert. Die Cholesterinbalance ist sehr wichtig,
um Funktionsstörungen und Krankheiten zu vermeiden. Der Cholesterinpool des Körpers
speist sich aus der Aufnahme mit der Nahrung und der körpereigenen Biosynthese.
Aufnahme aus der Nahrung
Mit der Nahrung werden täglich ca. 300–400 mg Cholesterin aufgenommen. Aus den im
Darmlumen vorliegenden Phospholipiden, Fettsäuren und Cholesterin werden mit Gallensäure
Mizellen gebildet, die in die Enterozyten verlagert werden. Dort erfolgt die Veresterung
durch ACAT2 (Acyl-CoA-Cholesterin-Acetyltransferase2) zu Cholesterinestern. Diese
werden zusammen mit Triglyceriden in Chylomikronen über die Lymphbahnen und den Ductus
Thoracicus ins Blut und weiter zur Leber transportiert.
Tab. 1
Cholesterin- und Nährstoffgehalt verschiedener Lebensmittel [[1]].
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2 Eier (100 g)
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Butter (100 g)
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Käse (100 g)
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Rindfleisch (100 g)
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Geflügel (100 g)
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Cholesterin (mg)
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372
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214
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107
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99
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75
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Vitamin D (I. E.)
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82
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–
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14
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11
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10
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Tocopherole (mg)
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0,6
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–
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–
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–
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–
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Lutein/Zeaxanthin (µg)
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503
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–
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–
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–
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–
|
Aufgrund ihres Cholesteringehalts von ca. 186 mg wurde der regelmäßige Konsum von
Eiern über Jahrzehnte nicht empfohlen. Aktuelle Studien konnten allerdings keine kausalen
Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Ei und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
nachweisen.
Eier liefern viele wertvolle Nährstoffe
Eier enthalten zahlreiche wertvolle und gesundheitsfördernde Nährstoffe wie Eisen,
Kalium, Kalzium, Magnesium, Zink und verschiedene Vitamine wie Vitamin A, B1, B2, B3, B6, B12, Folsäure, Vitamin E, D und K. Das Protein aus Ei hat eine optimale Aminosäurenzusammensetzung
und enthält Antioxidanzien wie Phosvitin, Ovotransferrin und Ovalbumin, die z. B.
die Lipidperoxidation von Cholesterin verhindern können. Eiprotein induziert einen
hohen Sättigungseffekt. Neben Cholesterin finden sich im Ei auch weitere Lipide mit
nachgewiesenen gesundheitsfördernden Effekten wie MUFAs (einfach ungesättigte Fettsäuren),
PUFAs (mehrfach ungesättigte Fettsäuren), Phosphatidylcholine, Sphingomyelin und mit
147 mg pro Ei viel Cholin, welches essenziell für die fetale und neonatale Hirnentwicklung
ist.
Weitere wertvolle Nährstoffe sind die Karotinoide: Lutein, Cryptoxanthin und Zeaxanthin,
die mit erniedrigtem Risiko für Makuladegeneration, Katarakt und Arteriosklerose assoziiert
werden. Täglicher Verzehr von Eiern kann bei bestimmten Personen (Hyperresponder)
zu einem leichten Anstieg der Cholesterinspiegel führen. Allerdings steigen dabei
sowohl LDL als auch HDL gleichermaßen an und die Ratio verändert sich nicht, sie wird
eher günstiger. Regelmäßiger Verzehr von Ei führt zu Veränderung der LDL-Subfraktion
hin zu großen und damit günstigeren Partikeln.
Vor allem die neueren Studien zeigen, dass der tägliche Verzehr von Eiern trotz ihres
hohen Cholesteringehalts das kardiovaskuläre Risiko nicht erhöht. Naturbelassene Eier
(ohne Antbiotika- oder andere Rückstände) stellen wertvolle Lebensmittel dar. Insgesamt
gibt es z. Z. keine überzeugenden wissenschaftlichen Studien, die den regelmäßigen
Verzehr von Cholesterin ursächlich mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
verbinden können.
Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass die ω-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure)
und DHA (Docosahexaensäure) sowie auch Phosphatidylcholin und Sphingomyelin die intestinale
Cholesterinaufnahme in dosisabhängiger Weise reduzieren.
Cholesterinbiosynthese
Der überwiegende Teil des im Körper benötigten Cholesterins, etwa 1–2 g pro Tag, wird
von den Zellen selbst hergestellt. Da Cholesterin ein wesentlicher Bestandteil von
Zellmembranen ist, ist auch jede Zelle zur Synthese in der Lage. Fluidität, Permeabilität
und transmembranöse Signalübertragung sind in hohem Maße vom regelrechten Cholesteringehalt
der Membran abhängig.
Die Cholesterinsynthese findet im ER (Endoplasmatisches Retikulum) der Zelle statt.
Dabei wird aus 2 Acetatmolekülen zunächst Acetyl-CoA (über Thiolase) und daraus HMG-CoA
(3-Hydroxy-3 Methylglutary-CoA) katalysiert durch HMG-CoA-Synthase. Die Umwandlung
von HMG-CoA zu Mevalonsäure durch die HMG-CoA-Reduktase ist der limitierende Schritt
in der Cholesterinsynthese. Hier setzen die Statine an, die über eine Hemmung der
HMG-CoA-Reduktase die Synthese von Cholesterin und gleichzeitig auch die von Coenzym
Q10 hemmen. Über Farnesylpyrophosphat, Squalen, 7-Dehydrocholesterin wird Cholesterin
synthetisiert [Abb. 1].
Abb. 1 © sakura/Adobe Stock
Cholesterinhomöostase
Es besteht eine enge wechselseitige Beziehung zwischen der intestinalen Cholesterinaufnahme,
der Exkretion über Gallensäuren und der körpereigenen Synthese. Aufgrund der zahlreichen
beteiligten Genaktivierungen und Proteinaktivitäten zeigt dieses aufeinander abgestimmte
Regulationssystem eine hohe individuelle Variabilität. Der intrazelluläre Cholesteringehalt
wird über Transkriptionsfaktoren der ER-Membran wie SREB (Sterol Regulatory Element
binding Proteins) und LXR (Leber-X-Rezeptor) reguliert.
Wichtige Mechanismen sind:
-
Physiologische Regulation der HMG-CoA-Reduktase
Die Regulation der HMG-CoA-Reduktase ist der bedeutendere Mechanismus. Er wird über
Cholesterin im Rahmen einer Feedbackhemmung gesteuert. Bei hohen intrazellulären Cholesterinspiegeln
wird der Sterolsensorbereich des SREB aktiviert und SREB im ER inaktiviert. Als Folge
wird die HMG-CoA-Reduktase verstärkt abgebaut und die Cholesterinsynthese gehemmt.
Insulin stimuliert (über Reduktion von cAMP) und Glukagon inhibiert die HMG-CoA-Reduktase-Aktivität
und damit die Cholesterinsynthese. Hohe Kohlenhydratzufuhr kann über diesen Mechanismus
die Cholesterinspiegel erhöhen.
Auch verschiedene Cytochom-p450-Enzyme sind an der Cholesterinregulation beteiligt.
CYP7A1, auch Cholesterin-7-α-Hydroxylase genannt, ist das limitierende Enzym der Gallensäuresynthese
und damit auch der hepatischen Cholesterinbalance. Funktionsstörungen dieses Enzyms
führen zu erhöhten Cholesterinspiegeln, die sich nicht gut durch Statine beeinflussen
lassen.
-
Regulation der LDL-Rezeptoraktivität
Der LDL-Rezeptor (LDLR) wird bei Bedarf im ER der Zelle synthetisiert und an die Zelloberfläche
transportiert, um dort mit hoher Affinität an LDL zu binden. Der entstehende LDLR-LDL-Komplex
wird in Vesikeln in die Zelle verlagert, wo die Vesikel verschmelzen und LDL freisetzen.
Die intrazelluläre Cholesterinkonzentration reguliert die LDLR-Syntheserate.
-
Rücktransport von Cholesterin
Der Cholesterinrücktransport ist ein wesentlicher Mechanismus für die zelluläre Cholesterinhomöostase.
Dabei induzieren HDL-Partikel über ABCG1 (ATP-binding cassette transporter G1) die
Freisetzung von Cholesterin aus Makrophagen und peripheren Zellen. Das von HDL aufgenommene
Cholesterin wird zur Leber transportiert, über Scavengerrezeptor B1 aufgenommen, z. T.
zu Gallensäure umgewandelt und an Glycin oder Taurin konjugiert über die Galle in
den Darm ausgeschieden. AGEs (Advanced Glycation Endproducts) reduzieren die ABCG1-Transkription
und hemmen so die Freisetzung von Cholesterin aus Makrophagen. Die daraus resultierende
Cholesterinakkumulation in den Makrophagen steigert die Umwandlung zu Schaumzellen.
Das bei Diabetikern erhöhte glykosylierte Albumin induziert die ROS-Bildung (Reactive
Oxygen Secies) und die Genexpression proinflammatorischer Mediatoren [Abb. 2].
Abb. 2 Cholesterinbiosynthese.
-
Anpassung der Gallensäuresynthese und Cholesterinexkretion
Das wichtigste Enzym der Gallensäuresynthese ist Cholesterin-7-α-Hydroxylase (CYP7A1).
Durch Hemmung der Aktivität dieses Enzyms erfolgt eine Kontrolle der Gallensäuresynthese.
LDL-Fettsäuren-Beladung
Die atherogene Wirkung des LDL-Cholesterins wird wesentlich durch das Ausmaß der oxidativen
oder nitrosativen Transformation bestimmt. Aber auch die Zusammensetzung der Fettsäuren
im LDL-Partikel entscheidet über die Monozyten-Chemotaxis und die Adhäsionsaktivität
– 2 wichtige Initialmechanismen der durch modifiertes LDL ausgelösten Arteriosklerosevorgänge.
Es konnte gezeigt werden, dass die diätetische Fettsäurenzufuhr die Fettsäurenzusammensetzung
des LDL-Partikels bestimmt. Hohe Zufuhr von Linolsäure (mehrfach ungesättigte ω-6-Fettsäure)
über die in der westlichen Diät stark konsumierten Pflanzenöle (Sonnenblumenöl, Weizenkeimöl)
führt zu hohem Linolsäureanteil im LDL-Partikel, was mit stärkerer Oxidationsempfindlichkeit,
erhöhtem oxidativen Stress, sowie vermehrter Monozyten-Chemotaxis und Adhäsionsvorgängen
im Gefäßsystem verbunden ist. Eine höhere Zufuhr von Ölsäure (einfach ungesättigte
ω-9-Fettsäure) wie in der Mittelmeerdiät führt zu vermehrtem Ölsäureanteil im LDL-Partikel
und deutlich reduzierter Oxidationssensibilität, geringerem oxidativen Stress und
weniger Chemotaxis und Adhäsion. Die vermehrte Aufnahme von Linolsäure aus gebräuchlichen
Pflanzenölen fördert verschiedene Mechanismen der Arterioskleroseentstehung. Der erhöhte
Konsum von Ölsäure aus Olivenöl wirkt eher protektiv.
Auch diese Erkenntnisse unterstreichen, dass nicht die im Blut gemessene Menge von
Cholesterin, LDL oder HDL entscheidend ist, sondern die Beschaffenheit, Zusammensetzung
und biochemische Aktivität dieser Partikel.
Auch die High Density Lipoproteine (HDL) stellen eine heterogene Gruppe von Lipoproteinen
dar, die sich v. a. durch ihre jeweiligen Proteinkomponenten in ihrer Wirkung unterscheiden.
Dabei zeigen nicht alle Varianten protektive Wirkungen wie hohe Cholesterinrücktransport-Kapazität
und hohe antioxidative Protektion des LDL. Aus dieser Heterogenität resultieren auch
die Erkenntnisse der letzten Jahre, dass höhere HDL-Werte nicht automatisch positiv
und höhere LDL-Spiegel nicht automatisch negativ sind.
Steroidsynthese
Cholesterin ist die Ausgangssubstanz für die Synthese der wichtigen Steroidhormone
wie Androgene, Östrogene, Progesteron, Glukokortikoide und Mineralkortikoide. Sie
werden über das gemeinsame Vorläufersteroid Pregnenolon aus Cholesterin synthetisiert
[Abb. 3]. Dabei wird eine Seitenkette mit 6 Kohlenstoffatomen durch das Enzym p450sccCYP11A1
entfernt.
Abb. 3 Cholesterinrücktransport.
Abb. 4 Cholesterin als Ausgangssubstanz für verschiedene Syntheseleistungen.
Steroidhormonsynthetisierende Zellen haben einen erhöhten Bedarf an Cholesterin für:
-
Zellmembransynthese
-
transmembranösen Signaltransport
-
mitochondriale Synthese von Pregnenolon, der Startsubstanz für die Steroidbiosynthese.
Steroidhormonproduzierende Zellen der Nebenniere, des Ovars und z. T. auch der Hoden
decken ihren Cholesterinbedarf zu großen Teilen durch LDL-Aufnahme aus dem Blut
-
über den LDL-Rezeptor – dies geschieht durch Endozytose des gesamten LDLR-LDL-Komplexes,
-
durch eine LDL-Rezeptor-unabhängige Cholesterinaufnahme aus membranständigen LDL und
HDL ohne gleichzeitige Aufnahme des Lipoproteinanteils
Daher kann eine starke Absenkung der Cholesterinblutspiegel sich negativ auf die Steroidhormonsynthese
auswirken. Dies wird v. a. mit zunehmendem Alter der Betroffenen bedeutsam.
Cholesterinmetabolismus im Gehirn
Cholesterinmetabolismus im Gehirn
Das Gehirn ist das Organ mit dem höchsten Cholesteringehalt. Ca. 25 % des gesamten
Cholesterins finden sich hier, das sind etwa 15 mg/g Gehirn. Knapp 80 % davon finden
sich in den Myelinscheiden, der Rest in den Membranen von Astrozyten und Neuronen
und als wichtiger Baustein der Synapsen. Sowohl während der embryonalen Entwicklung,
der kindlichen Reifung als auch während des gesamten weiteren Lebens ist Cholesterin
von großer Bedeutung für den strukturellen Aufbau, die Reparatur, die Plastizität
und die ungestörte Funktion des Gehirns.
Mangel an Cholesterin im Gehirn stört die synaptische Vesikelbildung und die neuronale
Signalübertragung und führt zu Degeneration neuronaler Strukturen. Störungen des Cholesterinmetabolismus
im Gehirn sind wichtige Auslöser neurodegenerativer Erkrankungen wie Morbus Alzheimer,
Morbus Parkinson oder Huntington-Erkrankung.
Der Cholesterinmetabolismus im Gehirn ist durch die Blut-Hirn-Schranke von dem im
übrigen Körper getrennt. Der größte Teil des Cholesterins im Gehirn wird während der
strukturellen Entwicklung und Reifung zwischen der perinatalen Phase und dem jungen
Erwachsenenalter, also in der Phase der Myelinisierung, synthetisiert und akkumuliert.
Nach der Myelinisierungsphase sinkt der Cholesterinmetabolismus auf ein niedriges
Niveau mit geringem Turnover. Die Halbwertszeit von Cholesterin beträgt im Gehirn
6 Monate bis zu 5 Jahre und in der Peripherie wenige Tage. Beim Erwachsenen sinkt
die Cholesterinsyntheserate in den Neuronen (nicht in den Gliazellen) im Vergleich
zum Kind. Die Cholesterinversorgung der Neuronen erfolgt mit zunehmendem Lebensalter
immer stärker durch das in Gliazellen synthetisierte Cholesterin und weniger über
Eigensynthese. Überschüssiges Cholesterin wird entweder als Ester in Vesikeln intrazellulär
gespeichert oder über die Peripherie ausgeschieden. Dies geschieht auf 2 Wegen:
-
Nach Hydroxylierung durch die 24-Hydroxylase, die v. a. in Neuronen gebildet wird,
zu 24-Hydroxycholesterin, kann dieses die Blut-Hirn-Schranke gut passieren und im
HDL-Partikel über die Peripherie entsorgt werden. Dies ist der effizienteste Entsorgungsweg
von überschüssigem Cholesterin aus dem Gehirn, der v. a. in Neuronen genutzt wird.
-
Durch Verbindung mit ApoA1 in Lipoproteinen, die dann über LRP1 (LDL-Rezeptor related
Protein 1) oder den Scavenger-Rezeptor B1 (werden beide am Endothel der Hirnarterien
exprimiert) ausgeschieden werden.
Neuronale Zellen regulieren ihren Cholesteringehalt durch verschiedene, gut aufeinander
abgestimmte Feedbackmechanismen. Ausgangspunkt ist die über membranständige SREBPs
(Sterol Regulatory Element binding Proteins) regulierte Transkription von Genen für
die Enkodierung der Enzyme für die Biosynthese von Cholesterin und Lipoproteinrezeptoren.
Dadurch kann bei erhöhtem Bedarf der Cholesteringehalt erhöht oder ein Überschuss
abtransportiert werden.
Das wichtigste Apolipoprotein im ZNS ist ApoE und nach der Leber ist das Gehirn das
Organ mit dem zweithöchsten ApoE-Gehalt. ApoE ist wesentlich an der Cholesterinhomöostase
im ZNS beteiligt. Es wird v. a. in Astrozyten und Oligodendrozyten und nicht in Neuronen
gebildet und ist das wichtigste Cholesterintransportsystem zwischen den verschiedenen
Hirnzellen, insb. von den Gliazellen zu den Neuronen. Die Übertragung von Cholesterin
auf Lipoproteine erfolgt durch die ATP-binding cassette (ABC)-Transporter. Neben der
Transportfunktion zeigt ApoE auch ausgeprägte neuroprotektive Effekte durch interzelluläre
Signalvorgänge und kann so Zellen auch vor degenerativen Prozessen schützen.
Im Gehirn wurden zahlreiche LDL-Rezeptoren nachgewiesen. Liganden sind v. a. ApoE-Lipoproteine.
LDLR (LDL-Rezeptor) und LRP1 (Lipoproteinrezeptor 1) sind die wichtigsten Rezeptoren,
wobei LDLR bes. in Gliazellen und LRP1 v. a. in Neuronen vorkommt und die höchste
Transportkapazität für ApoE zeigt.
Cholesterin und Neurodegeneration
Cholesterin und Neurodegeneration
Sowohl ein Cholesterinmangel als auch erhöhte Werte in den Zellen des ZNS können sich
negativ auf die Struktur und Funktion des Gehirns auswirken und zu ursächlichen Faktoren
neurodegenerativer Erkrankungen werden. Die Konsequenzen eines Cholesterinmangels
im Gehirn wurden in diesem Artikel bereits beschrieben.
Die bei Alzheimer beobachtete vermehrte Einlagerung von Cholesterin in den Zellmembranen
der Neurone führt zu erhöhten Kalziumspiegeln im Zytosol und zum Zelluntergang. Bei
Alzheimerpatienten liegt ApoE häufg als ε4-Isoform vor. Diese zeichnet sich durch
hohe Bindungsfähigkeit an Rezeptoren der Zelloberfläche aus, über die Cholesterin
aufgenommen wird. ApoE ε4 kann die oxidative Umwandlung von Cholesterin induzieren
und so auch oxidativen Stress und Inflammation erhöhen.
Die erhöhte Beladung der Zelle mit Cholesterin und seinen Oxidationsprodukten führt
zu Neurodegenration und Funktionsstörungen der Signalübertragung z. B. an den Synapsen.
Verschiedene Studien zeigen bei Alzheimerpatienten auch einen Anstieg der peripheren
Cholesterinspiegel. Daraus leitete sich die Empfehlung zum Einsatz von Statinen ab.
In einigen Studien konnte bei Patienten, die Statine einnahmen, ein geringeres Risiko
für Alzheimer gezeigt werden. Eine generelle Empfehlung zum Einsatz von Statinen bei
Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen kann daraus allerdings nicht
abgeleitet werden. So stellt sich die Situation beim Morbus Parkinson ganz anders
dar. In der ARIC-Studie (15 792 Teilnehmer, 25 Jahre Follow Up) zeigte sich in der
Gruppe mit höheren Cholesterinspiegeln ein geringeres Parkinsonrisiko als in der Gruppe
mit niedrigeren Cholesterinspiegeln und Statineinnahme. Auch bei neurodegenerativen
Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson handelt es sich um multifaktorielle Vorgänge,
bei denen oxidativer Stress, Entzündung und möglicherweise auch Cholesterin eine Rolle
spielen.
Der eindimensionale Ansatz, die Cholesterinsenkung als sinnvolle Methode und den Einsatz
der Statine als Heilmittel für neurodegenrative Erkrankungen zu etablieren, ist unsinnig.
Der starke Anstieg dieser Krankheiten in den Ländern, in denen die Statineinnahme
seit vielen Jahren weit verbreitet ist und ständig steigt (USA, Europa) lässt diesen
Ansatz nicht als sinnvoll erscheinen. Außerdem würden Statine beim Erwachsenen die
Cholesterinsynthese nur in den Gliazellen hemmen, da die Neurone keine nennenswerte
eigene Cholesterinsynthese besitzen. Der Mechanismus, der zu vermehrtem Cholesterineinbau
in die Membranen der Neurone führt, ist nicht aufgeklärt. Es könnte sich durchaus
auch um Reparaturversuche geschädigter Neurone handeln, wobei das vermehrte Cholesterin
dann Folge und nicht Ursache der neuronalen Schädigung wäre.
Cholesterin und Arteriosklerose
Cholesterin und Arteriosklerose
Die Vorstellung, dass insb. erhöhte LDL-Blutspiegel ursächlich für die Arteriosklerose
verantwortlich sind und daher die Senkung der LDL-Konzentration im Blut den entscheidenden
Weg zur Reduktion von Arteriosklerose und Herzinfarkt darstellt, hat sich in vielen,
seriösen wissenschaftlichen Studien nicht bestätigt, dies gilt v. a. für die Statin-Metaanalysen
aus 2005 (90000 Teilnehmer) und 2010 (65000 Teilnehmer). In allen Studien wurde eine
zwar deutliche Reduktion der LDL-Blutspiegel erzielt, die absolute Risikoreduktion
für Herzinfarkt lag allerdings nur bei 1 %.
Unterschiedliche Lipidfraktionen werden häufig mit unterschiedlicher Atherogenität
verbunden. So gelten große LDL-Partikel als weniger atherogen. Auch das muss vor dem
Hintergrund der Kausalität zwischen LDL, Arteriosklerose und Herzerkrankungen bewertet
werden.
Auch für die oft angeschuldigten gesättigten Fette als Risikofaktor für kardiovaskuläre
Erkrankungen fehlen bis heute die klaren, wissenschaftlichen Belege. So konnte eine
Metaanalyse von 2015 keine ursächlichen Zusammenhänge zwischen dem Verzehr gesättigter
Fette und erhöhtem Risiko für die Gesamtsterblichkeit, die kardiovaskuläre oder die
cerebrovaskuläre Mortalität nachweisen.
Die Arteriosklerose muss heute als Kombination aus gestörtem Lipidtransport und oxidativen
bzw. entzündlichen Prozessen im Gefäßsystem betrachtet werden. Eine besondere Bedeutung
kommt dabei dem HDL-Cholesterin zu. HDL-Infusionen konnten beim Menschen die Rückbildung
arteriosklerotischer Plaques bewirken. Es wurde berechnet, dass ein HDL-Anstieg um
1 mg/dl eine Reduktion des Herz-Kreislauf-Risikos um 2–3 % bewirkt. Ursächlich dafür
ist v. a. der Abtransport von Cholesterin aus den Zellen der Peripherie. Wichtige
Komponenten des Cholesterinrücktransports durch HDL sind neben dem HDL-Protein ApoA-1
die ATP-binding cassette transporter ABCA1 und ABCG1, die für die Ausschleusung von
ca. 70 % des Cholesterins aus cholesterinbeladenen Makrophagen verantwortlich sind.
In der Leber wird Cholesterin entweder direkt aus dem HDL-Partikel über den Scavengerrezeptor
SRB1 intrazellulär aufgenommen oder indirekt über die Weitergabe als Ester an ApoB-haltige
Lipoproteine mit anschließender intrazellulärer Aufnahme über den LDL-Rezeptor.
HDL-Partikel zeigen direkte antioxidative, antiinflammatorische und antithrombotische
Wirkungen, die abhängig sind von den Proteinen, Enzymen und Lipiden des Lipoproteins.
Paraoxonase 1 und Lipolactonase schützen z. B. HDL und auch LDL vor oxidativer Modulation.
Eine veränderte Zusammensetzung der Proteine, Lipide und Enzyme kann zu gestörter
Funktion des HDL-Partikels und so auch zu prooxidativen und proinflammatorischen Effekten
führen. Dies wird u. a. bei Patienten mit Adipositas und Metabolischem Syndrom beobachtet.
In verschiedenen Tier- und Zellstudien konnte gezeigt werden, dass Flavonoide antioxidative
und antiinflammatorische Wirkung entfalten. Zahlreiche Studien zeigen positive Effekte
von sekundären Pflanzenstoffen bei oxidativem Stress oder Entzündung. In seiner Metaanalyse
von 2013, bei der insgesamt 344 488 Studienteilnehmer berücksichtigt wurden, konnte
Wang zeigen, dass der regelmäßige Verzehr von Polyphenolen das kardiovaskuläre Risiko
dosisabhängig reduzieren konnte.
In verschiedenen placebokontrollierten Studien konnten durch die Einnahme von Anthozyanen
(320 mg) deutliche Effekte gezeigt werden:
-
Erhöhung des HDL-Serumspiegels um 10–20 %
-
Erhöhung der HDL-Paraoxonase-Aktivität um 22 %
-
Erhöhung der antioxidativen Kapazität von HDL um 21 %
Die in den Studien eingesetzte Menge an Anthozyanen ist mit 320 mg/d deutlich höher
als die durchschnittliche täglich Aufnahme von 4–5 mg/d mit der Nahrung. Letztere
lässt sich aber gezielt steigern. 210 g Blaubeeren enthalten 360 mg Anthozyane.
Fazit
Cholesterin ist ein lebenswichtiger Baustein und Ausgangspunkt vielfältiger Syntheseleistungen.
Die ausreichende Versorgung der Zellen wird auf vielfältige Weise vom Körper sichergestellt.
Dass diese wertvolle Substanz zum Risikofaktor erklärt wurde, ist nicht nachvollziehbar
und konnte durch seriöse Studien auch nie ausreichend belegt werden. Der weltweit
steigende Einsatz von Statinen zur Cholesterinsenkung kann aus wissenschaftlicher
Sicht nicht begründet werden.