Phlebologie 2020; 49(02): 108-110
DOI: 10.1055/a-0865-7947
Review
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Buerger-Test/Pole-Test: Einfache Methoden zur Überprüfung der arteriellen Perfusion vor geplanter Kompressionstherapie

Article in several languages: English | deutsch
Stephan Eder
1   Schwarzwald-Baar-Klinikum Villingen-Schwenningen, Klinik für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin
,
Joachim Dissemond
2   Universitätsklinikum Essen, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
,
Wolfgang Vanscheidt
3   Freiburg, Praxis für Dermatologie
,
Severin Läuchli
4   Universitätsspital Zürich, Dermatologische Klinik
,
Hugo Partsch
5   Wien, Dermatologie
,
Markus Stücker
6   Ruhr-Universität Bochum, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
› Author Affiliations
Further Information

Correspondence

Dr. med. Stephan Eder
Klinik für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin
Schwarzwald-Baar-Klinikum
Klinikstr. 11
78052 Villingen-Schwenningen

Publication History

12 September 2018

04 February 2019

Publication Date:
24 July 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Vor Beginn einer Kompressionstherapie ist die Abklärung einer begleitenden peripheren arteriellen Verschlusskrankheit wichtig. Hierfür sind der Buerger-Test und der Pole-Test einfache klinische Untersuchungsmethoden zur Überprüfung der arteriellen Perfusion.


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Einleitung

Wie erkenne ich, ob die arterielle Durchblutung für eine indizierte Kompressionstherapie ausreicht? Die kritische Ischämie ist eine Kontraindikation der Kompressionstherapie.

Bereits die Inspektion gibt uns einen ersten Eindruck, anschließend erfolgt die Palpation der Fußpulse. Sind die Pulse der A. tibialis posterior und der A. dorsalis pedis gut palpabel, kann eine relevante periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) als Kontraindikation zur Kompressionstherapie ausgeschlossen werden. Falls Pulse nicht tastbar sind erfolgt üblicherweise die Dopplerdruckmessung mit Bestimmung des Dopplerindex (anklebrachial-index, ABI). Als Mindestvoraussetzung werden ein ABI > 0,5 oder ein Dopplerdruck in der Knöchelregion von > 60 mmHg genannt [1]. Leider ist der ABI oftmals nicht sicher verwertbar (Ödem), bei ausgeprägten Ulzerationen schmerzbedingt nicht messbar oder aufgrund einer Mediasklerose (meist bei Diabetes mellitus) falsch hoch (ABI > 1,3). Konsequenterweise wird somit bei vielen Patienten mit Verdacht auf eine fortgeschrittene pAVK auf eine dringend notwendige Kompressionstherapie verzichtet. Gerade in diesen Fällen können andere klinische Untersuchungsmethoden sinnvoll sein.


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Technische Durchführung

Buerger-Test (1924)

Beim liegenden, gefäßgesunden Menschen bleiben die Füße auch bei 90 Grad Elevation rosig und perfundiert und zeigen nach kurzem Gewebedruck im Zehenbereich eine Rekapillarisierung. Bei einer relevanten Ischämie kommt es nach 30 s zur auffälligen Blässe. Hier kann der Auslösewinkel (vascular angle) bestimmt werden. Findet sich das Abblassen bereits bei < 20 Grad besteht eine kritische Ischämie des Fußes.

Anschließend wird der Patient aufgesetzt. Bei normaler arterieller Perfusion erfolgt seitengleich eine schnelle Rückkehr zur rosigen und unauffälligen Hautfarbe. Bei relevanter pAVK erfolgt diese Reperfusion verzögert und wechselt im Weiteren zur reaktiven Hyperämie mit auffälliger Rötung aufgrund der metabolisch bedingten Arteriolendilatation. Erst später erfolgt wieder die Rückkehr zum normalen Hautkolorit [2].

Dieser einfache Test ist sehr hilfreich im klinischen Alltag und zeigt, wenn positiv, eine gute Korrelation bei fortgeschrittener Ischämie durch eine periphere AVK [3] ([Abb. 1], [2], [3]).

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Abb. 1 Buerger-Test: Elevation 30 s, pathologischer Befund mit auffälliger Blässe, fehlender Rekapillarisierung, fehlender Venenfüllung.
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Abb. 2 Buerger-Test: Sitzen 10 s, pathologischer Befund links mit persistierender Blässe und verzögerter Reperfusion (im Seitenvergleich).
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Abb. 3 Buerger-Test: Sitzen 30 s, pathologischer Befund links mit auffälliger reaktiver Hyperämie (im Seitenvergleich).

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Pole-Test (1994)

Dieser klinische Test nutzt ebenfalls die Hydrostatik zur Druckbestimmung. Beim liegenden Patienten findet sich ein ableitbares Dopplersignal im Fußbereich. Bei Elevation des Beins schwächt sich das auskultierbare Dopplersignal entsprechend der Höhe über Herzniveau ab. Über das pascalsche Gesetz lässt sich der Perfusionsdruck von Blut (Dichte 1,06 × 103 kg/m3) in vertraute mmHg (Dichte 1,36 × 104 kg/m3) umrechnen. Somit entspricht der gewünschte arterielle Perfusionsdruck von 60 mmHg einer Höhe von 77 cm. Ist in dieser Höhe ein pulsatiles Dopplersignal ableitbar, dann ist der Perfusionsdruck > 60 mmHg.

Diese Druckmessung durch Elevation zeigte bei intraoperativen Kontrollmessungen eine signifikant bessere Korrelation (Index) zur Ischämie als die ABI-Messung. Dieses Ergebnis war aber begrenzt auf Werte bis 60 mmHg [4].

Weitere Vergleichsuntersuchungen bestätigten die gute klinische Untersuchungsmethode und beschreiben technische Details.

Der Pole-Test im Zehenbereich kann zur Bestimmung der arteriellen Perfusion (bis 70 mmHg) beim Diabetiker verwendet werden und ist besser verlässlich als im Knöchelbereich [5]. Der Pole-Test ist eine technisch einfache, preiswerte und schnell durchführbare Untersuchungsmethode zur quantitativen Überprüfung des arteriellen Perfusionsdrucks unabhängig von der Komprimierbarkeit von Unterschenkelarterien [6]. Für die Erkennung einer kritischen chronischen Extremitätenischämie wird eine Sensitivität von 95 % und eine Spezifität von 73 % angegeben [7] ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Pole-Test: Ableitung des Dopplersignals bei Elevation des Beins (77 cm Höhe).
Fazit

Der Buerger-Test und nachfolgend Pole-Test sind gut validierte, einfache Untersuchungsverfahren zur Überprüfung einer ausreichenden arteriellen Perfusion der Füße im erforderlichen Bereich von > 60 mmHg. Ist bei einer Beinelevation von 77 cm ein Dopplersignal im Knöchelbereich ableitbar, ist eine kontrollierte Kompressionstherapie möglich.


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Conflict of Interest

The authors declare that they have no conflict of interest.

  • References

  • 1 Andriessen A, Apelqvist J, Mosti G. et al. Compression therapy for venous leg ulcers: risk factors for adverse events and complications, contraindications – a review of present guidelines. J Eur Acad Dermatol Venerol 2017; 31: 1562-1568
  • 2 Buerger L. Circulatory disturbances of the extremities. Philadelphia: WB Saunders; 1924: 162-168
  • 3 Insall RL, Davies RJ, Prout WG. Significance of Buerger’s test in the assessment of lower limb ischaemia. J R Soc Med 1989; 82: 729-731
  • 4 Smith FC, Shearman CP, Simms MH. et al. Falsely elevated ankle pressures in severe leg ischaemia: the pole test – an alternative approach. Eur J Vasc Surg 1994; 8: 408-412
  • 5 Pahlsson HI, Wahlberg E, Olofsson P. et al. The toe pole test for elevation of arterial insufficiency in diabetic patients. Eur J Vasc Endovasc Surg 1999; 18: 133-137
  • 6 Jachertz G, Stappler T, Do DD. et al. The pole-pressure test: an easy alternative in patients with ischemic legs and incompressible arteries. Vasa 2000; 29: 59-61
  • 7 Paraskevas N, Ayari R, Malikov S. et al. “Pole test” measurements in critical leg ischaemia. Eur J Vasc Endovasc Surg 2006; 31: 253-257

Correspondence

Dr. med. Stephan Eder
Klinik für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin
Schwarzwald-Baar-Klinikum
Klinikstr. 11
78052 Villingen-Schwenningen

  • References

  • 1 Andriessen A, Apelqvist J, Mosti G. et al. Compression therapy for venous leg ulcers: risk factors for adverse events and complications, contraindications – a review of present guidelines. J Eur Acad Dermatol Venerol 2017; 31: 1562-1568
  • 2 Buerger L. Circulatory disturbances of the extremities. Philadelphia: WB Saunders; 1924: 162-168
  • 3 Insall RL, Davies RJ, Prout WG. Significance of Buerger’s test in the assessment of lower limb ischaemia. J R Soc Med 1989; 82: 729-731
  • 4 Smith FC, Shearman CP, Simms MH. et al. Falsely elevated ankle pressures in severe leg ischaemia: the pole test – an alternative approach. Eur J Vasc Surg 1994; 8: 408-412
  • 5 Pahlsson HI, Wahlberg E, Olofsson P. et al. The toe pole test for elevation of arterial insufficiency in diabetic patients. Eur J Vasc Endovasc Surg 1999; 18: 133-137
  • 6 Jachertz G, Stappler T, Do DD. et al. The pole-pressure test: an easy alternative in patients with ischemic legs and incompressible arteries. Vasa 2000; 29: 59-61
  • 7 Paraskevas N, Ayari R, Malikov S. et al. “Pole test” measurements in critical leg ischaemia. Eur J Vasc Endovasc Surg 2006; 31: 253-257

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Fig. 1 Buergers test: elevation for 30 seconds, pathological finding with noticeable pallor, loss of capillary refill, loss of venous filling.
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Fig. 2 Buergers test: sitting for 10 seconds, pathological findings on the left with persistent pallor and delayed reperfusion (compared with the right side).
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Fig. 3 Buergers test: sitting for 30 seconds, pathological findings on the left with notable reactive hyperaemia (compared with the right side).
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Fig. 4 The pole test: Doppler signal recorded with the leg elevated (height of 77 cm).
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Abb. 1 Buerger-Test: Elevation 30 s, pathologischer Befund mit auffälliger Blässe, fehlender Rekapillarisierung, fehlender Venenfüllung.
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Abb. 2 Buerger-Test: Sitzen 10 s, pathologischer Befund links mit persistierender Blässe und verzögerter Reperfusion (im Seitenvergleich).
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Abb. 3 Buerger-Test: Sitzen 30 s, pathologischer Befund links mit auffälliger reaktiver Hyperämie (im Seitenvergleich).
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Abb. 4 Pole-Test: Ableitung des Dopplersignals bei Elevation des Beins (77 cm Höhe).