Schlüsselwörter
Kompressionstherapie - Kontraindikation - AVK - Perfusionsdruck
Key words
compression therapy - contraindication - PAD - perfusion pressure
Einleitung
Wie erkenne ich, ob die arterielle Durchblutung für eine indizierte Kompressionstherapie
ausreicht? Die kritische Ischämie ist eine Kontraindikation der Kompressionstherapie.
Bereits die Inspektion gibt uns einen ersten Eindruck, anschließend erfolgt die Palpation
der Fußpulse. Sind die Pulse der A. tibialis posterior und der A. dorsalis pedis gut
palpabel, kann eine relevante periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) als
Kontraindikation zur Kompressionstherapie ausgeschlossen werden. Falls Pulse nicht
tastbar sind erfolgt üblicherweise die Dopplerdruckmessung mit Bestimmung des Dopplerindex
(anklebrachial-index, ABI). Als Mindestvoraussetzung werden ein ABI > 0,5 oder ein
Dopplerdruck in der Knöchelregion von > 60 mmHg genannt [1]. Leider ist der ABI oftmals nicht sicher verwertbar (Ödem), bei ausgeprägten Ulzerationen
schmerzbedingt nicht messbar oder aufgrund einer Mediasklerose (meist bei Diabetes
mellitus) falsch hoch (ABI > 1,3). Konsequenterweise wird somit bei vielen Patienten
mit Verdacht auf eine fortgeschrittene pAVK auf eine dringend notwendige Kompressionstherapie
verzichtet. Gerade in diesen Fällen können andere klinische Untersuchungsmethoden
sinnvoll sein.
Technische Durchführung
Buerger-Test (1924)
Beim liegenden, gefäßgesunden Menschen bleiben die Füße auch bei 90 Grad Elevation
rosig und perfundiert und zeigen nach kurzem Gewebedruck im Zehenbereich eine Rekapillarisierung.
Bei einer relevanten Ischämie kommt es nach 30 s zur auffälligen Blässe. Hier kann
der Auslösewinkel (vascular angle) bestimmt werden. Findet sich das Abblassen bereits
bei < 20 Grad besteht eine kritische Ischämie des Fußes.
Anschließend wird der Patient aufgesetzt. Bei normaler arterieller Perfusion erfolgt
seitengleich eine schnelle Rückkehr zur rosigen und unauffälligen Hautfarbe. Bei relevanter
pAVK erfolgt diese Reperfusion verzögert und wechselt im Weiteren zur reaktiven Hyperämie
mit auffälliger Rötung aufgrund der metabolisch bedingten Arteriolendilatation. Erst
später erfolgt wieder die Rückkehr zum normalen Hautkolorit [2].
Dieser einfache Test ist sehr hilfreich im klinischen Alltag und zeigt, wenn positiv,
eine gute Korrelation bei fortgeschrittener Ischämie durch eine periphere AVK [3] ([Abb. 1], [2], [3]).
Abb. 1 Buerger-Test: Elevation 30 s, pathologischer Befund mit auffälliger Blässe, fehlender
Rekapillarisierung, fehlender Venenfüllung.
Abb. 2 Buerger-Test: Sitzen 10 s, pathologischer Befund links mit persistierender Blässe
und verzögerter Reperfusion (im Seitenvergleich).
Abb. 3 Buerger-Test: Sitzen 30 s, pathologischer Befund links mit auffälliger reaktiver
Hyperämie (im Seitenvergleich).
Pole-Test (1994)
Dieser klinische Test nutzt ebenfalls die Hydrostatik zur Druckbestimmung. Beim liegenden
Patienten findet sich ein ableitbares Dopplersignal im Fußbereich. Bei Elevation des
Beins schwächt sich das auskultierbare Dopplersignal entsprechend der Höhe über Herzniveau
ab. Über das pascalsche Gesetz lässt sich der Perfusionsdruck von Blut (Dichte 1,06 × 103 kg/m3) in vertraute mmHg (Dichte 1,36 × 104 kg/m3) umrechnen. Somit entspricht der gewünschte arterielle Perfusionsdruck von 60 mmHg
einer Höhe von 77 cm. Ist in dieser Höhe ein pulsatiles Dopplersignal ableitbar, dann
ist der Perfusionsdruck > 60 mmHg.
Diese Druckmessung durch Elevation zeigte bei intraoperativen Kontrollmessungen eine
signifikant bessere Korrelation (Index) zur Ischämie als die ABI-Messung. Dieses Ergebnis
war aber begrenzt auf Werte bis 60 mmHg [4].
Weitere Vergleichsuntersuchungen bestätigten die gute klinische Untersuchungsmethode
und beschreiben technische Details.
Der Pole-Test im Zehenbereich kann zur Bestimmung der arteriellen Perfusion (bis 70 mmHg)
beim Diabetiker verwendet werden und ist besser verlässlich als im Knöchelbereich
[5]. Der Pole-Test ist eine technisch einfache, preiswerte und schnell durchführbare
Untersuchungsmethode zur quantitativen Überprüfung des arteriellen Perfusionsdrucks
unabhängig von der Komprimierbarkeit von Unterschenkelarterien [6]. Für die Erkennung einer kritischen chronischen Extremitätenischämie wird eine Sensitivität
von 95 % und eine Spezifität von 73 % angegeben [7] ([Abb. 4]).
Abb. 4 Pole-Test: Ableitung des Dopplersignals bei Elevation des Beins (77 cm Höhe).
Der Buerger-Test und nachfolgend Pole-Test sind gut validierte, einfache Untersuchungsverfahren
zur Überprüfung einer ausreichenden arteriellen Perfusion der Füße im erforderlichen
Bereich von > 60 mmHg. Ist bei einer Beinelevation von 77 cm ein Dopplersignal im
Knöchelbereich ableitbar, ist eine kontrollierte Kompressionstherapie möglich.