Prof. Dr. Tilo Biedermann
Die Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein gehört
neben dem Klinikum rechts der Isar zum Universitätsklinikum der Technischen Universität
München. Das 1834 als „Haidhauser Armen- und Krankenanstalt“ gegründete Klinikum rechts
der Isar wurde 1967 Universitätsklinik. Heute besteht das Klinikum rechts der Isar
aus 33 Kliniken und Abteilungen sowie 17 Instituten und mehreren interdisziplinären
Zentren. Die Gebäude der Dermatologischen Klinik befinden sich in der Biedersteiner
Straße im nördlichen Schwabing.
Die am 24. November 1969 in Betrieb genommene Dermatologische Klinik und Poliklinik
hat als dritte der drei dermatologischen Kliniken in München seit ihrer Gründung eine
stetige Entwicklung erfahren, und wir sind stolz, im Jahr 2019 ihr 50-jähriges Bestehen
feiern zu können. Jubiläen gehen immer auch einher mit einem Rückblick und einem Resümee.
Die Klinik hat es sich seit jeher zur Aufgabe gemacht, alle Kernbereiche des Fachs
auf höchstem Niveau zu versorgen, die klinischen Versorgungsbereiche möglichst mit
der jeweiligen Diagnostik und mit akademischen Interessen zu verbinden, um die Innovationen
des Fachs abzubilden und mit zu gestalten. Besonderer Dank gebührt hier dem Gründer
der Klinik, Herrn Prof. Dr. med. Dr. phil. Siegfried Borelli, und meinem Vorgänger,
Herrn Prof. Dr. med. Dr. phil. Johannes Ring.
Die Klinik verfügt heute über 74 Betten, die aufgrund der schönen, denkmalgeschützten
Gebäude baulich bedingt auf 4 Stationen verteilt sind. Wie in vielen anderen Hautkliniken
werden, basierend auf den demografischen Veränderungen, der steigenden Zahl von an
Hautkrebs erkrankten Patienten, der schwer Erkrankten und multimorbid-erkrankten Patienten,
jährlich mehr und mehr Patienten versorgt. Zuletzt waren das in der Klinik „am Biederstein“
4600 Patienten stationär und mehr als 60 000 ambulante Patientenkontakte. Dieser immer
komplexeren Versorgungsaufgabe nachzukommen kann nur deshalb gelingen, da ein Team
aus Ärzteschaft, Pflegekräften und weiteren engagierten Mitarbeitern die dermatologischen
Patienten versorgt und das Fach der Dermatologie weiterentwickelt.
Ein Beispiel ist das zertifizierte Hautkrebszentrum mit onkologischem und immunologischem
Schwerpunkt. Die Dermatoonkologie ist ein Bereich der Dermatologie, in dem sich derzeit
Wissenschaft und Patientenversorgung nahezu parallel entwickeln und in dem die gemeinsame
Verortung von konservativer Dermatologie und von Dermatochirurgie eine lückenlose
Versorgung der Patienten erlaubt: primäre Tumorexzisionen, Sentinel-Lymphknoten-Biopsien,
Metastasenchirurgie, Vor- und Nachsorge sowie Systemtherapie, wenn möglich innerhalb
der neuesten Therapiestudien.
Neben den Kernbereichen der Dermatologie gibt es auch „Spezialitäten“ einer Klinik,
eines Lehrstuhls, die womöglich zukünftig ein wesentlicher Aspekt einer überregional
abgestimmten Profilbildung universitärer medizinischer Versorgung und Forschung sind.
Als Beispiel sei hier die Allergologie genannt, die mit jährlich 5500 versorgten Patienten
in Deutschland ein Zentrum von überregionaler Bedeutung darstellt und beispielsweise
eine besondere Expertise bei der Abklärung von Anaphylaxien hat. Für diese Stellung
und Ausstattung möchten wir heute den Vorgängern unseren Dank ausdrücken, die diese
Entwicklung vorangetrieben haben. Zur Sicherung der Qualität und interdisziplinären
Ergänzung der Versorgung haben wir 2016 ein interdisziplinäres Comprehensive Allergy
Center der TU München (ACTUM) gegründet und zertifizieren lassen. Eng mit diesem Schwerpunkt
verzahnt ist der Bereich der chronisch entzündlichen Hautkrankheiten und Autoimmunkrankheiten.
Mit der Berufung von Herrn Eyerich auf die erste medizinische Tenure Track Professur
an der TUM, die zuletzt positiv evaluiert und verstetigt wurde, und meiner Berufung
auf den Lehrstuhl vor 5 Jahren wurde für diesen Bereich eine starke Schubkraft für
moderne Patientenversorgung, translationale und Grundlagenforschung entfaltet, die
für die Dermatologie auch gerade im Kanon der Fächer eine große Sichtbarkeit durch
Innovation bewirkt hat.
Angrenzend an diesen Bereich sehen wir die Dermatoinfektiologie angesiedelt, da kutane
Infektionen Reaktionen in der Haut anschalten, wie wir sie auch bei steriler Inflammation
sehen. Kooperationen dieser Bereiche in Forschung und Patientenversorgung führen zu
wechselseitiger Stärkung. Ein gutes Beispiel ist die Versorgung der Patienten mit
Acne inversa. Die Behandlung sowohl der sterilen als auch der mikrobiell induzierten
Entzündung der Patienten wird in einer Spezialsprechstunde betreut, in der auch die
operative Behandlung und weiterführende Systemtherapien der Acne inversa indiziert
werden. Bei entsprechendem Einverständnis werden Gewebe, Abstriche und Blutproben
Teil der Biedersteiner Biobank, um mit mechanistischen Analysen in der Forschung translational
weitere Fortschritte erreichen zu können.
Interdisziplinarität ist in der Dermatoonkologie, der Allergologie, bei der Versorgung
von an Autoimmunkrankheiten leidenden Patienten und in der Infektiologie gelebte Realität.
Die Dermatoinfektiologie der Hautklinik hat insbesondere ihre langjährige Expertise
bei den STD und in der HIV-Therapie in das interdisziplinäre HIV-Zentrum am Klinikum
rechts der Isar (IZAR) eingebracht. Das Studienzentrum der Klinik am Biederstein bietet
Studien und neueste Therapien insbesondere für Patienten mit Psoriasis, atopischem
Ekzem, unterschiedlichen allergischen Erkrankungen, Acne inversa, Alopecia areata,
Melanom sowie chronischen Wunden an.
Einen umfangreichen Überblick über die angebotenen Leistungen und Vernetzungen gibt
die Homepage der Klinik (https://www.derma-allergie.med.tum.de).
Als weiteres zentrales Aufgabengebiet betrachten wir die Aus- und Weiterbildung im
Fach, die die Versorgung und Innovation für unsere Patienten und unser Fach auch in
Zukunft sicherstellen soll. Pro Semester werden etwa 450 Studenten der Medizinischen
Fakultät der Technischen Universität im Rahmen von Vorlesungen, Seminaren und Praktika
etc. unterrichtet. Etwa 25 Studenten im Praktischen Jahr erhalten jährlich ihre Ausbildung
an der Klinik. Die Klinik hat zudem ein umfassendes Rotationssystem für die Weiterbildungsassistenten
etabliert. Assistenten können ihre gesamte Facharztausbildung an der Klinik absolvieren
und die Zusatzbezeichnungen Allergologie, Dermatohistologie sowie medikamentöse Tumortherapie
erwerben. Für die Zusatzbezeichnung Phlebologie werden 6 Monate anerkannt. Zur Ergänzung
der praktischen Ausbildung veranstalten wir regelmäßig die Biedersteiner Kolloquien
„Haut und Allergie“. Der Reigen der jährlichen vier Samstagsfortbildungen „Biedersteiner
Symposien“ mit den Schwerpunktthemen „Entzündliche Hauterkrankungen für die Praxis“,
„Praktische Allergologie“, „Onkologische Dermatologie für die Praxis“ sowie „Kinderdermatologie“
ergänzt dieses Ausbildungsprogramm und bietet auch den Kollegen außerhalb der Klinik
die Möglichkeit eines Updates in den jeweiligen Themen. An dieser Stelle sei auch
all den Kollegen aus dem In- und Ausland sowie den eigenen Mitarbeitern gedankt, die
diese Fortbildungen so tatkräftig unterstützen.
Den Schwerpunkten der Klinik entsprechen die der Forschung. Forschungsförderungen
durch die Europäische Union, durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, durch das
Land Bayern, durch die Helmholtz-Gesellschaft sowie die Else-Kröner-Stiftung stellen
neben zentralen Kooperationen mit Kliniken, Instituten und Arbeitsgruppen der Fakultät,
der Universität und dem Helmholtz-Zentrum München die Basis der Forschung am Lehrstuhl
dar. Hervorzuheben ist dabei die traditionell starke Zusammenarbeit mit dem Zentrum
für Allergie und Umwelt (ZAUM; Leitung 1999 bis 2010: Frau Prof. Dr. Heidrun Behrendt;
Leitung seit 2010: Prof. Dr. Carsten Schmidt-Weber). Eine große Freude ist es, dass
wir ebenfalls im Jahr 2019 die neuen und modern ausgestatteten Laborräume beziehen
werden, die für die Hautklinik am Biederstein geschaffen wurden. Damit sind die Voraussetzungen
gegeben, um auch in Zukunft Beiträge zu Innovation und Erkenntnisgewinn in der Dermatologie
und darüber hinaus zu generieren und um hochqualitative Patientenversorgung als Impuls
und als Ziel der dermatologischen Universitätsmedizin zu nutzen sowie den Standort
und die Dermatologie insgesamt stetig weiter zu entwickeln.
Prof. Dr. Tilo Biedermann