Deutsche Heilpraktiker-Zeitschrift 2019; 14(04): 24-28
DOI: 10.1055/a-0881-1780
Praxis
Behandlung
© Karl F. Haug Verlag in Georg Thieme Verlag KG

Zuckerbremse Intervallfasten

Gudrun Nebel
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Publication Date:
15 July 2019 (online)

 

Summary

Mit einer rasch wachsenden Zahl von aktuell rund sechs Millionen Betroffenen in Deutschland zählt Diabetes mellitus heute zu den großen Volkskrankheiten und häufigsten Todesursachen. Martin W. zeigte eine bislang unentdeckte, fortgeschrittene Typ-2-Form mit den typischen Ursachen: hochkalorische Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel. Eine Kombination aus Intervallfasten, Bewegung, Mikronährstoffen und Flohsamen konnte die Zuckerwerte wieder in den Normbereich senken, das Gewicht deutlich reduzieren und die Einnahme von Antidiabetika abwenden.


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Diätetik und ergänzende Therapien als Erfolgsstrategie bei Diabetes mellitus Typ 2

„KANN ES SICH hier um einen Messfehler handeln, oder ist das Diabetes?“ Mit dieser Frage betrat Martin W. (Name von der Redaktion geändert) die Praxis. Mit dem Blutzuckermessgerät seines Vaters hatte er bei sich den viel zu hohen Glukosewert von 310 mg/dl festgestellt. Martin W. brachte mit 185 cm Körpergröße 145 kg auf die Waage. Vor fünf Jahren wären es noch 90 kg gewesen, und er hätte mit Freude Sport getrieben, erklärt er. Ausgelöst durch ein familiäres Problem hätte er jedoch Depressionen entwickelt und regelmäßig Antidepressiva einnehmen müssen, die für eine ständige Gewichtszunahme sorgten. Zu Bewegungsund Sporteinheiten könne er sich seither nicht mehr aufraffen. Gleichzeitig hatte er nach 30 Jahren mit dem Rauchen aufgehört, was seinen Appetit weiter steigerte. Sein Gewicht stieg folglich kontinuierlich an und lag nach zwei Jahren bereits bei 125 kg. Mittels Radikaldiäten und Stoffwechselkuren hätte er immer wieder versucht, sein Ausgangsgewicht zu erreichen, durch den Jo-Jo-Effekt jedoch bald danach noch mehr gewogen als zuvor.

Diabetes: 300 000 Neuerkran-kungen pro Jahr

Aktuell leben mehr als sechs Millionen Menschen mit der Diagnose Diabetes mellitus in Deutschland. Jedes Jahr kommen ungefähr 300 000 Neuerkrankungen hinzu. Man geht außerdem davon aus, dass rund zwei Millionen Betroffene noch nichts von ihrer Krankheit wissen. Alle drei Werte – Prävalenz, Inzidenz und Dunkelziffer – sind mit massiven gesundheitlichen Konsequenzen verbunden: Diabetes mellitus erhöht das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich, im unbehandelten Zustand um ein Vielfaches.

Bei der Typ-1-Variante zerstört der Organismus auf humoralem (durch Antikörper) und zellulärem Weg die insulinproduzierenden Betazellen des Pankreas. Innerhalb kurzer Zeit entsteht ein absoluter Insulinmangel. Nach der Manifestation beträgt die aktive Inselzellmasse im Schnitt nur noch etwa 10 %. Behandelt wird die Erkrankung mit dauerhafter Insulintherapie und einer Ernährungsumstellung, die ein Leben lang eingehalten werden muss.

Diabetes Typ 2: vom Übergewicht zur Insulinresistenz

Über 90 % der Diabetesfälle gehören dem Typ 2 an. Hier bestimmen zwei Faktoren die Krankheit: die oft vorhandene, zunehmende Resistenz gegenüber körpereigenem und - fremdem Insulin und die abnehmende Insulinproduktion der Betazellen des Pankreas.

Neben der Insulinresistenz zeigen Betroffene häufig eine Hypertonie, Dyslipoproteinämie und Adipositas. Dabei handelt es sich zugleich um die vier Kriterien des Metabolischen Syndroms. Außerdem treten in vielen Fällen erhöhte Cholesterinwerte, Fettleber, Gerinnungsstörungen und eine gestörte Glukosetoleranz auf. Alle Faktoren können bereits ursächlich im Vorfeld der Erkrankung, aber auch als deren Folge im Verlauf auftreten.

Merke: Die viszerale Stammfett-sucht stellt den wichtigsten Diabe-tes-Risikofaktor dar.

Die Ernährungstherapie des Typ-2-Diabetes besteht vorwiegend aus kohlenhydratarmer Kost, die jedoch ausreichend gesunde Fette und Eiweiße enthält. Das oft vorhandene Übergewicht wird mit entsprechender Kalorienreduzierung und Bewegungstherapie gesenkt. Meist kommen orale Antidiabetika oder auch Insulin zur Anwendung.


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Diabetesfolgen fur GefaSe, Nerven, Nieren und Herz

Zu den wichtigsten Diabetesfolgen zählen mikrovaskuläre und neuropathische Schäden sowie eine verstärkte Arteriosklerose. Je schlechter die Patienten hinsichtlich der Ernährung und Medikation eingestellt sind, umso früher leiden sie an Nephropathien, Polyneuropathien sowie Mikro-und Makroangiopathien. Im Spätstadium treten auch gehäuft kardiovaskuläre Komplikationen auf. Werden die Lebensstilveränderungen (Ernährungs-und Bewegungstherapie) nicht eingehalten, kommt es bei 85 % der Typ-2-und 50 % der Typ-1-Betroffenen zu Übergewicht oder Adipositas.

KURZ GEFASST
  1. Mit einer rasch wachsenden Zahl von aktuell rund sechs Millionen Betroffenen in Deutschland zählt Diabetes mellitus heute zu den großen Volkskrankheiten und häufigsten Todesursachen.

  2. Martin W. zeigte eine bislang unentdeckte, fortgeschrittene Typ-2-Form mit den typischen Ursachen: hochkalorische Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel.

  3. Eine Kombination aus Intervallfasten, Bewegung, Mikronährstoffen und Flohsamen konnte die Zuckerwerte wieder in den Normbereich senken, das Gewicht deutlich reduzieren und die Einnahme von Antidiabetika abwenden.


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Martin W.: Die Befurchtung bestatigt sich

Auch der 45-jährige Martin W. war nicht nur deutlich adipös, sondern schilderte im Rahmen der Anamnese weitere typische Diabeteszeichen, insbesondere Polyurie, Polydipsie (gesteigerter Durst), Hautirritationen, Wundheilungsstörungen und häufig wiederkehrende Infekte. Hinzu kamen fehlender Antrieb, Müdigkeit, Leistungsabfall und Konzentrationsstörungen.


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Blutwerte: HbAlc weit über dem Limit

Der Blutzuckertest in der Praxis ergab im kapillaren Blut einen Nüchternwert von 150 mg/dl (8,3 mmol/l). Das Labor der Blutprobe lieferte einen HbA1c-Wert von 8,5 %. Dies entspricht einem durchschnittlichen Blutzuckerspiegel von 197 mg/dl (11 mmol/l). Das Ergebnis der Kreatinin-Clearance (Verhältnisbestimmung aus Kreatininwerten in Blut und Urin) lag mit 105 ml/min im Normalbereich. Dieser Wert gibt an, wie schnell die Nieren Kreatinin als harnpflichtige Substanz ausscheiden können, und wird zum Ausschluss erster diabetischer Nierenschäden benötigt. Der Kaliumwert lag mit 4,8 mmol/l gleichermaßen im Normalbereich. Er kann ebenfalls die Nierenleistung, aber auch eine diabetische Azidose anzeigen. Ein oraler Glukosetoleranztest erübrigte sich, weil sich der Verdacht auf Diabetes mellitus Typ 2 durch die Nüchtern-und Gelegenheitsplasmaglukose bereits bestätigt hatte.


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Ernährungsstatus: Kalorien ohne Ende

Martin W. sollte ein detailliertes Ernährungsprotokoll anfertigen (siehe Tabelle 1), das für Wochentage einen fett-und kohlenhydratreichen Speiseplan offenbarte. Am Wochenende kamen zum Frühstück noch Rühreier mit Speck oder Weißwürste hinzu. Samstags besuchte er oft abends ein italienisches Restaurant. Dort verzehrte er als Vorspeise eine Portion Nudeln mit Garnelen und als Hauptspeise einen gegrillten Fisch mit Kartoffeln und Gemüse.

Martin W. erhielt im Gespräch eine Zusammenfassung seines aktuellen Lebensstils. Er sah sofort ein, dass gehandelt werden muss. Allerdings kämpfte er bereits mit den Nebenwirkungen der Antidepressiva wie Gewichtszunahme, Schwindel und Übelkeit. Daher wollte er auf die Einnahme von Antidiabetika verzichten, auch im Hinblick auf die Gefahr einer Hypoglykämie. Er entschied sich stattdessen, mit einer sofortigen Ernährungs-und Lebensstilumstellung zu beginnen.

DIAGNOSTIK

Bedeutung des HbA1c

Glukose und andere Monosaccharide la-gem sich ständig konzentriert an den roten Blutfarbstoff Hämoglobin an. Diese sogenannte Verzuckerung oder Glykie-rung ist nicht umkehrbar, bleibt also während der gesamten Lebensdauer eines Erythrozyten bestehen. Deshalb eignen sich die dabei entstandenen Zuckerhämoglobine zur Langzeitkontrolle bei Diabetes mellitus. Sie werden in ihrer Gesamtheit als HbA1 bezeichnet. Die Untergruppe HbAlc liefert hierbei die zuverlässigsten und daher auch gut vergleichbare Werte.


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Bei Diabetes Typ 2 aussichts-reich: Intervallfasten

Forscher der University of Southern California (USC) stellten im Rahmen einer Studie 2017 fest, dass sich eine Ernährung mit Fastenperioden bei Diabetes außerordentlich günstig auswirken kann. Denn sie unterstützt die Stabilisierung des Blutzuckerspiegels. Intervallfasten ist hierbei nicht mit echtem Fasten gleichzusetzen: Zu bestimmten Zeiten, aber vor allem nur in bestimmten Abständen, darf sehr wohl gegessen werden. Die Fastenzeiten entlasten den Körper und verbessern die Gesundheit.

In einer Studie in Adelaide untersuchten australische Forscher an 137 Typ-2-Diabetikern das Intervallfasten im Vergleich zu einer täglichen Restriktionskost. Die Teilnehmer durften an fünf Tagen in der Woche normal essen, an zwei weiteren Tagen jedoch nur 500–600 Kalorien. Nach 12 Monaten hatten die Intervallfastenden im Schnitt 6,8 kg abgenommen – im Vergleich zu 5 kg bei der Restriktionsgruppe, deren Kalorienzahl täglich zwischen 1200 und 1500 lag. Der HbA1c-Wert ging beim Intervallfasten um 0,3, in der anderen Gruppe um 0,5 % Prozentpunkte zurück. Beide Ernährungsformen führten somit zu vergleichbaren Verbesserungen. Allerdings eignet sich das Intervallfasten als angenehmere und weniger einschneidende Diätform deutlich besser für die Ernährungstherapie und erreicht eine wesentlich höhere Compliance.

Eine wegweisende Studie erschien zudem im Fachjournal „The Lancet“. Untersucht wurden 298 britische, stark übergewichtige und nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker im Alter von 20–65 Jahren, deren Diagnose höchstens sechs Jahre zurücklag. Dabei wurde eindrucksvoll beweisen, dass sich die Einnahme von Antidiabetika durch Gewichtsreduktion und Lebensstilverbesserung vermeiden lässt. In einigen Fällen war danach sogar keine Diabeteserkrankung mehr feststellbar.


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Intervallfasten bei Martin W.: Neustart für Ernährung und Blutzucker

Weil Martin W. seine Diabeteserkrankung ohne orale Antidiabetika in den Griff bekommen wollte, entschied er sich für das Intervallfasten. In seinem Fall handelte es sich um die Variante 18:6, also 18 Stunden Fasten im Wechsel mit 6 Stunden ohne Kalorienreduktion. Alternativ sind auch die Varianten 5:2 (bezogen auf sieben Wochentage) und 16:8 verbreitet: 16 Stunden am Tag wird mit Essen pausiert und im verbliebenen 8-Stunden-Intervall normal gegessen. Der Zeitrahmen wird hierbei individuell angepasst. Für die Essensphasen gibt es beim Intervallfasten im Allgemeinen keine Kalorienvorgaben, es gelten aber die Regeln gesunder Ernährung (siehe Abschnitt „Zehn Meilensteine gesunder Ernährung“).

Martin W. sollte in der Essenszeit nur zwei regelmäßige Mahlzeiten pro Tag einnehmen und auf ein Frühstück verzichten. Zwischenmahlzeiten und Kalorienaufnahme durch Getränke waren in den 18 Stunden Fastenzeit tabu. Es wurde festgelegt, kein Frühstück einzunehmen.

Tabelle 1 Ernährungsprotokoll Martin W., wochentags (Montag bis Freitag)

Uhrzeit

Speisen/Getranke

7:00

3-4 Toastbrote mit Butter, Marmelade, Salami und Kase, 2 Tas-sen Cappuccino mit je 2 TL Zucker, 1 Glas Orangensaft, 150 g Fruchtejoghurt, 2-3 EL Schokomusli mit 1 EL Honig und Voll-milch

9:30

1 Mehrkornbrotchen mit 100 g warmem Leberkäse und süβem Senf, 500 ml Diätcola

12:00

200 g Schnitzel oder 200 g Steak, 400 g Bratkartoffeln oder 150 g Nudeln, kleiner Beilagensalat, 150 g Pudding oder anderes Fertigdessert, 500 ml alkoholfreies Bier oder Diätcola

13:00

1 Espresso, 50 g Gummibarchen oder kleiner Schokoriegel (40 g)

15:00

1 Glas Latte Macchiato mit 2 TL Zucker, 3-5 gefullte Bisquitkekse oder 1 Stück Marmorkuchen oder 1 Brezel mit Butter und Mar-melade

17:30

1 Scheibe Brot mit etwas Räucherwurst, zum Beispiel Polnische oder Kaminwurzen, oder mit 2 Wiener Würstchen, 300 ml Diätcola

19:00

3 Scheiben Brot oder 3 Brötchen mit Butter, Frischwurst, Salami, Käse (Schmelz-, Frisch-, Weich-oder Hartkase), Essiggurken, 500 ml Weilbier, 300 ml Diätcola

20:00

Knabberartikel wie 200 g Chips oder 100 g gesalzene Erdnusse oder Pizzaschnitten, 1-2 Gläser Rotwein oder 2 Gläser Gin-Tonic

21:00

150 g Früchtejoghurt oder 200 ml Milchshake

22:00

3-5 Sushirollen (Fertigprodukt)

Durch Verzicht auf ein Frühstück wird die Bildung des Wachstumshormon GH (HCG, Somatotropin) nicht gleich nach dem Aufstehen unterbrochen. Das Hormon wird vor allem während der Schlafphase und des Fastens produziert und wirkt fettabbauend sowie blutzuckerregulierend.

Den Fastenplan für Martin W. legten wir wie folgt fest:

  • Mittagessen als erste Mahlzeit um 13:00 Uhr

  • Abendessen um 18:00 Uhr – es sollte bis 19:00 Uhr beendet sein.

  • Zwischen 19:00 Uhr und 13:00 Uhr (18 Stunden) wird nichts gegessen.


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Vorteile: Fastenkrisen und Jo-Jo-Effekte bleiben aus

Der Körper benötigt eine gewisse Umgewöhnungsphase. Insbesondere weil Martin W. gewöhnt war, sehr viel und häufig zu essen, fiel ihm der Einstieg schwer. Nach sieben Tagen sollte die Umstellung jedoch abgeschlossen sein. Der große Vorteil beim Intervallfasten: Fastenkrisen, also Befindlichkeitsstörungen bis hin zu Krankheitssymptomen, wie beim Heilfasten oder anderen radikalen Diäten bleiben aus.

Das liegt daran, dass der Organismus die Art der Energiegewinnung nicht umstellt, solange er regelmäßig Nahrung aufnimmt – auch wenn dies in größeren Zeitabständen geschieht. Das Intervallfasten entspricht dem noch urzeitlich program-mierten Stoffwechsel. Dieser ist darauf eingestellt, dass sich aufgrund der natürlichen Nahrungsverfügbarkeit Schlem-mer-und Verzichtsphasen abwechseln. Dass Essen immer muhelos verfügbar ist, war in der Evolution unbekannt.

Der Körper nutzt während des Inter-vallfastens weiterhin seine Glykogenvor-räte zur Energiegewinnung. Sind sie auf-gebraucht, geht er zur Fettverbrennung uber. Diese läuft im Rahmen des Inter-vallfastens zwar langsamer ab als beim Heilfasten, dafür aber nachhaltig und ge-sund - sofern während der Essenszeiten keine riesigen Mengen ungesunder Nahrung vertilgt werden. Auch ein Jo-Jo-Ef-fekt tritt nicht auf.

Durch das Intervallfasten in Verbindung mit gesunder Ernährung lernt der Organismus wieder, seinen Blutzuckerspiegel zu regulieren. So können bald auch mehrere Stunden ohne Nahrung wieder ohne Heißhungerattacken oder Schwächegefühl überstanden werden. Im Gegenteil: Die Essenspausen entwickeln sich zu Phasen hoher körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit.


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Zehn Meilensteine gesunder Ernährung

Ganz ohne Einschränkung bestimmter Nahrungsmittel funktioniert das Intervallfasten bei Diabetes mellitus Typ 2 allerdings nicht. So dürfen Zucker und Süßstoffe nicht mehr aufgenommen werden, ebenso wie Auszugsmehl(-Produkte), Fertigwaren und halbfertige Produkte. Auch künstliche Nahrungszusätze wie Konservierungs-und Farbstoffe sowie minderwertige Fette (insbesondere industriell hergestellt wie Margarine, hocherhitzbare Pflanzenöle oder fettreduzierte Butter) werden vom Speiseplan gestrichen. Als Grundlage der Ernährungsumstellung erhielt Martin W. zehn wichtige Empfehlungen:

  1. frische und hochwertige Lebensmittel

  2. vollwertige Kohlenhydrate wie Vollkornreis, Vollkornprodukte oder Kartoffeln

  3. regelmäßig Hülsenfrüchte (hoher Sättigungseffekt)

  4. hochwertige Fette (zum Beispiel Olivenöl, Leinöl, Sonnenblumenöl, Butter)

  5. keine zusätzlichen Süßen oder Süß-Ersatzstoffe

  6. keine künstlichen Nahrungszusätze wie Konservierungsstoffe

  7. Fleisch-und Wurstkonsum verringern

  8. Wasser und Tee als Getränke

  9. wenn möglich selbst kochen

  10. immer bis zur Sättigung essen


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Sport: mäßig, aber regelmäßig

Im Rahmen der Lebensstiländerung sollte Martin W. nun wieder körperliche Aktivitäten in seinen Alltag integrieren. Die günstigste Zeit lag ungefähr ein bis zwei Stunden nach seiner zweiten und damit letzten Mahlzeit des Tages: Sein Organis-mus verfügte nun über ausreichend Energie und Nährstoffe für anabole Stoffwechselprozesse. Martin W. entschied sich für Schwimmen, Nordic Walking und Radfahren. Er sollte locker beginnen und die Dauer und Intensität langsam steigern. Sobald er an Gewicht verloren hätte, stünden noch andere sportliche Aktivitäten wie Laufen oder verschiedene Fitnessprogramme zur Auswahl.


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Mit Mikronährstoffen den Zell-stoffwechsel verbessern

Martin W. sollte außerdem folgende Mikronährstoffe direkt im Anschluss an die erste Mahlzeit einnehmen (bei einer zweiten Dosis zusätzlich nach der zweiten Mahlzeit):

  • 2 × tgl. 1 g Vitamin C: Im Vergleich zu Gesunden weisen Diabetiker einen deutlich niedrigeren Vitamin-C-Gehalt im Plasma auf. In Studien wurde gezeigt, dass sich der HbA1c-Wert proportional zum Vitamin-C-Status verbessert.

  • 1 × tgl. 1 Tbl. Vitamin B-Komplex (Fa. ViaBiona, alle zehn B-Vitamine hochdosiert): Die Vitamine der B-Gruppe spielen als Coenzyme eine zentrale Rolle im Kohlenhydrat-, Protein-und Lipidstoffwechsel.

  • 2 × tgl. 1 Tbl. Chrom Picolinat (Fa. Via-Biona, 1 Tbl. entspricht 200 mg Chrom) mittags und abends: Chrom steigert die zelluläre Glukoseverwertung. Gleichzeitig kann es die Fettwerte verbessern und vermindert sowohl den Nüchternplasmaglukosewert als auch die Insulinresistenz signifikant. Auch der HbA1c-Wert verringert sich.

  • 1 × tgl. 1 Tbl. (entspricht 25 mg Zink) Zinkorot® (Fa. Wörwag): In der Pathogenese des Diabetes Typ 2 spielt laut Untersuchungen Zinkmangel eine wichtige Rolle. Zink kann die Betazellen des Pankreas schützen und Wundheilungsstörungen verbessern ten Zellstoffwechsels oft einen Magnesiummangel auf. Dieser fördert Übergewicht und Adipositas, aber auch Hyperlipoproteinämie und Hypertonie.

  • 2 × tgl. 1 Tbl. Magnesium Citrat (Fa. ViaBiona, 1 Tbl. entspricht 150 mg Magnesium) mittags und abends: Diabetiker weisen aufgrund der renalen Ausscheidung und des veränderten Zellstoffwechsels oft einen Magnesiummangel auf. Dieser fördert Übergewicht und Adipositas, aber auch Hyperlipoproteinämie und Hypertonie..

  • 1 × tgl. 1 Tbl. Selen compact (Fa. GSE, 1 Tbl. entspricht 55 μg Selen): Ähnlich wie Chrom hilft Selen bei der Regulierung der Glykolyse und auch bei der Fettsäuresynthese. Außerdem regt es die Glukoseaufnahme der Zelle an.


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Phyto-und Aromatherapie: Flohsamen als Zuckerbremse

Um die Darmtätigkeit zu verbessern und gleichzeitig die Glukoseaufnahme zu verlangsamen, kommen auch Flohsamenschalen zur Anwendung. Diese besitzen stark quellende Eigenschaften und binden Flüssigkeit, sobald sie mit dieser im Verdauungstrakt in Berührung kommen. Dadurch steigt das Volumen im Darm. Flohsamenschalen enthalten zudem sehr viele Ballaststoffe. Das bedeutet, dass alle anderen Speisen und Kohlenhydrate den Darm langsamer passieren. Die Aufnahme von Glukose findet somit ebenfalls verzögert statt. Der Blutzuckerspiegel steigt deshalb nach Mahlzeiten langsamer an. Flohsamen eignen sich somit gut als begleitende Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2.

Martin W. suchte die Praxis außerdem regelmäßig zu einer Aromaölmassage auf. Dort wurde er mit folgender Mischung behandelt:

  • 4 Tr. Rosenholzöl

  • 2 Tr. Petit Grain Öl

  • 1 Tr. Bergamottenöl

  • 1 Tr. Kamillenöl römisch

  • 30 ml Mandelöl

Die Ölmassage diente vor allem der Entspannung, denn die Erkrankung hatte Martin W. sehr mitgenommen. Gleichzeitig bot sich der Termin für ein regelmäßiges Gespräch, weitere Fragen und die Überprüfung des Plasmaglukosewerts an.

Die Blutzuckerwerte sanken in der Folgezeit innerhalb weniger Monate bis in den Normbereich, und auch das Ge-wicht ging deutlich zurück. Die Gefahr für diabetische Folgeerkrankungen war damit weitgehend gebannt. Martin W. erfuhr die Umstellungen seines Lebensstils außerdem als so positiv, dass er diese konsequent fortsetzte. Auch das 18:6-Intervallfasten wollte er noch so lange beibehalten, bis sein früheres Gewicht erreicht war. Aktuell wog er noch 105 kg.


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Fazit: Leben ohne Diabetes häufig wieder möglich

Wie der Fall zeigt, können mit einer konsequenten Ernährungs-und Lebensstiländerung sowie wenigen zusätzlichen Therapieansätzen auch bei ungünstigen Voraussetzungen Blutzucker, Gewicht und Insulinresistenz deutlich reduziert werden. In vielen Fällen lässt sich auf diesem Weg eine medikamentöse Therapie vermeiden und die Insulinresistenz wieder bis in den physiologischen Bereich senken.

Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/a-0881-1780


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HP Gudrun Nebel

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82431 Kochel am See
E-Mail: praxis@gudrunnebel.de


Seit über 30 Jahren beschäftigt sich Gudrun Nebel mit Ernährung. Diese ist auch die Basistherapie in ihrer Vitalpraxis. Schwerpunkte sind Essstörungen, Frauenheilkunde und Anti-Aging. Gudrun Nebel ist Dozentin für Ernährung, Orthomolekulare Medizin und Bachblütentherapie an der Heilpraktikerschule Isolde Richter. Sie ist Autorin mehrerer Bücher und Zeitschriftenartikel.

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