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Diätetik und ergänzende Therapien als Erfolgsstrategie bei Diabetes mellitus Typ 2
„KANN ES SICH hier um einen Messfehler handeln, oder ist das Diabetes?“ Mit dieser Frage betrat
Martin W. (Name von der Redaktion geändert) die Praxis. Mit dem Blutzuckermessgerät
seines Vaters hatte er bei sich den viel zu hohen Glukosewert von 310 mg/dl festgestellt.
Martin W. brachte mit 185 cm Körpergröße 145 kg auf die Waage. Vor fünf Jahren wären
es noch 90 kg gewesen, und er hätte mit Freude Sport getrieben, erklärt er. Ausgelöst
durch ein familiäres Problem hätte er jedoch Depressionen entwickelt und regelmäßig
Antidepressiva einnehmen müssen, die für eine ständige Gewichtszunahme sorgten. Zu
Bewegungsund Sporteinheiten könne er sich seither nicht mehr aufraffen. Gleichzeitig
hatte er nach 30 Jahren mit dem Rauchen aufgehört, was seinen Appetit weiter steigerte.
Sein Gewicht stieg folglich kontinuierlich an und lag nach zwei Jahren bereits bei
125 kg. Mittels Radikaldiäten und Stoffwechselkuren hätte er immer wieder versucht,
sein Ausgangsgewicht zu erreichen, durch den Jo-Jo-Effekt jedoch bald danach noch
mehr gewogen als zuvor.
Diabetes: 300 000 Neuerkran-kungen pro Jahr
Aktuell leben mehr als sechs Millionen Menschen mit der Diagnose Diabetes mellitus
in Deutschland. Jedes Jahr kommen ungefähr 300 000 Neuerkrankungen hinzu. Man geht
außerdem davon aus, dass rund zwei Millionen Betroffene noch nichts von ihrer Krankheit
wissen. Alle drei Werte – Prävalenz, Inzidenz und Dunkelziffer – sind mit massiven
gesundheitlichen Konsequenzen verbunden: Diabetes mellitus erhöht das Risiko für Herzinfarkt
und Schlaganfall deutlich, im unbehandelten Zustand um ein Vielfaches.
Bei der Typ-1-Variante zerstört der Organismus auf humoralem (durch Antikörper) und
zellulärem Weg die insulinproduzierenden Betazellen des Pankreas. Innerhalb kurzer
Zeit entsteht ein absoluter Insulinmangel. Nach der Manifestation beträgt die aktive
Inselzellmasse im Schnitt nur noch etwa 10 %. Behandelt wird die Erkrankung mit dauerhafter
Insulintherapie und einer Ernährungsumstellung, die ein Leben lang eingehalten werden
muss.
Diabetes Typ 2: vom Übergewicht zur Insulinresistenz
Über 90 % der Diabetesfälle gehören dem Typ 2 an. Hier bestimmen zwei Faktoren die
Krankheit: die oft vorhandene, zunehmende Resistenz gegenüber körpereigenem und -
fremdem Insulin und die abnehmende Insulinproduktion der Betazellen des Pankreas.
Neben der Insulinresistenz zeigen Betroffene häufig eine Hypertonie, Dyslipoproteinämie
und Adipositas. Dabei handelt es sich zugleich um die vier Kriterien des Metabolischen
Syndroms. Außerdem treten in vielen Fällen erhöhte Cholesterinwerte, Fettleber, Gerinnungsstörungen
und eine gestörte Glukosetoleranz auf. Alle Faktoren können bereits ursächlich im
Vorfeld der Erkrankung, aber auch als deren Folge im Verlauf auftreten.
Merke: Die viszerale Stammfett-sucht stellt den wichtigsten Diabe-tes-Risikofaktor
dar.
Die Ernährungstherapie des Typ-2-Diabetes besteht vorwiegend aus kohlenhydratarmer
Kost, die jedoch ausreichend gesunde Fette und Eiweiße enthält. Das oft vorhandene
Übergewicht wird mit entsprechender Kalorienreduzierung und Bewegungstherapie gesenkt.
Meist kommen orale Antidiabetika oder auch Insulin zur Anwendung.
Diabetesfolgen fur GefaSe, Nerven, Nieren und Herz
Zu den wichtigsten Diabetesfolgen zählen mikrovaskuläre und neuropathische Schäden
sowie eine verstärkte Arteriosklerose. Je schlechter die Patienten hinsichtlich der
Ernährung und Medikation eingestellt sind, umso früher leiden sie an Nephropathien,
Polyneuropathien sowie Mikro-und Makroangiopathien. Im Spätstadium treten auch gehäuft
kardiovaskuläre Komplikationen auf. Werden die Lebensstilveränderungen (Ernährungs-und
Bewegungstherapie) nicht eingehalten, kommt es bei 85 % der Typ-2-und 50 % der Typ-1-Betroffenen
zu Übergewicht oder Adipositas.
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Mit einer rasch wachsenden Zahl von aktuell rund sechs Millionen Betroffenen in Deutschland
zählt Diabetes mellitus heute zu den großen Volkskrankheiten und häufigsten Todesursachen.
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Martin W. zeigte eine bislang unentdeckte, fortgeschrittene Typ-2-Form mit den typischen
Ursachen: hochkalorische Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel.
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Eine Kombination aus Intervallfasten, Bewegung, Mikronährstoffen und Flohsamen konnte
die Zuckerwerte wieder in den Normbereich senken, das Gewicht deutlich reduzieren
und die Einnahme von Antidiabetika abwenden.
Martin W.: Die Befurchtung bestatigt sich
Auch der 45-jährige Martin W. war nicht nur deutlich adipös, sondern schilderte im
Rahmen der Anamnese weitere typische Diabeteszeichen, insbesondere Polyurie, Polydipsie
(gesteigerter Durst), Hautirritationen, Wundheilungsstörungen und häufig wiederkehrende
Infekte. Hinzu kamen fehlender Antrieb, Müdigkeit, Leistungsabfall und Konzentrationsstörungen.
Blutwerte: HbAlc weit über dem Limit
Der Blutzuckertest in der Praxis ergab im kapillaren Blut einen Nüchternwert von 150
mg/dl (8,3 mmol/l). Das Labor der Blutprobe lieferte einen HbA1c-Wert von 8,5 %. Dies
entspricht einem durchschnittlichen Blutzuckerspiegel von 197 mg/dl (11 mmol/l). Das
Ergebnis der Kreatinin-Clearance (Verhältnisbestimmung aus Kreatininwerten in Blut
und Urin) lag mit 105 ml/min im Normalbereich. Dieser Wert gibt an, wie schnell die
Nieren Kreatinin als harnpflichtige Substanz ausscheiden können, und wird zum Ausschluss
erster diabetischer Nierenschäden benötigt. Der Kaliumwert lag mit 4,8 mmol/l gleichermaßen
im Normalbereich. Er kann ebenfalls die Nierenleistung, aber auch eine diabetische
Azidose anzeigen. Ein oraler Glukosetoleranztest erübrigte sich, weil sich der Verdacht
auf Diabetes mellitus Typ 2 durch die Nüchtern-und Gelegenheitsplasmaglukose bereits
bestätigt hatte.
Ernährungsstatus: Kalorien ohne Ende
Martin W. sollte ein detailliertes Ernährungsprotokoll anfertigen (siehe Tabelle 1),
das für Wochentage einen fett-und kohlenhydratreichen Speiseplan offenbarte. Am Wochenende
kamen zum Frühstück noch Rühreier mit Speck oder Weißwürste hinzu. Samstags besuchte
er oft abends ein italienisches Restaurant. Dort verzehrte er als Vorspeise eine Portion
Nudeln mit Garnelen und als Hauptspeise einen gegrillten Fisch mit Kartoffeln und
Gemüse.
Martin W. erhielt im Gespräch eine Zusammenfassung seines aktuellen Lebensstils. Er
sah sofort ein, dass gehandelt werden muss. Allerdings kämpfte er bereits mit den
Nebenwirkungen der Antidepressiva wie Gewichtszunahme, Schwindel und Übelkeit. Daher
wollte er auf die Einnahme von Antidiabetika verzichten, auch im Hinblick auf die
Gefahr einer Hypoglykämie. Er entschied sich stattdessen, mit einer sofortigen Ernährungs-und
Lebensstilumstellung zu beginnen.
Bedeutung des HbA1c
Glukose und andere Monosaccharide la-gem sich ständig konzentriert an den roten Blutfarbstoff
Hämoglobin an. Diese sogenannte Verzuckerung oder Glykie-rung ist nicht umkehrbar,
bleibt also während der gesamten Lebensdauer eines Erythrozyten bestehen. Deshalb
eignen sich die dabei entstandenen Zuckerhämoglobine zur Langzeitkontrolle bei Diabetes
mellitus. Sie werden in ihrer Gesamtheit als HbA1 bezeichnet. Die Untergruppe HbAlc
liefert hierbei die zuverlässigsten und daher auch gut vergleichbare Werte.
Bei Diabetes Typ 2 aussichts-reich: Intervallfasten
Forscher der University of Southern California (USC) stellten im Rahmen einer Studie
2017 fest, dass sich eine Ernährung mit Fastenperioden bei Diabetes außerordentlich
günstig auswirken kann. Denn sie unterstützt die Stabilisierung des Blutzuckerspiegels.
Intervallfasten ist hierbei nicht mit echtem Fasten gleichzusetzen: Zu bestimmten
Zeiten, aber vor allem nur in bestimmten Abständen, darf sehr wohl gegessen werden.
Die Fastenzeiten entlasten den Körper und verbessern die Gesundheit.
In einer Studie in Adelaide untersuchten australische Forscher an 137 Typ-2-Diabetikern
das Intervallfasten im Vergleich zu einer täglichen Restriktionskost. Die Teilnehmer
durften an fünf Tagen in der Woche normal essen, an zwei weiteren Tagen jedoch nur
500–600 Kalorien. Nach 12 Monaten hatten die Intervallfastenden im Schnitt 6,8 kg
abgenommen – im Vergleich zu 5 kg bei der Restriktionsgruppe, deren Kalorienzahl täglich
zwischen 1200 und 1500 lag. Der HbA1c-Wert ging beim Intervallfasten um 0,3, in der
anderen Gruppe um 0,5 % Prozentpunkte zurück. Beide Ernährungsformen führten somit
zu vergleichbaren Verbesserungen. Allerdings eignet sich das Intervallfasten als angenehmere
und weniger einschneidende Diätform deutlich besser für die Ernährungstherapie und
erreicht eine wesentlich höhere Compliance.
Eine wegweisende Studie erschien zudem im Fachjournal „The Lancet“. Untersucht wurden
298 britische, stark übergewichtige und nicht insulinpflichtige Typ-2-Diabetiker im
Alter von 20–65 Jahren, deren Diagnose höchstens sechs Jahre zurücklag. Dabei wurde
eindrucksvoll beweisen, dass sich die Einnahme von Antidiabetika durch Gewichtsreduktion
und Lebensstilverbesserung vermeiden lässt. In einigen Fällen war danach sogar keine
Diabeteserkrankung mehr feststellbar.
Intervallfasten bei Martin W.: Neustart für Ernährung und Blutzucker
Weil Martin W. seine Diabeteserkrankung ohne orale Antidiabetika in den Griff bekommen
wollte, entschied er sich für das Intervallfasten. In seinem Fall handelte es sich
um die Variante 18:6, also 18 Stunden Fasten im Wechsel mit 6 Stunden ohne Kalorienreduktion.
Alternativ sind auch die Varianten 5:2 (bezogen auf sieben Wochentage) und 16:8 verbreitet:
16 Stunden am Tag wird mit Essen pausiert und im verbliebenen 8-Stunden-Intervall
normal gegessen. Der Zeitrahmen wird hierbei individuell angepasst. Für die Essensphasen
gibt es beim Intervallfasten im Allgemeinen keine Kalorienvorgaben, es gelten aber
die Regeln gesunder Ernährung (siehe Abschnitt „Zehn Meilensteine gesunder Ernährung“).
Martin W. sollte in der Essenszeit nur zwei regelmäßige Mahlzeiten pro Tag einnehmen
und auf ein Frühstück verzichten. Zwischenmahlzeiten und Kalorienaufnahme durch Getränke
waren in den 18 Stunden Fastenzeit tabu. Es wurde festgelegt, kein Frühstück einzunehmen.
Tabelle 1 Ernährungsprotokoll Martin W., wochentags (Montag bis Freitag)
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Uhrzeit
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Speisen/Getranke
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7:00
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3-4 Toastbrote mit Butter, Marmelade, Salami und Kase, 2 Tas-sen Cappuccino mit je
2 TL Zucker, 1 Glas Orangensaft, 150 g Fruchtejoghurt, 2-3 EL Schokomusli mit 1 EL
Honig und Voll-milch
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9:30
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1 Mehrkornbrotchen mit 100 g warmem Leberkäse und süβem Senf, 500 ml Diätcola
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12:00
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200 g Schnitzel oder 200 g Steak, 400 g Bratkartoffeln oder 150 g Nudeln, kleiner
Beilagensalat, 150 g Pudding oder anderes Fertigdessert, 500 ml alkoholfreies Bier
oder Diätcola
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13:00
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1 Espresso, 50 g Gummibarchen oder kleiner Schokoriegel (40 g)
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15:00
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1 Glas Latte Macchiato mit 2 TL Zucker, 3-5 gefullte Bisquitkekse oder 1 Stück Marmorkuchen
oder 1 Brezel mit Butter und Mar-melade
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17:30
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1 Scheibe Brot mit etwas Räucherwurst, zum Beispiel Polnische oder Kaminwurzen, oder
mit 2 Wiener Würstchen, 300 ml Diätcola
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19:00
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3 Scheiben Brot oder 3 Brötchen mit Butter, Frischwurst, Salami, Käse (Schmelz-, Frisch-,
Weich-oder Hartkase), Essiggurken, 500 ml Weilbier, 300 ml Diätcola
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20:00
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Knabberartikel wie 200 g Chips oder 100 g gesalzene Erdnusse oder Pizzaschnitten,
1-2 Gläser Rotwein oder 2 Gläser Gin-Tonic
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21:00
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150 g Früchtejoghurt oder 200 ml Milchshake
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22:00
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3-5 Sushirollen (Fertigprodukt)
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Durch Verzicht auf ein Frühstück wird die Bildung des Wachstumshormon GH (HCG, Somatotropin)
nicht gleich nach dem Aufstehen unterbrochen. Das Hormon wird vor allem während der
Schlafphase und des Fastens produziert und wirkt fettabbauend sowie blutzuckerregulierend.
Den Fastenplan für Martin W. legten wir wie folgt fest:
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Mittagessen als erste Mahlzeit um 13:00 Uhr
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Abendessen um 18:00 Uhr – es sollte bis 19:00 Uhr beendet sein.
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Zwischen 19:00 Uhr und 13:00 Uhr (18 Stunden) wird nichts gegessen.
Vorteile: Fastenkrisen und Jo-Jo-Effekte bleiben aus
Der Körper benötigt eine gewisse Umgewöhnungsphase. Insbesondere weil Martin W. gewöhnt
war, sehr viel und häufig zu essen, fiel ihm der Einstieg schwer. Nach sieben Tagen
sollte die Umstellung jedoch abgeschlossen sein. Der große Vorteil beim Intervallfasten:
Fastenkrisen, also Befindlichkeitsstörungen bis hin zu Krankheitssymptomen, wie beim
Heilfasten oder anderen radikalen Diäten bleiben aus.
Das liegt daran, dass der Organismus die Art der Energiegewinnung nicht umstellt,
solange er regelmäßig Nahrung aufnimmt – auch wenn dies in größeren Zeitabständen
geschieht. Das Intervallfasten entspricht dem noch urzeitlich program-mierten Stoffwechsel.
Dieser ist darauf eingestellt, dass sich aufgrund der natürlichen Nahrungsverfügbarkeit
Schlem-mer-und Verzichtsphasen abwechseln. Dass Essen immer muhelos verfügbar ist,
war in der Evolution unbekannt.
Der Körper nutzt während des Inter-vallfastens weiterhin seine Glykogenvor-räte zur
Energiegewinnung. Sind sie auf-gebraucht, geht er zur Fettverbrennung uber. Diese
läuft im Rahmen des Inter-vallfastens zwar langsamer ab als beim Heilfasten, dafür
aber nachhaltig und ge-sund - sofern während der Essenszeiten keine riesigen Mengen
ungesunder Nahrung vertilgt werden. Auch ein Jo-Jo-Ef-fekt tritt nicht auf.
Durch das Intervallfasten in Verbindung mit gesunder Ernährung lernt der Organismus
wieder, seinen Blutzuckerspiegel zu regulieren. So können bald auch mehrere Stunden
ohne Nahrung wieder ohne Heißhungerattacken oder Schwächegefühl überstanden werden.
Im Gegenteil: Die Essenspausen entwickeln sich zu Phasen hoher körperlicher und geistiger
Leistungsfähigkeit.
Zehn Meilensteine gesunder Ernährung
Ganz ohne Einschränkung bestimmter Nahrungsmittel funktioniert das Intervallfasten
bei Diabetes mellitus Typ 2 allerdings nicht. So dürfen Zucker und Süßstoffe nicht
mehr aufgenommen werden, ebenso wie Auszugsmehl(-Produkte), Fertigwaren und halbfertige
Produkte. Auch künstliche Nahrungszusätze wie Konservierungs-und Farbstoffe sowie
minderwertige Fette (insbesondere industriell hergestellt wie Margarine, hocherhitzbare
Pflanzenöle oder fettreduzierte Butter) werden vom Speiseplan gestrichen. Als Grundlage
der Ernährungsumstellung erhielt Martin W. zehn wichtige Empfehlungen:
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frische und hochwertige Lebensmittel
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vollwertige Kohlenhydrate wie Vollkornreis, Vollkornprodukte oder Kartoffeln
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regelmäßig Hülsenfrüchte (hoher Sättigungseffekt)
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hochwertige Fette (zum Beispiel Olivenöl, Leinöl, Sonnenblumenöl, Butter)
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keine zusätzlichen Süßen oder Süß-Ersatzstoffe
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keine künstlichen Nahrungszusätze wie Konservierungsstoffe
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Fleisch-und Wurstkonsum verringern
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Wasser und Tee als Getränke
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wenn möglich selbst kochen
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immer bis zur Sättigung essen
Sport: mäßig, aber regelmäßig
Im Rahmen der Lebensstiländerung sollte Martin W. nun wieder körperliche Aktivitäten
in seinen Alltag integrieren. Die günstigste Zeit lag ungefähr ein bis zwei Stunden
nach seiner zweiten und damit letzten Mahlzeit des Tages: Sein Organis-mus verfügte
nun über ausreichend Energie und Nährstoffe für anabole Stoffwechselprozesse. Martin
W. entschied sich für Schwimmen, Nordic Walking und Radfahren. Er sollte locker beginnen
und die Dauer und Intensität langsam steigern. Sobald er an Gewicht verloren hätte,
stünden noch andere sportliche Aktivitäten wie Laufen oder verschiedene Fitnessprogramme
zur Auswahl.
Mit Mikronährstoffen den Zell-stoffwechsel verbessern
Martin W. sollte außerdem folgende Mikronährstoffe direkt im Anschluss an die erste
Mahlzeit einnehmen (bei einer zweiten Dosis zusätzlich nach der zweiten Mahlzeit):
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2 × tgl. 1 g Vitamin C: Im Vergleich zu Gesunden weisen Diabetiker einen deutlich
niedrigeren Vitamin-C-Gehalt im Plasma auf. In Studien wurde gezeigt, dass sich der
HbA1c-Wert proportional zum Vitamin-C-Status verbessert.
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1 × tgl. 1 Tbl. Vitamin B-Komplex (Fa. ViaBiona, alle zehn B-Vitamine hochdosiert):
Die Vitamine der B-Gruppe spielen als Coenzyme eine zentrale Rolle im Kohlenhydrat-,
Protein-und Lipidstoffwechsel.
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2 × tgl. 1 Tbl. Chrom Picolinat (Fa. Via-Biona, 1 Tbl. entspricht 200 mg Chrom) mittags
und abends: Chrom steigert die zelluläre Glukoseverwertung. Gleichzeitig kann es die
Fettwerte verbessern und vermindert sowohl den Nüchternplasmaglukosewert als auch
die Insulinresistenz signifikant. Auch der HbA1c-Wert verringert sich.
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1 × tgl. 1 Tbl. (entspricht 25 mg Zink) Zinkorot® (Fa. Wörwag): In der Pathogenese
des Diabetes Typ 2 spielt laut Untersuchungen Zinkmangel eine wichtige Rolle. Zink
kann die Betazellen des Pankreas schützen und Wundheilungsstörungen verbessern ten
Zellstoffwechsels oft einen Magnesiummangel auf. Dieser fördert Übergewicht und Adipositas,
aber auch Hyperlipoproteinämie und Hypertonie.
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2 × tgl. 1 Tbl. Magnesium Citrat (Fa. ViaBiona, 1 Tbl. entspricht 150 mg Magnesium)
mittags und abends: Diabetiker weisen aufgrund der renalen Ausscheidung und des veränderten
Zellstoffwechsels oft einen Magnesiummangel auf. Dieser fördert Übergewicht und Adipositas,
aber auch Hyperlipoproteinämie und Hypertonie..
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1 × tgl. 1 Tbl. Selen compact (Fa. GSE, 1 Tbl. entspricht 55 μg Selen): Ähnlich wie
Chrom hilft Selen bei der Regulierung der Glykolyse und auch bei der Fettsäuresynthese.
Außerdem regt es die Glukoseaufnahme der Zelle an.
Phyto-und Aromatherapie: Flohsamen als Zuckerbremse
Um die Darmtätigkeit zu verbessern und gleichzeitig die Glukoseaufnahme zu verlangsamen,
kommen auch Flohsamenschalen zur Anwendung. Diese besitzen stark quellende Eigenschaften
und binden Flüssigkeit, sobald sie mit dieser im Verdauungstrakt in Berührung kommen.
Dadurch steigt das Volumen im Darm. Flohsamenschalen enthalten zudem sehr viele Ballaststoffe.
Das bedeutet, dass alle anderen Speisen und Kohlenhydrate den Darm langsamer passieren.
Die Aufnahme von Glukose findet somit ebenfalls verzögert statt. Der Blutzuckerspiegel
steigt deshalb nach Mahlzeiten langsamer an. Flohsamen eignen sich somit gut als begleitende
Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2.
Martin W. suchte die Praxis außerdem regelmäßig zu einer Aromaölmassage auf. Dort
wurde er mit folgender Mischung behandelt:
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4 Tr. Rosenholzöl
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2 Tr. Petit Grain Öl
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1 Tr. Bergamottenöl
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1 Tr. Kamillenöl römisch
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30 ml Mandelöl
Die Ölmassage diente vor allem der Entspannung, denn die Erkrankung hatte Martin W.
sehr mitgenommen. Gleichzeitig bot sich der Termin für ein regelmäßiges Gespräch,
weitere Fragen und die Überprüfung des Plasmaglukosewerts an.
Die Blutzuckerwerte sanken in der Folgezeit innerhalb weniger Monate bis in den Normbereich,
und auch das Ge-wicht ging deutlich zurück. Die Gefahr für diabetische Folgeerkrankungen
war damit weitgehend gebannt. Martin W. erfuhr die Umstellungen seines Lebensstils
außerdem als so positiv, dass er diese konsequent fortsetzte. Auch das 18:6-Intervallfasten
wollte er noch so lange beibehalten, bis sein früheres Gewicht erreicht war. Aktuell
wog er noch 105 kg.
Fazit: Leben ohne Diabetes häufig wieder möglich
Wie der Fall zeigt, können mit einer konsequenten Ernährungs-und Lebensstiländerung
sowie wenigen zusätzlichen Therapieansätzen auch bei ungünstigen Voraussetzungen Blutzucker,
Gewicht und Insulinresistenz deutlich reduziert werden. In vielen Fällen lässt sich
auf diesem Weg eine medikamentöse Therapie vermeiden und die Insulinresistenz wieder
bis in den physiologischen Bereich senken.
Dieser Artikel ist online zu finden:
http://dx.doi.org/10.1055/a-0881-1780