Definition
Die Verruca vulgaris ist eine Warzengeschwulst der oberen Hautschichten, die auch
auf
der Schleimhaut und dem Stimmlippenepithel auftreten kann. Sie wird per definitionem
durch das humane Papillomvirus (HPV) hervorgerufen. Bei der Verruca vulgaris
laryngis im Larynx wird das Papillomvirus nicht immer nachgewiesen.
Fall
Ein 65-jähriger Rentner, von Beruf Heizungsinstallateur, leidet seit seinem
41. Lebensjahr an wiederkehrender Heiserkeit durch Entzündungen im Kehlkopf. Er ist
Nichtraucher und nimmt gegen hohen Blutdruck Dafiro® (ein
Kombinationspräparat aus Valsartan und Amlodipin) sowie Verapamil ein und außerdem
Pantozol®.
Innerhalb der letzten 24 Jahre fanden mehr als 20 Operationen am Kehlkopf mit
Probenentnahmen statt. Histologisch wurden pathologische Verhornungen der
Schleimhaut festgestellt. Die warzenartigen Verhornungen führten zeitweise zu einer
erheblichen Einengung des Atemweges mit Atemnot. Die histologische Diagnose lautete:
Verruca vulgaris laryngis. Ein weiterer histologischer Befund lautete: adulte
Papillomatose. Die Untersuchung auf HPV war negativ. Malignität bestand nicht. Die
Stimme war durch die Erkrankung und die dadurch notwendigen Operationen tonlos
(aphon). Trotz sorgfältiger Entfernung aller pathologischen Anteile kam es zu
Rezidiven, so dass teilweise in kurzen Intervallen von 2 bis 3 Monaten erneut
operiert werden musste.
Befund
Die gesamte Glottis ist von zottigen weißen Neubildungen der Schleimhaut und des
Stimmlippenepithels zirkulär umschlossen (Video). Die respiratorische
Beweglichkeit ist erhalten. Schwingungsfähiges Gewebe für die Phonation ist nicht
mehr vorhanden. Die Stimme ist aphon (Audio, [
Abb. 1
]).
Abb. 1 Stimmumfangsprofil. Die grünen Kreuze zeigen, welchen
Schallpegel der Patient mit seiner Sprechstimme erreicht bei entspanntem
Sprechen (unterstes Kreuz) und bei den Versuchen, eine Unterhaltungs-,
Vortrags- oder Rufstimme zu erzeugen. Die Stimme ist tonlos, aber das
Geräusch lässt sich etwa der Frequenz von ca. 140 Hz (d) zuordnen. Die drei
schwarzen Punkte links bedeuten, dass ein gehaltener Ton um 65 Hz (C) nur
mit einem Pegel von 62–68 dB erzeugt werden kann.
Ursachen
Die Verruca vulgaris laryngis ist eine sehr seltene Erkrankung. Bis 2017 wurden
dreizehn Fälle in der Literatur beschrieben. Die Ursache ist entweder eine
HPV-Infektion (Typen 2, 4, 6 und 11) oder nicht bekannt.
Symptome
Die exophytischen Warzen haben eine höckrige, weiße Oberfläche, teilweise mit
ausgezogenen Zotten. Sie kommen meist auf den Stimmlippen vor, können aber auch auf
die Schleimhaut des Larynxinneren übergehen. Die Weite der Glottis wird zuweilen
erheblich eingeengt, so dass es zu Atemnot kommen kann. Die Patienten haben eine
heisere bis aphone Stimme. Schluckbeschwerden treten in der Regel nicht auf.
Differenzialdiagnose
Als Differenzialdiagnose kommen das adulte Papillom, papilläre Keratose und das
verruköse Karzinom infrage. Die fransenförmigen (filiformen) Ausziehungen sind nicht
pathognomonisch und nicht ausschließlich bei der Verruca vulgaris laryngis zu
finden.
Therapie
Die Behandlung erfolgt in der Regel chirurgisch mit Mikrolaryngoskopie und
Laserabtragung. Histologische Untersuchungen müssen sich immer anschließen, damit
im
Falle einer malignen Entartung die onkologische Therapie frühzeitig begonnen werden
kann.
Prognose
Die Verruca laryngis muss als Präkanzerose angesehen werden. Im hier vorgestellten
Fall lag im April des 66. Lebensjahres des Patienten histologisch keine Malignität
vor. Im September desselben Jahres wurde ein hochdifferenziertes verruköses Karzinom
festgestellt. Der Patient musste schließlich laryngektomiert werden.
Die benigne Verruca laryngis stellt ein Hindernis für die Phonation und die
Atmung dar. Die Therapie ist symptomatisch und ermöglicht die histologische
Diagnose zum Ausschluss der Malignität.
VIDEO & AUDIO
Video: Sehen Sie das Video, erkennen Sie den Befund und verstehen Sie den
Einfluss auf die Funktion.
Audio: Hören Sie die Stimme und ordnen Sie die Stimmcharakteristik dem
organischen Befund zu.