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DOI: 10.1055/a-0962-3580
Die Uhr tickt etwas langsamer: erst Ende 2023 endet nun die Übergangsregelung für Rettungsassistenten[*]
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Publication History
Publication Date:
20 February 2020 (online)
- Übergangsvorschrift
- Fristverlängerung
- Besetzung der Rettungsmittel
- Stichtagsregelung
- Berufserfahrung als Rettungsassistent
- Alternative staatliche Prüfung
- Ticktack – die Uhr tickt trotzdem
- Rettungsassistenten sterben aus
- Hindernis Arbeitgeber
- Rettungsassistent bleiben
- Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Am 29. November 2019 hat der Bundesrat einer Änderung des Notfallsanitätergesetzes zugestimmt. Nicht sieben sondern erst zehn Jahre nach Inkrafttreten des Notfallsanitätergesetzes (NotSanG) und seiner ergänzenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung (NotSanAPrV) endet nun die Übergangsvorschrift nach § 32 NotSanG für Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten. Die Uhr tickt zwar, doch Rettungsassistenten bleibt nun noch bis Ende 2023 Zeit, an einer Ergänzungsprüfung oder alternativ an einer staatlichen Vollprüfung teilzunehmen.
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Übergangsvorschrift
In der Übergangsvorschrift im § 32 NotSanG werden die Voraussetzungen beschrieben, die es Rettungsassistentinnen und Rettungsassistenten ermöglichen, an einer staatlichen Prüfung teilzunehmen, um danach die Berufsbezeichnung Notfallsanitäterin/Notfallsanitäter führen zu dürfen.
Abhängig von der praktischen Tätigkeit als Rettungsassistent wird vor der Zulassung zu einer staatlichen Ergänzungsprüfung eine weitere Ausbildung von 480 Stunden bzw. 960 Stunden gefordert.
Alternativ gibt es für Rettungsassistenten unabhängig von der beruflichen Praxis die Möglichkeit, sich direkt zu einer staatlichen Vollprüfung anzumelden. Entgegen der sonst üblichen Besitzstandregelungen, die eine Anerkennung von Berufen nach neuem Recht ohne weitere Auflagen ermöglichen, wollte der Gesetzgeber dies beim Notfallsanitäter explizit nicht. In der Begründung verweist der Gesetzgeber darauf, dass die nach neuem Recht ausgebildeten Notfallsanitäter im Vergleich zur bisherigen Ausbildung über erweiterte als auch vertiefte Kompetenzen verfügen müssen ([Abb. 1]).
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Fristverlängerung
Immer wieder wurde in den vergangenen Jahren auf eine Fristverlängerung spekuliert. Mit ihr verbunden war die Hoffnung vieler, dass der Gesetzgeber kurz vor Ablauf der Sieben-Jahre-Frist eine Verlängerung für Rettungsassistenten auf den Weg bringen würde. Ende Oktober 2019 haben die Regierungsparteien für viele überraschend eine Fristverlängerung ins Spiel gebracht. Im Antrag sollte die in § 32 Absatz 2 NotSanG „sieben“ Jahre Übergangszeit durch „zehn“ Jahre ersetzt werden. Aufgrund einer Kopplung des Vorschlages zusammen mit einer Anpassungen der erweiterten Kompetenzen für Notfallsanitäter wurde der Vorschlag bereits einen Tag nach der Bekanntgabe zurückgezogen. Anfang November 2019 wurde die Fristverlängerung nun doch noch auf den Weg gebracht. Gemeinsam mit dem Gesetz über die Ausbildung zum Anästhesietechnischen Assistenten passierte der Vorschlag am 09. November 2019 den Deutschen Bundestag und am 29. November 2019 hat der Deutsche Bundestag der Änderung auf „zehn“ Jahre zugestimmt.
Mit der Änderung bleibt nun Rettungsassistenten drei Jahre mehr Zeit, die Ergänzungsprüfung oder alternativ eine Vollprüfung zum Notfallsanitäter zu absolvieren. Ungeklärt bleibt lediglich die Frage wie sich die Länder bei der Besetzung von Rettungsmitteln verhalten werden.
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Besetzung der Rettungsmittel
Die Besetzung der Rettungsmittel ist in den Ländern nicht einheitlich. Sie wird in den jeweiligen Rettungsdienstgesetzen (RDG) näher geregelt ([Tab. 1]).
In manchen Bundesländern wird das neu geschaffene Berufsbild des Notfallsanitäters noch immer völlig ignoriert (Bremen, Sachsen, Saarland), und es wird nach wie vor nur von Rettungsassistenten in der Notfallrettung gesprochen. Es bleibt abzuwarten, ob die Länder auf den Ablauf der Übergangsfrist warten und dann Anpassungen vornehmen. Bis zu einer Anpassung können Rettungsassistenten wie gewohnt eingesetzt werden. Einige Bundesländer haben bereits Übergangsregelungen in den RDG festgelegt (Niedersachsen, Brandenburg, Nordrhein-Westfallen, Hessen, Baden-Württemberg). Während in Hessen bereits seit 2018 keine Rettungsassistenten mehr als verantwortliche Beifahrer eingesetzt werden können, ist ihr Einsatz in Nordrhein-Westfallen bis 2026 vorgesehen. In Baden-Württemberg gilt die Übergangszeit bis 2020 und in Einzelfällen können Rettungsassistenten noch bis Ende 2025 auf einem Rettungswagen als verantwortlicher Beifahrer eingesetzt werden. In einigen Bundesländern wird keine Übergangszeit festgelegt (Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen). Es ist anzunehmen, dass das geltende RDG mit Ablauf der Übergangsfrist angepasst wird.
Bei der Recherche sind besonders die Länder aufgefallen, in denen der Rettungsassistent bereits heute gar keine Erwähnung mehr findet (Schleswig-Holstein, Hamburg, Berlin mit Einschränkung, Bayern, Saarland). Interessant ist in diesem Zusammenhang, wie in den betroffenen Ländern zurzeit mit der Besetzung der Rettungsmittel umgegangen wird. Nach dem Gesetz dürften dort bereits heute Rettungsassistenten nur als Fahrer eingesetzt werden. Spannend bleibt nun die Frage ob die in den RDG der Länder geregelten Besetzungen der Rettungsmittel, aufgrund der Verlängerung der Übergangsfrist bis Ende 2023, für Rettungsassistenten angepasst werden.
Die Tendenz ist eindeutig und der Rettungsassistent als verantwortlicher Beifahrer ein auslaufendes Modell.
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Stichtagsregelung
Zu Beginn hatte der Gesetzgeber die Berufserfahrung als Rettungsassistent zum 01.01.2014 als Berechnungszeitpunkt vorgesehen („Stichtagsregelung“). Diese Regelung wurde am 04.04.2017 allerdings aufgehoben: Als Berufserfahrung gelten seitdem alle Zeiten, die bis zum Zeitpunkt des Antrags auf Zulassung zur Ergänzungsprüfung in der Tätigkeit als Rettungsassistent nachgewiesen werden können.
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Berufserfahrung als Rettungsassistent
Im Kommentar zur Berufserfahrung weist der Gesetzgeber ausdrücklich darauf hin, dass nur dann von einer anrechenbaren Berufserfahrung ausgegangen werden kann, wenn diese ganz oder zu einem wesentlichen Teil zur Finanzierung des Lebensunterhalts gedient hat. Ehrenamtliche Tätigkeiten oder Teilzeitbeschäftigungen von weniger als 50 % einer regulären Vollzeitbeschäftigung sind damit ausgeschlossen. Allerdings wird dies in den Bundesländern unterschiedlich gesehen.
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Alternative staatliche Prüfung
Unabhängig davon gibt es für Rettungsassistenten die Alternative, eine staatliche Vollprüfung zu absolvieren. Diese ist zwar deutlich umfangreicher, dafür kann eine Anmeldung zur staatlichen Prüfung – zumindest theoretisch – ohne den Nachweis einer beruflichen Tätigkeit und ohne Vorbereitung erfolgen.
Dieser Weg ist nicht für alle Rettungsassistenten geeignet. Interessant ist er nur für Menschen, die im Lauf ihres Lebens die Berufsbezeichnung Rettungsassistent erworben und nicht oder nur wenig im Beruf gearbeitet haben, aber gern weiterhin ein berufliches Standbein im Rettungsdienst hätten – z. B. ein engagierter ehrenamtlicher Kollege, eine Anästhesiepflegerin oder eine Medizinstudentin. Da die staatliche Prüfung deutlich umfangreicher ist als die Ergänzungsprüfung, sollten sich Interessierte auf eine intensive Vorbereitungszeit einstellen.
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Ticktack – die Uhr tickt trotzdem
Gehören Sie zu den Rettungsassistenten, die derzeit noch überlegen, ob sie sich einer Prüfung stellen? Dann sollten Sie nicht mehr allzu lange warten. Zwar haben Sie mit der Verlängerung nun noch weitere drei Jahre Zeit, allerdings sollten Sie bei Ihren Überlegungen beachten, dass Ihr Einsatz als verantwortlicher Beifahrer auf einem Rettungsmittel, zumindest langfristig, nicht mehr gesichert ist.
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Rettungsassistenten sterben aus
Der Gesetzgeber hat im § 30 NotSanG geregelt, dass Rettungsassistenten ihre Berufsbezeichnung weiterführen dürfen. Offen bleibt dabei die Frage, in welcher Funktion Rettungsassistenten künftig im Rettungsdienst beschäftigt werden. Bereits heute ist die Durchführung erweiterter Maßnahmen (SOP, Algorithmen, Handlungsempfehlungen) in vielen Regionen Notfallsanitätern vorbehalten. In Berlin und Thüringen ist dies sogar im Rettungsdienstgesetz (RDG) verankert.
Es ist anzunehmen, dass Rettungsassistenten künftig bestenfalls als Fahrer in der Notfallrettung eingesetzt werden.
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Hindernis Arbeitgeber
Rettungsassistenten, die eine Ergänzungsprüfung ablegen möchten, aber vom Arbeitgeber nicht angemeldet oder vertröstet werden, sollten unbedingt aktiv werden. Wenden Sie sich an den Betriebsrat und dokumentieren Sie Ihre Anstrengungen um eine Anmeldung zur Prüfung. Dies kann insbesondere für das weitere Beschäftigungsverhältnis und für Ihre Vergütung notwendig sein. Regelhaft werden Notfallsanitäter bereits heute besser bezahlt als Rettungsassistenten – unabhängig von der Tätigkeit, die sie im Rettungsdienst ausüben.
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Rettungsassistent bleiben
Sicher gibt es Gründe, sich nicht mehr einer Prüfung zu stellen. Insbesondere betrifft dies vermutlich ältere Kollegen, die angesichts des bevorstehenden Ruhestands von einer Prüfung absehen. In jedem Fall sollten die Betroffenen im Vorfeld die länderrechtlichen Bestimmungen für die weitere Beschäftigung als Rettungsassistent prüfen. Auch ist es sinnvoll, vor einer endgültigen Entscheidung mit der Rentenversicherung den Beginn der Altersrente zu klären. Erst danach kann man für sich prüfen, ob und wie man die letzten Jahre im Rettungsdienst als Rettungsassistent verbringt.
Manch eine Rettungsassistentin oder ein Rettungsassistent spekuliert bei der Entscheidung, Rettungsassistent zu bleiben, auf eine Beschäftigung auf dem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF). Diese Plätze sind aber begrenzt und es gibt bereits heute Länder, in denen auch für das NEF die Mindestqualifikation Notfallsanitäter vorgeschrieben ist.
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Arbeitsrechtliche Konsequenzen
Auch hört man immer wieder von Kollegen, die sich einer Weiterqualifizierung zum Notfallsanitäter verweigern möchten. Darauf zu hoffen, dass die Arbeitgeber genügend Stellen für Rettungsassistenten vorhalten, ist allerdings sehr kurzsichtig. Spätestens dann, wenn die Rettungsassistenten nicht mehr regulär eingesetzt werden können, werden die Arbeitgeber prüfen, ob eine Beschäftigung der verbliebenen Rettungsassistenten als Rettungssanitäter erfolgen kann. Damit verbunden wäre selbstverständlich eine entsprechend geringere Vergütung.
Mittlerweile haben wahrscheinlich die allermeisten Rettungsassistenten ihre Prüfung zum Notfallsanitäter erfolgreich abgeschlossen. Nach anfänglichen Problemen haben sich die Vorbereitungsphase in den Schulen und die anschließende Prüfung eingespielt. Die Durchfallquoten liegen deutlich niedriger als noch zu Beginn; spätestens beim zweiten Anlauf wird die Wiederholungsprüfung in aller Regel bestanden. In Baden-Württemberg liegt die Quote der Menschen, die auch die Wiederholungsprüfung nicht bestehen, bei unter 1 %. Aus diesem Grund kann man den verbliebenen Rettungsassistenten nur Mut machen, sich einer Prüfung zum Notfallsanitäter zu stellen.
Die Qualität im Rettungsdienst hat sich durch die Vorbereitungslehrgänge und die intensive persönliche Vorbereitung der Einzelnen auf die praktische und mündliche Ergänzungsprüfung schon wahrnehmbar verbessert. Das Ziel des Gesetzgebers, die ehemaligen Rettungsassistenten mit den weiterführenden Kompetenzen und Schlüsselqualifikationen vertraut zu machen, konnte erreicht werden.
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Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
* Dieser Beitrag ist eine aktualisierte Fassung der Druckversion „Die Uhr tickt: Ende 2020 endet die Übergangsregelung für Rettungsassistenten“.