PSYCH up2date 2020; 14(04): 347-363
DOI: 10.1055/a-0973-2535
Persönlichkeitsstörungen, Impulskontrollstörungen und dissoziative Störungen

Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit

Daniel Turner
,
Peer Briken
,
Timo Ole Nieder

Verantwortlicher Herausgeber dieser Rubrik: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Dr. med. Daniel Turner, Mainz.
 

Geschlechtsinkongruenz beschreibt die fehlende Übereinstimmung zwischen dem individuellen Erleben als männlich, weiblich oder divers (z. B. genderqueer, agender) und dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht. Diagnostik, Therapie und rechtliche Stellung von trans Personen haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten grundlegend geändert und zu einer Entpathologisierung beigetragen. Die wichtigsten Neuerungen stellt der folgende Beitrag dar.


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Einführung

Die Diagnostik und Behandlung von Menschen, die sich nicht ihrem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlen und die in der medizinischen Terminologie bisher häufig mit dem Begriff „Transsexualität“ beschrieben wurden, hat sich in den letzten 2 Jahrzehnten grundlegend geändert und zu flexibleren Versorgungsstrukturen geführt. In der Selbstbeschreibung werden Begriffe wie Transgender, Transidentität, Transsexualität, Transgeschlechtlichkeit, Trans* oder Trans genutzt [1]. In Anlehnung an die kürzlich publizierte S3-Leitlinie für Trans-Gesundheit wird im weiteren Verlauf der Begriff trans Personen als Oberbegriff für Personen verwendet, die sich nicht (gänzlich) ihrem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlen [2]. Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über die Änderungen in folgenden Bereichen geben: Versorgungssituation, Diagnostik, Behandlung und Begutachtung und rechtliche Rahmenbedingungen. Im Kasten findet sich ein Überblick über wichtige Begriffe, die im Beitrag benutzt werden.

Definition wichtiger Begriffe und Konzepte

Zuweisungsgeschlecht Das bei Geburt zugewiesene Geschlecht. Orientiert sich an den primären Geschlechtsmerkmalen bei einem Individuum.

Geschlechtsrolle Verhaltensweisen, die für ein bestimmtes Geschlecht als typisch angesehen werden. Die Geschlechtsrolle hängt in hohem Maße vom kulturellen Hintergrund des Individuums ab.

Geschlechtsidentität Das individuell erlebte Geschlecht bzw. die subjektive Identifikation einer Person als männlich, weiblich oder divers (u. a. genderqueer, agender, non-binär).

Geschlechtsinkongruenz Fehlende Übereinstimmung zwischen dem Zuweisungsgeschlecht und der Geschlechtsidentität.

Geschlechtsdysphorie Geschlechtsinkongruenz, die zu Leiden führt.

Transition Transition beschreibt den Prozess der Änderung der Geschlechtsrolle, also Mann zu Frau, Frau zu Mann bzw. Mann oder Frau zu einer alternativen Kategorie. Ändert sich ausschließlich die Geschlechtsrolle spricht man von sozialer Transition. Werden auch Behandlungen zur Veränderung der körperlichen Geschlechtsmerkmale genutzt, spricht man von medizinischer Transition [3].

Fallbeispiel

Etwas ist anders

Der 15-jährige Herr M. ist das mittlere von 3 Kindern seiner Eltern. Er besucht die 10. Klasse eines Gymnasiums, ist ein guter Schüler und hat zwar keinen großen, aber einen engen Freundeskreis. Seit einiger Zeit hat Herr M. jedoch das Gefühl, nicht mehr so richtig dazuzugehören. Als Kind hat er am liebsten mit seinen Freunden Fußball gespielt, doch auf einmal interessiert er sich viel mehr für Mode und Make-up. Nach einigen Monaten vertraut Herr M. seinem besten Freund seine neu entstandenen Interessen an, doch dieser reagiert mit großem Unverständnis und macht sich über Herr M. lustig. Herr M. ist durch diese Reaktion sehr gekränkt. Im Alter von 16 Jahren befriedigt sich Herr M. erstmals selbst, merkt aber schnell, dass er sich vor seinem erigierten Penis sowie der Samenflüssigkeit nach der Ejakulation eher ekelt.

Mit 18 Jahren hat sich Herr M. mittlerweile einen neuen Freundeskreis gesucht, bestehend aus vier Klassenkameradinnen. Teilweise „erwischt“ sich Herr M. dabei, wie er seine Freundinnen aufgrund ihres Brustwachstums beneidet und merkt, dass er mittlerweile eine tiefgehende Abneigung gegenüber seinen männlichen Genitalien verspürt. Auch sein nun verstärkter Haar- und Bartwuchs stört Herr M. und er rasiert sich täglich nicht nur seinen Bart, sondern auch die Arm- und Beinbehaarung.


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Trans Personen im Gesundheitssystem

Versorgungsstruktur

Merke

Eine für die Behandlungssuchenden gelungene Transition umfasst in der Regel soziale, psychische und somatische Aspekte.

In die Behandlung und Versorgung von trans Personen können verschiedene medizinische Fachdisziplinen (u. a. Sexualmedizin, Dermatologie, Endokrinologie, Chirurgie, Psychiatrie und Psychosomatik, etc.) sowie Psychotherapeut/-innen involviert sein, die im besten Fall voneinander wissen und koordiniert zusammenarbeiten [4]. Teilweise existieren an großen, überregionalen Kliniken Zentren für Trans-Gesundheit (z. B. das Transgender-Centrum am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf), in denen die unterschiedlichen Behandlungen für jede behandlungssuchende Person innerhalb einer Institution koordiniert und durchgeführt werden können [2] [5]. Häufiger sind jedoch an Kliniken angegliederte Spezialambulanzen für trans Personen in somatomedizinischen Bereichen, z. B. Endokrinologie oder Gynäkologie, die mit niedergelassenen Psychiater/-innen und Psychotherapeut/-innen kooperieren [2].


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Zugang zum Gesundheitssystem

Die Kostenübernahme von Behandlungen zur Veränderung der körperlichen Geschlechtsmerkmale im Zuge einer medizinischen Transition durch die Krankenversicherungen wird in der Regel erst genehmigt, wenn eine sozialmedizinische Begutachtung durch die medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) die medizinische Notwendigkeit der indizierten Behandlung im Einzelfall bestätigt [6]. Bisher orientiert sich die Feststellung der medizinischen Notwendigkeit der körpermodifizierenden Maßnahmen an der Begutachtungsrichtlinie des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. (MDS) [7].

Nach der Begutachtungsrichtlinie des MDS müssen vor der Einleitung einer Hormonbehandlung folgende Voraussetzungen erfüllt sein [7]:

  • Die Diagnose muss durch eine/n Psychiater/-in oder Psychotherapeut/in gestellt und gesichert werden.

  • Komorbide psychische Erkrankungen müssen ausreichend stabilisiert bzw. ausgeschlossen sein.

  • Psychotherapeutische Behandlung über mindestens 12 Monate mit Erreichung der vorher definierten Ziele.

  • Der Patient/die Patientin lebt seit mindestens 12 Monaten im gewünschten Geschlecht (Alltagserprobung).

  • Das Vorliegen von Leiden.

  • Es bestehen keine somatischen oder psychischen Kontraindikationen für eine entsprechende Behandlung.

Werden chirurgische, körpermodifizierende Behandlungen angestrebt, wird darüber hinaus eine mindestens 18-monatige Psychotherapie, eine mindestens 18-monatige Alltagserprobung sowie eine mindestens 6- bis 24-monatige Hormonbehandlung gefordert. Die Dauer der vorherigen Hormontherapie variiert in Abhängigkeit des geplanten chirurgischen Eingriffs [7].

Merke

Die MDS-Begutachtungsrichtlinie gilt mittlerweile als überholt und wird von behandlungssuchenden trans Personen als diskriminierend und destabilisierend wahrgenommen [8].

Unseres Wissens soll im Frühjahr 2020 eine revidierte Version der MDS-Begutachtungsrichtlinien erscheinen, angestoßen durch die Veröffentlichung der AWMF S3-Leitlinie zur Trans-Gesundheit.

AWMF-Leitlinie

Die im Jahr 2018 erschienene AWMF-S3-Leitlinie zur Trans-Gesundheit soll zu einer deutlichen Professionalisierung und Individualisierung in der Diagnostik, Behandlung und Versorgung der Geschlechtsdysphorie führen. Zudem soll sie zur Entpathologisierung und Entstigmatisierung von trans Personen beitragen und die bisher geltenden Behandlungsstandards ablösen [2] [9].


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Entwicklung einer S3-Leitlinie zur Trans-Gesundheit

Die „Versorgungsempfehlungen (Standards of Care) für die Gesundheit von transsexuellen, transgender und geschlechtsnichtkonformen Personen“, herausgegeben von der World Professional Association for Transgender Health, hat bereits in ihrer 1. Version im Jahr 1979 die Psychopathologisierung der Geschlechtsinkongruenz sowie die Hürden beim Zugang zum medizinischen System beklagt. Mittlerweile existieren die Standards of Care in ihrer 7. Version (die 8. Version befindet sich derzeit in der Vorbereitung) und bieten umfangreiche Empfehlungen, an denen sich die integrierte Versorgung von trans Personen orientieren sollte [10]. Unter der Federführung der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) wurde erstmals für den deutschsprachigen Raum eine AWMF-Leitlinie entwickelt und im Jahr 2018 mit S3-Status publiziert. Die neue Leitlinie gibt evidenzbasierte Empfehlungen bezüglich der Diagnostik, Beratung und Behandlung von trans Personen und wird (hoffentlich) zu einer Professionalisierung und Individualisierung der Gesundheitsversorgung von trans Personen führen [2].

Fallbeispiel

Der Wunsch, nicht mehr im Zuweisungsgeschlecht zu leben

Im Alter von 21 Jahren zieht Herr M. zum Studieren in eine eigene Wohnung. Das Alleinewohnen genießt er sichtlich. In seiner Wohnung kann Herr M. nun endlich, wie er es sich bereits seit längerer Zeit wünscht, weibliche Unterwäsche und Kleidung tragen, ohne Angst haben zu müssen, entdeckt zu werden. Das Tragen von weiblicher Kleidung führt nicht zu sexueller Erregung. Seit etwa 3 Monaten hat Herr M. auch eine feste Freundin. Herr M.ʼs Freundin sagt ihm immer, dass er gar nicht so wie andere Männer sei. Er sei viel zuverlässiger, verständnisvoller und gefühlvoller, was sie zunächst jedoch sehr gut an ihm findet. Insgeheim beneidet Herr M. seine Freundin häufig aufgrund ihrer Brüste und Vagina. Da er diese Gefühle jedoch nicht zuordnen kann, gerät er immer häufiger in Auseinandersetzungen mit seiner Freundin und diese beendet die Beziehung schließlich nach wenigen Monaten. Herr M. fühlt sich erneut allein gelassen.

Aufgrund der wiederholten Kränkungen eignet sich Herr M. in den nächsten Jahren ein männlicheres Erscheinungsbild an und lässt zum Beispiel seinen Bart wieder wachsen. Gleichzeitig merkt er aber auch, dass er sich eigentlich immer weniger mit der männlichen Geschlechtsrolle identifizieren kann. Dieser innere Zwiespalt belastet Herr M. sehr und führt zu einer ersten schweren depressiven Episode. Durch die Einnahme eines Antidepressivums sowie eine begleitende Psychotherapie gelingt es Herr M., die depressive Episode zu bewältigen. Aus Angst vor Unverständnis und Zurückweisung verschweigt Herr M. aber auch seinem Psychotherapeuten sein Inkongruenzempfinden.


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Diagnostisches Vorgehen

Eine (mögliche) Diagnose sollte am Ende eines umfassenden und ganzheitlichen diagnostischen Prozesses gestellt und die einzelnen Schritte der Diagnostik sollten ausführlich mit der behandlungssuchenden Person besprochen werden [2]. Der Beginn einer Therapie und die Minderung eines möglichen Leidens aufseiten der behandlungssuchenden Person sollte nicht unnötig durch ein Herauszögern des diagnostischen Prozesses verlängert werden. Die Sorgfalt des diagnostischen Prozesses sollte aber auch nicht hintanstehen zugunsten vermeintlicher, aber gegebenenfalls voreiliger Hilfsangebote und unter Umständen irreversibler somatischer Eingriffe [2]. Besteht diagnostische Unsicherheit, ist die behandlungssuchende Person an psychiatrische oder psychotherapeutische Fachkräfte zu überweisen, die in der Diagnostik und Behandlung von Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie erfahren sind. Zu Beginn des diagnostischen Prozesses sollte eine ausführliche biografische, soziale und Sexualanamnese erhoben werden [2]. Um das geschlechtliche Empfinden zu erfassen, sind die Fachkräfte auf die subjektiven Aussagen der behandlungssuchenden Person angewiesen [11].

Merke

Es gibt keine objektiven Mess- oder Testverfahren zur Erfassung des geschlechtlichen Empfindens, lediglich die subjektiven Aussagen der Betroffenen.

Fazit

Die Diagnostik folgt einem ganzheitlichen Prozess, der psychische, körperliche, soziale und kulturelle Aspekte erfassen sollte. Um ein (mögliches) Leiden nicht unnötig zu verlängern sollte bei eigener diagnostischer Unsicherheit die behandlungssuchende Person an in der Behandlung von trans Personen erfahrene Kolleg/-innen überwiesen werden.

Sexualanamnese

Die eigene Sexualität ist für viele Menschen ein mit Scham besetztes Thema, daher lässt sich in der Allgemeinbevölkerung ein eher sozial erwünschtes Antwortverhalten bei sexuellen Problemen während ärztlicher/psychotherapeutischer Kontakte beobachten. Dies sollte bei der Anamneseerhebung berücksichtigt werden. Dazu kommt, dass auch aufseiten der Behandler/-innen häufig Unsicherheit und Scham bez. der Sexualität ihrer Patient/-innen besteht und in der psychiatrischen Diagnostik die Erhebung einer Sexualanamnese häufig zu kurz kommt.

Merke

Patient/-innen selbst wünschen sich von ihrem/r Behandler/-in, aktiv auf ihre Sexualität angesprochen zu werden.

Folgende Punkte sollten im Rahmen der Sexualanamnese bei Personen, die aufgrund einer möglichen Geschlechtsinkongruenz Hilfe suchen, berücksichtigt werden [9]:

  • psychosexuelle Entwicklung von der Kindheit bis zum jetzigen Alter

  • bisherige und aktuelle Beziehungserfahrungen

  • bereits erfolgtes „Coming-out“ sowie mögliche Reaktionen des sozialen Umfelds

  • Wunsch nach körpermodifizierenden Behandlungen

  • sexuelle Orientierung

  • Leidensdruck

  • Dauer der Symptomatik

Nieder und Richter-Appelt betonen insbesondere die Wichtigkeit der Erhebung von Informationen zur psychosexuellen Entwicklung, einschließlich Erinnerungen aus der Kindheit, Jugend und Pubertät sowie in den weiteren Lebensabschnitten bis zum aktuellen Zeitpunkt [6]. [Tab. 1] gibt einen exemplarischen Überblick über wichtige Bereiche der psychosexuellen Entwicklung.

Tab. 1

Wichtige Aspekte der psychosexuellen Entwicklung (nach [6]).

Kindheit und frühe Jugend

Pubertät

Erwachsenenalter

Umgang mit dem Körper innerhalb der Herkunftsfamilie

Wahrnehmung des Brustwachstums, der Menarche bzw. Stimmbruchs oder Bartwuchs

Verlauf und Auswirkungen der bisherigen Geschlechtsinkongruenz

Bevorzugte Spielkamerad/-innen und präferierte Rollen in Rollenspielen

Erste Selbstbefriedigung, Häufigkeit der Selbstbefriedigung

Strategien der Geheimhaltung der Geschlechtsinkongruenz

Lieblingsbücher und -filme, Idole

Sexuelle Fantasien, auch in Bezug auf den eigenen Körper

Ängste vor dem Coming-out oder Erfahrungen bei bereits erfolgtem Coming-out

Umgang mit den primären Geschlechtsmerkmalen, mit dem Urinieren (im Stehen oder Sitzen)

Entwicklung des Bedürfnisses sich gegengeschlechtlich zu kleiden, erlebte sexuelle Erregung hierbei

Bisherige Therapien und Erfahrungen mit den bisherigen Therapien

Identifikation mit Personen des eigenen oder des anderen körperlichen Geschlechts

Reaktionen im sozialen Umfeld auf das Tragen für die jeweilige Geschlechtsrolle untypischer Kleidung

Angestrebte weitere psychotherapeutische sowie körpermodifizierende Behandlungen


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Biografische und soziale Anamnese

Über die bereits in der Sexualanamnese gewonnenen Informationen hinaus, sollten bei der Erhebung der biografischen und sozialen Anamnese insbesondere auch belastende Lebensereignisse sowie bisherige Erfahrungen mit Stigmatisierung oder Ablehnung berücksichtigt werden. Darüber hinaus sollten unterstützende Personen identifiziert werden, die bei Bedarf in den weiteren therapeutischen Prozess integriert werden können [12].


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Krankheitsanamnese und weitere Untersuchungen

Die Krankheitsanamnese dient der Erhebung von Vorerkrankungen, die die Auswahl möglicher körpermodifizierender Behandlungsschritte beeinflussen bzw. limitieren können, z. B. Blutgerinnungsstörungen, die die Einnahme von Hormonpräparaten einschränken könnten. In weiterführenden laborchemischen Untersuchungen sollten die Serumhormonkonzentrationen der Schilddrüsen- und Sexualhormone, die Blutfette, Elektrolyte, Leber- und Nierenwerte bestimmt werden. Dies dient der Identifikation von Parametern, die vor, während und nach einer körpermodifizierenden Behandlung überwacht werden müssen. Bei bestehendem Behandlungswunsch sollten auffällige Laborparameter keine absolute Kontraindikation sein, sondern eine Entscheidung sollte erst nach einer ausführlichen Abwägung der Risiken und zu erwartenden Vorteile im individuellen Fall getroffen werden [2] [13].


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Diagnostische Kriterien

Aktuell müssen sich Ärzt/-innen oder approbierte Psychotherapeut/-innen bei der Diagnosestellung weiterhin an den diagnostischen Kriterien der International Classification of Diseases 10th version (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren [14]. Mit der Veröffentlichung der ICD-11 im Jahr 2018 wurde sowohl eine Entpathologisierung als auch eine Entstigmatisierung von Menschen angestrebt, bei denen die primären und sekundären Geschlechtsmerkmale nicht mit der Geschlechtsidentität übereinstimmen, jedoch wird das gesetzliche Inkrafttreten der ICD-11 in Deutschland erst für das Jahr 2022 erwartet [15] [16]. Vergleichbar wurde in den USA eine Entpathologisierung bereits durch die Veröffentlichung der 5. Fassung des Diagnostischen und Statistischen Manuals psychischer Störungen im Jahr 2013 (DSM-5) angestrebt, jedoch wurde auch Kritik an den im DSM-5 publizierten diagnostischen Kriterien laut [17] [18].

Diagnostische Kriterien nach der ICD-10

Die ICD-10 erfasst die fehlende Übereinstimmung zwischen der eigenen Geschlechtsidentität und dem Zuweisungsgeschlecht bei erwachsenen Menschen im Kapitel „Störungen der Geschlechtsidentität“ (F64.x) unter dem Begriff Transsexualismus [14] (vgl. Infobox Diagnostik nach ICD-10).

Diagnostik nach ICD-10

Diagnostische Kriterien nach der ICD-10: „Störungen der Geschlechtsidentität“

Transsexualismus (F64.0)

Der Wunsch, als Angehöriger des anderen Geschlechtes zu leben und anerkannt zu werden (1. Diagnosekriterium). Dieser geht meist mit Unbehagen oder dem Gefühl der Nichtzugehörigkeit zum eigenen anatomischen Geschlecht einher (2. Diagnosekriterium). Es besteht der Wunsch nach chirurgischer und hormoneller Behandlung, um den eigenen Körper dem bevorzugten Geschlecht soweit wie möglich anzugleichen (3. Diagnosekriterium).

Transvestitismus unter Beibehaltung beider Geschlechtsrollen (F64.1)

Tragen gegengeschlechtlicher Kleidung, um die zeitweilige Erfahrung der Zugehörigkeit zum anderen Geschlecht zu erleben. Der Wunsch nach dauerhafter Geschlechtsumwandlung oder chirurgischer Korrektur besteht nicht; der Kleiderwechsel ist nicht von sexueller Erregung begleitet.

Die in den diagnostischen Kriterien sich widerspiegelnde rigide Voraussetzung einer klassischen Geschlechtszweiteilung (Frau und Mann) sowie die Verschränkung von Behandlungswunsch und Diagnose wurde vielfach als nicht mehr zeitgemäß kritisiert.

Kritik an der klassischen Zweiteilung des Geschlechts

Die Formulierung „im anderen Geschlecht zu leben und anerkannt zu werden“ wird der Vielfalt der Erlebensrealitäten, die über die Zweiteilung des Geschlechts in Mann und Frau hinausgehen kann, nicht gerecht und beschreibt diese unzureichend. Die Survey-Forschung mit trans Personen aus Nordamerika, Europa und Deutschland hat gezeigt, dass sich nur etwa zwei Drittel der Teilnehmenden in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität an der Zweigeschlechtlichkeit orientieren, während sich ein Drittel nicht in diesem binären System wiederfindet [19] [20].

Erleben sich trans Personen nur zeitweise als Mann oder als Frau und kommt dies u. a. durch das wechselseitige Tragen der geschlechtstypischen männlichen und weiblichen Kleidung zum Ausdruck, kann nach den Kriterien der ICD-10 die Diagnose des Transvestitismus unter Beibehaltung beider Geschlechtsrollen (F64.1) gestellt werden [6]. Trans Personen, die sich weder eindeutig als Mann noch als Frau, sich als Mann und Frau oder gänzlich außerhalb dieses binären Systems wahrnehmen, können unter die diagnostische Kategorie der Sonstigen Störungen der Geschlechtsidentität (F64.8) fallen [6].


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Kritik an der Verschränkung von Diagnose und Behandlung

Lehnt eine trans Person hormonelle und/oder chirurgische körpermodifizierende Therapie ab, z. B. aufgrund der Risiken und Nebenwirkungen, so kann nach dem ICD-10 die Diagnose Transsexualität nicht gestellt werden, auch wenn eine deutliche Nichtzugehörigkeit bezüglich des bei Geburt zugewiesenen Geschlechts verspürt wird. Für trans Personen, die keine körpermodifizierenden Therapien wünschen, können ebenfalls die Diagnosen F64.1 oder F64.8 vergeben werden. Dies ist jedoch keine triviale Diskussion bezüglich der korrekten diagnostischen Klassifikation und Einordnung, sondern es konnte gezeigt werden, dass sich der Zugang zum Gesundheitssystem für trans Personen, bei denen eine dieser beiden Alternativdiagnosen vergeben wird, schwieriger gestaltet und mit mehr Hürden verbunden ist [2] [6].


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Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen (DSM-5)

Im Vergleich zur Vorgängerversion wurde die Diagnose der Geschlechtsidentitätsstörungen zugunsten des Begriffes Geschlechtsdysphorie („Gender dysphoria“) im DSM-5 aufgegeben [17]. Im DSM-5 wird eine erlebte Geschlechtsinkongruenz per se nicht als psychische Störung verstanden, wodurch im US-amerikanischen Klassifikationssystem eine Entpathologisierung von Personen, die sich nicht ihrem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig empfinden, angestrebt wurde. Erst wenn die erlebte Geschlechtsinkongruenz zu einem klinisch signifikanten Leidensdruck führt, kann nach dem DSM-5 Störungswert angenommen werden [17].

Diagnostik nach DSM-5

Diagnostische Kriterien nach dem DSM-5 [17]

Geschlechtsdysphorie bei Jugendlichen und Erwachsenen

A. Eine seit mindestens 6 Monaten bestehende ausgeprägte Diskrepanz zwischen Gender und Zuweisungsgeschlecht, wobei mindestens 2 der folgenden Kriterien erfüllt sein müssen:

  1. Ausgeprägte Diskrepanz zwischen Gender und den primären und/oder sekundären Geschlechtsmerkmalen (oder, bei Jugendlichen, den erwarteten sekundären Geschlechtsmerkmalen).

  2. Ausgeprägtes Verlangen, die eigenen primären und/oder sekundären Geschlechtsmerkmale loszuwerden (oder, bei Jugendlichen, das Verlangen, die Entwicklung der erwarteten sekundären Geschlechtsmerkmale zu verhindern).

  3. Ausgeprägtes Verlangen nach den primären und/oder sekundären Geschlechtsmerkmalen des anderen Geschlechts.

  4. Ausgeprägtes Verlangen, dem anderen Geschlecht anzugehören (oder einem alternativen Gender, das sich vom Zuweisungsgeschlecht unterscheidet).

  5. Ausgeprägtes Verlangen danach, wie das andere Geschlecht behandelt zu werden (oder wie ein alternatives Gender, das sich vom Zuweisungsgeschlecht unterscheidet).

  6. Ausgeprägte Überzeugung, die typischen Gefühle und Reaktionsweisen des anderen Geschlechts aufzuweisen (oder die eines alternativen Gender, das sich vom Zuweisungsgeschlecht unterscheidet).

B. Klinisch relevantes Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.


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Diagnostische Kriterien nach der ICD-11

In der ICD-11 wurde der Begriff Transsexualismus zugunsten des Begriffs „Geschlechtsinkongruenz“ verlassen (vgl. Infobox Diagnostische Kriterien nach der ICD-11). Die ICD-11 hat dabei auch die klassische Zweigeschlechtlichkeit sowie den Behandlungswunsch als obligates Diagnosekriterium entfernt und öffnet sich damit gegenüber der Vielfalt erlebter Geschlechtsidentitäten.

Diagnostische Kriterien nach der ICD-11 [15]

Geschlechtsinkongruenz (engl. „Gender incongruence“)

Die Geschlechtsinkongruenz ist charakterisiert durch eine ausgeprägte und überdauernde Inkongruenz zwischen dem durch das Individuum erlebten Geschlecht und dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht.

Im Gegensatz zum DSM-5 wurde auch die Voraussetzung des Vorliegens eines Leidensdrucks aus den diagnostischen Kriterien entfernt, sodass sich der Störungswert allein durch die Inkongruenz zwischen erlebtem und bei Geburt zugewiesenem Geschlecht ergibt. Diese Änderungen erlauben eine Diagnosestellung, wenn ein Leidensdruck „bloß“ antizipiert wird bzw. verhindert werden soll. D.h. das Gesundheitssystem kann bereits in Anspruch genommen werden, wenn vermutet wird, dass die Nichtnutzung einer psychotherapeutischen Begleitung bzw. hormoneller und/oder chirurgischer körpermodifizierender Behandlungen zur Entstehung eines Leidensdrucks beitragen könnte. Zur Förderung der Entstigmatisierung wurde die Geschlechtsinkongruenz außerdem aus dem Kapitel der Psychischen Störungen entfernt und in das neu geschaffene Kapitel „Zustände mit Bezug zu sexueller Gesundheit“ („Conditions related to sexual health“) verschoben [2].

Fazit

In der ICD-11 wurde das Ziel einer Entpathologisierung und Entstigmatisierung der Geschlechtsinkongruenz angestrebt. Wichtigste Neuerungen sind das Verlassen einer binären Ansicht von Geschlecht (Mann und Frau) sowie die Entfernung des Wunsches nach körpermodifizierenden Behandlungen als obligates Diagnosekriterium.

Fallbeispiel

Ein scheinbar „normales“ Leben

Herr M. ist nun 45 Jahre alt. Er ist seit ca. 15 Jahren verheiratet und hat einen 15-jährigen Sohn und eine 10-jährige Tochter. Als die Kinder noch klein waren, waren er und seine Frau mit der Versorgung dieser so sehr beschäftigt, dass der Wunsch, weibliche Kleidung zu tragen und sich mit der weiblichen Geschlechtsrolle zu identifizieren, bei Herrn M. etwas in den Hintergrund gerückt ist. Nun sind die Kinder jedoch bereits ziemlich selbstständig und auch der Wunsch als Frau zu leben, ist nun intensiver, denn je zuvor, und Herr M. beginnt wieder Frauenkleidung zu tragen.

An einem Sonntagnachmittag wird Herr M. von seiner Frau dabei entdeckt, wie er ihre Kleider anprobiert. Nach einem heftigen Streit trennt sich seine Frau von ihm. Herr M. entwickelt eine zweite schwere depressive Episode und konsumiert zunehmend größere Mengen Alkohol. Auch sozial isoliert er sich immer mehr und ist nun bereits seit 3 Monaten krankgeschrieben. Nach einiger Zeit entdeckt Herr M. ein Internetforum, in dem andere Menschen über ähnliche Gefühle berichten wie er sie verspürt. Herr M. erfährt, dass dieses Gefühl als Geschlechtsinkongruenz beschrieben wird. Endlich Personen gefunden zu haben, die das gleiche wie er verspüren, und zu erfahren, dass es sogar einen „Namen“ für sein selbst wahrgenommenes „Gefühlschaos“ gibt, entlastet Herrn M. deutlich.


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Epidemiologie

Die in Studien gefundene Prävalenz einer Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie hängt von der Definition des als geschlechtsinkongruent angenommenen Erlebens und Verhaltens, von der Auswahl der Erhebungsmethode sowie von der Wahl der Stichprobe ab [21]. Daher weist der Vergleich bzw. die systematische Übersicht der existierenden epidemiologischen Untersuchungen einige Einschränkungen auf. Ein Großteil der Untersuchungen mit klinischen Stichproben wurde bereits in den 1990er-Jahren durchgeführt. Je jünger die spezifische Untersuchung ist, desto höher ist auch die gefundene Prävalenz [22]. So hat auch in Deutschland die Anzahl der mit der Diagnose „Störung der Geschlechtsidentität“ stationär behandelten Personen seit dem Jahr 2000 um mehr als das 2,6-Fache zugenommen [23].

Merke

Die Prävalenz einer Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie hängt von der gewählten Definition und Stichprobe ab. Sie reicht von unter 0,01 % in klinischen Stichproben bis etwa 5 % in Bevölkerungsstichproben.

Klinische Stichproben

In einer Untersuchung wurden alle Plastischen Chirurg/-innen und Gender-Kliniken in Belgien angeschrieben und gebeten, Informationen zu allen Patient/-innen bereitzustellen, die sich seit 1985 einer geschlechtsangleichenden Operation unterzogen haben. Insgesamt konnten 412 Personen identifiziert werden. In Relation zur belgischen Allgemeinbevölkerung entsprach dies einer Gesamtprävalenz von 4,28 pro 100 000 Einwohnern. Es ergab sich ein Geschlechterverhältnis von 2,43 (Mann zu Frau) zu 1 (Frau zu Mann) [24]. Mit einer Gesamtprävalenz von 4,26 pro 100 000 Einwohnern sowie einem Geschlechterverhältnis von 1,76 (Mann zu Frau) zu 1 (Frau zu Mann) konnten, basierend auf der Anzahl der Verfahren zur Vornamens- und Personenstandsänderung, in Deutschland für den Zeitraum zwischen 1991 und 2000 vergleichbare Zahlen ermittelt werden [25]. Allerdings muss kritisch angemerkt werden, dass sich die Anzahl der Anträge der Namens- und Personenstandsänderung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den letzten Jahren spürbar erhöht hat [26].

Merke

In klinischen Stichproben erleben erwachsene Personen mit einem männlichen Zuweisungsgeschlecht etwas häufiger eine Ambivalenz gegenüber dem Zuweisungsgeschlecht.


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Bevölkerungsstichproben

Betrachtet man die Häufigkeitsangaben aus großen Bevölkerungsstichproben, so finden sich deutlich höhere Prävalenzangaben. So empfinden 2,2–4,6 % der Männer und 1,9–3,2 % der Frauen eine gewisse Ambivalenz gegenüber dem eigenen Geschlecht, ohne dass dies jedoch zwangsläufig zur Inanspruchnahme von Leistungen des Gesundheitssystems geführt hat [27] [28].


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Metaanalysen

Eine internationale Metaanalyse, in die Daten aus 12 Studien eingeschlossen wurden, fand eine Gesamtprävalenz von 4,6 Personen mit der Diagnose Transsexualität auf 100 000 Einwohner, wobei sich ein Geschlechterverhältnis von 2,6 zu 1 (Mann zu Frau : Frau zu Mann) zeigte [22]. In einer weiteren aktuellen internationalen Metaanalyse, in der auch der unterschiedlichen Erhebungsmethode Rechnung getragen wurde, fand sich eine Prävalenz von 9,2 pro 100 000 Einwohnern bei Berücksichtigung hormoneller und/oder chirurgischer geschlechtsangleichender Therapien, eine Prävalenz von 6,8 pro 100 000 Einwohnern bei Berücksichtigung der Vergabe einer relevanten Diagnose sowie eine Häufigkeit von 351 pro 100 000 Einwohnern bei Berücksichtigung der Selbsteinschätzungen der Befragten [21].


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Differenzialdiagnosen und begleitende psychische Störungen

Begleitende psychische Störungen

Zunächst sollte festgestellt werden, ob die begleitende psychische Störung bereits vor dem Aufkommen des Ambivalenzempfindens gegenüber dem Zuweisungsgeschlecht bestanden hat oder als Reaktion auf dieses entstanden ist. Die häufigsten begleitenden psychischen Störungen sind dabei affektive und Angststörungen (bis zu 60 %) und Substanzmissbrauch (bis zu 30 %). Seltener treten auch begleitende Essstörungen, Zwangsstörungen oder Autismus-Spektrum-Störungen auf. Daneben findet sich auch häufiger selbstverletzendes Verhalten in nichtsuizidaler Absicht sowie Suizidgedanken und -absichten bei Personen mit Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie als bei anderen Personen [2] [6] [29].

Merke

Eine begleitende psychische Erkrankung stellt in keinem Fall eine absolute (aber teilweise eine relative) Kontraindikation für eine psychotherapeutische oder körpermodifizierende Behandlung dar.


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Differenzialdiagnosen

Es gibt einige wenige psychische Störungen, die besonderer differenzialdiagnostischer Erwägungen bedürfen. Löst sich das geschlechtsinkongruente Empfinden nach leitliniengerechter Behandlung der differenzialdiagnostisch in Betracht gezogenen psychischen Störung auf, sollte keine Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie diagnostiziert werden. Besteht die Geschlechtsinkongruenz fort, liegt eine begleitende psychische Erkrankung vor und es sollten beide Diagnosen gestellt und entsprechend behandelt werden [9].

Psychotische Störungen

Psychotische Störungen sollten zunächst einer Behandlung zugeführt werden und die psychotische Symptomatik sollte vollständig remittiert sein, bevor die Diagnose einer Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie gestellt wird. Persistieren die Symptome der Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie bei Remission der psychotischen Symptomatik, können Behandlungen zur medizinischen Transition erwogen werden [2].


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Dissoziative Störungen

Dissoziative Störungen mit verschiedengeschlechtlichen Ego-States sollten in den differenzialdiagnostischen Überlegungen sorgfältig berücksichtigt werden.

Merke

Eine Unterscheidung zwischen einer Geschlechtsinkongruenz und einer dissoziativen Störung gelingt nach ausführlicher Exploration in der Regel problemlos.

Eine Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie kann gleichzeitig und unabhängig von einer dissoziativen Störung bestehen [2].


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Borderline-Persönlichkeitsstörung

Patient/-innen mit einer emotional-instabilen Persönlichkeitsstörung vom Boderline-Typ empfinden teilweise eine Ambivalenz in engen Beziehungen sowie eine Instabilität des eigenen Selbst. Diese Symptome können sich vergleichbar den Symptomen einer Geschlechtsinkongruenz präsentieren. Eine Borderline-Persönlichkeitsstörung kann aber auch neben bzw. zusätzlich zu einer Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie existieren [2].


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Fetischistischer Transvestitismus

Nach der ICD-10 wird der fetischischtische Transvestitismus den Störungen der Sexualpräferenz (Synonym: Paraphilien) zugeordnet und wie folgt definiert: „Zur Erreichung sexueller Erregung wird Kleidung des anderen Geschlechts getragen, wodurch der Anschein erweckt wird, dass es sich um eine Person des anderen Geschlechts handelt“ [30]. Als Folge der ebenfalls erfolgten Entpathologisierung der Paraphilien mit der Einführung der ICD-11 wurde der fetischistische Transvestitismus als eigenständige Diagnose entfernt [15]. Das DSM-5 beschreibt jedoch, dass es nicht selten Personen gibt, bei denen eine Phase des Cross-Dressings, welches teilweise auch als sexuell erregend empfunden wird, dem eigentlichen Wunsch nach einer Transition vorausgeht [2] [17].


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Varianten der Geschlechtsentwicklung [31]

Bei intergeschlechtlichen Personen sollte eine eindeutige chirurgische Zuordnung zu einem männlichen oder weiblichen Geschlecht aufgrund der genetischen, anatomischen und hormonellen Konstitution bei Geburt nicht erfolgen. Letztlich stellen aber auch die Varianten der Geschlechtsentwicklung kein Ausschlusskriterium für die Diagnose einer Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie dar, sondern können wiederum auch unabhängig und neben einer Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie existieren. Zu den Varianten der Geschlechtsentwicklung zählen z.B. das Turner-Syndrom (45,X) oder das Klinefelter-Syndrom (45,XXY).

Praxistipp

Aufgrund der genetischen Konstitution sollte bei intergeschlechtlichen Personen bei Geburt keine chirurgische Zuordnung zu einem männlichen oder weiblichen Geschlecht erfolgen. Auch rechtlich kann die Zuordnung zunächst offengehalten werden.

Merke

Differenzialdiagnostisch sollten insbesondere psychotische Erkrankungen, dissoziative Störungen und Varianten der Geschlechtsentwicklung (früher Intersexualität) berücksichtigt werden.


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Behandlung von trans Personen

Allgemeine Grundsätze

Die Behandlung der Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie gestaltet sich im Allgemeinen multidisziplinär und steht auf 2 Säulen:

  • Psychotherapie und

  • somatische, körpermodifizierende Maßnahmen.

Es sollte ein partizipativer Ansatz bei der Auswahl der genutzten Therapiemethoden oder -verfahren erfolgen. Durch den Bundesverband Trans* (BVT*) wurde in diesem Zusammenhang bei der Leitliniengestaltung der Einwand geäußert, dass die partizipative Entscheidungsfindung als empfohlene Vorgehensweise bisher unzureichend das Machtgefälle zwischen den Behandler/-innen und den behandlungssuchenden Personen berücksichtige. Dem BVT* zufolge sollte in Situationen, in denen keine Übereinkunft zwischen den Behandlungssuchenden und den Behandelnden erreicht werden kann, die Entscheidung über die Behandlung ausschließlich bei der betreffenden trans Person selbst liegen [2]. Hieraus können sich allerdings medizinethische Dilemmata ergeben, wenn z. B. die Selbstbestimmung der behandlungssuchenden Person im Konflikt mit einer Kontraindikation für eine Behandlung steht (besonders schwerwiegend im Zusammenhang mit irreversiblen Eingriffen) oder aber andere Gründe dagegen sprechen, dass nach bestem Wissen und Gewissen und Stand der Wissenschaft eine Indikation gestellt wird. Letztlich haben sich daher die an der Leitlinienentwicklung beteiligten Fachgesellschaften und Berufsverbände dafür ausgesprochen, dass die Indikationsstellung weiterhin durch die behandelnden Fachkräfte erfolgen soll.

Merke

Die Auswahl des geeigneten Therapieverfahrens sollte sich an dem Prinzip der partizipativen Entscheidungsfindung orientieren.


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Kompetenzen des Behandlers

Die aktuelle S3-Leitlinie definiert fachliche Voraussetzungen und Kompetenzen, die Personen mitbringen sollten, die therapeutisch mit trans Personen arbeiten. Hierzu zählen:

  • spezifisches und ausreichendes Wissen im Hinblick auf die Terminologie sowie die wissenschaftlich fundierten Informationsquellen und Beratungskonzepte

  • Schulung bez. der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und ihrer Implikationen, insbesondere zur Förderung einer realistischen Einschätzung der Möglichkeiten und Grenzen der unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten

  • ausreichendes Wissen über die Anforderungen der post-operativen Rehabilitation [9]

Darüber hinaus kann das Vorliegen folgender Kompetenzen gefordert werden:

  • ein Masterabschluss (oder ein vergleichbarer Abschluss) in den klinischen Verhaltenswissenschaften, z. B. Psychologie, Medizin

  • Kenntnisse bezüglich der sexuellen Gesundheit und sexueller Störungen im Allgemeinen

  • ausreichendes Wissen über die Anwendung des DSM und/oder der ICD, insbesondere in Bezug auf die Symptome einer Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie

  • Fähigkeiten zusätzlich zur Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie auftretende psychische Symptome zu diagnostizieren, abzugrenzen und behandeln zu können

  • Kenntnisse über den nationalen rechtlichen Kontext, in dem sich trans Personen bewegen oder mit dem trans Personen konfrontiert sind [10]

Merke

Ziel der Behandlung kann die Begleitung einer gelungenen Transition sein oder die Reduktion von Leiden, wenn keine Transition angestrebt wird.


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Therapeutische Haltung und Behandlungsziele

Die therapeutische Haltung des Behandelnden sollte von Respekt und Akzeptanz gekennzeichnet sein und der/die Therapeut/-in sollte die Vielfalt der geschlechtlichen Identitäten akzeptieren und anerkennen, auch und insbesondere abseits der Zweigeschlechtlichkeit [9]. Der/die Behandler/-in sollte sich darüber im Klaren sein, dass eine Geschlechtsinkongruenz/Geschlechtsdysphorie nicht mehr als Erkrankung angesehen wird, sodass im Rahmen therapeutischer Maßnahmen nicht von „Heilung“ gesprochen werden sollte. Übergeordnete Ziele der Behandlung könnten folgende sein [1] [2]:

  • der Abbau der individuell erlebten Geschlechtsinkongruenz und des daraus möglicherweise erwachsenden Leidens bzw. die Prävention eines möglicherweise noch entstehenden Leidens

  • Unterstützung der Integration der individuellen Geschlechtsidentität der behandlungssuchenden Person in einer durch 2 normative Geschlechter dominierten sozialen Umgebung

  • Förderung der Selbstbestimmung der trans Person bezüglich der Inanspruchnahme möglicher psychotherapeutischer oder somatomedizinischer Verfahren

  • die Begleitung einer gelungenen Transition, falls diese gewünscht wird

Merke

Die Behandlung von trans Personen steht auf 2 wesentlichen Säulen: Psychotherapie und körpermodifizierende Behandlungen.

Fallbeispiel

Akzeptanz, Aufklärung und der Wunsch nach Transition

Herr M. entdeckt an einer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie eine Ambulanz für Transgender-Gesundheit und stellt sich dort vor. Während des Erstgesprächs wird eine ausführliche biografische, soziale und Sexualanamnese erhoben. Herr M. spürt ein tiefgehendes Verständnis seitens des Therapeuten – eine Erfahrung, die er bisher so noch nicht gemacht hat. Nach Abschluss des Erstgesprächs stellt der behandelnde Psychiater die Diagnose Transsexualismus (ICD-10 F64.0) sowie die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung (ICD-10 F33.2) und eines schädlichen Gebrauchs von Alkohol (ICD-10 F10.1). In den folgenden Therapiegesprächen erfährt Herr M. viel über die Symptome der Geschlechtsinkongruenz sowie die Behandlungsmöglichkeiten. Insbesondere die Aufklärung darüber, dass die Geschlechtsinkongruenz an sich keine psychische Störung darstellt, hat eine deutlich entlastende Funktion. In den nächsten Monaten führt Herr M. die Psychotherapie fort. Zentrale Punkte der Psychotherapie sind seine ihn störende Körper- und Gesichtsbehaarung und seine männliche Stimme sowie die mittlerweile zahlreichen Zurückweisungen durch ihm wichtige Vertrauenspersonen. Durch die Unterstützung, die Herr M. in der Psychotherapie erfährt, gelingt es ihm in den nächsten Jahren, offen seinen Wunsch nach einer Transition zu verfolgen und dies auch seinem sozialen Umfeld mitzuteilen, das überwiegend positiv reagiert. Seitdem wird sie von ihrem Umfeld mit Frau M. angesprochen. Auch ihren Alkoholkonsum kann Frau M. deutlich reduzieren.


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Psychotherapie

Viele trans Personen suchen nach psychotherapeutischer Unterstützung, ohne dass sie bisher in der von ihnen erlebten Geschlechtsidentität durch ihr soziales Umfeld akzeptiert wurden. Der Wechsel der Geschlechtsrolle kann tiefe persönliche und soziale Folgen nach sich ziehen und einen bedeutenden Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden sowie die Zufriedenheit mit zwischenmenschlichen Beziehungen der trans Person haben. Daher kann eine psychotherapeutische Begleitbehandlung helfen, die Auswirkungen eines Coming-out und eines Going-public zu erkunden und zu antizipieren und negative aber auch positive Erfahrungen zu reflektieren und zu bearbeiten [2]. Zu Beginn des psychotherapeutischen Prozesses sollten zur Förderung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit diskriminierende Erfahrungen im und mit dem Gesundheitssystem erfragt werden. Dadurch können bestehende Ängste und Vorbehalte möglichst frühzeitig aufgelöst werden [2] [6].

In der psychotherapeutischen Begleitbehandlung von trans Personen sollte bereits während des Erstkontaktes offen die geschlechtliche Selbstbeschreibung besprochen und erfragt werden, z. B. mit welchem Namen und Pronomen die trans Person angesprochen werden möchte. Hierbei sollte sich der/die Behandler/-in auch auf eine gänzliche Ablehnung der Verwendung geschlechtsspezifischer Pronomina durch die behandlungssuchende Person einstellen. Dies kann aufseiten der Therapeut/-innen zu Verwirrung führen, insbesondere wenn ein Widerspruch zwischen der subjektiven Wahrnehmung des Geschlechts der trans Person durch die Therapeut/-innen sowie deren Selbstbeschreibung besteht. Wichtig ist hier die fortlaufende Selbstreflexion des/der Therapeut/in, die die Auflösung der entstandenen Verwirrung in der Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Zweigeschlechtlichkeit unterstützen kann [2].

Merke

Die Frage nach der Art der Ansprache (Namen und Pronomen) sollte bereits beim Erstkontakt geklärt werden.

Inhalte der Psychotherapie

Zentraler Punkt zu Beginn der Psychotherapie sollte die Erfassung des individuellen Bedarfs der trans Person nach psychotherapeutischer Begleitbehandlung sein. Nicht jede trans Person wünscht sich eine psychotherapeutische Begleitbehandlung. Teilweise reicht zunächst auch eine Beratung über die Vielfalt der Geschlechtsidentitäten sowie über die verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten aus [2].

Sollte sich eine behandlungssuchende trans Person eine psychotherapeutische Behandlung wünschen, so dient diese u. a. der Begleitung der Transition und der Bearbeitung möglicher diskriminierender Erfahrungen vor, während oder nach der Transition. Bei Bedarf und entsprechender Behandlungsvereinbarung können in der Psychotherapie natürlich auch andere Inhalte bearbeitet werden, insbesondere, wenn von der behandlungssuchenden Person keine Transition angestrebt wird.

Folgende Ziele könnte eine Psychotherapie hierbei verfolgen, wobei diese stets in Anbetracht der Bedürfnisse der individuellen Person und in enger Rücksprache mit dieser definiert und ausgewählt werden sollten [2]:

  • Förderung der Selbstakzeptanz, des Selbstwertgefühls und der Selbstsicherheit in Bezug auf die eigene Geschlechtsidentität

  • Unterstützung in der Identitätsentwicklung

  • Selbstbehauptung der eigenen Identität gegenüber dem sozialen Umfeld

  • Reflexion und Bearbeitung möglicher Erfahrungen und Konflikte in unterschiedlich empfundenen Geschlechtsrollen

  • Unterstützung des Coming-out-Prozesses und Bearbeitung der Auswirkungen der Reaktionen anderer auf das Coming-out

  • Unterstützung bei familiären oder partnerschaftlichen Problemen

  • Bearbeitung diskriminierender Reaktionen des näheren und weiteren sozialen Umfelds im Sinne des Minoritätenstressmodells (= „Theoriemodell, das Diskriminierungserfahrungen und Wohlbefinden bei gesellschaftlichen Minoritäten miteinander verknüpft“) [32]

  • Unterstützung bei der Entscheidung über körpermodifizierende Behandlungen sowie Unterstützung nach körpermodifizierenden Behandlungen

  • Unterstützung bei andauernder Geschlechtsdysphorie trotz möglicher körpermodifizierender Behandlungen


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Integration von Vertrauenspersonen in die Psychotherapie

Auch eine familientherapeutische Begleitung und die Unterstützung von Familienmitgliedern oder anderen wichtigen Bezugspersonen kann in den psychotherapeutischen Prozess integriert werden. Mit den trans Personen kann in diesem Zusammenhang beispielsweise eine für alle Seiten zufriedenstellende Kommunikation über die eigene Geschlechtsidentität und mögliche Behandlungsentscheidungen erarbeitet werden [2]. Besteht Bedarf, können aber auch die Zweifel und Bedenken der Angehörigen in einem familientherapeutischen Vorgehen bearbeitet werden. Gerade bei Paaren kann auch eine Paartherapie helfen.

Merke

Mit der behandlungssuchenden Person sollte besprochen werden, ob Familienmitglieder oder Vertrauenspersonen in die Psychotherapie eingebunden werden.


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Körpermodifizierende Maßnahmen

Auch die Empfehlung für oder gegen bestimmte körpermodifizierende Behandlungen sollte sich bei Indikation an den Erfordernissen für die behandlungssuchende Person ausrichten, um möglichst das bestehende oder antizipierte Leiden zu mindern. Basierend auf aktuellen Übersichtsarbeiten kann festgestellt werden, dass sich das Kongruenzgefühl, die Lebensqualität sowie die Zufriedenheit mit der eigenen Sexualität nach köpermodifizierenden Behandlungen meist, aber nicht immer erhöht [2] [33] [34].

Merke

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten körpermodifizierender Maßnahmen, die sich im Ausmaß ihrer Invasivität unterscheiden.

Dermatologische Behandlungen

Dermatologische Behandlungsformen wie die Epilation der Gesichts-, Brust- und Extremitätenbehaarung sollten bereits zu Beginn der Transition empfohlen werden [2]. Insbesondere die Epilation der Gesichtsbehaarung stellt bei trans Personen mit einem männlichen Zuweisungsgeschlecht eine wichtige Maßnahme zur Reduktion der empfundenen Geschlechtsinkongruenz dar.


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Endokrinologische Behandlungen

Die endokrinologische Behandlung sollte, wenn von der behandlungssuchenden Person gewünscht, ebenfalls bereits zu Beginn der Transition eingeleitet werden. Bei trans Personen mit einem männlichen Zuweisungsgeschlecht findet eine medikamentöse Androgensuppression und Östrogensubstitution statt, während bei trans Personen mit einem weiblichen Zuweisungsgeschlecht eine medikamentöse Testosteronsubstitution und Östrogensuppression durchgeführt wird.

Nebenwirkungen

Zu beachten sind die teilweise schwerwiegenden Nebenwirkungen endokrinologischer Behandlungsformen, wie thrombembolische Ereignisse, Veränderungen des Blutbildes, Abnahme der Knochendichte, kardiovaskuläre Erkrankungen oder depressive Störungen.

Werden die eingesetzten Präparate im Rahmen einer fachärztlichen Behandlung verschrieben und sind weitere gesundheitsschädliche Einflussfaktoren wie Hypertonus, Nikotinabusus, Übergewicht, ungenügende körperliche Betätigung etc. gut eingestellt oder nicht vorhanden, dann ist das Risiko potenziell gefährlicher Nebenwirkungen aber als gering anzusehen.

Cave

Aufgrund der bestehenden Hürden, die den Zugang zum Gesundheitssystem für trans Personen erschweren, werden Hormonpräparate häufig nicht unter ärztlicher Aufsicht eingenommen [2].


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Chirurgische Therapie

Die chirurgischen Behandlungsmethoden sind vielfältig und reichen von der Reduktion des Adamsapfels oder der chirurgischen Modifikation der Stimmhöhe bis hin zur Entfernung bzw. Rekonstruktion der Geschlechtsorgane des bei Geburt zugewiesenen Geschlechts und dem Aufbau der Geschlechtsorgane des gelebten Geschlechts. Hierbei sind alle von den Leitlinien empfohlenen chirurgischen Behandlungsoptionen in der Lage, das Inkongruenzempfinden bei einem Großteil der Behandlungssuchenden zu reduzieren [1] [2].

Praxistipp

Den Behandlungssuchenden sollten die zur Verfügung stehenden Behandlungsmöglichkeiten erläutert und bei bestehendem Wunsch nach einer spezifischen Therapieoption sowie einer zu erwartenden Reduktion des Inkongruenzempfindens nach Abschluss der Behandlung diese auch ermöglicht werden. Vorausgesetzt es bestehen keine Kontraindikationen.


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Behandlung begleitender psychischer Störungen

Wichtig ist hierbei zunächst zu identifizieren, in welchem Verhältnis die begleitenden psychischen Störungen zur Geschlechtsinkongruenz stehen. Besteht die psychische Störung unabhängig von der Geschlechtsinkongruenz oder ist sie als Reaktion auf das Inkongruenzerleben oder eine mögliche erlebte Diskriminierung aufgetreten. Reaktive komorbide psychische Störungen finden sich hierbei häufiger, was impliziert, dass durch eine Reduktion des Inkongruenzerlebens durch eine entsprechende psycho- oder somatomedizinische Behandlung auch ein Rückgang der Symptome der begleitenden psychischen Störungen zu erwarten ist [9]. Handelt es sich um psychische Störungen, die neben und unabhängig von der Geschlechtsinkongruenz bestehen, sollte leitliniengerechte und störungsspezifische Psycho- und Pharmakotherapie stattfinden [2].


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Nachsorge körpermodifizierender Behandlungen

Vor der Durchführung körpermodifizierender Maßnahmen sollten alle behandlungssuchenden Personen ausführlich nicht nur über mögliche Nebenwirkungen der Therapie, sondern auch über mögliche (z. B. postoperative) Anpassungsschwierigkeiten aufgeklärt werden.

Merke

Während und nach der köpermodifizierenden Behandlung sollte eine regelmäßige therapeutische Begleitung stattfinden.

Nicht immer führen körpermodifizierende Behandlungen zu der gewünschten Reduktion des Inkongruenzerlebens, und es werden auch Fälle beschrieben, in denen eine körpermodifizierende Behandlung bedauert oder bereut wurde [2] [35].

Zur Risikoreduktion einer möglichen Unzufriedenheit nach körpermodifizierenden Maßnahmen hat sich eine psychotherapeutische Nachsorge bewährt. Aber auch in diesem Zusammenhang gilt es das Selbstbestimmungsrecht der behandlungssuchenden Personen zu berücksichtigen, d. h. eine psychotherapeutische Nachsorge sollte den behandlungssuchenden Personen zwar angeboten, aber nur bei einem bestehenden Behandlungswunsch auch weiterverfolgt werden.

Die psychotherapeutische Nachsorge sollte hierbei möglichst ergebnisoffen gestaltet werden und sich auch gegenüber einem im Verlauf geänderten Geschlechtsempfinden bis hin zu dem Wunsch nach einer Re-Transition nicht verschließen. Die Häufigkeit des Wunsches nach einer Re-Transition ist aber eher selten und liegt bei 1–4 % [36] [37].

Das Risiko einer angestrebten Re-Transition nach körpermodifizierenden Maßnahmen ist erhöht bei Vorliegen von schweren begleitenden psychischen Störungen, schlechten chirurgischen Resultaten, bei einem Beginn der Transition im mittleren Erwachsenenalter, fehlenden Alltagserfahrungen, einem fehlenden Reflexionsraum zur Äußerung von Ambivalenzen und Unsicherheiten und einer ungenügenden Unterstützung durch das soziale Umfeld [2].


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Rechtliche Rahmenbedingungen

Namens- und Personenstandsänderung

Zur Transition von trans Personen gehört auch eine eventuelle Namens- und Personenstandsänderung. Diese wurden zunächst durch das im Jahr 1980 erlassene Transsexuellengesetz (TSG) geregelt. Seit mehreren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in den Jahren 2008 und 2011 gelten nach dem TSG mittlerweile für die Vornamens- und Personenstandsänderungen die gleichen Voraussetzungen: Die trans Person darf sich seit mindestens 3 Jahren nicht mehr dem ursprünglichen Geschlecht angehörig fühlen und diese Zugehörigkeit wird sich voraussichtlich auch nicht mehr ändern.

Merke

Mittlerweile regelt der § 45b des Personenstandsgesetzes (PStG) die Vornamens- und Personenstandsänderung.

Nach der aktuellen Fassung des § 45b PStG können Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere Bezeichnung ersetzt oder gänzlich gestrichen werden soll. Mit der Erklärung der Änderung des Personenstandseintrags können auch neue Vornamen bestimmt werden. Durch eine Bescheinigung „approbierter Medizinalpersonen“ (Wortlaut § 45b PStG) muss nachgewiesen werden, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Liegt eine solche Bescheinigung nicht vor, kann die antragsstellende Person an Eides statt versichern, dass eine Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Mittlerweile orientiert sich auch die Namens- und Personenstandsänderung bei trans Personen an dem § 45b PStG.

Fallbeispiel

Die Transition

Im Alter von 47 Jahren entscheidet sich Frau M. in enger Rücksprache mit ihrem behandelnden Psychiater und Psychotherapeuten für die Einleitung einer hormonellen Behandlung mit einem Testosteron-Antagonisten sowie einem Östrogenpräparat. Die medikamentöse Therapie führt bereits nach wenigen Monaten zu dem angestrebten Brustwachstum. Durch eine Epilationsbehandlung konnte Frau M. außerdem ihre Gesichts- und Körperbehaarung dauerhaft entfernen lassen. Durch regelmäßige logopädische Behandlungen gelang es Frau M. außerdem, ihre Stimmlage deutlich zu erhöhen. Weiterführende chirurgische Maßnahmen lehnte sie aufgrund der möglichen Risiken ab. Durch die Einbindung ihrer engsten Vertrauenspersonen in die Psychotherapie lernte auch ihr Umfeld und insbesondere die Kinder, den „Vater“ in ihrer neuen Geschlechtsrolle zu akzeptieren. Nachdem in 2 unabhängigen Sachverständigengutachten festgestellt wurde, dass sich das Zugehörigkeitsempfinden der Frau M. mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird, ließ sie zunächst ihren Vornamen und kurze Zeit später auch ihren Personenstand ändern, sodass sie nun auch die rechtliche Anerkennung als Frau erreichte. Seit Kurzem lebt Frau M. nun in einer neuen festen Partnerschaft mit einer Frau und sie ist erstmals seit langer Zeit wieder glücklich.


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Abschließende Bemerkungen

In den letzten 2 Jahrzehnten hat sowohl rechtlich als auch psychotherapeutisch-medizinisch ein Paradigmenwechsel in der Stellung und Versorgung von trans Personen stattgefunden [6]. Einige bedeutende Positionswandel, die auch in dem vorliegenden Beitrag dargestellt wurden, sind Folgende:

  • Die Geschlechtsinkongruenz wird nicht mehr als psychische Erkrankung angesehen.

  • Geschlechtlichkeit ist kein binäres Konstrukt.

  • Ziel der multidisziplinären Behandlung ist, das Leiden unter der Geschlechtsinkongruenz zu reduzieren oder die Prävention des Aufkommens von Leiden.

  • Der Selbstbestimmung der trans Person ist besonders Rechnung zu tragen und es sollte versucht werden, eine partizipative Entscheidungsfindung über mögliche therapeutische Maßnahmen zu erreichen.

Weitere positive zu erwartende Änderungen sind die offizielle Einführung der ICD-11 in Deutschland sowie eine weitere Verbreitung und Anerkennung der neu entwickelten S3-Leitlinien zur Trans-Gesundheit durch das Gesundheitssystem. Die fortgesetzte klinische, wissenschaftliche und zwischenmenschliche Auseinandersetzung mit dem individuellen Versorgungsbedarf von trans Personen stellt eine Voraussetzung für eine weitere Optimierung der derzeitigen Versorgungsituation von trans Personen dar.

Kernaussagen
  • Mit der Einführung der ICD-11 wurde eine Entpathologisierung und Entstigmatisierung von trans Personen angestrebt. Die traditionelle Zweiteilung des Geschlechts in männlich und weiblich wurde verlassen und es wurde die Vielfalt der geschlechtlichen Identitäten anerkannt.

  • Der diagnostische Prozess sollte psychische, körperliche, soziale und kulturelle Aspekte berücksichtigen. Vor der Diagnosestellung sollte ausreichende diagnostische Sicherheit bestehen. Dennoch sollte angestrebt werden, durch die Diagnosestellung den Beginn einer Therapie nicht unnötig zu verzögern. Eine ausführliche Anamnese ist der zentrale Punkt des diagnostischen Prozesses.

  • Begleitende psychische Störungen (am häufigsten affektive und Angststörungen) finden sich bei bis zu 60 % der trans Personen. Diese entstehen teilweise reaktiv zur Geschlechtsinkongruenz.

  • Die Geschlechtsinkongruenz/-dysphorie stellt keine psychische Erkrankung dar, sodass im Rahmen therapeutischer Maßnahmen nicht von „Heilung“ gesprochen werden sollte. Übergeordnete Ziele sind eine Reduktion bzw. die Prävention von Leiden, die Begleitung der Transition (falls angestrebt) und die Förderung der Selbstbestimmung der behandlungssuchenden trans Person.

  • Die therapeutische Haltung ist gekennzeichnet durch Respekt und Akzeptanz und der Therapeut/die Therapeutin sollte die Vielfalt der geschlechtlichen Identitäten akzeptieren und anerkennen.

  • Ist zu erwarten, dass körpermodifizierende Behandlungen im individuellen Fall zur Reduktion eines Leidens führen, sollten diese der behandlungssuchenden Person auch angeboten werden. Es sollte versucht werden, eine partizipative Entscheidungsfindung über mögliche therapeutische Maßnahmen zu erreichen.


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Autorinnen/Autoren


Daniel Turner

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Dr. rer. biol. hum., Dr. med. Daniel Turner ist Diplom-Psychologe und seit 2016 Assistenzarzt an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz. Zuvor war er seit 2011 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie tätig. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die Diagnostik und Behandlung sexueller Störungen sowie die Ätiologie und Prävention sexuellen Missbrauchs.


Peer Briken

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Prof. Dr. med. Peer Briken ist Sexualwissenschaftler, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Forensische Psychiatrie und Sexualmedizin. Peer Briken ist seit 2010 Direktor des Instituts für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie sowie stellvertretender ärztlicher Leiter des Zentrums für Psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Seit 2016 ist Prof. Briken Mitglied der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs.


Timo Ole Nieder

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Dr. phil. Timo Ole Nieder ist Psychologischer Psychotherapeut und Sexualtherapeut. Er leitet die Spezialambulanz für Sexuelle Gesundheit und Transgender-Versorgung am Institut für Sexualforschung, Sexualmedizin und Forensische Psychiatrie und ist stellv. Sprecher des Interdisziplinären Transgender Versorgungscentrum Hamburg, beides Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf. Er ist (Co-)Koordinator der AWMF-S3-Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit“. Er ist Vorstandsmitglied der European Professional Association for Transgender Health (EPATH).

Interessenkonflikt

Erklärung zu finanziellen Interessen

Forschungsförderung erhalten: nein; Honorar/geldwerten Vorteil für Referententätigkeit erhalten: nein; Bezahlter Berater/interner Schulungsreferent/Gehaltsempfänger: nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Nicht-Sponsor der Veranstaltung): nein; Patent/Geschäftsanteile/Aktien (Autor/Partner, Ehepartner, Kinder) an Firma (Sponsor der Veranstaltung): nein.

Erklärung zu nichtfinanziellen Interessen

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Dr. rer. biol. hum., Dr. med. Daniel Turner, Dipl.-Psych., Assistenzarzt
Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Untere Zahlbacher Str. 8
D-55131 Mainz

Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
06. Juli 2020

© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York

  • Literatur

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