Arzneimitteltherapie bei älteren Patienten ist die Regel, nicht die Ausnahme: Die
überwiegende Zahl an Medikamenten wird von Menschen eingenommen, die über 65 Jahre
alt sind. In Untersuchungen in Krankenhausnotaufnahmen zum Aufnahmegrund war das durchschnittliche
Alter von Patienten, die aufgrund einer Arzneimittelnebenwirkung die Notaufnahme aufgesucht
hatten, 75 Jahre, und es wurden im Mittel 7 Arzneimittel gleichzeitig täglich eingenommen.
Wenn ältere Patienten auch die Hauptkundengruppe in den Apotheken darstellen, ist
die Frage, ob wir genug über die Sicherheit der Arzneimitteltherapie bei ihnen wissen,
durchaus berechtigt.
In der Zulassung und klinischen Arzneimittelentwicklung werden nach wie vor hauptsächlich
Patienten unter 65 Jahren untersucht, und der höhere Grad an Off-label-Gebrauch bei
älteren Patienten, wie auch die vermehrt bei Polypharmazie auftretenden Arzneimittelwechselwirkungen,
tragen dazu bei, dass im Alter erhöhte Nebenwirkungsrisiken bestehen.
Zwar wissen wir einiges über die geänderte Pharmakologie im Alter, jedoch sind wir
noch nicht in der Lage, die Sicherheit von Arzneimitteltherapien genau einzuschätzen
oder individuell vorherzusagen, was die hohe Anzahl an unerwünschten Arzneimittelwirkungen
(UAW) von 6,5% der Krankenhausnotaufnahmen verdeutlichen mag. Die Ursachen für UAW
im Alter sind vielfältig und zum einen durch das besondere Vulnerabilitätsprofil bedingt,
zum anderen durch die pharmakokinetischen Eigenschaften und Wechselwirkungen zwischen
den Substanzen, die im Alter, bedingt durch die veränderte Physiologie des Menschen
unterschiedlich ausfallen. Analysen von UAW aus unseren Studien illustrieren dies.
Gerade im Zeitalter der digitalen Daten und Dokumentationsmöglichkeiten sollte die
Datengenerierung aus klinischer Forschung und Versorgung eine breitere Evidenzbasis
schaffen, sodass wir in Zukunft genug über Arzneimittelsicherheit im Alter wissen,
um die Arzneimitteltherapie bei älteren Patienten individuell gestalten zu können.