Laut Arzneiverordnungsreport erhalten Menschen aus der Altersgruppe der über 65-Jährigen
im Schnitt pro Quartal 4,6 verschiedene Wirkstoffe verordnet.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) treten häufiger auf in dieser Altersgruppe
aufgrund von zunehmender Beeinträchtigung von Pharmakokinetik und Pharmakodynamik.
Wirkstoffe mit einem besonders hohen UAW-Risiko bei älteren Menschen werden als für
diese Bevölkerungsgruppe potenziell inadäquate Medikation (PIM) bezeichnet. Diese
Liste wurde zunächst in den USA veröffentlicht. In Deutschland erschien 2010 erstmals
die daran angelehnte sogenannte PRISCUS-Liste (Holt S et al., 2010: Potenziell inadäquate
Medikation für ältere Menschen: Die PRISCUS-Liste. Dtsch Arztebl 107: 543 – 551),
die diese Medikamente aufzählt, und einen Überblick über mögliche Nebenwirkungen gibt.
Kognitive Störungen sowie Delir sind die am häufigsten aufgeführten Nebenwirkungen,
die zur Aufnahme in die PRISCUS-Liste führten. Blutungsrisiken, aber auch Depression
und Parkinsonsyndrome sind ebenfalls sehr häufige Nebenwirkungen.
In diesem Beitrag werden nach kurzer Übersicht über die pathophysiologischen Veränderungen,
die bei demenziellen Erkrankungen, Delir, Depression und Parkinson-Syndromen auftreten,
die Arzneimittelgruppen genannt, die diese Veränderungen imitieren bzw. verstärken
können.
Dazu gehören die anticholinerge Wirkung und die Verstärkung der GABA-ergen Hemmung
der häufigen Demenz-auslösenden oder -verstärkenden Medikamente. Zu nennen sind hier
u. a. Antidepressiva (z. B. Trizyklika), Sedativa und Hypnotika (v. a. Benzodiazepine
und die sog. Z-Substanzen), Analgetika (v. a. Opioide und NSAR) sowie Anticholinergika
(z. B. Urolytika).
Bei häufigen Delir-auslösenden oder -verstärkenden Medikamenten liegt eine Interferenz
mit Neurotransmittersystemen und hormonalen Systemen des ZNS sowie des Wasser- u.
Elektrolythaushalts des ZNS zugrunde. Zu nennen sind hier u. a. die o. g. Antidepressiva,
Lithium, Antiparkinsonmittel, o. g. Analgetika, Anticholinergika u. Sedativa; weiter
Antihypertensiva mit zentraler Wirkung und Corticosteroide.
Depressions-auslösende oder -verstärkende Medikamente entfalten ihre negative Wirkung
über eine Interferenz mit dopaminergen oder serotonergen Neurotransmittersystemen.
Hier sind auslösende Substanzen z. B. o. g. Sedativa und Hypnotika, Antihypertensiva
wie das Reserpin, Antibiotika (insbesondere die Gyrasehemmer) sowie Antikonvulsiva
wie das Topiramat.
Ein medikamentöses Parkinsonoid wird erzeugt durch das Leeren der dopaminergen Speicher
oder Dopamin-Rezeptor-Blocker, so z. B. Neuroleptika (typische mehr als „atpische“)
sowie Antiemetika.