Kilic D.
et al.
Epidemiologic Characteristics of Patients Admitted to Emergency Department with Dermatological
Complaints; a Retrospective Cross sectional Study.
Arch Acad Emerg Med 2019;
7: e47
Auch wenn eine akute Gefährdung selten ist, sollte jeder in der allgemeinen Ambulanz
tätige Arzt dermatologische Notfälle erkennen, meinen die Autoren. Erkrankungen wie
u. a. das DRESS-Syndrom, Angioödeme und die nekrotisierende Fasziitis können rasch
protrahierende Verläufe aufweisen und umgehende Interventionen erfordern. Aber auch
die weniger kompliziert Erkrankten tauchen als Notfälle auf. Die Studie erfasste über
einen Zeitraum von 6 Monaten alle Patienten, die sich wegen dermatologischer Beschwerden
in der allgemeinen Notfallambulanz der türkischen Universitätsklinik vorstellten.
Ausschlusskriterien waren infektiöse Hauterkrankungen und ein Lebensalter < 18 Jahre.
Von insgesamt 50 622 Patienten kamen 958 wegen dermatologischer Symptome (1,89 %).
Die Daten von 859 Erkrankten flossen in die Analyse ein. Das Durchschnittsalter betrug
39,03 Jahre, und 511 Personen waren Frauen (59,5 %). Die häufigste Problematik war
ein erythematöser Hautausschlag mit Pruritus (50,9 %). Bei den abschließenden Diagnosen
überwogen die Urtikaria und medikamentenassoziierte Hautausschläge. Die meisten Patienten
stellten sich zwischen 8:00 und 16:59 Uhr vor. 86 % der Konsultationen durch Fachärzte
erfolgten zwischen 8:00 und 23:59 Uhr. Am häufigsten kamen dermatologische Notfälle
im Frühsommer vor (Mai 20,8 % und Juni 17,7 %). Ganz überwiegend verließen die Patienten
die Ambulanz nach einer Beratung durch den primär Diensthabenden und mit einem Rezept.
Nur 6,4 % wurden zusätzlich einem Dermatologen, Allergologen oder z. B. Hals-Nasen-Ohrenarzt
vorgestellt. Stationäre Aufnahmen waren häufiger, wenn eine fachärztliche Beurteilung
erfolgt war (34,5 % vs. 2,2 %). 6,8 % der Patienten kamen aus anderen Krankenhäusern.
Verglichen mit der Urtikaria waren Angioödeme und Anaphylaxie signifikant häufiger
mit Konsultationen und Hospitalisationen assoziiert (p = 0,025 und p = 0,004). Von
den Patienten ohne fachärztliche Weiterbetreuung nahmen nur 15,2 % eine Kontrolluntersuchung
in der dermatologischen Ambulanz der Klinik wahr. 55 Patienten suchten die Notaufnahme
innerhalb von 5 Tagen erneut auf, davon 7 Patienten 2-mal und jeweils 1 Patient 3-
und 4-mal.
Warum suchen Patienten mit nicht bedrohlichen Hauterkrankungen lieber einen Notarzt
als den niedergelassenen Spezialisten auf? Kilic et al. nehmen hauptsächlich praktische
Gründe an: zentrale Versorgung und keine Verzögerungen. Die regionalen Wartezeiten
für einen Hautarzttermin lägen zwischen 1 Woche und 3 Monaten. Der inadäquaten Nutzung
allgemeiner Notfallambulanzen soll eine „Kanalisierung“ entgegenwirken, von der sich
die Autoren wenig versprechen. Deshalb sei es wichtig, sowohl schwere als auch weniger
gefährliche Hauterkrankungen stärker in die Curricula für Notärzte zu implementieren.
Dr. med. Susanne Krome, Melle