Schlüsselwörter
Diffusionsbildgebung - ADC-Wert - Abdomen
Key words
diffusion-weighted MR imaging - apparent diffusion coefficient - abdomen
Einleitung
Das Prinzip der diffusionsgewichteten MRT (engl. „diffusion-weighted MR imaging“;
DWI) wurde bereits in den 1950er- und 1960er-Jahren von Carr und Purcell sowie von
Stejskal und Tanner beschrieben und hat sich in der Neuroradiologie seit der Beschreibung
der „Intravoxel-incoherent-Motion“-Technik durch Le Bihan und Mitarbeiter im Jahr
1988 als Standardsequenz, insbesondere in der Diagnostik des akuten Schlaganfalls,
etabliert. Weil die DWI stark artefaktanfällig ist, Bewegungsartefakte beim Hirngewebe
aber kaum eine Rolle spielen und dort zusätzlich ein hohes Signal-zu-Rausch-Verhältnis
(SNR) vorliegt, war die DWI zunächst auf die Diagnostik zerebraler Erkrankungen beschränkt.
Physiologische Bewegungsartefakte, hervorgerufen etwa durch die Motilität des Darms,
kardiale Pulsationen oder die Atmung, verhinderten über viele Jahre den Einsatz der
DWI in weiten Bereichen des menschlichen Körpers. Erst in der jüngeren Vergangenheit
erlauben die technischen Weiterentwicklungen der
MRT – z. B. die Einführung der echoplanaren Bildgebung, die Verwendung von Mehrkanalkörperspulen
oder die Entwicklung von Techniken der parallelen Bildgebung – die Akquisition vergleichsweise
artefaktarmer, qualitativ hochwertiger, diffusionsgewichteter Bilder des Abdomens.
Merke
Diffusionsgewichtete Aufnahmen dürfen nie isoliert betrachtet werden, sondern sind
immer in Zusammenschau mit den morphologischen Standardsequenzen zu interpretieren.
Technische Grundlagen der DWI des Abdomens
Technische Grundlagen der DWI des Abdomens
Prinzip
Mit der DWI lässt sich das Ausmaß der intra- und extrazellulären Diffusion von Wasserstoffprotonen
im menschlichen Körper darstellen. Die Diffusion von Wasserstoffprotonen in Geweben
ist invers korreliert mit der Zellularität und der Integrität membranöser Strukturen,
die sowohl intra- als auch extrazellulär als natürliche Diffusionsbarrieren fungieren.
Im Vergleich zu gesundem Gewebe gilt etwa für Tumoren:
-
In tumorösem Gewebe ist die Zellularität häufig erhöht, wodurch die extrazelluläre
Diffusion eingeschränkt wird.
-
Tumorzellen zeigen i. d. R. eine hohe mitotische Aktivität, besitzen also vergleichsweise
große Zellkerne (hohe Kern/Plasma-Ratio) und sind reich an intrazellulären Organellen
(z. B. raues endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat), die als membranreiche Strukturen
die intrazelluläre Diffusion von Wasserstoffprotonen einschränken.
Um das Ausmaß der Diffusion MR-tomografisch darzustellen, werden z. B. bei der Akquisition
einer T2w Spin-Echo-Sequenz 2 zusätzliche, gleich starke, in dieselbe Richtung orientierte
Gradientenpulse symmetrisch vor und nach dem 180°-Refokussierungspuls geschaltet ([Abb. 1]). Der erste Gradient führt zu einer Dephasierung der Spins. Blieben alle Spins am
gleichen Ort (keine Diffusion), würden sie durch den zweiten Gradienten wieder vollständig
rephasiert. Findet aber in der Zwischenzeit ein Ortswechsel der Spins durch Diffusion
statt, ist die Rephasierung unvollständig und man kann einen Signalabfall messen.
Je größer dieser Ortswechsel ist, d. h., je stärker sich die Wasserstoffprotonen bewegen,
desto geringer ist daher die Signalstärke.
Abb. 1 Schematische Darstellung einer diffusionsgewichteten Sequenz, die auf einer T2-TSE-Sequenz
beruht. Symmetrisch um den 180°-Refokussierungspuls werden 2 zusätzliche, gleich starke,
in dieselbe Richtung orientierte Gradientenpulse geschaltet. Der erste Gradient führt
zu einer Dephasierung der Spins, der zweite Gradient bewirkt eine Rephasierung der
Spins, die sich noch innerhalb desselben Voxels befinden. Blieben alle Spins am gleichen
Ort (statische Moleküle), würden sie durch den zweiten Gradienten wieder vollständig
rephasiert. Findet aber in der Zwischenzeit ein Ortswechsel der Spins durch Diffusion
statt, ist die Rephasierung unvollständig und man kann einen Signalabfall messen.
Die Signalstärke ist umso geringer, je stärker sich die Wasserstoffprotonen bewegen.
Amplitude, Dauer und Abstand der beiden Pulse gehen in den Diffusionswichtungsfaktor,
den sog. b-Wert ein. Der b-Wert ist ein einstellbarer Sequenzparameter (Einheit: s/mm2). Je größer der b-Wert gewählt wird, umso stärker ist der durch eine Diffusionsbewegung
bewirkte Signalverlust. Bei Sequenzakquisition mit unterschiedlichen b-Werten folgt
der Signalverlust bei zunehmendem b-Wert einem exponentiellen Verlauf. Die „Steigung“
dieser Kurve bzw. der „best exponential fit“ wird durch den ADC-Wert (ADC = „apparent
diffusion coefficient“) beschrieben, der somit eine Quantifizierung des Ausmaßes der
Diffusion von Wasserstoffprotonen erlaubt ([Abb. 2]).
Abb. 2 Je größer der b-Wert gewählt wird, umso stärker ist der durch eine Diffusionsbewegung
bewirkte Signalverlust. Bei Sequenzakquisition mit unterschiedlichen b-Werten folgt
der Signalverlust bei zunehmendem b-Wert einem exponentiellen Verlauf. Die „Steigung“
dieser Kurve bzw. der „best exponential fit“ wird durch den ADC-Wert beschrieben,
der eine Quantifizierung des Ausmaßes der Diffusion von Wasserstoffprotonen erlaubt.
Bei hohem b-Wert, also starker Diffusionswichtung, steigt der Kontrast zwischen Geweben
mit unterschiedlichem Diffusionsverhalten. Allerdings erfordert ein hoher b-Wert eine
lange Echozeit (TE), verringert das SNR und führt zu stärkeren Bilddistorsionen und
weniger exakten ADC-Messungen. Es gilt also, je nach Körperregion, einen Kompromiss
zu finden zwischen einem ausreichenden Diffusionskontrast einerseits und einem akzeptablen
SNR andererseits:
-
Bei einem b-Wert von 0 s/mm2 hängt die gemessene Signalintensität nicht von der Diffusion ab. Der Bildkontrast
entspricht dem eines T2w Bildes.
-
Bei niedrigen b-Werten (< 100 s/mm2) kommt es durch den Blutfluss zu einer Unterdrückung des Signals in Gefäßen, dem
sog. „black blood effect“, der günstig sein kann, um z. B. tumoröse Veränderungen
nachzuweisen (s. u.). Da bei niedrigen b-Werten jedoch auch Perfusionseffekte noch
eine Rolle spielen und die Berechnung des ADC-Wertes verfälschen, müssen zusätzlich
hohe b-Werte (> 500 s/mm2) akquiriert werden.
-
Bei hohen b-Werten spielen Perfusionseffekte keine Rolle, eine valide Berechnung der
ADC-Werte ist daher möglich. Signalreich zur Darstellung kommen lediglich Strukturen
mit hoher Zelldichte (z. B. Gehirn, Lymphknoten, Milz, Tumoren) aufgrund der hier
eingeschränkten Diffusion.
Technische Umsetzung der DWI im Abdomen
Für die Anfertigung diffusionsgewichteter Aufnahmen des Abdomens haben sich SS-EPI-Sequenzen
(SS-EPI = Single-Shot-Echo-Planar-Imaging) etabliert, die eine kurze Akquisitionszeit
und eine hohe Robustheit gegenüber Bewegungsartefakten aufweisen. Nachteile dieser
Sequenzen sind eine limitierte Ortsauflösung sowie eine ausgeprägte Anfälligkeit gegenüber
Suszeptibilitätsartefakten. Ein weiteres Problem diffusionsgewichteter Sequenzen ist
das geringe SNR. Strategien zur Steigerung des SNR bei gegebener Feldstärke sind
-
eine kürzere TE (< 100 ms),
-
segmentales oder echoplanares Multishot-Auslesen, was jedoch die Akquisitionszeit
erhöht,
-
sowie die Verwendung einer vergleichsweise groben Matrix.
Durch Inhomogenitäten in den Gradientenströmen, den sog. „eddy currents“, können Bildverzerrungen
resultieren, die sich durch moderne, verbesserte Gradientensysteme und -schaltungen
verringern lassen.
Die Anwendung paralleler Bildgebungstechniken ist für die DWI des Abdomens unabdingbar,
sei es k-Raum-basiert („simultaneous acquisition of spatial harmonics“ [SMASH], „generalized
autocalibrating partially parallel acquisition“ [GRAPPA]) oder bildbasiert („sensitivity-encoded“
[SENSE]). Hierdurch wird zum einen die Messzeit verkürzt und zum anderen lassen sich
in Verbindung mit kürzeren Echozügen Distorsionsartefakte verringern, die Ortsauflösung
erhöhen und DWI-Sequenzen mit mehreren b-Werten anfertigen.
Bei der Akquisition von SS-EPI-Sequenzen ist eine Suppression des Fettsignals erforderlich.
Dies ist möglich durch einen vorgeschalteten Inversionspuls (STIR-Einsatz vor allem
bei der diffusionsgewichteten Ganzkörper-MRT), eine spektrale Fettsättigung, eine
Chemical-Shift-selektive Fettunterdrückung (CHESS) oder durch wasserselektive Techniken.
DWI-Sequenzen können in Atemanhaltetechnik oder bei freier Atmung akquiriert werden.
Das erreichbare SNR ist bei Sequenzen in freier Atmung deutlich höher. Um eine hohe
Bildqualität zu erreichen, können Aufnahmen in freier Atmung entweder mit mehreren
Signalakquisitionen oder in Kombination mit Atem- und ggf. EKG-Triggerung erstellt
werden.
Merke
Eine Bildakquisition bei freier Atmung mit Atemtriggerung wird als die bevorzugte
Methode angesehen [1].
Bewährte Parameter für eine DWI-Sequenz des Oberbauchs bei 1,5 T sind:
-
b-Werte 50, 300 und 600 s/mm2 (alternativ: 50, 400 und 800 s/mm2)
-
TE 69 ms, TR 3000 ms
-
Echozuglänge 58, Echospacing 0,69 ms
-
Bandbreite 1736 Hz/Pixel
-
spektrale Fettsättigung („spectral presaturation attenuated inversion-recovery“ [SPAIR])
-
Field of View (FoV) 263 × 350 mm
-
Matrix 144 × 192
-
Schichtdicke 5 mm
-
iPAT-Faktor 2 (GRAPPA)
-
Atemtriggerung („prospective acquisition correction“ [PACE])
Bildinterpretation
Das Signalverhalten einer Struktur, z. B. eines Tumors, bei unterschiedlichen b-Werten
erlaubt bei qualitativer Beurteilung Rückschlüsse darauf, wie die Struktur beschaffen
ist ([Abb. 3]):
-
Zystische Läsionen zeigen bei niedrigem b-Wert eine hohe Signalintensität, verlieren
bei höherem b-Wert an Signal und sind entsprechend hell auf dem ADC-Parameterbild.
-
Solide, zellreiche Läsionen behalten dagegen auch bei hohem b-Wert ein hohes Signal
(geringe Diffusion) und sind entsprechend dunkel auf dem ADC-Parameterbild.
Abb. 3 Läsionen, in denen eine ausgeprägte Diffusion möglich ist, wie z. B. Zysten, zeigen
eine hohe Signalintensität bei niedrigem b-Wert, verlieren bei höherem b-Wert an Signal
und sind entsprechend hell auf dem ADC-Parameterbild. Solide, zellreiche Läsionen
mit eingeschränkter Diffusion behalten auch bei hohem b-Wert ein hohes Signal und
sind entsprechend dunkel auf dem ADC-Parameterbild. Läsionen mit sehr langer T2-Relaxationszeit
(z. B. Zysten) können sich auch bei hohen b-Werten hyperintens darstellen und eine
eingeschränkte Diffusion vortäuschen („T2-shine-through“-Artefakt). In diesem Fall
stellt sich die Läsion jedoch auch auf dem ADC-Parameterbild hyperintens dar.
Da die Signalintensität einer Läsion in der DWI jedoch nicht nur vom Ausmaß der Diffusion,
sondern auch von der T2-Relaxationszeit abhängt, können Läsionen mit sehr langer Relaxationszeit
(z. B. Zysten) sich auch bei hohen b-Werten hyperintens darstellen und eine eingeschränkte
Diffusion vortäuschen („T2-shine-through“-Artefakt). In diesem Fall stellt sich die
Läsion auch auf dem ADC-Parameterbild hyperintens dar ([Abb. 3]). Dies verdeutlicht, dass die Bildinterpretation immer die Zusammenschau mit den
morphologischen Standardsequenzen erfordert.
Grundsätzlich ist es möglich, Läsionen anhand des ADC-Wertes quantitativ zu charakterisieren.
Hierbei zeigen maligne, zellreiche Läsionen i. d. R. niedrigere ADC-Werte (typischerweise
< 1,2 – 1,4 × 10−3 mm2/s) als benigne, zellärmere Läsionen. Vorsicht ist jedoch geboten bei nekrotischen
Tumoren oder partiell soliden Läsionen mit muzinösen/zystischen Anteilen. Außerdem
schränkt die in zahlreichen Studien beschriebene, deutliche Überlappung der ADC-Werte
benigner und maligner Läsionen den Nutzen der quantitativen Charakterisierung anhand
des ADC-Wertes ein. Anzumerken ist zudem, dass sich an unterschiedlichen Geräten bzw.
in unterschiedlichen Institutionen ermittelte ADC-Werte aufgrund einer bislang noch
sehr geringen Standardisierung der Sequenzparameter meist nicht vergleichen lassen.
Diffusionsbildgebung der parenchymatösen Oberbauchorgane
Diffusionsbildgebung der parenchymatösen Oberbauchorgane
Leber
Detektion fokaler Leberläsionen
Zahlreichen Studien der vergangenen Jahre zufolge lassen sich fokale Leberläsionen
mit der DWI signifikant besser nachweisen als mit morphologischen Standardsequenzen.
Während Letztere meist ausreichen, um Läsionen mit einem Durchmesser > 10 mm zuverlässig
zu erkennen, ist die DWI gerade bei kleinen, fokalen Läsionen (Durchmesser ≤ 10 mm)
hilfreich. Insbesondere auf Aufnahmen bei niedrigem b-Wert (z. B. b = 50 s/mm2) zeigen die meisten fokalen Leberläsionen ein hohes SNR und sind, da Blutgefäße kein
Signal geben („black blood effect“), deutlich hyperintens im Vergleich zum umgebenden
Leberparenchym ([Abb. 4]). Kleine und kleinste Läsionen, die auf T2w Sequenzen oft nur schwer abzugrenzen
sind, stellen bei signalfreien Gefäßen in der DWI kein Problem dar. Hier ist die DWI
T2w Sequenzen überlegen und, als Verfahren ohne Verwendung eines Kontrastmittels,
der kontrastverstärkten MRT nach Applikation des hepatozytenspezifischen
Kontrastmittels Gd-EOB-DTPA gleichwertig. Durch die Kombination von DWI und
Gd-EOB-DTPA-verstärkter MRT lässt sich die Sensitivität zum Nachweis von Läsionen
unter 10 mm signifikant steigern [2]. Nachteilig bei der Beurteilung diffusionsgewichteter Aufnahmen mit niedrigem b-Wert
ist allerdings, dass eine Differenzierung der fokalen Läsionen nicht möglich ist,
da sich annähernd alle unterschiedlichen Läsionen hyperintens darstellen.
Abb. 4 53-jähriger Patient mit hepatischen Metastasen eines Kolonkarzinoms vor geplanter
Leberteilresektion.
a In der axialen T2-HASTE-Sequenz zeigen sich flau hyperintense Läsionen in S4a und
S1.
b Die Läsionen stellen sich in der portalvenösen Phase nach Kontrastmittelgabe (ax T1-VIBE)
zentral hypointens dar bei ringförmigem, peripherem Enhancement.
c In der DWI sind beide Läsionen bei b = 50 s/mm2 hyperintens.
d Auch bei b = 600 s/mm2 sind beide Läsionen hyperintens, was auf eine eingeschränkte Diffusion hinweist.
e In der DWI ist eine weitere, kleinste Läsion in S8 nachweisbar, die sich bei b = 50 s/mm2 hyperintens darstellt.
f Nachweis der hyperintensen Läsion in S8 bei b = 600 s/mm2.
g Die Läsion ist in der T2-Wichtung nicht sicher abgrenzbar.
h Die Läsion ist auch nach Kontrastmittelgabe nicht sicher abgrenzbar.
Charakterisierung fokaler Leberläsionen
Neben dem Nachweis erlaubt die DWI auch eine qualitative und quantitative Charakterisierung
fokaler Leberläsionen. Von Bedeutung sind hierbei vor allem Aufnahmen, die bei höherem
b-Wert (z. B. 600 oder 800 s/mm2) akquiriert wurden:
-
Qualitativ lassen sich zystische und solide Leberläsionen differenzieren. Während Zysten bei
höheren b-Werten an Signal verlieren, sind solide Läsionen weiterhin hyperintens (Cave:
Ausnahme bei „T2-shine-through“-Artefakt, [Abb. 5]). Handelt es sich um eine solide Läsion, so ist bei rein qualitativer, visueller
Analyse jedoch nicht zwischen benignen (z. B. fokal noduläre Hyperplasie [FNH], hepatozelluläres
Adenom) und malignen Läsionen zu unterscheiden, da sich beide hyperintens bei hohem
b-Wert darstellen.
Abb. 5 62-jährige Patientin mit Mammakarzinom, bei der in der Staging-CT der Verdacht auf
eine Lebermetastase in S1 geäußert wurde.
a In der axialen T2-HASTE-Sequenz zeigt sich eine deutlich hyperintense Läsion.
b, c In der Kontrastmitteldynamik findet sich ein peripheres, noduläres, zentripetales
Enhancement, typisch für ein kavernöses Hämangiom.
d In der DWI stellt sich die Läsion bei b = 50 s/mm2 hyperintens dar.
e Hyperintense Darstellung der Läsion auch bei b = 600 s/mm2.
f Die Läsion imponiert jedoch auch auf dem ADC-Parameterbild relativ hyperintens. Somit
typischer Befund eines „T2-shine-through“-Artefakts. Der Befund darf nicht als suspekte
Diffusionsrestriktion beschrieben werden, entscheidend ist, neben der Berücksichtigung
des ADC-Parameterbildes, das Signalverhalten der Läsion in den morphologischen Standardsequenzen.
-
Eine quantitative Charakterisierung fokaler Leberläsionen ist durch Messung der ADC-Werte möglich.
Benigne Leberläsionen zeigen höhere ADC-Werte als maligne Läsionen. Problematisch
ist, dass sich die ADC-Werte benigner und maligner Läsionen deutlich überlappen, sodass
auch diese Einordnung nie nur auf der DWI beruhen sollte. In der Literatur werden
verschiedene ADC-Schwellenwerte (1,4 – 1,6 × 10−3 mm2/s), mit Spezifitäten zwischen 77 und 100% sowie Sensitivitäten zwischen 74 und 100%,
angegeben [1].
Wie in anderen Organen zeigen auch in der Leber Abszesse eine Diffusionsrestriktion,
stellen sich also bei hohem b-Wert hyperintens dar und weisen einen niedrigen ADC-Wert
auf.
Praxistipp
-
Die DWI ist eine hervorragende Methode, um fokale Leberläsionen zu detektieren. Sie
zeigt eine hohe Sensitivität gerade beim Nachweis kleiner Läsionen (≤ 10 mm) und sollte
daher integraler Bestandteil jedes Leber-MRT-Protokolls sein.
-
Die Charakterisierung fokaler Leberläsionen mittels DWI ist nur mit eher mittelmäßiger
Zuverlässigkeit möglich. Die DWI kann in der differenzialdiagnostischen Einordnung
einer Leberläsion allenfalls als ein die morphologischen Sequenzen ergänzender Baustein
dienen.
Beurteilung des Therapieansprechens
Als funktionelles Verfahren könnte die DWI eine Rolle spielen, um das Therapieansprechen
maligner Tumoren zu beurteilen. Der initial niedrige ADC-Wert eines vitalen, zellreichen
Tumors sollte nach Beginn einer effektiven Therapie – nach einem kurzen, passageren
Abfall (ca. 24 – 48 h nach Therapiebeginn), womöglich durch eine Zellschwellung bedingt,
– deutlich ansteigen, sobald es zu Nekrosen im Tumorgewebe kommt. Dies konnte in zahlreichen
Studien gezeigt werden – sowohl unter systemischer Chemotherapie als auch nach transarterieller
Chemoembolisation von HCC-Herden. Es gibt jedoch bislang weder zuverlässige Schwellenwerte
noch eine ausreichende Standardisierung des Einsatzes der DWI zur Beurteilung des
Therapieansprechens (z. B. Sequenzparameter, Zeitpunkt der Untersuchung). Damit hat
das Verfahren diesbezüglich in der klinischen Routine derzeit keinen gesicherten Stellenwert.
Beurteilung bei diffusen Lebererkrankungen
Mittels der Standardsequenzen ist die Diagnose einer Leberfibrose bzw. -zirrhose bzw.
deren Graduierung nicht zuverlässig möglich. In Studien ließen sich fibrotische/zirrhotische
Veränderungen des Lebergewebes durch einen Abfall des ADC-Wertes in der DWI erkennen
und quantifizieren. Wie stark der ADC-Wert abnimmt, scheint mit dem Ausmaß der Leberfibrose
zu korrelieren. Ursache hierfür ist vermutlich eine bei Leberfibrose/-zirrhose feststellbare
Zunahme von faserreichem Bindegewebe und die hierdurch bedingte, verminderte Diffusion
im Leberparenchym. Jedoch gibt es auch für den Einsatz der DWI beim Nachweis bzw.
der quantitativen Abschätzung der Leberfibrose/-zirrhose aktuell keine in der klinischen
Routine zuverlässig anwendbaren Referenzwerte.
Pankreas
Die Rolle der DWI in der Beurteilung pathologischer Prozesse des Pankreas ist weniger
etabliert als bei denen der Leber. Da ein Pankreas-MRT-Protokoll es bei onkologischen
Fragestellungen jedoch erlauben sollte, das Vorliegen von Lebermetastasen adäquat
zu beurteilen, empfiehlt es sich im Rahmen einer MRT-Untersuchung des Pankreas, eine
diffusionsgewichtete Sequenz zu akquirieren. In Studien wurde die DWI daraufhin untersucht,
wie gut sie Adenokarzinome des Pankreas, neuroendokrine Tumoren und zystische Läsionen
nachweisen und charakterisieren bzw. neoplastische von entzündlichen Prozessen abgrenzen
kann. Adenokarzinome des Pankreas stellen sich typischerweise bei niedrigem und hohem
ADC-Wert hyperintens dar und weisen einen niedrigen ADC-Wert auf. Ursache ist eine
eingeschränkte Diffusion aufgrund fibrotischer Veränderungen infolge der für diese
Tumorentität typischen, desmoplastischen Umgebungsreaktion ([Abb. 6]). Gerade bei kleinen
Tumoren kann die DWI hilfreich sein, zudem im Nachweis peritumoraler Lymphknoten
sowie etwaiger Lebermetastasen [3].
Abb. 6 76-jährige Patientin mit erhöhtem CA 19-9, die CT-Untersuchung des Oberbauchs war
unauffällig, ebenso die Endosonografie.
a In der axialen T2w Sequenz ist keine Läsion im Bereich des Pankreas nachweisbar.
b Auch in der Kontrastmitteldynamik ist keine Läsion nachweisbar.
c In der DWI zeigt sich eine umschriebene Hyperintensität im Korpus des Pankreas bei
b = 50 s/mm2.
d Diese Hyperintensität ist auch bei b = 600 s/mm2 zu finden. Die histopathologische Begutachtung des Pankreaslinksresektats ergab den
Befund eines duktalen Adenokarzinoms des Pankreas.
Die auch mit anderen Sequenzen häufig problematische Differenzierung eines Adenokarzinoms
von einer fokalen, tumefaktiven Pankreatitis gelingt auch mittels DWI nicht mit ausreichender
Zuverlässigkeit ([Abb. 7]). Auch ist eine Unterscheidung zystischer Pankreasläsionen mittels DWI nicht mit
ausreichender Sicherheit möglich. Neuroendokrine Tumoren des Pankreas lassen sich
mittels DWI meist gut abgrenzen, da sie eine eingeschränkte Diffusion aufweisen und
sich somit hyperintens bei hohem b-Wert darstellen und einen niedrigen ADC-Wert zeigen.
Abb. 7 34-jährige Patientin mit Oberbauchschmerzen.
a Die Diffusionswichtung zeigt eine deutliche Signalanhebung im Pankreasschwanz bei
b = 50 s/mm2 (a) und (b).
b Die Hyperintensität im Pankreasschwanz ist auch bei b = 600 s/mm2 nachweisbar.
c Der Pankreasschwanz imponiert deutlich aufgetrieben. Nach Kontrastmittelgabe ist ein
typischer Halo um den Pankreasschwanz nachweisbar. Eine aufgrund der Bildgebung bereits
vermutete Autoimmunpankreatitis wurde histologisch bestätigt.
d Vermehrte sowie teils vergrößerte, reaktive, peripankreatische Lymphknoten sind mittels
DWI bei b = 50 s/mm2 gut abgrenzbar.
e Die peripankreatischen Lymphknoten sind auch bei b = 600 s/mm2 gut abgrenzbar.
Milz
Aufgrund ihrer hohen Zellularität und der konsekutiv eingeschränkten Diffusion stellt
sich die Milz auf diffusionsgewichteten Aufnahmen mit hohem b-Wert deutlich hyperintens
dar und zeigt einen niedrigen ADC-Wert.
Merke
Der ADC-Wert schwankt nur sehr wenig, weshalb die Milz in Studien, in denen ADC-Werte
anderer Organe beurteilt werden, häufig als internes Referenzorgan herangezogen wird.
Bei einer Infiltration der Milz im Rahmen eines Morbus Gaucher ist ein Abfall des
ADC-Wertes zu beobachten, der, laut einer Studie, auch mit dem Schweregrad der Erkrankung
zu korrelieren scheint [4].
Zur Wertigkeit der DWI in der Beurteilung fokaler Milzläsionen existieren nur vereinzelte
Fallberichte, etwa zur sklerosierenden, angiomatösen, nodulären Transformation (SANT).
Die DWI spielt diesbezüglich in der klinischen Routine aktuell keine Rolle.
Nieren
Bei der Beurteilung renaler Läsionen ist es entscheidend, zystische und solide Läsionen
voneinander abzugrenzen, intraläsionale Fettanteile nachzuweisen und ggf. ein Enhancement
in den Sequenzen nach Kontrastmittelgabe zu dokumentieren. Die DWI spielt hier bislang
eine untergeordnete Rolle. Bei Nierenzellkarzinomen kann sie etwa bei der Abgrenzung
von Tumorthromben hilfreich sein. In der Unterscheidung solider renaler Prozesse kann
die DWI dagegen keinen entscheidenden Beitrag leisten. Zwar zeigen Onkozytome im Mittel
etwas höhere ADC-Werte als Nierenzellkarzinome, die Überschneidung der ADC-Werte ist
jedoch zu ausgeprägt, um im Einzelfall auf ein operatives oder interventionelles,
ablatives Vorgehen verzichten zu können. Aufgrund ihres Fettgehalts zeigen Angiomyolipome
niedrige ADC-Werte, die denen der Nierenzellkarzinome ähneln. Hier gelingt eine differenzialdiagnostische
Unterscheidung anhand der morphologischen Standardsequenzen.
Die Wertigkeit der DWI in der Diagnostik nicht tumoröser Erkrankungen der Niere, etwa
bei entzündlichen Erkrankungen, der Nierenarterienstenose, bei nicht vaskulären Erkrankungen
sowie nach Nierentransplantation sind Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.
Zur Standardisierung der DWI bei der Beurteilung renaler, pathologischer Prozesse
wurde kürzlich ein empfohlenes Sequenzprotokoll publiziert [5].
Diffusionsbildgebung intraabdomineller Lymphknoten
Diffusionsbildgebung intraabdomineller Lymphknoten
Ein exaktes Lymphknotenstaging hat bei malignen Tumoren häufig eine hohe prognostische
und therapeutische Relevanz. Sowohl CT als auch MRT verlassen sich hier aktuell vor
allem auf morphologische Kriterien: Ein Durchmesser > 10 mm in der Kurzachse, eine
Abrundung, eine lokale Häufung, ein kapselüberschreitendes Wachstum oder das Vorkommen
einer zentralen Nekrose werden als Hinweise auf eine Lymphknotenmetastase bzw. einen
malignen Lymphknoten gewertet. Da jedoch vergrößerte Lymphknoten nicht metastatisch
befallen sein müssen und umgekehrt bereits in nicht vergrößerten Lymphknoten eine
Infiltration von Tumorzellen pathologisch nachweisbar sein kann (Mikrometastasen),
ist die Genauigkeit beider Verfahren in der Bestimmung des N-Stadiums eher gering.
Mittels DWI lassen sich Lymphknoten generell gut nachweisen, da sie als zellreiche
Strukturen eine eingeschränkte Diffusion aufweisen und somit bei hohen b-Werten hyperintens
zur Darstellung kommen ([Abb. 7 d], [Abb. 7 e]). In der Differenzierung zwischen Lymphknotenmetastasen und benignen Lymphknoten
kann die DWI hilfreich sein.
Merke
Maligne Lymphknoten zeigen i. d. R. geringere ADC-Werte als benigne Lymphknoten.
Falsch positive Ergebnisse können bei einigen entzündlichen Erkrankungen wie Mykobakteriosen,
der Sarkoidose oder Infektionen mit Bartonella henselae (Katzenkratzkrankheit) auftreten.
Falsch negative Ergebnisse werden beobachtet, wenn der ADC-Wert in nekrotischen Arealen
einer Lymphknotenmetastase gemessen wird. Niedrige ADC-Werte werden insbesondere auch
bei befallenen Lymphknoten im Rahmen eines malignen Lymphoms gesehen. Hier könnte
die DWI gerade aufgrund der fehlenden Strahlenbelastung künftig eine Rolle in der
Diagnostik, insbesondere im Follow-up pädiatrischer Patienten spielen.
Diffusionsbildgebung im Gastrointestinaltrakt
Diffusionsbildgebung im Gastrointestinaltrakt
Im Gegensatz zur Diffusionsbildgebung bei parenchymatösen Bauchorganen besteht beim
Gastrointestinaltrakt das Problem darin, dass bei einer regulären Darmwanddicke von
3 bis 5 mm mit angrenzender Luft innerhalb des Darms häufig Artefakte entstehen und
somit die Diffusionsbildgebung, vor allem durch die Darmbewegung mit daraus errechneten
ADC-Bildern, oft nicht adäquat diagnostisch beurteilbar ist.
Fragestellungen sind:
-
in erster Linie akute entzündliche Veränderungen des Gastrointestinaltrakts, z. B.
akut-entzündliche Veränderungen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED,
[Abb. 8]), aber auch die Diagnose der Appendizitis oder Divertikulitis
Abb. 8 28-jähriger Patient mit Verdacht auf segmentalen Befall im Bereich des deszendosigmoidalen
Übergangs bei bekanntem Morbus Crohn.
a In der DWI ist die Darmwand bei b = 50 s/mm2 aufgrund der intraluminalen Flüssigkeit nicht beurteilbar.
b Bei b = 600 s/mm2 zeigt sich eine – im Vergleich zur Darmwand der übrigen erfassten Darmsegmente –
deutliche Signalanhebung der Darmwand am deszendosigmoidalen Übergang (Pfeil).
c Nach Kontrastmittelgabe erkennt man an entsprechender Stelle eine vermehrte Kontrastmittelaufnahme
bei moderater Darmwandverdickung.
-
ggf. chronische Veränderungen mit vermehrter Fibrosierung, wie etwa bei einer ausgebrannten
Kolitis oder einer chronischen Divertikulitis
-
eventuelle Fibrosen im Darm, die bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen
häufig Operationsindikationen darstellen
-
bei der onkologischen Bildgebung die Suche nach Primärtumoren im Ösophagus, Magen,
Kolon und Rektum, wobei die DWI auch bei der Beurteilung einer potenziellen Peritonealkarzinose
ggf. hilfreich sein kann
Im Folgenden sind die aktuelle Literatur und die klinischen Anwendungen der Diffusionsbildgebung
im Gastrointestinaltrakt topografisch von kranial (Ösophagus) nach kaudal (Rektum)
dargestellt.
Ösophagus und Magen
Hier existieren lediglich vereinzelte Publikationen im Sinne von Machbarkeitsstudien.
Prinzipiell ist die MRT-Bildgebung mit DWI im Ösophagus und Magen sehr schwierig,
weil diese Regionen durch die Nähe des schlagenden Herzens und durch die teilweise
Atemabhängigkeit der Organe sehr artefaktanfällig sind, was sich bei der Diffusionsbildgebung
methodisch bedingt noch verstärkt.
Omur und Kollegen führten an 94 Patienten mit einer Wandverdickung des Magens, die
in der CT diagnostiziert wurde, eine DWI mit Bestimmung des ADC-Werts durch [6]. Bei dieser kleinen Gruppe zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen benignen
Raumforderungen mit ADC-Werten von 2,95 ± 0,59 (× 10−3 mm2/s) und bösartigen Tumoren bei 44% mit ADC-Werten von 1,62 ± 0,57 (× 10−3 mm2/s). In der Arbeit wird gefolgert, dass der ADC-Wert ggf. hilfreich sein könnte, um
Verdickungen der Magenwand differenzialdiagnostisch zu beurteilen.
Weitere Arbeiten an kleineren Patientengruppen untersuchten den Einfluss des ADC-Wertes
bezüglich des potenziellen Ansprechens auf Chemo- oder Strahlentherapie mit dem Ergebnis,
dass vor Therapie keine signifikante Korrelation des ADC-Wertes mit dem Ansprechverhalten
auf eine Therapie zu erreichen ist [7]. Eine weitere Arbeit untersuchte die Korrelation des ADC-Wertes und des TNM-Stagings
mit dem Ergebnis, dass der ADC-Wert mit dem postoperativen TNM weitgehend korreliert
[8]. Auch hier ist weniger ein unmittelbarer klinischer Nutzen für die Routine aus den
Arbeiten zu ziehen, sodass der ADC-Wert für die Differenzialdiagnose oder die prospektive
Evaluation eines Therapieansprechens von Tumoren des Ösophagus und des Magens sicherlich
wissenschaftliches Potenzial im Rahmen der Radiomics-Diagnostik erreichen könnte,
jedoch gegenwärtig noch keinen Stellenwert in der klinischen Routine hat.
Dünndarm
Da Tumoren im Dünndarm relativ selten anzutreffen sind, beschäftigen sich die meisten
Publikationen zum Thema Diffusionsbildgebung im Dünndarm mit entzündlichen Veränderungen,
wie sie vor allem bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und im Besonderen
beim Morbus Crohn auftreten.
Die ersten Publikationen zu diesem Thema stammten aus der Pädiatrie mit dem Ziel,
bei der MR-Enterografie ggf. auf eine intravenöse Kontrastierung verzichten zu können.
Neubauer und Kollegen untersuchten im Jahr 2013 33 Kinder mit Morbus Crohn, bei denen
sie alle 22 Läsionen und Komplikationen mit der DWI genauso nachweisen konnten wie
mit der kontrastgestützten Methode [9]. Falsch positiv waren dabei jeweils 2 Läsionen bei der DWI und jeweils eine Läsion
bei der kontrastgestützten MR-Enterografie, was vor allem durch einen kollabierten
Darm bedingt war. In dieser Studie war die Diffusionsbildgebung der kontrastgestützten
MR-Enterografie in 71% gleichwertig und bei 27% sogar der kontrastgestützten Untersuchung
überlegen.
Bei erwachsenen Patienten zeigt eine Publikation von Buisson aus dem Jahr 2013 bei
31 Patienten im Vergleich zur kontrastgestützten MR-Enterografie, dass die qualitative
Beurteilung der DWI-Sequenz – ohne quantitative Berücksichtigung der ADC-Ergebnisse
– eine Sensitivität von 100% und eine Spezifität von 93% aufweist, wobei eine quantitative
Auswertung der ADC-Werte mit einem Cut-off-Wert von 1,6 (× 10−3 mm2/s) eine Sensitivität von 82% bei einer Spezifität von 100% erreicht [10].
Die im Jahr 2016 veröffentlichte Studie von Seo et al. an 50 Patienten ist als „Non-Inferiority-Studie“
ausgelegt und vergleicht eine T2-Bildgebung zusammen mit einer Diffusionsbildgebung
gegen eine T2-Bildgebung zusammen mit einer kontrastverstärkten Bildgebung und T1w
Sequenzen [11]. Dabei wird eine Übereinstimmung von 91,8% mit einem Korrelationsquotienten von
0,937 erreicht. Sowohl die DWI als auch die kontrastgestützten Untersuchungen erreichen
eine Sensitivität von 93% und eine Spezifität von jeweils 67% mit einer ebenso identischen
Genauigkeit von 87%. In der Studie wurde lediglich ein Abszess mit der DWI-Studie
als Phlegmone fälschlich gedeutet.
In einer Studie von Oussalah et al. wurde untersucht, ob eine MRT mit Diffusionsbildgebung
bei der Kolondarstellung bei Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung
auch ohne orale oder rektale Kontrastierung und Distension ausreichend ist [12]. Dabei wurden 96 Patienten untersucht, von denen 35% eine Colitis ulcerosa und 61%
einen Morbus Crohn hatten. Hier zeigt sich vor allem bei den Patienten mit Colitis
ulcerosa ein erstaunlich gutes Ergebnis mit einer Sensitivität von 89,5% (Spezifität
86,7%), während die Sensitivität beim Morbus Crohn in der Studie lediglich 58% betrug.
Dickdarm
Auch hier gibt es eine Publikation, die die Diffusionsbildgebung zur Differenzierung
diffuser Wandverdickungen an 41 Patienten untersuchte [13]. Mit der Korrelation der endoskopischen Bildgebung wurde bei einem ADC-Cut-off von
1,21 (× 10−3 mm2/s) in benigne und maligne differenziert, was mit einer Sensitivität von 100% und
einer Spezifität von 87% bei einer Genauigkeit von 89% erreicht wurde. In keinem Fall
wurde in dieser Studie eine maligne Läsion fälschlicherweise als benigne beurteilt.
Rektum
Hier existieren Publikationen an kleineren Patientengruppen zur Beurteilung des Tumornachweises
bzw. des Tumorgradings. Hosonuma et al. untersuchten bei 15 Patienten mit Rektumkarzinom
bei einem b-Wert von 800 die Detektionsrate des Rektumkarzinoms mit einer Sensitivität
von 100% und einer Spezifität von 65% [14].
Akashi et al. untersuchten mit der Diffusionsbildgebung die Aggressivität von Rektumkarzinomen
an 40 Patienten – in Korrelation zum Staging und Grading [15]. Als Ergebnis dieser Studie zeigten sich prinzipiell niedrige ADC-Werte bei schlecht
differenzierten Tumoren, wobei eine exakte Differenzierung alleine durch ADC-Werte
durch eine hohe Überschneidung der Ergebnisse statistisch nicht signifikant in allen
Fällen möglich war.
Peritonealkarzinose
An 30 Patienten untersuchten Soussan et al. die Diffusionsbildgebung mit einer PET/CT,
wobei 18 Patienten in der Folge einen chirurgischen Eingriff erhielten und 12 Patienten
eine Follow-up-Untersuchung hatten [16]. Insgesamt lag bei 19 der 30 Patienten eine Peritonealkarzinose vor, die mit der
PET/CT mit einer Sensitivität von 84% und einer Spezifität von 73% mit einem positiven
Vorhersagewert (PPV) von 84% und einem negativen Vorhersagewert (NPV) von 73% gesehen
wurde. Die DWI erreichte ähnlich gute Werte mit Sensitivitäten von 84%, Spezifitäten
von 82%, PPV 89% und NPV von 75%. Vor allem supramesokolisch war die Diffusionsbildgebung
der PET/CT überlegen. Bei Tumoren < 1 cm erreichte die PET/CT eine Sensitivität von
42%, die DWI-Bildgebung eine Sensitivität von 50%.
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Diffusionsbildgebung ein radiologisches Tool
mit hohem Potenzial zum Nachweis von Infektionen und Tumoren im Gastrointestinaltrakt
ist. Mit Ausnahme der Beurteilung des Dünndarms bei Morbus Crohn ist die Studienlage
jedoch nicht gut genug, um die Methode als klinische Routine betrachten zu können.
Kernaussagen
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Die Diffusion von Wasserstoffprotonen in Geweben hängt von der Zellularität und der
Integrität membranöser Strukturen ab, die als natürliche Diffusionsbarrieren fungieren.
Mittels DWI lassen sich Unterschiede im Ausmaß der Diffusion von Wasserstoffprotonen
etwa zwischen Tumoren und gesundem Gewebe darstellen.
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Für die Akquisition qualitativ hochwertiger, diffusionsgewichteter Aufnahmen des Abdomens
werden i. d. R. fettsupprimierte SS-EPI-Sequenzen verwendet, im Bereich des Oberbauchs
idealerweise in freier Atmung in Kombination mit einer Atemtriggerung.
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Eine Domäne der DWI ist der Nachweis fokaler Leberläsionen. Die Kombination der DWI
mit kontrastverstärkten Sequenzen steigert die Sensitivität der MRT im Nachweis kleiner
(≤ 10 mm) fokaler Leberläsionen signifikant. In der Charakterisierung fokaler Leberläsionen
kann die DWI allenfalls als zusätzliches Tool angesehen werden, maßgebend sind diesbezüglich
die etablierten morphologischen Standardsequenzen.
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Die Rolle der DWI in der Diagnostik der restlichen parenchymatösen Oberbauchorgane
ist weniger gut untersucht. Gerade an den Nieren könnte das Verfahren auch bei nicht
onkologischen Fragestellungen in Zukunft wertvolle Aussagen liefern.
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Die Diagnostik des Gastrointestinaltrakts stellt besondere Herausforderungen an die
artefaktanfälligen diffusionsgewichteten Sequenzen. Neben der Diagnostik des Primärtumors
zeichnet sich hier vor allem ein Nutzen bei der Beurteilung einer Peritonealkarzinose
sowie in der Diagnostik chronisch entzündlicher Darmerkrankungen ab.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
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Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag
ist Prof. Dr. med. Konstantin Holzapfel, Landshut.