Die aktuelle Corona-Pandemie hat erhebliche Auswirkungen auf verschiedenste Bereiche
des täglichen Lebens in Deutschland. Betroffen hiervon ist in besonderer Weise auch
der Gesundheitssektor, Kliniken und Praxen stehen vor nie gekannten medizinischen,
logistischen und ökonomischen Herausforderungen. Anlass für den aktuellen dringenden
Appell an den Bundesgesundheitsminister, ist es, auch im Rahmen der Corona-Pandemie
eine adäquate Versorgung von Patienten mit hämophilen Gerinnungsstörungen zu gewährleisten.
Hintergrund für den gemeinsamen Appell, der neben dem Berufsverband der Deutschen
Hämostaseologen (BDDH) auch durch die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung
(GTH), die Deutsche Hämophilie-Gesellschaft (DHG), die Deutsche Gesellschaft für Transfusionsmedizin
und Immunhämatologie (DGTI), die Interessengemeinschaft Hämophiler (IGH) sowie die
Deutsche Bluthilfe unterstützt wird, ist die für den 15.08.2020 vorgesehene Umsetzung
des neuen Apothekenvertriebsweges für Gerinnungsfaktorenzubereitungen für Patienten
mit hämophilen Gerinnungsstörungen nach dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung
(GSAV). Die unterzeichnenden Patienten- und Berufsorganisationen sehen die Etablierung
des neuen Vertriebsweges zum oben genannten Zeitpunkt aufgrund der aktuell durch die
Pandemie sehr dynamischen Situation als problematisch an. Apotheken, Großhandel und
systemrelevante ärztliche Versorgungsbereiche stehen aufgrund der Herausforderungen,
die sich im Kontext der aktuellen epidemischen Entwicklung ergeben, an der Grenze
der Überforderung. Die notwendigen Vorbereitungen für eine reibungslose Umsetzung
des Gesetzes zum 15.08.2020 kann von dem mit dessen Ausführung betrauten Personenkreis
derzeit nur zum Teil oder gar nicht umgesetzt werden. Die Änderung des Vertriebsweges
während oder unmittelbar nach der Corona-Krise könnte daher die Sicherheit von Hochrisiko-Patienten
mit hämophilen Gerinnungsstörungen aufgrund des ständigen Risikos für schwere Blutungen
und der zum Teil bestehenden immunkompromittierenden Begleiterkrankungen hochgradig
gefährden.
Die beteiligten Patienten- und Berufsorganisationen haben daher den Bundesgesundheitsminister
um eine zeitliche Verlängerung des aktuell bestehenden, etablierten Vertriebsweges
über die Zentrumsstruktur und teilweise auch über die Krankenhausapotheken ersucht.
Hierbei ist Konsens, dass die Beibehaltung der aktuellen Strukturen des Vertriebsweges
weitaus weniger Probleme für die Patientenversorgung während der Corona-Pandemie aufwerfen
als eine entsprechende tiefgreifende Änderung des etablierten Vorgehens in der besonderen
epidemiologischen Situation. Konkrete Forderung an das Bundesministerium für Gesundheit
(BMG) und die Minister und Senatoren für Gesundheit der Bundesländer ist die Prüfung
der Aussetzung der auf den 15.08.2020 terminierten Änderungen des Vertriebsweges im
Rahmen des GSAV bis zur Überwindung der Corona-Krise bzw. bis zur Entwicklung einer
ausreichenden Immunität in der Bevölkerung und zur Normalisierung des öffentlichen
Lebens.
Es ist zu hoffen, dass dieser breit unterstützte Appell, der am 24.03.2020 an die
Entscheidungsträger übermittelt wurde, berücksichtigt und entsprechend umgesetzt wird,
damit trotz der derzeit aufgrund der Corona-Pandemie angespannten Situation eine reibungslose
und adäquate Therapie Hämophiler gewährleistet ist.
Für den Vorstand des Berufsverbandes der Deutschen Hämostaseologen e.V. (BDDH):
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Priv.-Doz. Dr. Jürgen Koscielny, Berlin, Vorsitzender
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Dr. Günther Kappert, Duisburg, Stellvertretender Vorsitzender
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Priv.-Doz. Dr. Christoph Sucker, Berlin, Beisitzer des Vorstands