Becetti K.
et al.
Physical or occupational therapy use in systemic sclerosis: a scleroderma
patient-centered intervention network cohort study.
J Rheumatol 2019;
46: 1605-1613
In der Studie sollten demografische, medizinische und psychologische Faktoren
identifiziert werden, die mit der Inanspruchnahme von Physio- und Ergotherapie
bei systemischer Sklerose assoziiert sind.
Die Wissenschaftler bestimmten die Rate und Indikation der Inanspruchnahme von
Physio- bzw. Ergotherapie innerhalb der letzten 3 Monate vor Einschluss in die
Studie. Die Probanden stammten aus der internationalen Scleroderma
Patient-centered Intervention Network (SPIN) Kohorte. In die Kohorte wurden
volljährige Patienten mit systemischer Sklerose nach den ACR-Kriterien
von 2013 aus mehr als 40 Zentren aus Kanada, den USA und Europa
eingeschlossen.
Die untersuchten demografischen Variablen waren u. a. Alter, Geschlecht,
Ethnizität, Ausbildungsjahre, Beruf und Wohnort. Die medizinischen
u. a. der Subtyp der systemischen Sklerose, die Anwesenheit des
Raynaud-Phänomens, der modified Rodnan skin score (mRSS), digitale
Ulcera, Gelenkkontrakturen, das Vorhandensein von
Überschneidungssyndromen und eine kardiopulmonale Beteiligung. Um die
körperliche Beeinträchtigung bestimmten zu können,
sollten die Patienten den Scleroderma Health Assessment Questionnaire (SHAQ) und
den Cochin Hand Function Scale (CHFS-II) beantworten. Um Symptome einer
Depression bestimmten zu können, sollten die Patienten den Patient
Health Questionnaire (PHQ-8) ausfüllen. Für die Bewertung
anderer psychologischer Symptome auch die Patient Reported Outcomes Measurement
Information System (PROMIS-29), Satisfaction with Appearance (SWAP), Social
interaction anxiety scale-6 und Self-Efficacy for Managing Chronic Disease
(SEMCD) Fragebögen.
In die Analyse wurden insgesamt 1627 Patienten eingeschlossen. 43%
stammten aus den USA, 27% aus Kanada, 17% aus Frankreich,
10% aus dem Vereinigten Königreich und 2% aus Spanien.
Das mittlere Alter der Patienten lag bei 54,9±12,5 Jahren. 87%
der Patienten waren weiblich und 41% litten an einer diffusen
systemischen Sklerose. Die mittlere Krankheitsdauer lag bei 11,4±8,8
Jahren. Der mittlere mRSS lag bei 7,8±8,4. Eine interstitielle
Lungenerkrankung lag bei 36%, ein pulmonaler arterieller Bluthochdruck
bei 10% der Probanden vor.
Die Auswertung ergab, dass 23% der Patienten innerhalb der letzten 3
Monate Physio- oder Ergotherapie genutzt hatten, im Durchschnitt
9,8±10,7 Mal. Am häufigsten wurde die Therapie für eine
Behandlung der Hände in Anspruch genommen (59%). Die
Inanspruchnahme war mit einer höheren Bildung (OR 1,08; 95% KI
1,04–1,12), dem Vorhandensein von mäßig schweren
Kontrakturen kleiner Gelenke (OR 2,09; 95% KI 1,45–3,03) sowie
von schweren Kontrakturen großer Gelenke (OR 2,33; 95% KI
1,14–4,74), weniger digitalen Ulzera (OR 0,70; 95% KI
0,51–0,95), einer höheren körperlicher
Beeinträchtigung (OR 1,54; 95% KI 1,18–2,02) und
höheren Schmerz-Scores (OR 1,04; 95% KI 1,02–1,06)
assoziiert. Am häufigsten nutzen Patienten aus Frankreich (Rate
43%) die Therapien, am seltensten die aus den USA (Rate 17%).
Insgesamt nutzte weniger als einer von 4 Patienten die Therapien.
Weniger als einer von 4 Patienten mit systemischer Sklerose nimmt eine
Physio- oder Ergotherapie in Anspruch, obwohl diese Therapien die
Beschwerden verbessern können. Patienten mit stärkeren
muskuloskelettalen Beschwerden und stärkeren Schmerzen nehmen die
Therapien eher in Anspruch. Die Autoren halten es für notwendig, die
Zugänglichkeit zu Physio- und Ergotherapie zu erhöhen, etwa
auch durch häusliche- und Online-Angebote.
Marisa Kurz M. Sc. B. A., München