In den hier vorgestellten beiden Studien wird die Luftverschmutzung für das Lungenemphysem
(Wang M et al. JAMA 2019) und für eine Lungenfunktionsverschlechterung (Mentz G et
al., Thorax 2019) bei Kindern mit und ohne Asthma verantwortlich gemacht. Obwohl in
der Originalarbeit von Wang G et al. steht, dass nur eine Assoziation zwischen Luftverschmutzung
und Emphysementstehung besteht, wird im Fazit von Frau Dr. Michaela Bitzer von einer
Kausalität gesprochen. Sie schreibt, „dass eine Langzeitexposition gegenüber Luftschadstoffen,
vor allem gegenüber Ozon, zu einer Zunahme des Ausmaßes von Emphysemen unter den Teilnehmern
führte. Auch die Lungenfunktion war beeinträchtigt.“
In der anderen Studie aus Südafrika (Mentz G et al. Thorax 2019) wurde festgestellt,
dass ein Anstieg von NO und NO2 zu einer signifikanten Abnahme der Lungenfunktion bei allen Schulkindern (davon ca.
20 % Asthmatiker) führte. Die Konzentrationsänderung von Feinstaub und SO2 hatte keinen Einfluss. In dieser Originalarbeit wird bereits am Ende in der Konklusion
davon gesprochen, dass der Einfluss von NOx evident sei, also sozusagen als bereits
bewiesen hingestellt.
Das Beispiel zeigt, dass die beiden Kommentatoren einen schweren methodischen Fehler
aus den Arbeiten übernommen oder unbewusst hineininterpretiert haben. Aus einer Korrelation
(oder Assoziation) darf grundsätzlich nie eine Kausalität gemacht werden; eine wissenschaftsmethodologische
Todsünde. Dann müssten die Störche auch die Kinder bringen, denn in manchen Regionen
mit vielen Störchen werden auch mehr Kinder geboren. Das korreliert dann erstaunlich
hoch miteinander.
Nun zeigen diese beiden epidemiologischen Publikationen, ebenso wie viele andere auch,
dass es in ganz unterschiedlichem Ausmaße und inkonstant eine Assoziation zwischen
Luftschadstoffen und Erkrankungen gibt, die mitunter das vorgegebene Signifikanzniveau
erreichen. Diese Feststellung belegt aber nur, dass hier die Assoziation nicht zufällig
ist. Warum das so ist, müsste anschließend mit anderen Methoden, wie experimentellen-
oder Interventionsstudien belegt werden. Diese Studien fehlen jedoch hier nahezu in
Gänze oder haben, wenn vorhanden, gezeigt, dass der Feinstaub und NOx in dem Niedrigdosisbereich
der Grenzwerte keine Schäden auslöst. Expositionsversuche mit um mehrere Potenzen
höheren Konzentrationen an Feinstaub und NOx zeigen am Menschen, nämlich bei den Rauchern,
erst nach einigen Jahrzehnten Auswirkungen, was eine Falsifikation der angeschuldigten
Schäden im Niedrigdosisbereich darstellt.
Für eine solche Assoziation gibt es zahlreiche andere, viel plausiblere Erklärungsmodelle,
die praktisch nie in den Publikationen diskutiert werden. Wir haben das in unserer
Publikation in der Pneumologie ausführlich dargestellt [1] (https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-0873-3574). Es würde den Umfang des Leserbriefes sprengen, auf die beiden beschriebenen Arbeiten
näher einzugehen.
Erwähnt werden muss allerdings eine krasse Auffälligkeit: In der Studie aus Südafrika
findet sich insbesondere für Stickstoffmonoxid (NO) eine Assoziation zwischen Konzentrationserhöhung
und Verschlechterung der Lungenfunktion. Normalerweise sollten die Autoren eigentlich
kritisch diskutieren, ob der NOx-Anstieg nicht ein Marker für andere Ursachen wie
bspw. Allergene oder Mikroorganismen darstellt, denn die in der Studie gemessenen
NO-Konzentrationen liegen nur im Bereich von 35 µg/m³. Das ist jedoch bereits die
Menge, die der normale Mensch über den Mund ausatmet, wobei bei Asthmatikern noch
deutlich höhere Werte gemessen werden.
Wird die Nasenatmung mit berücksichtigt, was der normalen Atmung entspricht, steigt
die NO-Konzentration erheblich an. In den Nasennebenhöhlen von Gesunden werden Konzentrationen
bis 37.000 µg/m³ gefunden [2]; im Mittel um 8.500 µg/m³ [3]. Mit anderen Worten, die autochthone NO- (und NO2)-Produktion ist in den Atemwegen um mehr als 2 Zehnerpotenzen höher als die hier
eingeatmete.
Diese Fakten sollten zu denken geben und sind ein schlagender Hinweis dafür, dass
die hier gefundenen Assoziationen nicht kausal sein können. Den Autoren ist kein Bereich
aus der Medizin bekannt, wo methodisch solche schweren Fehler der Epidemiologen einfach
unkritisch als „wahr“ akzeptiert werden.