Die Personalisierte Medizin (PM) (auch individualisierte Medizin, stratifizierte Medizin,
oder Präzisionsmedizin genannt) stellt eine weitere Evolution des biomedizinischen
Fortschrittes dar [1], [2], [3]. Das übergeordnete Ziel der personalisierten Medizin besteht darin, das richtige
Medikament, in der richtigen Dosis, für den richtigen Patienten, zum richtigen Zeitpunkt
einzusetzen. Dabei soll anhand von diversen Biomarkern versucht werden, den komplexen
Phänotyp eines Krankheitsbildes in mehr und minder gut definierte Subphänotypen zu
zerlegen und die dazu gehörigen Patienten-Untergruppen mit differenzierteren Vorgehensweisen
zu diagnostizieren und zu behandeln. Frühzeitige Präventionsmaßnahmen sowie optimierte
therapeutische Erfolge sind das oberste Ziel der PM. Mit dem Fortschritt der biomedizinischen
Erkenntnisse, insbesondere im Bereich der Genomik, erkennen wir eine
zunehmende Tendenz zur Biomarker-basierten Stratifizierung der Patienten, vor
allem bei onkologischen Erkrankungen. Theoretisch gilt: Je größer die Heterogenität
eines Phänotyps (Krankheitsbild) und je geringer die Erfolge mit einer vermeintlichen
Standardtherapie (das sog. „one-size-fits-all“ Modell), desto größer wird sich das
Grundprinzip der PM durchsetzen können.
Auf der anderen Seite gibt es wohl kaum ein Krankheitsspektrum, das so heterogen ist
wie Allergien. Dennoch neigen wir stets dazu, klassische Phänotypen wie die atopischen
Erkrankungen (Asthma, atopische Dermatitis) sehr einheitlich zu betrachten und immer
wieder, zum Teil auch durch Leitlinien getrieben, einheitliche Vorgehensweisen in
der Behandlung dieser Allergien vorzuschlagen. Als Beispiel sei hier die nunmehr angestrebte
Stratifizierung des Asthmas in mehreren Untergruppen auf der Grundlage von validierten
Biomarkern genannt. Eine solche Stratifizierung hat bereits zur Entwicklung neuartiger
Therapieprinzipien beim Asthma Einzug erhalten und wird in Zukunft zunehmend an Bedeutung
gewinnen.
Bei der atopischen Dermatitis (AD) befinden wir uns noch am Anfang einer spannenden
Entwicklung. Die AD gilt als Erstmanifestation der atopischen Erkrankungen [4] und stellt vermutlich die Grundlagen für die IgE-vermittelte Sensibilisierung gegen
eine Reihe von Allergenen, einschließlich der Nahrungsmittel-, Tier- und Umweltallergene.
Der Phänotyp ist je nach Alter des Patienten, Stadium der Krankheit (Dauer) oder ethnischem
Hintergrund [5] besonders heterogen und spiegelt vermutlich unterschiedliche Pathomechanismen wieder,
die eine Dynamik der Immunantwort vermuten lässt [6], [7]. Nur durch die Auswertung von zahlreichen phänotypischen Informationen aus den Patienten-Registern,
idealerweise gekoppelt mit entsprechenden Biobanken, wird es möglich sein, den komplexen
Phänotyp der AD anhand von Biomarker-Konstellationen erfolgreich zu stratifizieren
und
zu einem PM-Ansatz zu führen. Leider kann der PM-basierte Ansatz bei den allermeisten
pharmazeutischen Unternehmen außerhalb der onkologischen Indikationen immer noch nicht
überzeugen, da diese historisch und Markt-bedingt stets das „one-size-fits-all“ vorziehen.
Allein die Vielfalt der möglichen Allergene als Ursache für die Beschwerden der allergologischen
Patienten führt zu einer sehr differenzierten Vorgehensweise sowohl bei der Diagnostik
als auch bei der Therapie und bei den möglichen Präventionsmaßnahmen. So ermöglicht
die durch die moderne Technologie mit rekombinanten Allergenen bedingte Optimierung
der allergologischen Diagnostik auch eine optimierte und personalisierte Immuntherapie
allergischer Erkrankungen mit rekombinanten Allergenen.
Fortschritte in den Erkenntnissen der Genetik und der Pathophysiologie allergischer
Erkrankungen werden es ermöglichen, eine Vielfalt von wertvollen Biomarkern zu entwickeln,
die neben dem diagnostischen Wert darüber hinaus auch als prognostische und prädiktive
Biomarker herangezogen werden können. Die damit verbundene Aussicht, Säuglinge mit
dem höchsten Risiko zur Entwicklung eines atopischen Marsches frühzeitig zu identifizieren
und entsprechende Präventionsmaßnahmen einzuleiten, stellt ein Paradebeispiel von
Biomarker-basierter PM dar. Mit der PM und den Möglichkeiten der maßgeschneiderten
und gezielten Therapie können mit neuartigen Wirkstoffen sowie Präventionsmaßnahmen
auch personalisierte Interventionen im Sinne einer krankheitsverändernden Strategie
(Disease modifying strategy) den natürlichen Verlauf dieser Erkrankungen beeinflussen [8]. Derartige Optionen bieten sich nunmehr mit einigen Biologika, die gut definierte
immunologische Mechanismen vor allem bei der AD wesentlich spezifischer beeinflussen
können und somit das Potenzial aufweisen, langfristige Remissionen hervorzurufen.