Im Rahmen der zu erwartenden Lockerungen der Corona-bedingten behördlichen Anordnungen
oder Empfehlungen, ist mit einer baldigen Wiederaufnahme von elektiven HNO-Eingriffen
zu rechnen. In einer ersten Stellungnahme zu juristischen Aspekten bei HNO-Elektiveingriffen
haben wir uns zu versicherungsrechtlichen Fragen und Aspekten der Aufklärung sowie
der strengen Beachtung der aktuellen RKI-Hygieneempfehlungen geäußert. Des Weiteren
nehmen wir Bezug auf die aktuelle BMG-Empfehlung „Ein neuer Alltag auch für den Klinikbetrieb
in Deutschland“ vom 27.04.2020 (Ausarbeitung AWMF, DIVI, DKG) (www.hno.org/de/corona).
Des Weiteren haben wir uns zu Beginn der Pandemie zu Arbeitsschutzempfehlungen und
der besonderen Gefährdung von HNO-Ärzten, insbesondere bei diagnostischen und operativen
Maßnahmen im oberen Aerodigestivtrakt, geäußert. Im Rahmen der am 21.03.2020 auf dem
Corona-Ticker geäußerten ersten Warnung haben wir aufgrund der Nicht-Verfügbarkeit
von persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) für unsere Mitglieder von sämtlichen elektiven
Eingriffen an Nase und Nebenhöhlen abgeraten. Die Warnungen führten dazu, dass bundesweit
eine vorrangige Versorgung mit Schutzmaßnahmen für HNO-Ärzte geleistet wurde und mittlerweile
ausreichend Material für den Arbeitsschutz vorhanden ist.
Die jetzige Handlungsempfehlung soll im Rahmen der Wiederaufnahme von elektiver/nicht
notfallmäßiger HNO-Therapie in Klinik und Praxis, also auch der Eingriffe an Nase-
und Nasennebenhöhlen, darstellen („elektiv“ ist nicht klar definiert und führte im
Rahmen der behördlichen Anordnungen zu unterschiedlichen föderalen Betrachtungen bzw.
Verboten), wie eine Art pragmatische Hygieneübersetzung der teilweise im Allgemeinen
bleibenden RKI-Empfehlung erfolgen kann. Wir weisen darauf hin, dass sämtliche Empfehlungen
auf sehr geringer Evidenz fußen und sich in den nächsten Wochen ändern können. Es
ist davon auszugehen, dass die Pandemie über einen längeren Zeitraum eine Herausforderung
an den Infektionsschutz bei unserer Arbeit darstellt. Die folgende Handlungsempfehlung
wurde von den Präsidien der DGHNO-KHC und des BVHNO konsentiert und am 29.04.2020
verabschiedet.
1. Corona-Schutzmaßnahmen Poliklinik, Ambulanz, Praxis
In der Regel sind Patienten, die ambulante Einrichtungen wie Praxen, Ambulanzen und
Polikliniken betreten, nicht Corona-getestet. Insofern ist eine Art Schleuse zur initialen
Lenkung und Kohortierung idealerweise vor Eintritt in Praxis/Ambulanz/Poliklinik einzurichten.
Somit sollte ein „Corona-Bereich“ eingerichtet und vom Nicht-Corona-Bereich getrennt
werden (Kohortierung; alternativ zeitlich getrennte Sprechzeiten). Die Patienten sollten
im Vorfeld aufgefordert werden, die Praxis ohne Begleitpersonen (Ausnahme Minderjährige
oder betreute Personen) und mit MNS (bundesweite Maskenpflicht; Kleinkinder ausgeschlossen)
zu betreten.
Der Patienten-MNS kann nach RKI (14.04.2020) auch eine Mund-Nasen-Bedeckung sein (Schal,
selbstgenähter MNS). Der medizinische „chirurgische“ und damit dreilagige MNS ist
vorzuziehen (www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2020/Ausgaben/19_20_MNB.html).
a) Kohortierung
Im Prinzip sollte eine räumliche und/oder zeitliche (falls räumlich nicht möglich),
organisatorische Trennung der Sprechstunden erreicht werden (Infektsprechstunde für
Patienten mit jeglichen Infektbeschwerden inkl. Riech- und Schmeckverlust, übrige
Sprechstunden für Hörminderung, Schwindel etc.). Bei der Kohortierung (räumlich ideal)
sollte vor oder im Eingangsbereich eine kurze Anamnese (Fieber, Husten, Atemnot, Gelenkschmerzen,
Anosmie, Geschmackstörungen, Kontakt mit Corona-positiven Menschen) und ein Fieberscan
durchgeführt werden. Alle Patienten tragen eine Maske (sinnvollerweise bereits bei
der Terminvergabe auf Maskenpflicht hinweisen), oder bekommen am Eingang eine ausgehändigt
(MNS ausreichend). Des Weiteren erfolgt eine erste Händedesinfektion. Sollte sich
die Temperatur > 37,5 °C oder Anamnese als auffällig erweisen, wird der Patient in
den Corona-Bereich geführt und ein Abstrich genommen. Das Personal im Corona-Bereich
trägt Schutzausrüstung (mittlerweile bundesweit etabliert: Brille/Visier, FFP2-Maske,
Schutzkittel und Handschuhe) und führt einen Abstrich durch (PCR). Sollte eine räumliche
Kohortierung nicht möglich sein, kann auch eine versetzte Sprechstunde eine alternative
Lösung darstellen. Der Patient verlässt dann wieder die Praxis und bleibt zuhause
(Quarantäne) bis zum Vorliegen des Testergebnisses (nach 6–24 h, Tests symptomatischer
Patienten sind Kassenleistung). Der weitere Verlauf orientiert sich an den RKI-Maßnahmen
und Testkriterien, inkl. Meldung an das Gesundheitsamt (http://multimedia.gsb.bund.de/RKI/Flowcharts/covid19-arzt/).
Passiert der Patient ohne Auffälligkeiten die Schleuse, wird er nach Maskenkontrolle
und erfolgter Händedesinfektion in den Nicht-Corona-Bereich gebeten. MNS-Pflicht für
den gesamten Aufenthalt in der Praxis/Ambulanz/Poliklinik wird empfohlen.
b) Organisation Empfangs- und Wartebereich (Nicht-Corona)
Für den Personalschutz in Kontaktbereichen sollten konsequent Trennscheiben (Plexiglas,
Herstellung durch Schreiner, Messebau, Praxisausstatter) analog zum Schutz der Kassiererinnen
in Supermärkten eingearbeitet werden. In den Wartebereichen sollten die Patienten
neben-, hintereinander, nicht aber gegenübersitzen. 1,5 m Mindestabstand muss umgesetzt
werden (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 16.04.2020). Strenge MNS-Pflicht
aller Patienten und des Personals muss eingehalten werden. In jedem Zimmer sollten
Händedesinfektionsspender verfügbar sein.
Soweit es die Räumlichkeiten zulassen, sollten Patienten, die einer Risikogruppe angehören
(insbes. Pat. > 65 Jahre, Tumorpatienten, tracheotomierte Patienten, Patienten mit
Mukoviszidose, Immundefiziens etc.) von anderen Patienten im Wartebereich getrennt
bleiben.
c) Hygienekonzept für Untersuchungsräume, Untersuchungseinheiten und Instrumentarium
(Nicht-Corona)
Neben strenger Einhaltung der Hygienemaßnahmen, regelmäßiger Desinfektion von Türgriffen
und Oberflächen, abgedeckter Untersuchungseinheit samt Instrumente, weisen wir auf
regelmäßige Händedesinfektion, ggf. Tragen von Handschuhen, MNS und Schutzbrillen
in der Routine im Corona-negativen Bereich hin. Zusätzlich sollte man die Untersuchungszeit
am Patienten möglichst kurzhalten und in Corona-Zeiten, soweit vertretbar, die Untersuchungen
auf das Wesentliche reduzieren.
Für spezielle Untersuchungen (Rhinoskopie, Tracheostomapflege, Laryngoskopien, flexible
transnasale Pharyngoskopien etc.) sollte zusätzlich ein tröpfchendichtes Gesichtsvisier
getragen werden. Die Visiere können aus Kunststofffolien (beispielsweise Overhead-Folien)
oder mittlerweile im 3D-Druckverfahren hergestellt oder von mittlerweile diversen
Herstellern erworben werden. Notfalls tut es auch eine größere Schutzbrille (Laborbrillen,
Gesichtsvisiere, wie im OP verwandt, oder Kombinationen aus MNS und Visier).
Wichtig ist, dass der MNS enganliegend getragen wird und das Visier das Gesicht bzw.
Augen-Wangenbereich zu 180° umspannt. Das Visier sollte auch möglichst eng am Gesicht
getragen werden. Siehe hierzu auch „Stellungnahme Pragmatischer Personalschutz“ vom
30.03.2020 im Corona-Ticker (www.hno.org/de/corona). Schließlich können beweglich angebrachte, selbsthaltende Schutzscheiben an den
Untersuchungseinheiten auch eine Hilfe für das Personal im Behandlungsraum darstellen.
d) Corona-sichere Funktionsdiagnostik (Personalschutz Audiometrie, Pädaudiologie etc.)
Generell gelten die Hygienegrundregeln, wie Abstand, strenge MNS-Pflicht und konsequente
Desinfektion von Patientenkontaktbereichen. Besonders empfindlich sind enge Audiometrie-Kabinen,
in denen sich Untersucher und Patient gleichermaßen für den Zeitraum der Untersuchung
gemeinsam aufhalten müssen. Beim direkten Interagieren z. B. mit den Kindern (Pädaudiologie)
und Nicht-Einhaltungsmöglichkeit der 1,5 m wird das Tragen von FFP2-Masken (anstatt
MNS) empfohlen. Auch hier können fest installierte Plexiglasscheiben einen guten Personalschutz
bieten. Untersuchungen, wie Ultraschall und andere reine Kontaktverfahren, können
nach konsequenter Oberflächen- und Gerätedesinfektion problemlos durchgeführt werden.
e) Corona-sichere Rhinomanometrie
Bei der Durchführung einer Rhinomanometrie/akustischen Rhinometrie (auch nasale Provokationen)
ist darauf zu achten, dass zertifizierte single-use Komponenten verwendet werden und
der Hersteller Möglichkeiten zur Dokumentation von Aufbereitungsmaßnahmen zur Verfügung
stellt.
f) Corona-sichere Riechtestung
Bezüglich Riechtests ist darauf zu achten, dass auch hier die Abstandregeln zum Patienten
einzuhalten sind, sowohl von der untersuchenden Person als auch von den verwendeten
Materialien. Hier sollte auf ein Einmal-Testsystem zurückgegriffen werden (UPSIT-40
Test, B-SIT oder Pocket Smell Test zum Screening). Bezüglich der Verwendung der verschiedenen
wiederverwertbaren Systeme der Sniffin’ Sticks ist festzuhalten, dass bei einer direkten
Darreichung der Riechstifte unter die Nase des Patienten eine Kontamination beim Ausatmen
nicht ausgeschlossen werden kann. Alternativ kann mit dem Filzschreiber-ähnlichen
Riechstift ein ca. 2 cm langer Strich auf ein Stück Papier gezogen werden und dann
dem Patienten das Papier gereicht werden. Da bei der am häufigsten durchgeführten
reinen Identifikationstestung überschwellige Duftkonzentrationen verwendet werden,
ist mit einer zu vernachlässigbaren Abweichung von den Ergebnissen der sonst üblichen
Testung zu rechnen. Bei dieser Vorgehensweise ist allerdings zu berücksichtigen, dass
diese mit einem schnelleren Aufbrauchen der Riechstifte und reduzierter Haltbarkeit
einhergeht.
g) MNS; FFP2,3; PSA
Nach den jüngsten Ausführungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
vom 16. April 2020 gilt folgende offizielle bundesweite behördliche Definition des
Standards, nachzulesen unter (www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/einheitlicher-arbeitsschutz-gegen-coronavirus.html). Besonders strikt ist auf die ausschließlich personenbezogene Benutzung jeglicher
Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und Arbeitsbekleidung zu achten. Bei unvermeidbarem
Kontakt zu anderen Personen bzw. nicht einhaltbaren Schutzabständen sollten Mund-Nase-Bedeckungen,
in besonders gefährdeten Arbeitsbereichen (COVID-Abstrich bei symptomatischen Patienten,
Umgang mit sicher SARS-CoV-2-positiven Patienten) PSA + FFP2 getragen werden. FFP2,3-Masken
werden in der aktuellen o. g. Arbeitsschutzempfehlung im Allgemeinen, also auch im
alltäglichen, nicht besonders Corona-gefährdeten Praxis-/Ambulanz/Poliklinikbetrieb
nicht mehr explizit genannt.
Aus unserer Sicht empfehlen wir bei Untersuchungen mit hohem Infektionsrisiko MNS
(ggf. FFP2) + Brille/Visier (sie auch c.). Dies gilt für COVID-negative und nicht
getestete Patienten ohne einschlägige Symptomatik.
FFP≥ 2-Masken bleiben den definitiven COVID-positiven Behandlungsbereichen im Rahmen
der PSA (mittlerweile bundesweit etabliert: Brille/Visier, FFP2-Maske, Schutzkittel
und Handschuhe) vorbehalten.
h) Verfahrensweise mit Corona-positiven Patienten
Generell gilt, dass definitive SARS-CoV-2-positiv getestete Patienten, soweit nicht
symptomatisch oder mit milder Symptomatik, in die häusliche Quarantäne geschickt werden
müssen. COVID-19-Patienten sollten insbesondere bei beginnender Atemwegssymptomatik
mit „Luftknappheit“ unverzüglich in die nächste Klinik mit COVID-Behandlungseinrichtung
überwiesen werden.
i) Maskenpflicht für Personal und Patienten
Es wird nochmals betont, dass MNS für Ärzte und Patienten in Kombination mit konsequenter
Händedesinfektion die beste und effektivste Barriere zum Arbeitsschutz in HNO-Praxen
und HNO-Kliniken darstellt. Ein MNS bedeckt das Gesicht inklusive des Nasenrückens
und des Kinns!
2. Obligate präoperative Testung, Zeitraum, präOP Quarantäneempfehlungen
Wie sich gezeigt hat, sind die aktuell gängigen PCR-Abstrichtestungen hoch spezifisch
(> 99 %) und ausreichend sensitiv (ca. 5 % falsch-negativ), soweit der Abstrich fachgerecht
durchgeführt wurde. Nachdem mittlerweile bekannt ist, dass die initiale Replikation
von SARS-CoV-2 insbesondere in Nase und Oropharynx in den ersten 5 Tagen der Infektion
sehr hoch ist, erscheint die Gefahr von Abstrichfehlern, soweit durch die Nase und
an der Rachenhinterwand direkt hinter der Uvula durchgeführt, relativ gering (Wichtig:
tiefer Nasenabstrich). Falsch-negative Ergebnisse können z. B. auch aufgrund schlechter
Probenqualität, unsachgemäßem Transport oder ungünstigem Zeitpunkt (bezogen auf den
Krankheitsverlauf) der Probenentnahme nicht ausgeschlossen werden. Nähere Hinweise
benennt das RKI nach seiner jüngsten Korrektur vom 24.04.2020: www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Vorl_Testung_nCoV.html.
Es empfiehlt sich, die genauen Handlungsanweisungen des regionalen Labors zu berücksichtigen
und die oben genannte PSA im Rahmen des Abstrichs streng einzuhalten.
Auch wenn das RKI aktuell im Allgemeinen von einer Testung asymptomatischer Personen
abrät, schließen wir uns der Vorgabe führender Krankenhaushygienikern und dem Vorgehen
vieler Kliniken in Deutschland an, und empfehlen für alle Patienten, vor einem elektiven,
bzw. auch kurzfristig planbaren ambulanten und stationären HNO-Eingriff, die Durchführung
einer präoperativen PCR-Abstrichtestung.
Die Testung muss kurzfristig, max. 48 h vor OP erfolgen (Laborzeiten 6–24 h in Deutschland).
Der Test ist eine Momentaufnahme und gibt lediglich akzeptable Sicherheit für den
Zeitpunkt des Abstrichs. Insofern sind neben dem kurzfristig vor OP durchgeführten
Test strikte Quarantänemaßnahmen zwischen Abstrich und OP einzuhalten. Stationäre
Patienten werden idealerweise am präoperativen Aufnahmetag abgestrichen (soweit tageszeitliches
Ergebnis möglich), und dann in der Klinik mit Ausgangssperre und MNS-Pflicht aufgenommen
(„kaserniert“). Das Negativ-Ergebnis ist Bedingung für Freigabe zur OP. Falls sich
der Abstrich als positiv erweisen sollte, wird der Patient entlassen und in Quarantäne
geschickt. Hier greifen dann die weiteren Empfehlungen für SARS-CoV-2-positive Patienten
nach RKI (siehe unter 1.a). Die geplante OP wird verschoben auf mind. 14 Tage nach
Negativtestung bei Symptomfreiheit und ggf. länger bei COVID-Erkrankung.
Bei ambulanten und stationären Patienten, wo im Rahmen der Auftragsleistung durch
externe Labore/Institute die Tests nicht in Tagesfrist erfolgen können (Testung am
Aufnahmetag vor OP nicht zeitgerecht, oder prästationäre Aufnahme nicht möglich),
wird die freiwillige Quarantäne des Patienten in dem möglichst kurzen Zeitraum zwischen
Abstrich und ambulanter OP (abhängig von Labor-Ergebnislieferung) empfohlen. Entsprechende
Aufklärung zur Einhaltung der Quarantäne ist mit dem Patienten durchzuführen und durch
Unterschrift zu vereinbaren.
Der einmalige präoperative Abstrich setzt voraus, dass die Klinik eine Zugangsschleuse,
Besuchsverbot, MNS-Pflicht für Personal und Patienten sowie strenge Kohortierung COVID-19-positiver
Patienten einhält.
Nach der aktuellen WHO-Bewertung vom 24.04.2020 sind Patienten, die einen positiven
IgG-AK-Test aufweisen, bzw. nachgewiesenermaßen von COVID-19 wieder genesen sind,
nach derzeitigem Wissen nicht zwingend vor einer Re- oder Zweitinfektion geschützt
(www.who.int/news-room/commentaries/detail/immunity-passports-in-the-context-of-covid-19). Insofern gilt die Empfehlung des präoperativen Abstrichs bei Patienten vor planbaren
Operationen ausnahmslos.
Eine alternative 14-tägige häusliche Quarantäne vor einer planbaren OP anstatt Testung
wird nicht empfohlen.
3. Schutzmaßnahmen im Corona-freien Elektiv-OP
a) Wann besondere PSA?
Generell gelten im HNO-OP (strenger COVID-negativer Bereich) die allgemeinen Hygienestandards
inkl. MNS, die beim Operateur und unmittelbar Beteiligte (Assistenz, Tisch-Pflegepersonal,
Anästhesist bei Intubation) durch die zusätzliche Empfehlung einer Schutzbrille ergänzt
werden. Die Schutzbrillenempfehlung gilt nicht für weitere Personen mit Abstand, wie
Springer, Anästhesie etc.. Kontinuierliche Schulung und möglichst geringe Zahl der
Personen im OP ist für die Sicherheit von Patienten und Personal unerlässlich. Ein
„ambulanter“ und ein „stationärer“ Operationsbereich haben diesbezüglich identische
Standards.
Für die wahrscheinlich infektiöseste HNO-OP, die Not.-, oder dringliche Tracheotomie,
gelten die Empfehlungen einer auf dem Corona-Ticker nachlesbaren und sorgfältig erarbeiteten
SOP von Lindemann et al. (http://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/a-1151-7932). Bei Elektiv-Operationen wurde bereits früh auf die besondere Gefahr von endonasalen
Eingriffen hingewiesen (www.hno.org/de/corona).
Nach aktueller Empfehlung des RKI (Stand: 01.04.2020) sollten bei allen Tätigkeiten,
die mit Aerosolproduktion einhergehen (z. B. Intubation oder Panendoskopie, Bronchoskopie,
Nasennebenhöhlenchirurgie), bei unklarerer SARS-CoV-2-Infektionslage Atemschutzmasken
(FFP2 oder darüberhinausgehender Atemschutz) getragen werden. Die spezifische Situation
von operativen Eingriffen im oberen Respirationstrakt ist in den Empfehlungen des
RKI nicht explizit genannt. Als aktuelle Empfehlung für die elektive Nasennebenhöhlenchirurgie
sind somit mindestens MNS bei Abstrich-negativen Patienten, oder FFP2-Maske, ein steriler,
flüssigkeitsdichter OP-Kittel, Schutzbrille und sterile Handschuhe einzufordern. Eine
kamerageführte Endoskopie (videogestützte OP) ist zu empfehlen, da hierdurch der Patientenabstand
zum Operateur vergrößert wird. Ein Visier, sofern verfügbar, ist einer Schutzbrille
vorzuziehen. Ein Ganzkörperschutzanzug, sog. PAPR („Powered Air Purifying Respirator“ = Respirator-Anzug
mit aktiver Belüftung) wird explizit nicht empfohlen.
In einer kürzlich durchgeführten Studie erzeugte die Anwendung von Standard-Kaltgeräten
oder Mikrodebridern keine nachweisbaren Aerosole. Im Gegensatz dazu erzeugten Hochgeschwindigkeitsbohrer
eine signifikante Aerosolkontamination (Workman, A. D. et al., Endonasal instrumentation
and aerosolization risk in the era of COVID-19: simulation, literature review, and
proposed mitigation strategies. Int Forum Allergy Rhinol, 2020.). Dieser Umstand ist
bei Anwendung der Fräse generell, und insbesondere endonasal oder im Rahmen einer
Rhinoplastik zu berücksichtigen. Ein definitiver Atemschutz (FFP2) und ein Ganzgesichtsvisier
könnte hier die Sicherheit erhöhen; keine definitive Evidenz).
b) Besondere Desinfektionsmaßnahmen am Patienten
Besonderen Desinfektionsmaßnahmen, wie beispielsweise die endonasale intraoperative
Spülung mit Antiseptika zur Reduktion der vermeintlichen Viruslast vor OP-Beginn werden
nicht empfohlen (keine Studienlage). Davon unberührt bleiben die bislang üblichen
Desinfektionsmaßnahmen des Mund-/Rachenraums beispielsweise im Rahmen der Tumorchirurgie.
4. Empfehlungen zur Indikationsstellung
Die Indikationsstellung von elektiven Eingriffen in der HNO-Heilkunde sollte in Zeiten
der Corona-Pandemie streng erfolgen. Wie eingangs bereits erwähnt, ist der Begriff
„elektiv“ nicht klar definiert und führte im Rahmen der behördlichen Anordnungen zu
unterschiedlichen Interpretationen. Grundsätzlich wird an dieser Stelle festgestellt,
dass außer rein ästhetischen Eingriffen, die ohnehin einen besonderen Status als Selbstzahlerleistung
genießen, alle von den Kostenträgern übernommenen Gesundheitsleistungen als notwendig
und nicht „auf nächstes Jahr verschiebbar“ zu betrachten sind. Es empfiehlt sich also,
in Abgrenzung von Notfällen den Begriff des kurz- (4 Wochen) und mittelfristig (3
Monate) „planbaren HNO-Eingriffs“ zu verwenden. Da nach Maßgabe des RKI offiziell
von einer langen Dauer der Pandemie auszugehen ist, sehen wir unter Einhaltung der
in dieser Schrift ausgeführten umfangreichen Schutzmaßnahmen die Durchführung von
planbaren HNO-Eingriffen für gut und sicher möglich an, soweit behördliche Anordnungen
nicht dagegensprechen.
Die einzige neben den bisher geltenden medizinischen Standards zusätzliche Indikationseinschränkung
für planbare HNO-Eingriffe ist eine positive SARS-CoV-2-Testung und eine definitive
COVID-19-Erkrankung. Die Karenzzeit bis zur sicheren Durchführung eines planbaren
HNO-Eingriffs richtet sich nach dem Krankheitsverlauf. Abstrich-positive asymptomatische
Patienten sollten bis mindestens 14 Tage nach letztem neg. Abstrich im Follow-up verschoben
werden.
Die DGHNO und der BVHNO behalten sich vor, dass diese Handlungsempfehlung zum jetzigen
Stand gilt, aber durch die hohe Dynamik der Erkenntnisse im Rahmen des Pandemieverlaufs
regelmäßigen Anpassungen unterliegt. Ganz prinzipiell empfehlen wir die Abstimmung
mit den vor Ort gültigen Vorgaben der medizinischen Leitung des Krankenhauses, der
Krankenhaushygiene und der örtlichen Gesundheitsbehörden. Die Indikationsstellung
bleibt generell eine Einzelfallentscheidung und unterliegt der Verantwortung des Arztes.