Hebamme 2020; 33(03): 20
DOI: 10.1055/a-1171-0112
Studienergebnisse
Kurz berichtet

Wann Geburtseinleitungen evidenzbasiert sind

 

Coates D, Makris A, Catling C et al. Sanders RA, Crozier K. A systematic scoping review of clinical indications for induction of labour. PLoS One 2020; 15(01):e0228196. doi: 10.1371/journal.pone.0228196

Aufgrund der steigenden Zahl an Geburtseinleitungen (GEL) in den vergangenen Jahrzehnten, mit schwankenden Zahlen zwischen einigen Regionen oder sogar Krankenhäusern, erstellten die Autoren diesen Scoping Review. Ihr Ziel war es, herauszufinden, welche Indikationen evidenzbasiert sind und wo es eventuell noch Wissenslücken zu schließen gilt. Für jede Indikation suchten sie nach systematischen Reviews, Metaanalysen, randomisiert-kontrollierten Studien, Kohorten- und Fallstudien, die das mütterliche und das kindliche Outcome für verschiedene Geburtsmodi oder Geburtszeitpunkte beschrieben. Schließlich wurden 68 Studien eingeschlossen, welche die Indikationen Terminüberschreitung (15), Hypertonie / Präeklampsie (15), Diabetes (9), vorzeitiger Blasensprung (VBS) (5), Gemini (5), V. a. fetale Gefährdung / Beeinträchtigung (4), hoher mütterlicher BMI (4), Cholestase (3), V. a. Makrosomie (3), fetale Gastroschisis (2), maternales Alter (2) und maternale kardiale Erkrankungen (1) beschrieben.

Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass die Terminüberschreitung eine begründete Indikation darstellt, jedoch der Zeitpunkt der GEL (41. vs. 42. SSW) nicht evidenzbasiert sicher benannt werden kann. Auch bei Hypertonie / Präeklampsie kommen die Autoren zu dem Schluss, dass eine GEL das maternale Outcome verbessern kann.

Bei einem VBS zwischen 24. und 37. SSW sprächen die Ergebnisse eher für ein abwartendes Verhalten als eine Geburtseinleitung. Bei VBS am Termin hingegen stützten die Zahlen knapp die GEL.

Für alle anderen Indikationen konnten die Autoren aufgrund sich widersprechender Ergebnisse keine eindeutige Evidenz nachweisen.

Fazit: Geburtseinleitungen bleiben bis auf wenige eindeutige und wissenschaftlich belegte Indikationen eine sehr individuelle Entscheidung, die gut überlegt und auch hinreichend hinterfragt werden sollte.

asg

Muttermilch kann Sepsis verhindern

Knoop KA, Coughlin PE, Floyd AN et al. Maternal activation of the EGFR prevents translocation of gut-residing pathogenic Escherichia coli in a model of late-onset neonatal sepsis. PNAS 2020; 117(14) 7941-7949. doi: 10.1073/pnas.1912022117

Bei Frühgeburten und extremen Frühgeburten kann im Zeitraum zwischen 72 Stunden und 7 Tagen nach der Geburt eine Sepsis auftreten. Diese „late-onset-sepsis“ (LOS) endet in vielen Fällen tödlich für das Neugeborene. Wissenschaftler aus den USA haben am Mausmodell nachgewiesen, welche Auswirkungen die Muttermilch auf die Inzidenz der Sepsis hat.

Dafür untersuchten Kathryn Knoop und Kollegen eine Gruppe aus Mäusen. Die Theorie besagt, dass der Epidermal Growth Factor (EGF), dessen Konzentration im Colostrum erhöht ist, vor einer Sepsis schützen soll. Diese entsteht nämlich in vielen Fällen durch Darmbakterien, die aufgrund der unterentwickelten Organschranke in den Blutkreislauf des Neugeborenen gelangen. Die Wissenschaftler fütterten Mäuseneugeborene mit E. coli. Eine Gruppe bekam Colostrum mit hoher EGF-Konzentration, eine andere Gruppe erhielt späte Muttermilch von Mäusen, deren Wurf früher stattgefunden hatte, mit einer niedrigeren EGF-Konzentration. Bei beiden Gruppen wurde der EGF-Rezeptor blockiert.

Muttermilch schützt vor Sepsis: Die Mäuse, die Colostrum mit hoher EGF-Konzentration erhielten, zeigten in deutlich weniger Fällen eine Sepsis. Damit ist die Verbindung zwischen Muttermilch, EGF-Konzentration und Sepsis durch Darmbakterien nachgewiesen.

Quelle: gyn-community.thieme.de


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Verbindungen zu autistischen Störungen

Yu Gao, PhD; Yongfu Yu, PhD; Jingyuan Xiao, MPH; et al. Association of Grandparental and Parental Age at Childbirth With Autism Spectrum Disorder in Children. JAMA Netw Open. 2020;3(04): e202868. doi:10.1001/jamanetworkopen.2020. 2868

Hat das Alter der Eltern oder Großeltern bei der Schwangerschaft etwas mit der Prävalenz von autistischen Störungen zu tun? Dies wollten dänische Wissenschaftler herausfinden und untersuchten in dieser nationalen Kohortenstudie die Daten aus dem dänischen Gesundheitsregister.

Yu Gao und Kollegen untersuchten insgesamt 1 476 783 Geburten im Zeitraum zwischen 1990 und 2013 – und brachten diese mit dem Alter der Eltern und Großeltern während der Schwangerschaft in Verbindung. Klar war bereits zuvor, dass das Alter der Eltern eine entscheidende Rolle spielt. So ergab sich bei Eltern über 30 eine odds Ratio von 1,56, dass das Kind später eine autistische Störung aufwies. Diese stieg bei Eltern über 40 leicht auf 1,57 an.

Bei Großeltern Daten komplexer: Bei den Großeltern konnten die Wissenschaftler zwei Trends erkennen. Zum einen stieg die OR für autistische Störungen an, wenn die Großeltern bei Schwangerschaft mit einem Elternteil unter 19 Jahre alt waren (OR: 1,68). Sie stieg zum anderen aber auch an, wenn die Großeltern bei Schwangerschaft älter als 40 Jahre alt waren (OR 1,40). Autistische Störungen scheinen also tatsächlich auch generationenübergreifend aufzutreten.

Quelle: gyn-community.thieme.de


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Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
30. Juni 2020

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