Sehr geehrte Herausgeber,
Die Publikation der o. g. Studie in der „Aktuellen Dermatologie“ bedarf einer Richtigstellung,
da die Wissenschaftlichkeit der Publikation entsprechend der Anforderung der Autorenrichtlinien
für die „Aktuelle Dermatologie“ Fragen aufwirft.
Die Aussage in der Zusammenfassung der Arbeit „Es konnte mittels objektiver, validierter
dermatologischer Messmethoden bestätigt werden, dass die orale Aufnahme von speziellen
Kollagen-Peptiden über einen längeren Zeitraum die Hautphysiologie (Lipidgehalt der
Hautoberfläche, Stratum-corneum-Hydratation, Hautelastizität, Hautglätte und Hautdichte)
positiv beeinflusst.“ ist wissenschaftlich falsch. Das Verb „beeinflussen“ ist laut
Duden definiert als „auf jemanden, etwas einen Einfluss (mit bestimmten Wirkungen)
ausüben“. Der Satz in der Publikation stellt demnach die Behauptung auf, die „orale
Aufnahme von speziellen Kollagen-Peptiden“ übe eine bestimmte Wirkung auf die Haut
aus. Diese Behauptung ist jedoch durch die vorgelegte Untersuchung nicht bewiesen.
Eine wissenschaftlich valide Untersuchung zum Einfluss oral aufgenommener Kollagen-Peptide
auf die Hautqualität hätte in einem doppelblinden, randomisierten Design mit ausreichender
statistischer Power ein Testprodukt mit Kollagen-Peptiden zur oralen Aufnahme mit
einem Kontrollprodukt, etwa einem Placebo, vergleichen müssen.
Ein solches doppelblindes, randomisiertes Testdesign liegt jedoch nicht vor. Es handelt
sich vielmehr um eine offene, nicht kontrollierte Anwendung eines Testproduktes bei
hautgesunden Probanden. Die in der Publikation berichteten Veränderungen der hautphysiologischen
Parameter mögen von den Autoren korrekt gemessen worden sein; sie können jedoch auf
alle möglichen Einflüsse zurückzuführen sein, etwa jahreszeitliche Veränderungen,
UV-Exposition, sportliche Betätigung, Pflege oder andere von den Probanden aufgenommene
Nahrungs- oder Genussmittel. Bezüglich einer Kontrolle dieser für hautphysiologische
Parameter möglicherweise wesentlichen Einflussfaktoren bietet die vorliegende Publikation
keine ausreichenden Informationen.
Da kein adäquates, kontrolliertes Untersuchungsdesign vorlag, ist die vorliegende
Studie wissenschaftlich nicht geeignet, um den behaupteten Einfluss oraler Kollagen-Peptide
auf die Hautqualität beurteilen zu können.
Die vorliegende Studie zeigt leider die häufig zu beobachtende Verwechslung von „Post“
mit „Propter“, d. h., die logisch falsche Behauptung einer Kausalität allein aufgrund
einer zeitlichen Abfolge von Ereignissen. Gerade bei hautphysiologischen Studien mit
einem offenkundig kommerziellen Hintergrund wie im vorliegenden Fall sollte streng
auf ein wissenschaftlich valides Design geachtet werden. Dies bestätigen die Ergebnisse
eines kürzlich veröffentlichten systematischen Reviews zu Wirkungen von Peptiden in
Antiaging-Produkten, wonach das Studiendesign eine wesentliche Einschränkung der überprüften
Studien darstellte [1]. Viele Studien waren nicht doppelt verblindet, was durch den Beobachter-Erwartungseffekt
einen Bestätigungsbias herbeiführen kann [1]. Außerdem verwendete fast die Hälfte der identifizierten Studien keine Placebokontrolle
[1].
Auch hautphysiologische Studien sollten vorab einer Ethikkommission vorgelegt werden.
Ob dies geschah, bleibt in der vorliegenden Publikation unklar.
Gemäß § 15 Abs. 3 der Musterberufsordnung für Ärzte [2] haben Ärztinnen und Ärzte bei der Forschung am Menschen die in der Deklaration von
Helsinki des Weltärztebundes in der Fassung der 64. Generalversammlung 2013 in Fortaleza
niedergelegten ethischen Grundsätze für die medizinische Forschung am Menschen zu
beachten. Laut dieser „Helsinki-Deklaration” [3] muss „medizinische Forschung den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen
entsprechen“. Zu den „allgemein anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen“ gehört,
eine Forschung am Menschen nur durchzuführen, wenn aufgrund des Studiendesigns auch
zu erwarten ist, dass die wissenschaftliche Fragestellung beantwortet werden kann.
Ethik-Kommissionen beraten den für die Durchführung von biomedizinischer Forschung
am Menschen oder von epidemiologischer Forschung mit personenbezogenen Daten verantwortlichen
Arzt über die mit dem Vorhaben verbundenen berufsethischen und berufsrechtlichen Fragen,
damit dieser seiner Berufspflicht entsprechen kann. Dazu gehört auch eine Beratung
zum geeigneten Design und zur erforderlichen „Power“ einer geplanten Studie.
Bei Publikationen über klinische Studien sollte auch auf die Begutachtung von Studien
durch eine Ethikkommission geachtet werden. Vermutlich hätten die beschriebenen Fehler
der angesprochenen Publikation auf diesem Wege vermieden werden können.