Einleitung
Der Morbus Ormond ist mit einer Inzidenz von 0–1/100 000 Einwohner/Jahr eine seltene Erkrankung, welche
mit einer chronisch-entzündlichen Fibrosierung des Retroperitoneums und der abdominalen
Aorta einhergeht. Der Erkrankungsgipfel findet sich in der 5.–6. Lebensdekade [1]. Vogt et al. beschreiben ausführlich das Dilemma der Terminologie im deutschen Sprachgebrauch.
Der Morbus Ormond wird häufig synonym zum Begriff der chronischen Periaortitis verwendet, welche wiederum
die Krankheitsbilder idiopathische retroperitoneale Fibrose (IRF), inflammatorisches
retroperitoneales Aortenaneurysma (IRAA) und perianeurysmatische retroperitoneale
Fibrose (PARF) beinhaltet. Oft wird der Begriff Morbus Ormond aber auch spezifisch für die IRF oder retroperitoneale Fibrose allgemein verwendet
[2]. In diesem Review wird das Krankheitsbild Morbus Ormond als idiopathische retroperitoneale Fibrose beschrieben. Die Klinik ist unspezifisch
und reicht von unklaren Abdominal- und Flankenschmerzen bis hin zur klassischen B-Symptomatik
mit Fieber, Erschöpfungszuständen und Gewichtsverlust. 80–100 % der Patienten zeigen
eine Erhöhung des C-reaktiven Proteins [1]. Die wohl häufigste Komplikation der retroperitonealen Fibrose ist die Obstruktion
der ableitenden Harnwege mit konsekutiver Hydronephrose, welche sowohl unilateral
als auch bilateral auftreten kann. Eine der wichtigsten Herausforderungen an die bildgebende
Diagnostik ist die Differenzierung gegenüber anderen, vor allem inflammatorischen
und malignen Erkrankungen des Retroperitoneums [3]. In 75 % der Fälle gelingt keine Zuordnung der Ätiologie, sodass hier von einer
idiopathischen Fibrose (IRF) ausgegangen wird [4]. Ein Fokus stellt in den letzten Jahren zunehmend die Theorie der IgG4-assoziierten
retroperitonealen Fibrose dar, welche auf dem histologischen Nachweis von IgG4-positiven
Plasmazellinfiltraten beruht [5].
Ätiologie, Krankheitsverlauf und Differenzialdiagnosen
Grundsätzlich wird zwischen einer primären = idiopathischen (dem Morbus Ormond entsprechend) und einer sekundären Form der retroperitonealen Fibrose unterschieden,
wobei eine sichere Zuordnung oft nicht gelingt. Elementar ist der Ausschluss maligner
Erkrankungen als Ursache für die RPF.
Histopathologisch dominieren zunächst ein Gewebeödem, eine Hypervaskularisation sowie
eine Vielzahl von mononuklearen Zellen, Fibroblasten und Kollagenbündeln. In der Spätphase
kommt es dann zu einer zunehmenden Sklerose und vereinzelten Verkalkungen [1]. Die Gewinnung einer prätherapeutischen Histopathologie wird kontrovers diskutiert.
Autoren wie z. B. Cristian et al. postulieren, dass bildmorphologische Verfahren in
ihrer Genauigkeit nicht ausreichen, eine maligne Genese der RPF auszuschließen [6]. Andere Autoren berichten Gegensätzliches und präsentieren signifikante Zusammenhänge
zwischen bildmorphologischen Kriterien (Ausdehnung oberhalb der Nierenstilgefäße,
retroperitoneale Ausbreitung mit Abhebung der Bauchaorta, zusätzlicher Nachweis vergrößerter
Lymphknoten) und funktionellen Parametern (sehr hohe Tracer-Anreicherung bei atypischer
Verteilung in der FDG-PET/CT) als Kriterien für eine maligne Genese der RPF [3]
[7]
[8]. Es bleibt also unklar, ob die histopathologische Sicherung in jedem Fall nötig
ist; bei atypischer Lokalisation, klinischen oder diagnostischen Hinweisen auf eine
maligne Genese und/oder bei fehlendem Ansprechen der Fibrose auf eine medikamentöse
Therapie sollte die Gewinnung einer Histologie jedoch dringend angestrebt werden.
Die Unterscheidung zwischen einer primären/idiopathischen und einer sekundären Form
der Fibrose ist essenziell, da erstere ausgezeichnet auf eine immunsuppressive Therapie
anspricht, bei einer sekundären Form die medikamentöse Therapie hingegen meist nicht
zielführend ist. Eine Definition von wichtigen Aspekten für eine genauere Klassifikation
wurde unter anderem von Fernando et al. vorgestellt und von Brandt et al. nochmals
ausführlich dargestellt [9]
[10]
[11]:
1. Idiopathische RPF ohne Vorliegen von Kofaktoren
In 75 % der Fälle gelingt keine Zuordnung der Ätiologie, sodass das Bild einer idiopathischen
Fibrose (IRF) vorliegt [4].
2. RPF als Folge von bzw. in Kombination mit einer arteriellen Gefäßerkrankung
Bei ca. 10–20 % der Patienten mit RPF können Aneurysmen oder Arteriosklerose beschrieben
werden. Als Pathogenese werden der Austritt von Antigenen durch die geschwächte Media
und eine konsekutive lokale Immunreaktion mit begleitender Entzündung und anschließender
Fibrosierung diskutiert [12].
3. RPF als Folge von bzw. in Kombination mit einer Autoimmunerkrankung oder Vaskulitis
Eine Korrelation von RPF und Autoimmunerkrankungen (z. B. einer Hashimoto-Thyreoiditis)
wird von verschiedenen Autoren in ca. 10–20 % der Fälle beschrieben. Daher sollte
die Diagnostik einer RPF die Abklärung einer evtl. autoimmunen Genese beinhalten [12]
[13]. Eine wichtige Differenzialdiagnose aus dem Formenkreis der rheumatologischen Erkrankungen
ist die Erdheim-Chester-Erkrankung (ECD), eine seltene Form der Nicht-Langerhans-Zell-Histiozytose
mit teils schlechter Prognose und hoher Letalität. Als multisystemische Erkrankung
zeigen sich typischerweise eine Beteiligung der langen Röhrenknochen, eine periarterielle
Entzündung v. a. der Aorta und retroperitoneale, meist perirenale Fibrosierungen.
Ein typisches Zeichen in der CT stellen die sogenannten „hairy kidneys“ dar [14]
[15].
4. IgG4-assoziierte RPF
Ein Fokus stellt in den letzten Jahren die Theorie der IgG4-assoziierten retroperitonealen
Fibrose dar, welche auf dem histologischen Nachweis von IgG4-positiven Plasmazellinfiltraten
beruht. Darüber hinaus werden bei bis zu 60 % der RPF-Patienten erhöhte IgG4-Spiegel
im Serum festgestellt; der Anteil der IgG4-assoziierten RPF an den sonst als idiopathisch
bzw. primär RPF klassifizierten Patienten könnte also höher sein als bisher angenommen
[5]
[16]. Die häufigste Form der IgG4-assoziierten Erkrankungen ist die Typ-1-Autoimmunpankreatitis.
Gemein ist den IgG4-assoziierten Erkrankungen das gute Ansprechen auf Glukokortikoide,
was meist mit einem raschen Ansprechen der klinischen und laborchemischen Parameter
einhergeht. Als Alternativen stehen bei steroidrefraktären Verläufen Tamoxifen, Methotrexat
(MTX), Azathioprin und Cyclophosphamid zur Verfügung [17].
Arora et al. zeigten aktuell, dass auch bei negativer Histologie und Vorliegen einer
erhöhten IgG4/total-IgG-Ratio von einer IgG4-assoziierten Krankheit ausgegangen werden
sollte. Unterstrichen wurde die Tatsache, dass sich Patienten mit und ohne positive
Histologie in ihrer Klinik nicht unterschieden und im Gegensatz zur Histologie die
IgG4/total-IgG-Ratio die sensitivste Methode der Wahl darstellte [8].
5. Medikamentös/toxisch-induzierte RPF
Rauchen, Ergotamin-Derivate (v. a. Methysergid), Opioid-Missbrauch und Asbestexposition
gelten als Risikofaktoren für eine RPF. Rauchen, ANA-Positivität und lumbale Schmerzen
waren mit erneutem Wiederauftreten der retroperitonealen Fibrose, nach initialer Remission
nach Steroid- und /oder MTX-Therapie, assoziiert [18]
[19]
[20].
6. RPF als Folge von Bestrahlung oder Operation
Diese sekundäre Form der RPF steht nur wenig in Zusammenhang mit dem Krankheitsbild
des Morbus Ormond und sollte wie eine Strahlenfibrose oder Vernarbung eingeordnet
und therapiert werden [21].
7. Paraneoplastische/maligne RPF
Ob diese Form der sekundären RPF eine eigenständige Entität beschreibt, oder nicht
vielmehr eine (vorgetäuschte) Fibrose im Rahmen einer malignen Grunderkrankung (z. B.
Lymphom, Sarkom) und somit eher eine Differenzialdiagnose darstellt, muss diskutiert
werden. Festzuhalten bleibt, dass sie nicht auf eine medikamentöse Therapie mit Immunsuppressiva
anspricht. Im Fokus sollten daher die Diagnostik, z. B. mittels Biopsie, und Behandlung
der malignen Grunderkrankung stehen [11].
Bildmorphologische Merkmale
Die radiologische Bildgebung besitzt eine zentrale Rolle und stellt den Goldstandard
in der Diagnostik und Verlaufskontrolle der RPF dar, da sie entscheidet, ob z. B.
Doppel-J-Schienen entfernt werden können oder eine Medikation pausiert wird, während
der Stellenwert vieler Laborparameter als Therapiemonitoring weiterhin unklar bleibt
[11]
[22].
CT-morphologische Parameter, wie z. B. die Hounsfield-Einheiten während der venösen
und späten Kontrastmittelphase sowie der maximale Durchmesser der Fibrose, gelten
als prädiktive Marker für eine Verbesserung bzw. Verschlechterung der Nierenfunktion
bei RPF nach medikamentöser Therapie [23].
1. Sonografie
Die Sonografie galt als nichtadäquate Methode; neuere Publikationen von Autoren wie
z. B. Kamper et al. zeigen jedoch, dass die moderne Sonografie unter speziellen Rahmenbedingungen
als Methode zur Verlaufskontrolle eingesetzt werden kann [24]. 35 Patienten mit mittels MRT gesicherter RPF in typischer Ausbreitung wurden sonografisch
mit 4 standardisierten Schnitten (transversal auf Höhe des Nierenstiels, auf Höhe
der Aortenbifurkation sowie jeweils transversal durch die Arteria iliaca communis)
korreliert. Es wurde der konventionelle B-Modus, „tissue harmonic imaging“ sowie die
Weitwinkelfunktion benutzt. Dabei konnte vor allem das „tissue harmonic imaging“ in
94,2 % (n = 33) der Patienten die RPF in ihrer Ausdehnung adäquat darstellen und zeigte
eine signifikant bessere Visualisierung als der B-Modus.
2. CT/MRT
Der Hauptteil der Bildgebung erfolgt jedoch mittels der schnittbildgebenden Verfahren
CT und MRT.
In der CT erscheint die RPF als isodense periaortale Raumforderung, typischerweise
unterhalb des Nierenstiels, mit Ausbreitung bis iliacal commun. Als Zeichen der Floridität
weist die RPF oft eine intensive Kontrastmittelaufnahme auf. Eine Dilatation der ableitenden
Harnwege kann sehr gut dargestellt und verfolgt werden, eine Evaluation der betroffenen
Gefäße ist adäquat möglich ([Abb. 1], [5]).
Abb. 1 CT in arterieller (a, b, axiale MPRs) und portalvenöser (c, d, koronale MPRs) Kontrastmittelphase. Klassisches Bild einer RPF mit iso- bis hypodenser,
retroperitonealer, periaortaler Verdichtung (blauer Pfeil) unter dem Nierenstil bis
zur A. iliaca communis links (grüner Pfeil). Konsekutive Ummauerung des linken Harnleiters
mit Harnstau, welcher eine Ureterolyse und Anlage einer Doppel-J-Schiene (roter Pfeil)
zur Folge hatte.
Abb. 5 Koronale a, b und axiale c, d CT-Rekonstruktionen in portalvenöser a, arterieller c und urografischer Kontrastmittelphase b, d. Zu den häufigsten Komplikationen der RPF zählt die Ummauerung und Stenosierung der
Ureteren. Im vorliegenden Beispiel rechtsseitig, mit konsekutiver Hydronephrose rechts,
verzögerter KM-Ausscheidung und Fornixruptur.
Die MRT ermöglicht ebenfalls eine präzise Evaluation des Ausmaßes der RPF sowie der
begleitenden Komplikationen. Die RPF zeigt sich in den nativen T1w-Sequenzen dabei
als hypointense bis isointense Raumforderung, im Falle einer unbehandelten aktiven
RPF zusätzlich mit hyperintensem Signal in den T2-gewichteten Sequenzen und intensiver
Kontrastmittelaufnahme in den T1w-fs-Sequenzen nach i. v.-Applikation von Gadolinium-haltigen
Kontrastmitteln ([Abb. 3]). Auch die diffusionsgewichteten Sequenzen zeigen mit hohen Signalintensitäten und
korrespondierend niedrigem Signal in der ADC-Map ein typisches Signalverhalten in
einer aktiven RPF [25]
[26]
[27]. Kamper et al. konnten in einer Studie mit 21 Patienten einen signifikanten Abfall
der b800-Signalintensität und höhere ADC-Werte in der DWI nachweisen [28]. Speziell bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder bei Patienten in
jungem Alter kann die MRT durch den Verzicht auf Strahlenexposition und potenziell
auch auf Kontrastmittel wichtige Informationen liefern, da die DWI-Sequenzen sehr
nützlich in der Bewertung eines akuten Stadiums der RPF sind [27]
[29].
Abb. 3 MRT des in [Abb. 1], [2] gezeigten Patienten, 4 Jahre nach Erstdiagnose und aktuell unter immunsuppressiver
Therapie (a, b jeweils Sequenz: T1_fl2d_fs_tra_postKM,). Die RPF zeigt sich deutlich größenregredient,
bei noch vorhandener KM-Aufnahme im Randbereich muss jedoch von einer Restaktivität
ausgegangen werden.
3. Perfusions-CT (VPCT)
Neben den bereits bildmorphologisch erkennbaren Kriterien wie Ausbreitung und Dichte
ermöglichen neuere Verfahren der Perfusions-CT (VPCT) Aussagen in Bezug auf eine Aktivität
der Fibrose ([Abb. 6]). Bier et al. evaluierten die Rolle der VPCT zur Bestimmung der Entzündungsaktivität
bei Patienten mit akuter und chronischer Periaortitis vor und unter Immuntherapie.
In einer Studie mit 35 eingeschlossenen Patienten korrelierten die Parameter der VPCT
(blood flow, blood volume, volume transfer constant k-trans, time to peak, mean transit time) bei unbehandelten Patienten signifikant mit
serologischen Markern (CRP, BSG) in Bezug auf die Krankheitsaktivität, jedoch nur
schwach bei behandelten Patienten, was den Stellenwert der VPCT zur initialen Diagnostik
hervorhebt, einen Einsatz zur Verlaufskontrolle jedoch offen lässt [30]. Eine zweite Untersuchung mit 17 Patienten unter immunsuppressiver Therapie zeigte
einen signifikanten Abfall der Parameter „bloodflow“ und „bloodvolume“ im Rahmen der
Verlaufskontrollen mittels VPCT [31], konnte also scheinbar sehr gut die Veränderungen der Hämodynamik im Rahmen der
Inflammation beschreiben. Einschränkend ist jedoch insbesondere für die dynamische
CT-Untersuchung zu betonen, dass diese mit einer relevanten Strahlenexposition einhergeht
und daher nicht routinemäßig für Verlaufskontrollen bei klinischer Besserung oder
Beschwerdefreiheit eingesetzt werden sollte.
Abb. 6 Perfusions-CT eines Patienten mit florider RPF: Kontrastmittelaffine, inhomogen hyperperfundierte
Gewebsvermehrung um die infrarenale Aorta descendens sowie die proximale A. iliaca
communis beidseits, passend zu einer hochaktiven RPF (a–c axiale MPRs; a: MIP; b: Blood Flow; c: Blood Volume).
4. Hybridbildgebung
Eine spezielle Rolle kommt der Hybridbildgebung zu ([Abb. 2]). Eine FDG-PET/CT oder FDG-PET/MRT sollte als zusätzliche oder primäre Modalität
erwogen werden, da die Hybridbildgebung sowohl die morphologischen Veränderungen als
auch die regrediente Inflammation durch den regredierten Tracer-Uptake bewerten kann
[32]. So konnten z. B. Morin et al. kürzlich in einer monozentrischen retrospektiven
Kohortenstudie den Stellenwert der FDG-PET/CT in der primären Diagnose und vor allem
im Rahmen der Verlaufskontrollen erneut unterstreichen. In ihrer Kohorte (n = 23)
zeigten alle Patienten in der FDG-PET/CT zum Diagnosezeitpunkt einen erhöhten Tracer-Uptake.
Zusätzlich war der persistierende FDG-Uptake nach Therapie mit Steroiden im Rahmen
der 2. Verlaufskontrolle signifikant mit einem Wiederauftreten der IRF assoziiert
[33]. Andere Autoren unterstreichen ebenfalls die Wichtigkeit der Hybridbildgebung, welche
z. B. die Unterscheidung zwischen einer RPF und einem Lymphom ermöglicht. In einer
prospektiven Studie schlossen Fernando et al. im Jahr 2017 78 Patienten mit RPF ein
[3]. 0 % der Patienten mit negativer [18F]-FDG-PET (n = 24) zeigten eine Malignität in der anschließenden Biopsie (negativer
prädiktiver Wert 100 %). Alle malignen Raumforderungen wurden korrekt identifiziert
und anschließend histologisch verifiziert (n = 4). Dabei zeigten die Patienten mit
malignen Raumforderungen einen intensiv erhöhten Tracer-Uptake (SUVmax ≥ 4) und atypische Verteilungsmuster. In 50 % der Patienten mit unauffälligem Labor
konnte die FDG-PET/CT eine Aktivität der RPF nachweisen (19/38). Patienten mit hoher
Aktivität in der FDG-PET/CT sprachen dabei signifikant besser auf eine Steroid-Therapie
an als Patienten mit geringer oder keiner Aktivität in der FDG-PET/CT. Ein nicht zu
unterschätzender Vorteil der Hybridbildgebung ist der potenzielle Verzicht auf intravenöses
Kontrastmittel. Viele Patienten haben aufgrund der RPF und konsekutiver Hydronephrose
eine deutlich eingeschränkte Nierenfunktion, sodass häufig eine Kontraindikation für
die Applikation von i. v.-KM besteht. Hier kann die PET/CT, bei weiterhin guter anatomischer
Auflösung (hier sollte explizit keine Low-dose-CT ausschließlich zur Schwächungskorrektur
verwendet werden), durch die Applikation von FDG auch ohne i. v.-KM wertvolle Informationen
liefern [34]. Einzelne Fallberichte zeigen, dass es erfolgreich möglich ist, trotz morphologischer
Persistenz der RPF Stents oder Katheter bei fehlendem FDG-Uptake frühzeitig zu entfernen
[35].
Abb. 2 [18F]-FDG-PET/CT des in [Abb. 1] beschriebenen Patienten. Die retroperitoneale Raumforderung zeigt eine moderate
Stoffwechselaktivität mit einem SUVmean von 2,1 bis 2,3, im Sinne einer floriden RPF (a, b axiale MPRs, c, d koronale MPRs).
Die Hybridbildgebung mittels FDG-PET/MR ist leider nicht flächendeckend vorhanden,
stellt jedoch gerade bei jungen Patienten aufgrund der reduzierten Strahlenexposition
eine Alternative zur PET/CT, aber auch aufgrund des Informationsmehrwerts zur CT oder
MRT dar. Neben den obengenannten morphologischen Kriterien in den T2-, T1_fs_KM-,
DWI- und ADC-Sequenzen bietet sie durch den FDG-Uptake funktionelle Zusatzinformation.
Ruhlmann et al. unterstreichen den höheren Stellenwert der PET-Parameter gegenüber
den MR-Parametern in der Unterscheidung zwischen einer behandelten bzw. unbehandelten
RPF [27].
Der Hybridbildgebung, sowohl mit der FDG-PET/CT als auch der FDG-PET/MRT, kommt somit
im Rahmen der Bildgebung der RPF eine spezielle Rolle zu, da sie sich exzellent zur
Quantifizierung und Vorhersage eines Therapieansprechens eignet, entsprechende Anpassungen
der medikamentösen Therapie zulässt und potenziell frühere Entfernungen von etwaigem
Fremdmaterial wie Stents und Kathetern ermöglicht [3]
[35]
Abgrenzung zu maligner Genese
Einer der wichtigsten Herausforderungen an die bildgebende Diagnostik ist die Differenzierung
gegenüber anderen, vor allem inflammatorischen und malignen Erkrankungen des Retroperitoneums.
Die CT-gesteuerte histologische Sicherung der Fibrose vor Einleitung einer medikamentösen
Therapie ist eine sichere Methode, wird aber weiterhin kontrovers diskutiert [36]. Insbesondere die Differenzierung gegenüber malignen Erkrankungen wird von Befürwortern
der histologischen Sicherung ins Feld geführt, wobei vor allem Klinik und Labor in
Zusammenschau mit einer präzisen Bildgebung, welche interdisziplinär diskutiert werden
sollte, Malignome in den wohl meisten Fällen ausschließen können ([Abb. 4]). An dieser Stelle verweisen wir insbesondere auf die Arbeit von Zhang et al., welche
signifikante CT-morphologische Unterschiede, wie Ausdehnung oberhalb des Nierengefäßstiels,
retroaortale Ausbreitung und pathologisch vergrößerte Lymphknoten, beschrieben, was
z. B. die Differenzialdiagnose des Lymphoms wahrscheinlich werden lässt [7]. Kriterien, die für eine RPF bzw. eine maligne Genese sprechen, und eine Bewertung
der einzelnen Modalitäten sind in einer Übersicht in [Tab. 1] dargestellt.
Abb. 4 Axiale CT-Rekonstruktion in portalvenöser Kontrastmittelphase: Patient mit histologisch
gesichertem follikulärem Lymphom nach 4 Zyklen CHOP. Die retroperitoneale Verdichtung
ähnelt einer RPF, breitet sich jedoch über den Nierenstiel nach kranial aus.
Tab. 1
Bildmorphologische Kriterien RPF.
|
Modalität
|
bildmorphologische Kriterien für RPF
|
potenzielle Hinweise für Malignität
|
|
Sonografie
|
Ausbreitungsdiagnostik mittels „tissue harmonic imaging“ in Standardschnitten, Ausbreitung
typischerweise unterhalb des Nierenstiels
|
Ausdehnung oberhalb des Nierengefäßstiels
retroaortale Ausbreitung
pathologisch vergrößerte Lymphknoten
|
|
CT
|
isodense periaortale Raumforderung, typischerweise unterhalb des Nierenstiels bis
periiliakal
|
|
Kontrastmittelaffinität kann für Floridität sprechen
|
|
Harnstau
|
|
Verkalkungen als mögliches Zeichen einer ausgebrannten RPF
|
|
MRT
|
T1w-nativ hypo- bis isointens
|
|
T2-nativ hyperintens bei Aktivität
|
|
intensive Kontrastmittelaufnahme in T1w-fs bei Aktivität
|
|
DWI hohes Signal bzw. korrespondierend niedriges Signal in ADC bei Aktivität
|
|
PET-CT/MRT
|
obengenannte morphologische Kriterien
|
intensiv erhöhter (SUVmax ≥ 4) oder atypisch verteilter FDG-Uptake kann für maligne Genese sprechen
|
|
erhöhter FDG-Uptake i. S. einer gesteigerten Stoffwechselaktivität
|
Therapie
Da die obstruktive Uropathie mit resultierender Hydronephrose und postrenalem Nierenversagen
die häufigste Komplikation der RPF darstellt, haben die Erhaltung und der Schutz der
Nierenfunktion höchste Priorität. Hierbei werden betroffene Patienten mit Doppel-J-Harnleiterschienen
und/oder Nephrostomata versorgt. Beide Methoden erreichen einen suffizienten Abfall
der Kreatininwerte und haben vergleichbare Komplikationsraten. Dennoch kommt es bei
einem Teil der Patienten (ca. 18 %) im Langzeitverlauf zu einer Atrophie des vormals
betroffenen Organs [11].
Medikamentös steht die Immunsuppression mittels verschiedener Alternativen (Kortison,
Tamoxifen, Infliximab, Rituximab und Tocilizumab) im Vordergrund [11]
[37]
[38]
[39]
[40]. Der operative Goldstandard besteht aus einer Ureterolyse mit Ureterverlagerung
aus dem Retroperitoneum in das Omentumfett, alternativ offen-chirurgisch, laparoskopisch
oder roboterassistiert. Möglicherweise müssen dabei, je nach Grad der Fibroseschäden,
Teile der Harnleiter entfernt und reanastomosiert oder die kompletten Harnleiter durch
Ileum oder Kolon ersetzt werden [6]
[11].