Schlüsselwörter
akute Exazerbation - idiopathische Lungenfibrose - interstitielle Lungenerkrankung
Keywords
acute exacerbation - idiopathic pulmonary fibrosis - interstitial lung disease
Abkürzungen
AE-IPF:
akute Exazerbation der idiopathischen Lungenfibrose
BAL:
bronchoalveoläre Lavage
COPD:
chronisch-obstruktive Lungenerkrankung
DLCO:
Diffusionskapazität
ECMO:
extrakorporale Membranoxygenierung
FVC:
forcierte Vitalkapazität
GERD:
gastroösophageale Refluxkrankheit
HR-CT:
hochauflösende Computertomografie
IPF:
idiopathische Lungenfibrose
TLC:
totale Lungenkapazität
Definition und Diagnostik
Definition und Diagnostik
Anamnese
Am späten Abend wird ein 72-jähriger Mann in die Notaufnahme eingeliefert. Er klagt
über eine zunehmende Dyspnoe seit etwa 5 Tagen, am heutigen habe er es zu Hause nicht
mehr ausgehalten. Aus seinen mitgeführten Unterlagen geht hervor, dass er unter einer
idiopathischen Lungenfibrose leidet und vor 5 Jahren einen Stent im Rahmen eines Nicht-ST-Hebungsinfarkts
erhielt. Regelmäßig erfolge die Einnahme von ASS, Torasemid, Nebivolol, Rosuvastatin
und Nintedanib. Eine Sauerstofflangzeittherapie war im Vorfeld noch nicht verordnet
worden.
Eine akute Exazerbation der idiopathischen Lungenfibrose (AE-IPF) wird als akute,
klinisch signifikante, respiratorische Verschlechterung eines Patienten, die nicht
länger als 30 Tage besteht, definiert. Zudem muss bei dem betroffenen Patienten die
Diagnose einer idiopathischen Lungenfibrose (IPF) bereits im Vorfeld gestellt worden
sein oder zum Zeitpunkt der akuten Verschlechterung gestellt werden. In einer hochauflösenden
Computertomografie (HR-CT) des Thorax finden sich neues bilaterales Milchglas und/oder
Konsolidierungen ([Abb. 1]).
Abb. 1 CT-Thoraxaufnahme während einer AE-IPF mit dem Nachweis von vermehrt milchglasartigen
Veränderungen.
Außerdem müssen andere Ursachen für die Verschlechterung, wie eine akute Herzinsuffizienz,
ausgeschlossen worden sein [1]. Differenziert wird eine „idiopathisch“ auftretende AE-IPF, bei der kein Trigger
ausfindig gemacht werden kann, von einer „getriggerten“ Exazerbation ([Abb. 2]). Hierbei sind zumeist Infektionen, Mikroaspirationen, Medikamente oder eine vorangegangene
Intervention wie bspw. eine diagnostische Bronchoskopie oder eine thorakale OP (z. B.
bei Lungenkarzinom) ursächlich [2].
Abb. 2 Diagnostisches Vorgehen bei AE-IPF (nach Daten aus [4]).
IPF: idiopathische Lungenfibrose, AE-IPF: akute Exazerbation der idiopathischen Lungenfibrose,
HR-CT: hochauflösende Computertomografie
In Hinblick auf die bereits beschriebene Definition einer AE-IPF ist die HR-CT des
Thorax notwendig, um die Diagnose einer AE-IPF zu stellen. Eine mikrobiologische Keimasservation,
v. a. mittels Sputum, wird darüber hinaus häufig eingesetzt. Es erscheint auch sinnvoll,
bei klinischem Verdacht auf bestimmte Viren zu screenen, z. B. Influenza. Die Angio-CT
des Thorax, die Echokardiografie und Laborparameter wie NT-proBNP, D-Dimer und das
kardiale Troponin finden zudem Anwendung, um Differenzialdiagnosen wie eine Lungenembolie
und kardiale Dekompensation ausschließen zu können. Trotz der beschriebenen Definition
einer AE-IPF gibt es jedoch international Unterschiede bei der Diagnostik [3]. Ein internationaler Standard ist bisher noch nicht etabliert, jedoch gibt es eine
Empfehlung international anerkannter IPF-Experten zum diagnostischen Vorgehen bei
Verdacht auf eine AE-IPF ([Abb. 2]).
Diagnostische Kriterien einer AE-IPF:
-
vorbestehende/aktuelle IPF-Diagnose
-
akute respiratorische Verschlechterung < 1 Monat
-
neues bilaterales Milchglas und/oder Konsolidierungen
-
Verschlechterung nicht durch kardiale Faktoren/Flüssigkeitsüberladung erklärt
Klinische Befunde
Es erfolgt die Messung der Vitalparameter: RR 120/80 mmHg, SpO2 77 % bei Raumluft, Temperatur 37 °C, Herzfrequenz 110/min, Atemfrequenz 20/min. Bei
der körperlichen Untersuchung fällt ein basales Knisterrasseln beidseits auf. Das
angefertigte Ruhe-EKG liefert keinen Hinweis für das Vorliegen einer Ischämie oder
Rhythmusstörung. In der kapillären Blutgasanalyse fällt ein pO2 von 52 mmHg auf.
In einer Röntgen-Thoraxaufnahme lassen sich basale Infiltrate nachweisen.
Laborchemisch zeigen sich folgende pathologischen Werte: Leukozyten 12540/µl, CRP
28 mg/l, D-Dimer 0,6 µg/ml. Das Troponin T ist nicht erhöht.
Der behandelnde Dienstarzt entschließt sich zur Durchführung einer HR-CT des Thorax
bei V. a. eine AE-IPF. Im Vergleich zu einer mitgeführten Voraufnahme, die ein halbes
Jahr alt ist, zeigen sich – neben den bekannten Retikulationen, Traktionsbronchiektasen
und Honigwabenmuster – neue milchglasartige Infiltrate.
Epidemiologie
Abhängig von der untersuchten Population beträgt die jährliche Inzidenz einer AE-IPF
bis zu 20 % und ist für mehr als die Hälfte aller Krankenhausaufenthalte von IPF-Patienten
verantwortlich [4]. Im Vergleich zu anderen klinischen Verschlechterungen ist die AE-IPF mit der höchsten
Letalität bei IPF-Patienten assoziiert [5], da die AE-IPF in bis zu 40 % die Todesursache von IPF-Patienten ist [6]. Die Krankenhausmortalität wird mit bis zu 50 % beschrieben, und das mediane Überleben
nach einer Erleiden einer AE-IPF liegt bei 4,2 Monaten [7].
Es gibt Hinweise darauf, dass unterschiedliche Schweregrade einer AE-IPF, d. h. subakut
bis akut, vorliegen können. Hiervon abhängig unterscheiden sich auch die Überlebensraten.
Je schwerer einer Exazerbation verläuft, desto schlechter ist die Prognose des Patienten
[8]
[9].
Akute Exazerbationen der IPF treten v. a. im Herbst und über die Wintermonate auf,
was wie u. a. eine virale Genese bzw. virale Infekte als einen wichtigen Kofaktor
vermuten lässt [10].
Ätiologie und Risikofaktoren
Ätiologie und Risikofaktoren
Die Ursachen einer AE-IPF sind bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Verschiedene
Faktoren, wie Infekte oder Aspirationen, scheinen eine Rolle zu spielen, möglicherweise
auch ein Zusammenspiel aus diesen. Diskutiert wird auch, ob die Lungen von IPF-Patienten
für diese Trigger anfälliger sind als die von Gesunden [1].
Es mehren sich Hinweise, dass eine infektiöse Komponente als Auslöser einer AE-IPF
betrachtet werden könnte. Dies belegen Ergebnisse aus Untersuchungen, bei denen in
der bronchoalveolären Lavage (BAL) von Patienten mit AE-IPF eine erhöhte bakterielle
Last bzw. eine Änderung im Atemwegsmikrobiom im Vergleich zu stabilen IPF-Patienten
nachweisbar sind [11]. Unterstützt wird diese These durch eine, wie bereits oben schon beschriebene, jahreszeitabhängige
Häufung von Exazerbationen. Auch wenn chronische Virusinfekte das Risiko für die Entwicklung
einer IPF begünstigen könnten, scheinen Virusinfekte nach derzeitiger Datenlage in
den meisten Fällen nicht als Auslöser für eine AE-IPF verantwortlich zu sein [12]. Auch COVID-19 könnte eine Exazerbation auslösen bzw. begünstigen oder lediglich
das radiologische und klinische Bild einer AE-IPF imitieren [13]. Allerdings bleibt abzuwarten, ob die derzeitigen Hygienemaßnahmen im Rahmen der
Pandemie, wie bei der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) zu beobachten,
auch bei der IPF Exazerbationen verhindern können [14], was eine virale Genese sehr unterstützen würde. Eine weitere Erkenntnis, die eine
Infektion als Auslöser für eine AE-IPF wahrscheinlich macht, ist die, dass Patienten,
die eine immunosuppressive Therapie erhalten, ein höheres Risiko für eine akute Exazerbation
haben als andere IPF-Patienten [10]
[15].
Diskutiert wird auch, ob Mikroaspirationen für eine AE-IPF verantwortlich sein könnten,
wie sie bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) auftreten können. So konnte
in der BAL von Patienten mit AE-IFP vermehrt Pepsin nachgewiesen werden [16]. Zudem berichtete eine Post-hoc-Analyse des IPFnets, dass bei IPF-Patienten, die
eine antazide Medikation erhielten, keine AE-IPF nachweisbar war [17].
Auch eine Luftverschmutzung als möglicher Auslöser für eine AE-IPF wird diskutiert.
So scheint die Exposition gegenüber Ozon und Stickstoffdioxid das Risiko für eine
AE-IPF bei IPF-Patienten zu steigern [18].
Für Patienten mit IPF stellen Bronchoskopien (sowohl BAL als auch Biopsien) und thoraxchirurgische
Eingriffe ein erhöhtes Risiko, eine AE-IPF zu erleiden, dar [19]
[20]. Gründe hierfür könnten eine Toxizität von zu hoher Sauerstoffzufuhr und eine Schädigung
durch erhöhte Beatmungsdrücke des Gewebes während einer Narkose sein. Auch eine thorakale
Radiatio kann über eine direkte Schädigung des Lungengewebes oder über die Entstehung
freier Radikale eine AE-IPF auslösen und bedeutet somit ein erhöhtes Risiko für IPF-Patienten
[21].
Als Risikofaktor zählt prinzipiell ein hoher Grad an klinischer und funktioneller
Einschränkung, also eine fortgeschrittene Grunderkrankung. Hiermit einhergehend sind
[22]:
-
eine reduzierte forcierte Vitalkapazität (FVC),
-
eine niedrige totale Lungenkapazität (TLC),
-
eine niedrige Diffusionskapazität,
-
eine höhere alveolar-arterielle Sauerstoffdifferenz,
-
eine Reduktion der FVC im Verlauf,
-
eine niedrige Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest,
-
ein Lungenhochdruck,
-
eine vermehrte Dyspnoe,
-
eine vorausgegangene AE-IPF.
Auch ein erhöhter KL-6-Spiegel (Krebs von den Lungen 6) und extrathorakale chirurgische
Eingriffe sind mit einem erhöhten Risiko verbunden [22]
[23]. Größere Studienpopulationen müssen jedoch noch untersucht werden, um dies zu bestätigen.
Genetische Faktoren scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen. So konnten Ohshimo u.
Mitarb. nachweisen, dass ein TERT- und MUC1-Gen-Polymorphismus ein Risikofaktor für
eine AE-IPF zu sein scheint [24].
Risikofaktoren für eine AE-IPF bei IPF-Patienten
-
Bronchoskopie
-
thoraxchirurgischer und extrathorakaler operativer Eingriff
-
thorakale Radiatio
-
hoher Grad an klinischer und funktioneller Einschränkung
-
reduzierte FVC
-
Reduktion der FVC im Verlauf
-
niedrige TLC
-
niedrige Diffusionskapazität
-
höhere alveolar-arterielle Sauerstoffdifferenz
-
niedrige Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest
-
Lungenhochdruck
-
vorausgegangene AE-IPF
-
vermehrte Dyspnoe
-
erhöhter KL-6-Spiegel
Prävention
Als präventive Maßnahmen werden weltweit am häufigsten Impfungen gegen Influenza und
Pneumokokken genutzt [3].
Größere Populationen müssen untersucht werden, um nachzuweisen, dass Impfungen gegen
Influenza und Pneumokokken tatsächlich das Risiko für eine AE-IPF reduzieren können
[25]. Außerdem werden Hygienemaßnahmen, wie regelmäßiges Händewaschen und das Meiden
von infektiösen Patienten, empfohlen. Auch Orte mit einer hohen Luftverschmutzung
sollten von IPF-Patienten gemieden werden, da sie ein erhöhtes Risiko für eine AE-IPF
bedeuten [2].
Ob eine antazide Therapie präventiv eingesetzt werden kann, ist umstritten. Wie oben
beschrieben, legen Post-hoc-Daten nahe, dass Exazerbationen durch Antazida verhindert
werden könnten [17], jedoch kann ihr Einsatz vermehrt Infekte hervorrufen und damit möglicherweise doch
zu einer respiratorischen Verschlechterung führen [26]. Eine generelle Empfehlung, eine antazide Therapie präventiv bei jedem IPF-Patienten
anzuwenden, kann somit nicht ausgesprochen werden [27].
Symptomatischen Patienten mit einer IPF wird bereits nach Diagnosestellung eine antifibrotische
Therapie empfohlen [27].
In den Zulassungsstudien für Nintedanib waren akute Exazerbationen ein relevanter
Studienendpunkt. Die INPULSIS-Studien konnten zeigen, dass durch die Einnahme von
Nintedanib das Auftreten einer AE-IPF nachweislich verringert werden kann, v. a. indem
es die Zeit bis zu einer ersten Exazerbation relevant hinauszögert [28]. Auch zeigten Post-hoc-Analysen für Patienten, die unter Nintedanib eine AE-IPF
erlitten, ein besseres Überleben als für Placebo-Patienten, was einen gewissen protektiven
Effekt der antifibrotischen Substanz gegenüber akuten Exazerbationen unterstreicht
[29].
Akute Exazerbationen waren in den internationalen Pirfenidon-Studien kein relevanter
Endpunkt. Allerdings konnte in einer Post-hoc-Analyse gezeigt werden, dass Pirfenidon
das Risiko für respiratorische Hospitalisierung reduziert [30]. Auch das Risiko für eine perioperative AE-IPF soll kleineren, unkontrollierten
Studien zufolge durch Pirfenidon reduziert werden [31]. Ein genereller protektiver Effekt für Pirfenidon in Bezug auf eine AE-IPF konnte
jedoch letztlich bisher nicht sicher nachgewiesen werden [32], erscheint jedoch aufgrund der o. a. Daten wahrscheinlich.
Zur Prävention einer peri- oder postoperativen AE-IPF sollten während einer Narkose
Sauerstoffapplikation, Beatmungsdrücke und intravenöse Flüssigkeitssubstitution möglichst
niedrig bzw. gering gehalten werden [33]
[34]
[35], auch wenn der Effekt bisher nur unzureichend untersucht und die Pathophysiologie
noch nicht ausreichend verstanden ist.
Verlauf
Eine AE-IPF ist wie o. a. mit einer sehr hohen Letalität assoziiert. Die Zahlen hierzu
unterscheiden sich jedoch, je nach untersuchter Population, und sie werden auch maßgeblich
durch vorliegende Komorbiditäten beeinflusst. In jedem Fall bewirken sie eine relevante
Progression der Grunderkrankung. Die Patienten weisen nach einer AE-IPF eine signifikant
schlechtere FVC, Diffusionskapazität (DLCO) und Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest auf.
Zudem ist eine AE-IPF auch mit einer signifikanten Verschlechterung der Symptomatik,
v. a. die Dyspnoe und Lebensqualität betreffend, verbunden [36]
[37].
Therapie
Therapie
In Zusammenschau aller Befunde wird die Diagnose einer AE-IPF gestellt. Eine Steroidtherapie
mit 500 mg Methylprednisolon (i. v.) sowie eine antibiotische Therapie mit Ampicillin/Sulbactam
(i. v.) und Azithromycin (p. o.) werden eingeleitet. Die bereits bei Aufnahme begonnene
Sauerstoffapplikation wird fortgeführt und die antifibrotische Therapie unverändert
fortgesetzt.
Im Verlauf bessert sich die initiale Symptomatik unter der beschriebenen Therapie.
Die Sauerstoffgabe in Ruhe kann beendet werden, bei Belastung muss diese jedoch fortgeführt
werden. Die antibiotische Therapie wird ebenfalls beendet. Der Patient kann mit einem
Reduktionsschema für die Steroideinnahme nach Hause entlassen werden.
Weltweit wird in den meisten Fällen eine hochdosierte systemische Kortisontherapie
zur Behandlung einer AE-IPF durchgeführt, von der Mehrheit erfolgt die pulsierte Gabe
von Methylprednisolon oder eines entsprechenden Äquivalents mit einer Dosis von 500–1000 mg
über 3 Tage, gefolgt von einer langsamen Reduktion [3]. Dies wird auch von den internationalen IPF-Leitlinien empfohlen, jedoch auf dem
Boden einer nur sehr geringen Datenlage, sodass nur eine schwache Empfehlung ausgesprochen
wurde [38]. Neuere Daten suggerieren vielmehr, dass eine Steroidtherapie als Therapie der AE
möglicherweise mit einer Übersterblichkeit assoziiert sein kann [39]. Prospektive Daten hierzu sind jedoch noch ausstehend.
Regelhaft erfolgt auch eine antibiotische Therapie [2]. Rationale hierzu ist die bereits oben erwähnte Hypothese einer infektiösen Genese
der AE-IPF. Allerdings ist die Datenlage hierzu sehr spärlich. Nur für den Einsatz
von Azithromycin konnte in einer retrospektiven Analyse ein positiver Effekt auf die
Letalität von Patienten mit AE-IPF beschrieben werden [40]. Auch die Gabe von Cotrimoxazol könnte einen positiven Einfluss auf die Prognose
von IPF-Patienten im Rahmen eines akuten respiratorischen Versagens haben [41]. Allerdings konnte eine jüngste Langzeitstudie keinen generellen Effekt von Cotrimoxazol
bei IPF nachweisen [42].
Weltweit wird in den meisten Fällen zur Behandlung einer AE-IPF eine hochdosierte
systemische Steroidtherapie durchgeführt. Darüber hinaus erfolgt regelmäßig eine antibiotische
Therapie.
Immunsuppressiva wie Rituximab, Ciclosporin und Tacrolimus, die Anwendung einer Polymyxin-B-Hämoperfusion
oder die Gabe von intravenösem rekombinantem Thrombomodulin finden nur selten Anwendung
und werden v. a. im asiatischen Raum eingesetzt [37]. Die Datenlage für diese Medikation ist zudem sehr spärlich und beruht nur auf Fall-Kontrollstudien
oder retrospektiven Analysen. Lediglich für Thrombomodulin wurde kürzlich die erste
randomisierte Studie veröffentlicht, die im Gegensatz zu retrospektiven Daten keinen
Effekt nachweisen konnte [43]. Die Rekrutierung einer randomisierten Doppelblindstudie mit 120 Patienten, die
den therapeutischen Effekt von Cyclophosphamid untersucht, konnte gerade beendet werden.
Daten hierüber wurden jedoch bislang noch nicht veröffentlicht [44]. In einer retrospektiven Studie mit 102 IPF-Patienten, die ihre erste AE-IPF aufwiesen,
wurde der Effekt einer intravenösen Cyclophosphamidgabe in Kombination mit einer Hochdosissteroidtherapie
untersucht. Das Überleben wurde im Vergleich zu einer Hochdosissteroidmonotherapie
jedoch nicht positiv beeinflusst [45].
Die Einnahme von Pirfenidon in Kombination mit einem Steroidstoß könnte aktueller
Literatur zufolge das Überleben nach AE-IPF verbessern [46]. Eine bereits vor der AE-IPF begonnene antifibrotische Therapie wird von den meisten
Ärzten weltweit fortgeführt, bei fehlender vorheriger Antifibrotika-Einnahme initiiert
die Mehrheit eine solche [3]. Wann eine antifibrotische beendet oder auf das Alternativpräparat umgestellt werden
sollte, bleibt noch offen und sollte in Studien überprüft werden. Zum jetzigen Zeitpunkt
wird daher von den meisten Experten die Fortführung der bestehenden Therapie empfohlen.
Die Anwendung einer High-Flow-Sauerstofftherapie für Patienten mit AE-IPF kann die
Letalität im kurzfristigen Verlauf signifikant senken, insbesondere für Patienten,
die auf eine konventionelle Sauerstofftherapie nicht ansprechen, und ist in jedem
Fall eine sehr gute symptomorientierte Therapie [47]. Auch eine nicht invasive Beatmung könnte die Prognose von Patienten mit AE-IPF
verbessern [48], jedoch fehlen noch groß angelegte Studien, um dies zu bestätigen, sodass daher
im Moment individuell zu entscheiden ist. Die Nutzung einer mechanischen Ventilation
kann nicht regelhaft empfohlen werden, da die Prognose für Patienten mit AE-IPF hierunter
insgesamt schlecht ist und daher ausgesuchten Einzelfällen vorbehalten bleibt [49]. Bei Patienten, die prinzipiell für eine Lungentransplantation geeignet sind, stellt
die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) jedoch eine sinnvolle therapeutische
Option dar [50].
Eine Lungentransplantation ist für Patienten während bzw. nach AE-IPF prinzipiell
eine therapeutische Möglichkeit. Allerdings ist dies nur für Patienten mit vorher
bereits durchgeführter Lungentransplantationsevaluation sinnvoll. Zudem ist die Prognose
nach/während AE-IPF sehr schlecht [51]
[52].
Schließlich kommt der palliativen Medizin eine große Bedeutung zu. Ziele hiervon sollte
die Linderung von körperlichem und emotionalem Leiden sein. Im Vordergrund steht die
Behandlung von Verschlechterung der Dyspnoe und des Hustens. Hierzu gehören die Sauerstoffgabe
bei relevanter Hypoxie und die Gabe von Opiaten. Palliative Maßnahmen sollten rechtzeitig
eingeleitet werden [38].
Schlussfolgerung
Die AE-IPF stellt aufgrund ihrer schlechten Prognose ein klinisch relevantes Problem
dar. Die therapeutischen Möglichkeiten sind begrenzt. Weitere Forschung ist somit
notwendig, um die Lebensqualität und Prognose von IPF-Patienten zu verbessern.
-
Die AE-IPF gilt als eine lebensgefährliche Komplikation der IPF, da sie mit einer
hohen intrahospitalen Letalität und schlechten Prognose einhergeht.
-
Die Ursachen sind noch unzureichend verstanden, und eindeutige therapeutische Empfehlungen
gibt es bislang nicht.
-
Die Hochdosiskortisontherapie, kombiniert mit einer antibiotischen Therapie, wird
in den meisten Fällen eingesetzt.
-
Evidenzgesicherte Therapieformen existieren bisher nicht.
-
Zu den wichtigsten präventiven Maßnahmen gehören Impfungen und Antifibrotika.
-
Palliative Maßnahmen, insbesondere die Linderung von Dyspnoe und Husten, sind im Anschluss
an eine AE-IPF frühzeitig bei Bedarf einzuleiten.
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen
Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag
ist Prof. Dr. med. Michael Kreuter, Heidelberg.