Lacasse Y.
et al.
Randomized Trial of Nocturnal Oxygen in Chronic Obstructive Pulmonary Disease.
N Engl J Med 2020;
383: 1129-1138
DOI:
10.1056/NEJMoa2013219
Bisherige Studien hatten keinen eindeutigen Effekt der nächtlichen Sauerstoff-Langzeittherapie
bei Pateinten mit COPD und isolierter nächtlicher arterieller Hypoxie gezeigt. Allerdings
waren sie klein, um daraus definitive Aussagen abzuleiten. Daher konzipierten Yves
Lacasse vom kardiologischen und pneumologischen Institut der Universität Laval von
Québec und Kollegen von der INOX-Studiengruppe eine größere doppelblinde, placebokontrollierte
und randomisierte Studie zu der Fragestellung. Sie schlossen Patienten mit COPD ein,
die zwar einen Abfall der nächtlichen arteriellen Sauerstoffsättigung auf unter 90 %
über mindestens 30 % der nächtlichen Beobachtungszeit zeigten, aber ansonsten noch
keine Indikation für eine Langzeit-Sauerstofftherapie aufwiesen. Die angestrebte Teilnehmerzahl
lag bei 600 Patienten: Primärer Endpunkt war ein Komposit aus Mortalität und Verschlechterung
der Erkrankung bis zur Sauerstoffabhängigkeit nach den Kriterien der Studie „Nocturnal
Oxygen Therapy Trial“ (NOTT). Im Verhältnis 1:1 randomisiert erhielten die Patienten
entweder für 3–4 Jahre über Nacht eine Sauerstofftherapie oder nur Raumluft über dasselbe
Gerät (Sham-Gruppe). Zur Erfassung etwaiger Nebenwirkungen wurden die Patienten alle
2 Monate angerufen, alle 4 Monate erfolgten Untersuchungen im Studienzentrum.
Rekrutierungs- und Retentionsprobleme
Die Rekrutierung startete im November 2012 in 28 Zentren in Kanada, Portugal, Spanien
und Frankreich. Eine erste Analyse des Gremiums, das die Entwicklung der Datenerhebung
und die Sicherheit in der Studie überprüfte, zeigte eine zu geringe Rekrutierung,
und es wurde eine Verlängerung der Beobachtungszeit von 3 auf 4 Jahre und die Durchführung
einer Interimsanalyse empfohlen. Die Interimsanalyse ergab anhaltende Probleme bei
der Rekrutierung wie auch bei der Retention der Patienten. Die Studie wurde deswegen
bei einer Zahl von 243 eingeschlossenen Pateinten gestoppt, die Nachbeobachtung der
letzten rekrutierten Patienten aber planmäßig beendet. 231 Patienten waren für die
Intention-to-Treat-Analyse auswertbar. 27 Patienten hatten die Sauerstofftherapie,
26 die Sham-Intervention vorzeitig beendet.
Kein Hinweis auf Wirksamkeit
Nach 3 Jahren Beobachtungszeit erfüllten 48 von 123 der Patienten mit nächtlicher
Sauerstoffgabe (39,0 %) und 50 von 119 Patienten der Placebogruppe (42,0 %) die NOTT-Kriterien
für eine Langzeit-Sauerstofftherapie oder waren verstorben. Der Unterschied von 3 %
war nicht signifikant (95 % Konfidenzintervall – 15,1 bis 9,1; p = 0,64). Egal ob
nach 3 oder 4 Jahren untersucht, überstiegen die Unterschiede zwischen den beiden
Gruppen in einem der beiden primären Endpunkte nie einen Wert von 6,5 % und waren
ebenfalls nicht signifikant. Auch Exazerbationsraten, Hospitalisierungen oder Lebensqualitätsparameter
gaben keinen Hinweis auf einen relevanten Effekt der nächtlichen Sauerstoffsupplementierung.
Bei allen methodischen Schwächen der Studie reihen sich die Ergebnisse doch ein in
die der bisherigen Studien und in die Ergebnisse der vor kurzem publizierten NOTT-Studie.
Alle kamen zu dem gleichen Ergebnis, dass die nächtliche Sauerstoffgabe nicht signifikant
Mortalität oder Inzidenz der Sauerstoffpflichtigkeit verringert. Die Autoren erinnern
in dem Zusammenhang an die hohen Kosten der wahrscheinlich nicht wirksamen Therapie
bei nächtlicher Hypoxie.
Friederike Klein, München