2. Seltene Erkrankungen der Nase, der Nasennebenhöhlen und der vorderen
               Schädelbasis
            Seltene Erkrankungen der Nase, Nasennebenhöhlen und Schädelbasis
               können in folgende Kategorien eingeteilt werden:
            
               
               - 
                  
                  Erkrankungen/Syndrome des olfaktorischen Systems 
- 
                  
                  Fehlbildungen 
- 
                  
                  Belüftungs- und Funktionsstörungen 
- 
                  
                  Benigne und maligne Tumore 
- 
                  
                  Entzündliche/granulomatöse Erkrankungen 
In einem Referat aus dem Jahr 2015 wurden bereits seltene rhinologische Erkrankungen
               mit Fokus auf eine granulomatöse Genese durch Martin Laudien dargelegt [15], weshalb die vorliegende Arbeit auf die ersten
               vier der genannten Aspekte fokussiert. Hierbei werden die wichtigsten seltenen
               Erkrankungen des olfaktorischen Systems, Fehlbildungen, Tumorerkrankungen und
               Funktionsstörungen der Nase, der Nasennebenhöhlen und der vorderen
               Schädelbasis unter Berücksichtigung der aktuellen Literatur
               dargestellt.
            2.1 Erkrankungen/Syndrome des olfaktorischen Systems
            
            Die Genese von Störungen des olfaktorischen Systems ist sehr variabel.
               Mögliche Ursachen liegen in rhinologischen Erkrankungen, Traumata,
               Neoplasien und kongenitalen Störungen oder sie werden als idiopathisch
               bezeichnet [16]
               [17]. Zudem existieren viele virale Erkrankungen, die mit einer
               temporären und permanenten Hyp- bzw. Anosmie einhergehen können.
               Aufgrund der Themenstellung fokussiert die vorliegende Arbeit nicht auf alle
               seltenen Erkrankungen, die auch das olfaktorische System beeinträchtigen
               können, sondern auf jene, die primär das Riechen betreffen.
               Hierbei handelt es sich um folgende Syndrome bzw. Fehlbildungen:
            
            
            
            2.1.1 Isolierte kongenitale Anosmie
            
            Die isolierte kongenitale Anosmie ist extrem selten. Weltweit wurden bislang
               15 Fälle einer isolierten kongenitalen Anosmie beschrieben [18]. Bei der isolierten kongenitalen
               Anosmie liegt eine seit Geburt bestehende Anosmie vor. Die Ursache ist eine
               Entwicklungsstörung des Bulbus olfactorius, die uni- oder bilateral
               vorliegen kann [19]. Eine weitere Genese
               scheint in dem Ersatz des olfaktorischen Epithels durch respiratorisches
               Epithel, welches die Nasenhaupthöhle auskleidet, zu liegen.
               Ursächlich ist eine autosomal dominante Störung mit
               unvollständiger Penetranz. Es existiert keine kausale Therapie der
               Fehlbildung.
            
            
            2.1.2 Kallmann-Syndrom
            
            Das Kallmann-Syndrom beschreibt eine erbliche Entwicklungsstörung, in
               deren Rahmen es zu einem kongenitalen hypogonadotropen Hypogonadismus
               aufgrund einer Gonadotropin-Releasing Hormon (GnRH)-Mangels kommt.
               Zusätzlich ist bei betroffenen Patienten eine Hyposmie oder Anosmie
               (bei Hypoplasie oder Aplasie des Bulbus olfactorius) zu beobachten, die auf
               eine unterbrochene embryonale Migration der GnRH-synthetisierenden Neuronen
               vom Riechepithel in die Hypothalamusregion basiert. Die Vererbung erfolgt
               X-chromosomal rezessiv [20]. Die
               Prävalenz des Kallmann-Syndroms wird auf 3,75:100 000
               geschätzt [2]. Therapien zielen
               auf die Induktion der Pubertät und später der
               Fertilität ab. Während in diesem Bereich gute
               Therapieerfolge erzielt werden können, ist eine Behandlung der
               Hyposmie oder Anosmie nicht möglich.
            
            
            2.1.3 Neuroektodermales Syndrom Typ Johnson
            
            Das Neuroektodermale Syndrom Typ Johnson beinhaltet die Symptome Alopezie,
               Anosmie oder Hyposmie, Schallleitungs-Schwerhörigkeit, malformierte
               Ohren, Mikrotie und/oder Atresie des äußeren
               Gehörganges und hypogonadotropen Hypogonadismus. Es wird nach den
               Erstbeschreibern auch Johnson-McMillin Syndrom bezeichnet [21]
               [22].
               Die Vererbung erfolgt autosomal dominant, allerdings ist die genaue
               Ätiologie nicht bekannt. Vermutet wird ein embryologischer Defekt
               bei der Ausdifferenzierung der Neuralleiste der Kopfregion.
            
            Die Prävalenz des Syndroms wird auf deutlich unter
               1:1.000 000 geschätzt. Eine Therapie der mit dem Syndrom
               assoziierten Hyposmie bzw. Anosmie ist nicht existent.
            
            
            2.2 Fehlbildungen der Nase und Nasennebenhöhlen
            
            In der aktuellen Literatur existieren mehr als 300 Syndrome mit Beteiligung der
               Nase. Bei vielen dieser Syndrome kann auch die Entwicklung der Nase
               beeinträchtigt sein, allerdings ist diese Pathologie im Gesamtaspekt der
               vielen, im Rahmen des Syndroms vorkommenden Pathologien als untergeordnet zu
               beurteilen. Der Übersichtlichkeit halber werden im folgenden Teil
               Pathologien dargestellt, die primär die Nase und je nach
               Ausprägung auch die Nasennebenhöhlen und vordere
               Schädelbasis betreffen. Hierbei handelt es sich um folgende
               Fehlbildungen:
            
            
            
            2.2.1 Arrhinie/Hemirhinie
            
            Die kongenitale Arrhinie stellt eine extrem seltene Fehlbildung dar, bei der
               die äußere Nase nicht oder nur sehr rudimentär
               angelegt ist ([Abb. 1]) und deren
               Pathogenese noch nicht vollständig analysiert werden konnte. Es wird
               vermutet, dass eine Entwicklungsstörung der paarigen Nasenplakoden
               zwischen der 3. und 10. Gestationswoche eine Rolle in der Genese spielt. Die
               vorzeitige Fusion der medianen Nasenfortsätze, eine fehlende
               Resorption der nasalen Epithelpfropfen sowie eine abnorme Wanderung von
               Zellen der Neuralleiste werden als weitere Entstehungsmechanismen
               diskutiert. Eine Arrhinie kann als eigenständige Fehlbildung oder im
               Rahmen von Syndromen wie dem Treacher-Collins Syndrom, das eine
               oto-mandibuläre Dysplasie mit verschiedenen Defekten an Kopf und
               Hals beinhaltet und dem „Arhinie-Mikrophthalmie-Syndrom
               Bosma“ bzw. „Bosma-Henkin-Christiansen-Syndrom“,
               einer Kombination aus Arrhinie, Choanalatresie und Mikrophthalmie,
               auftreten.
            
             Abb. 1 Klinisches Bild eines 5 Monate alten Patienten mit
                  einer Arrhinie ohne Rudimente.
                  Abb. 1 Klinisches Bild eines 5 Monate alten Patienten mit
                  einer Arrhinie ohne Rudimente.
            
            
            
            Weltweit wurden ca. 20 Fälle beschrieben [2]. Noch seltener sind Fälle von kongenitaler einseitiger
               Arrhinie (Hemirhinie, fehlende Nasenhälfte ([Abb. 2])). In einigen Fällen wird
               das vollständige Fehlen einer Nasenanlage mit palpatorisch festem
               Untergrund beschrieben ([Abb. 1]), andere
               Fälle zeigen eine rudimentäre Nasenanlage als blind endender
               Buckel oder Grübchen [23].
            
             Abb. 2 Patientin mit Z.n. Rekonstruktion der rechten
                  Nasenhälfte bei Hemirhinie.
                  Abb. 2 Patientin mit Z.n. Rekonstruktion der rechten
                  Nasenhälfte bei Hemirhinie.
            
            
            
            Die meisten berichteten Fälle einer Arrhinie sind sporadisch
               aufgetreten und zeigen einen unauffälligen Karyotyp [24]
               [25].
               Die Überlebensrate von Patienten mit dieser Fehlbildung ist niedrig,
               da es in ihrem Rahmen zu schweren oberen Atemwegsobstruktionen, Atemnot und
               Infektionen der Atemwege sowie Mangelernährung kommen kann [26]. Die chirurgische Therapie ist Mittel
               der Wahl, allerdings existieren nur wenig Daten hinsichtlich der Technik und
               des besten Zeitpunktes für eine Operation. Eine Tracheostomie sollte
               initial erfolgen, um die Atmung sicherzustellen. Allgemein wird empfohlen,
               die rekonstruktive Operation spätestens bis zum Vorschulalter zu
               planen.
            
            
            2.2.2 Bifide Nase
            
            Bei der bifiden Nase handelt es sich um eine seltene angeborene Missbildung
               mit vermutlich autosomal-dominantem oder rezessivem Erbgang. Kennzeichen ist
               eine Nasenspalte, deren Ausprägung sehr variabel ist. Diese reicht
               von einer wenig auffälligen Furche am Nasensteg oder der Nasenspitze
               ([Abb. 3]) bis zur
               vollständigen Spaltung der darunter liegenden Knochen und Knorpel,
               was zur Ausbildung zweier Halbnasen führen kann. Der Atemweg ist im
               Rahmen dieser Fehlbildung meist adäquat ausgebildet. Eine bifide
               Nase kann als milde Form einer frontonasalen Dysplasie gesehen werden [27], aber auch andere Fehlbildungen wie
               Hypertelorismus und Mittellinienspalten der Lippe treten in Zusammenhang mit
               der Nasenfehlbildung auf [28].
            
             Abb. 3 Milde Form einer bifiden Nase.
                  Abb. 3 Milde Form einer bifiden Nase.
            
            
            
            Die Ursache der frontonasalen Dysplasie ist unbekannt. Die vermutete
               Ätiologie ist ein Fehler bei der Entwicklung der Nasenkapsel, in
               dessen Verlauf zwischen der 4. und 6. Woche der Embryogenese die Migration
               des olfaktorischen Epithels in die Nasenkapsel aufgehalten wird. Diese
               bildet sich nicht vollständig aus und das primitive Hirngewebe
               füllt den Raum zwischen dem dehiszenten Nasenrücken aus
               [29].
            
            Eine CT oder MRT Bildgebung ist vor einer operativen Therapie dringend
               erforderlich, da auch milde Formen der frontonasalen Dysplasie mit
               intrakraniellen Anomalien einhergehen können.
            
            Operativ wird bei der milden Verlaufsform einer bifiden Nase i.d.R. eine
               offene Rhinoplastik durchgeführt [27], was ein übersichtlicheres Operationsfeld
               ermöglicht und die Gefäßversorgung der Haut und des
               Weichteilmantels der Nase erhält. Es wird angenommen, dass die
               Columellainzision sowie die Anhebung der Nasenhaut, die bei der offenen
               Technik angewandt werden, das Wachstum der kindlichen Nase nicht beeinflusst
               [30].
            
            
            2.2.3 Kraniorhinie
            
            Merkmale einer Kraniorhinie sind Brachyzephalie, fliehende Stirn, eine
               sklerotische Schädelbasis, allerdings ohne Kraniosynostosen. Der
               Ductus nasolacrimalis ist nicht ausgebildet. Die Nase ist breit
               konfiguriert, die Alae nasi wirken aufgebläht und antevertiert. Es
               zeigt sich ein nasaler Hirsutismus und bilateral symmetrische,
               kugelförmige, zystenartige Strukturen mit kleinen Fisteln direkt
               unterhalb der Nase. Ein Hypertelorismus kann zusätzlich vorhanden
               sein. Die Vererbung ist wahrscheinlich autosomal dominant, allerdings legen
               Fälle mit konsanguinen Eltern nahe, dass eine pseudodominante
               autosomal rezessive Übertragung nicht völlig ausgeschlossen
               werden kann [31]
               [32]. Weltweit wurden vier betroffene
               Familien beschrieben [2].
            
            
            2.2.4 Kraniofaziale Gesichtsspalten und paramediane Nasenspalte
            
            Kraniofaziale Gesichtsspalten sind äußerst seltene
               Fehlbildungen der Embryogenese. Primäre oder echte Spaltbildungen
               treten zwischen der 4. und 8. Gestationswoche auf, weil die Fusion zwischen
               den verschiedenen Gesichtsprozessen nicht vollständig abgeschlossen
               wurde. Sekundäre oder Pseudospalten treten später auf. Sie
               betreffen die mesenchymale Differenzierung und können als Dysplasie
               bezeichnet werden. In beiden Situationen ist das zukünftige
               Wachstumspotenzial im Vergleich zum übrigen Gesicht vermindert. Die
               Inzidenz kraniofazialer Gesichtsspalten wird mit
               1,4–4,9:100 000 angegeben [33].
            
            Von der Spaltbildung kann Hirngewebe, Weichgewebe und Knochen betroffen sein.
               Knöcherne Fehlbildungen treten an der Stirn, Orbita, Sinus
               ethmoidalis, Maxilla und Gaumen auf. Meningozelen und Meningoenzephalozelen
               können bei intrakranieller Beteiligung vorkommen.
            
            Mediane und paramediane Gesichtsspalten sind häufig mit
               Hypertelorismus, anteriorer oder basaler Enzephalozele, Lageanomalien des
               Oberkiefers und Nasendeformitäten assoziiert ([Abb. 4]). Es können auch
               Weichteilmissbildungen wie Lippen- und Gaumenspalten und Lidkolobome
               auftreten [33].
            
             Abb. 4 Mediane Gesichtsspalte, frontonasale Dysplasie.
                  Abb. 4 Mediane Gesichtsspalte, frontonasale Dysplasie.
            
            
            
            Die paramediane Nasenspalte stellt einen seltenen Entwicklungsdefekt
               während der Embryogenese dar, der durch ein einseitiges oder
               beidseitiges Kolobom der Nase gekennzeichnet ist ([Abb. 5]). Sie ist eine milde Form einer
               kraniofazialen Gesichtsspalte. Die Fehlbildung kann in Form einer kleinen
               Kerbe, die zu einer geringfügigen Abweichung der Nasenscheidewand
               führt, bis hin zu Nasenspalten unterschiedlicher
               Größe, die mit kleinen Zysten der Nasennebenhöhlen
               in der Nasenmittellinie assoziiert sein können, auftreten.
               Paramediane Nasenspalten treten isoliert oder in Verbindung mit
               Lippenspalten und/oder anderen kraniofazialen Anomalien
               (z. B. Hypertelorismus, Verbreiterung der Nasenwurzel,
               Mittellinienspalte) auf. Nasenrücken und Nasenspitze sind in der
               Regel gut erhalten [34].
            
             Abb. 5 Paramediane Nasenspalte.
                  Abb. 5 Paramediane Nasenspalte.
            
            
            
            
            2.2.5 Duplikationsanomalien der Nase: Polyrhinie und akzessorisches
               Nasenloch
            
            Duplikationsanomalien der Nase beinhalten die Polyrhinie („doppelte
               Nase“) und das akzessorische Nasenloch. Beide
               Nasendeformitäten treten extrem selten auf (entsprechend Orphanet
               wird die Inzidenz auf unter 1:1.000 000 geschätzt). In der
               Literatur sind insgesamt 8 Fälle beschrieben, von denen 4 eine
               Polyrhinie und 3 ein isoliertes akzessorisches Nasenloch sowie ein Patient
               ein akzessorisches Nasenloch in Verbindung mit einer Lippenspalte aufwiesen
               [35].
            
            Die Polyrhinie ist eine angeborene Fehlbildung, bei der es zu einer
               vollständigen Duplikation der Nase kommt. Alle publizierten
               Fälle waren sporadisch. Es wird vermutet, dass der Fehlbildung ein
               embryonaler Entwicklungsdefekt mit Duplikation des medialen Nasenfortsatzes
               zugrunde liegt [36].
            
            Das akzessorische Nasenloch ist eine ebenfalls äußerst
               seltene angeborene Fehlbildung, die durch das Vorhandensein eines oder
               mehrerer akzessorischer Nasenlöcher mit oder ohne akzessorischen
               Knorpel gekennzeichnet ist. Die akzessorischen Löcher sind medial,
               oberhalb, unterhalb oder lateral der anderen Nasenlöcher
               lokalisiert. Im Gegensatz zur Polyrhinie besteht keine Duplikation des
               Nasenseptums. Das akzessorische Nasenloch ist häufig mit anderen
               Fehlbildungen der Kopf-/Halsregion assoziiert [37]
               [38].
            
            
            2.2.6 Proboscis lateralis
            
            Der Proboscis lateralis ist eine äußerst seltene Fehlbildung,
               die 1861 zum ersten Mal beschrieben wurde. Die fehlgebildete Seite der Nase
               zeigt eine schlauchartige, rudimentäre Nasenanlage, die an jedem
               beliebigen Punkt entlang der embryologischen Fusionslinie zwischen der
               anterioren Maxilla und dem Processus frontonasalis ansetzen kann. In den
               meisten Fällen ist der Ansatz dieses Rudiments am medialen Anteil
               des Orbitadaches lokalisiert [39].
            
            Der genaue embryologische Mechanismus, der für die Entwicklung des
               Proboscis lateralis verantwortlich ist, konnte bislang nicht analysiert
               werden. Zu den populären Theorien gehören die unvollkommene
               Verschmelzung der lateralen Nasen- und Kieferfortsätze und die
               irreguläre Verschmelzung des Kieferfortsatzes der betroffenen Seite
               mit dem medialen Nasenfortsatz [40]
               [41]
               [42].
            
            Entsprechend den existierenden Daten wird empfohlen, die chirurgische
               Therapie in der frühen Kindheit zu beginnen, um mögliche
               psychosoziale Konsequenzen zu vermeiden. Die abschließende
               ästhetische Rekonstruktion der Nase sollte allerdings erst in der
               späteren Jugend erfolgen, wenn das Wachstum des Nasengerüsts
               abgeschlossen ist.
            
            Es existieren verschiedene chirurgische Techniken zur initialen Korrektur des
               Proboscis lateralis. Eine häufig angeführte Technik
               beschreibt die Desepithelisierung des mittleren bis distalen Anteils des
               rudimentären Schlauches, der dann in die eröffnete und
               fehlgebildete ipsilaterale Nasenwand eingearbeitet wird [39].
            
            
            2.2.7 Nasenrückenfistel
            
            Die Nasenrückenfistel ist eine seltene Fehlbildung, die sich durch
               das Vorhandensein einer Dermoidzyste auf dem Nasenrücken definiert.
               Die Inzidenz liegt bei 1:20 000–1:40 000 [43]. Klinisch präsentiert sich eine
               fest palpable, langsam wachsende Raumforderung, die Haut und dermale
               Elemente, wie Haarfollikel und Talgdrüsen enthält. Es kann
               zu intermittierender oder chronischer Sekretion von Talg und seröser
               Flüssigkeit sowie zu lokalen Infektionen kommen. In einzelnen
               Fällen besteht eine Verbindung nach intrakraniell, weshalb
               anamnestisch auf meningitische Beschwerden und Krampfanfälle
               fokussiert werden sollte. In sehr seltenen Fällen kann es zu
               intrakraniellen Abszessformationen kommen. Therapie der Wahl ist die
               vollständige Exzision des Befundes, je nach Ausdehnung in
               Kooperation mit der Neurochirurgie. Bei vollständiger Resektion sind
               Rezidive selten [44].
            
            
            2.3 Belüftungs- und Funktionsstörungen
            
            2.3.1 Silent Sinus Syndrom
            
            Das Silent Sinus Syndrom bezeichnet eine i.d.R. einseitige Erkrankung des
               Sinus maxillaris, die mit einem verringerten Volumen, einer Absenkung des
               Orbitabodens und einem damit assoziierten Bulbustiefstand (Hypoglobus)
               assoziiert ist [45]. Bereits 1964 wurden
               von Montgomery 2 Fälle eines Enophthalmus bei maxillären
               Mukozelen beschrieben [46], der Begriff
               Silent Sinus Syndrom entstand im Rahmen der Beschreibung einer Fallserie von
               19 Patienten mit Enophthalmus und einem einseitigen
               „Kollaps“ des Sinus maxillaris [47]. In extrem seltenen Fällen ist das Siebbein oder die
               Stirnhöhle von der Erkrankung betroffen [48]
               [49]. Weltweit wurden bisher
               98 Fälle beschrieben [2].
            
            Betroffene Patienten sind weitestgehend frei von sinunasalen Beschwerden,
               können aber über gelegentliches Druckgefühl der
               betroffenen Seite des Oberkiefers berichten [50]
               [51]. Trotz der durch den
               Enophthalmus und Hypoglobus veränderten Sehachse kommt es wegen der
               nur langsam fortschreitenden Symptomatik nur selten zu
               Visusstörungen.
            
            Als wahrscheinlichste Ursache für die Entstehung eines Silent Sinus
               Syndroms wird eine Obstruktion am Ostium der betroffenen Nebenhöhle
               vermutet. Es kommt zu einer konsekutiven Unterdruckbildung, eingezogenen
               knöchernen Wänden und nachfolgenden Sekretretention [52]
               [53]
               [54]
               [55]
               [56].
               Die ursprüngliche These, es handele sich um eine
               Kieferhöhlen-Hypoplasie, konnte durch Studien widerlegt werden, bei
               denen Computertomografien aus der Zeit vor der Erkrankung analysiert wurden,
               auf denen ein normal konfigurierter Sinus maxillaris ersichtlich war [54]
               [57]
               [58]. Auch eine chronische
               Rhinosinusitis wird als Ursache diskutiert [56].
            
            Bei der Endoskopie zeigt sich ein stark retrahierter, ggf. atelektatischer
               Processus uncinatus. Computertomografisch lässt sich ein
               hypoplastisch anmutender Sinus maxillaris mit gleichmäßiger
               Einziehung aller Wände darstellen. Das Lumen des Sinus kann frei
               oder Sekret-verlegt sein [59]. In
               koronarer Schichtung lässt sich in der Computertomografie der nach
               kaudal eingezogene Orbitaboden darstellen, der zu einer konsekutiven
               Verlagerung des Orbitainhalts führt ([Abb. 6]). Magnetresonanztomografisch lässt sich ein
               hyperintenses Signal in der T2-Wichtung bei homogener Abbildung des Lumens
               darstellen [51]
               [59]
               [60]
               [61].
            
             Abb. 6 Koronare CT-Rekonstruktion eines Patienten mit Silent
                  Sinus Syndrom linksseitig. Die Kieferhöhle ist verlegt, der
                  Orbitaboden nach unten gezogen.
                  Abb. 6 Koronare CT-Rekonstruktion eines Patienten mit Silent
                  Sinus Syndrom linksseitig. Die Kieferhöhle ist verlegt, der
                  Orbitaboden nach unten gezogen.
            
            
            
            Bei entsprechenden Beschwerden ist eine Kieferhöhlen-Fensterung Typ
               2–3 [56]
               [62]
               [63]
               [64] zur Wiederherstellung
               der Belüftung möglich. Nach Eröffnung des Lumens
               zeigt sich normale bis leicht hypertrophe Schleimhaut und je nach Befund
               mukozelenartig konfiguriertes Sekret, welches abgesaugt werden kann.
            
            Im Falle von Visusstörungen ist die Korrektur des Orbitabodens
               Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Zur Rekonstruktion bzw. Anhebung des
               Orbitabodens können alloplastische oder autologe Materialen
               verwendet werden [55]
               [65]. Mehrere Fallberichte zeigten
               allerdings eine Rückbildung des Enophthalmus und Hypoglobus [52]
               [57]
               [65]
               [66], weshalb eine operative Therapie
               frühestens ein Jahr nach Wiederherstellung der
               Kieferhöhlen-Belüftung erfolgen sollte, um spontane
               Remissionen abzuwarten [62]
               [65]
               [67].
            
            
            2.3.2 Hypersinus
            
            Der Terminus Hypersinus bezeichnet eine Nasennebenhöhle, deren
               Ausdehnung die normalen Begrenzungen deutlich überschreitet und
               deren knöcherne Begrenzungen und Belüftungssituation normal
               konfiguriert sind [68]. Die Ausdehnung der
               betroffenen Nebenhöhle erstreckt sich innerhalb der
               Schädelknochen-Begrenzungen, ohne diese – wie im Falle des
               Pneumosinus dilatans oder der Pneumozele – zu verdrängen
               bzw. zu verlagern. Insofern existieren bei betroffenen Patienten keine
               kosmetischen oder funktionellen Probleme. In [Abb. 7] ist die starke Pneumatisation des Sinus frontalis
               beidseits gut zu erkennen. In sagittaler Rekonstruktion zeigt sich der weit
               nach kranial reichende Sinus frontalis ebenfalls, allerdings ohne die Kontur
               der Stirn stark zu beeinträchtigen.
            
             Abb. 7 Koronare und sagittale CT-Rekonstruktion eines
                  Patienten mit Hypersinus frontalis bds.
                  Abb. 7 Koronare und sagittale CT-Rekonstruktion eines
                  Patienten mit Hypersinus frontalis bds.
            
            
            
            Der Hypersinus verursacht keine Beschwerden, weshalb diese anatomische
               Variante nicht als Pathologie gezählt wird. Trotz einer bereits 1987
               festgelegten Nomenklatur [69] werden die
               Begriffe Hypersinus, Pneumosinus dilatans und Pneumozele bisweilen unscharf
               oder sogar synonym verwendet, weshalb die Abgrenzung des Hypersinus in
               diesem Zusammenhang aufgeführt wird.
            
            
            2.3.3 Pneumosinus dilatans
            
            Der Pneumosinus dilatans stellt eine massive Ausweitung meist einer
               Nasennebenhöhle dar und manifestiert sich in den meisten
               Fällen an der Stirnhöhle. Auch die Siebbeinzellen und die
               Keilbein- sowie Kieferhöhlen können von der
               außergewöhnlich starken Pneumatisation betroffen sein [56]. Vorwölbungen des Stirnbeins
               oder intrakranielle, ethmoidale und orbitale Ausdehnung können
               auftreten [69]. Die Erkrankung ist nicht
               zwingend mit Beschwerden verknüpft, kann aber in einigen
               Fällen lokales Druckgefühl und Cephalgien verursachen.
               Während der Befall der Stirnhöhle zu kosmetischen
               Beeinträchtigungen für den Patienten führen kann,
               existieren Fallberichte mit ophthalmologischen Komplikationen bei
               Lokalisation im Siebbein oder der Keilbeinhöhle [70]
               [71]
               [72] durch eine Kompression
               des Nervus opticus.
            
            Die weltweit berichtete Fallzahl wird mit 134 angegeben [73]
               [74].
               Die Ätiologie der Erkrankung ist unbekannt. Als mögliche
               Ursachen werden spontan drainierte Mukozelen, eine Infektion mit
               gasbildenden Mikroorganismen, eine genetische Prädisposition oder
               fibro-ossäre Dysregulation sowie hormonelle Dysregulationen
               diskutiert [74]. Die derzeit
               wahrscheinlichste Theorie ist ein Ventilmechanismus der Abflusswege der
               Nebenhöhlen, der aufgrund des gesteigerten Drucks zu einer
               langsamen, gleichmäßigen Ausdehnung des Sinus führt
               und spontan drainierte Mukozelen diskutiert. Publikationen der letzten 20
               Jahre geben zudem Hinweise auf eine Assoziation mit Meningeomen und
               Arachnoidalzysten [73]
               [75]
               [76]
               [77].
            
            Bei der Nasenendoskopie zeigt sich ein meist unauffälliger Befund des
               mittleren Nasengangs und der betroffenen Ostien, sofern diese einsehbar
               sind. Computertomografisch ist die betroffene Nasennebenhöhle
               (meist) gleichmäßig vorgewölbt und i.d.R. ohne
               Ausdünnung des begrenzenden Knochens darstellbar. [Abb. 8] zeigt eine koronare
               Computertomografie eines Patienten mit Pneumosinus dilatans. In sagittaler
               Rekonstruktion ist die Vorwölbung der Stirnhöhlenvorderwand
               sowie der hierdurch veränderte nasofrontale Winkel zu erkennen.
            
             Abb. 8 Koronare und sagittale CT-Rekonstruktion eines
                  Patienten mit Pneumosinus dilatans mit Vorwölbung des Os
                  frontale.
                  Abb. 8 Koronare und sagittale CT-Rekonstruktion eines
                  Patienten mit Pneumosinus dilatans mit Vorwölbung des Os
                  frontale.
            
            
            
            Es existiert keine kurative Therapie. Unter der Annahme eines
               Ventilmechanismus kann eine funktionelle Nasennebenhöhlen-Operation
               mit Erweiterung des Ostiums und damit Beseitigung der Stenose in Betracht
               gezogen werden. Bei Patienten mit kosmetischer Beeinträchtigung im
               Rahmen eines Pneumosinus dilatans frontalis wurden Techniken zur operativen
               Modellierung der Stirnhöhlenvorderwand von Draf et al. beschrieben
               [78]. Bei Visusstörungen kann
               in Abhängigkeit der Beschwerden und der Lokalisation der Pathologie
               die Dekompression des Nervus opticus in Erwägung gezogen werden.
               Auch ein Pneumosinus dilatans der Kieferhöhle kann sich entwickeln
               und zeigt sich primär in einer äußeren Deformierung
               [56].
            
            
            2.3.4 Pneumozele
            
            Pneumozelen sind Ausdehnungen einer Nasennebenhöhle über die
               normalen Grenzen hinaus. Im Gegensatz zum Pneumosinus dilatans finden sich
               Irregularitäten der knöchernen Begrenzung der betroffenen
               Nebenhöhle mit Ausdünnungen und teilweisem
               Integritätsverlust [69]
               [79]. Die Symptome sind ähnlich wie
               bei einem Pneumosinus dilatans. Bei Lokalisation im Sinus maxillaris,
               frontalis und ethmoidalis kann es zu Verlagerung des Orbitainhalts mit
               konsekutiver Protrusio bulbi kommen [80]
               [81]
               [82]. Ein Fallbericht schildert einen
               temporären Visusverlust im Rahmen einer Pneumocele des Sinus
               sphenoidalis [83]
               [84].
            
            Als Ursache für die Entwicklung einer Pneumozele wird ein
               Ventilmechanismus im Bereich des Ostiums angenommen, der eine rasche
               Angleichung von Druckdifferenzen zwischen der Nasenhaupthöhle und
               der betroffenen Nebenhöhle verhindert.
            
            Im Falle einer Protrusio bulbi kann die Entlastung der Orbita mit Resektion
               der Lamina papyracea erfolgen. Bei einer Kompression des Nervus opticus im
               Bereich des Sinus sphenoidalis aufgrund von nicht ausgeglichenen
               Druckdifferenzen der Nasenhaupthöhle und des Sinus sphenoidalis ist
               die operative Wiederherstellung der Belüftung des Sinus sphenoidalis
               Therapie der Wahl. In o.g. Fallbericht wurde eine Resektion eines Polypen
               durchgeführt, der das Ostium verlegte.
            
            
            2.3.5 Organisiertes Hämatom
            
            Das sinunasale organisierte Hämatom ist eine seltene, gutartige
               Erkrankung. Es kommt zu wiederholten Einblutungen, die
               möglicherweise durch ein sehr kleines Ostium und/oder eine
               nicht ausreichende mukoziliäre Clearance des betroffenen Sinus
               raumfordernden Charakter entwickeln. Im weiteren Verlauf kommt es zu
               Fibrosierungen und Neovaskularisation. Aufgrund des expansiven Wachstums
               kann es zu Destruktionen umgebender Strukturen kommen, weshalb
               bildmorphologische Aspekte malignen Wachstums oder einer Pathologie mit
               lokal aggressiver Expansion ähnlich einem invertierten Papillom oder
               einer Pilzsinusitis entstehen können [85]
               [86]. Diverse Studien haben
               die Charakteristika der Erkrankung analysiert, allerdings ohne genauere
               Daten hinsichtlich der Inzidenz zu liefern [85]
               [86]
               [87].
            
            Primäre Beschwerden sind häufig rezidivierende Epistaxis,
               Schmerzen, Druckgefühl im Gesichtsbereich und gelegentlich
               Hypästhesien im Versorgungsgebiet des N. infraorbitalis [85]
               [86]
               [87]
               [88].
            
            CT- und MRT-grafisch zeigen sich mit expansiven Gewebsmassen
               angefüllte Sinus, häufig mit Ausdehnung in die ipsilaterale
               Nasenhaupthöhle [87]. Lokal
               aggressives Wachstum kann zu Expansion in den Sinus ethmoidalis, die Orbita,
               die Fossa pterygopalatina und die Fossa infratemporalis, die Wange und sogar
               den Hartgaumen führen. In der Computertomografie stellen sich die
               Areale heterogen und mit unregelmäßig fleckiger
               Kontrastmittelaufnahme dar. Auch Kalzifikationen können auftreten.
               Magnetresonanztomografisch zeigen sich vergleichbare
               Kontrastmittelanreicherungen in der T1 Wichtung mit eher hypointensem
               Randsaum.
            
            Histopathologisch zeigen sich Einblutungen mit frischeren und älteren
               Arealen, extensiv dilatierte Gefäße, amyloides Material mit
               irregulär konfigurierten Gefäßen, Zonen mit
               deutlicher Neovaskularisation sowie Hämosiderinablagerungen und
               Fibrosen [87].
            
            Die explorative Endoskopie in Narkose wird zur Diagnosesicherung und Therapie
               empfohlen. Über einen endonasalen Zugang sollte das Hämatom
               vollständig entfernt werden. Im Rahmen der Ausräumung kommt
               es häufig zu stärkeren diffusen Blutungen. Um einer weiteren
               Abkapselung des Befundes vorzubeugen wird empfohlen, ausreichend weite
               Zugänge zu dem betroffenen Sinus anzulegen. Rezidive sind in der
               derzeit bekannten Literatur äußerst selten beschrieben [85]
               [86]
               [87]
               [88].
            
            Die zu erwartenden endoskopischen und radiologischen Befunde bei
               Silent-Sinus-Syndrom, Organisiertem Hämatom und Pneumosinus dilatans
               sind in [Tab. 2] aufgelistet.
            
            
               
                  
                     
                     
                        Tab. 2 Zu erwartende endoskopische und radiologische
                        Befunde bei Silent-Sinus-Syndrom, Organisiertem Hämatom
                        und Pneumosinus dilatans, entnommen aus [56].
                     
                  
                     
                     
                        
                        | Erkrankung | Endoskopischer Befund | Radiologischer Befund | 
                     
                  
                     
                     
                        
                        | Silent-Sinus-Syndrom | Erweiterung des mittleren Nasengangs mit Lateralisation
                              des Proc. uncinatus | CT: 
                              
                              
                                 
                                 Verkleinerung des
                                    Kieferhöhlen-Volumens
                                 
                                 Retraktion aller
                                    Kieferhöhlen-Wände
                                 
                                 Kaudalverlagerung Orbitaboden
                                 
                                 Volumenvergrößerung Orbita
                                 
                                 homogene Verschattung der Kieferhöhle
                                 
                                 Proc. uncinatus liegt der Orbita an | 
                     
                     
                        
                        | Organisiertes Hämatom | Gewebsvermehrung im mittleren Nasengang und in der
                              Nasenhaupthöhle, Fibrin, Granulationen. Z. T.
                              polypöse Schleimhautschwellung und
                              Vorwölbung der lateralen Nasenwand | CT: MRT: 
                              
                              
                                 
                                 T1: homogen isointens mit Muskulatur, heterogene
                                    KM-Anreicherung
                                 
                                 T2: inhomogen mit hypointensem Randsaum | 
                     
                     
                        
                        | Pneumosinus dilatans | Unauffälliger Befund | CT: Erweiterung des Sinus maxillaris über die
                              natürlichen Grenzen hinaus ohne
                              Ausdünnung der
                              knöchernenWände | 
                     
               
             
            
            
            
            2.3.6 Young-Syndrom
            
            Erstmals beschrieben wurde das Young-Syndrom von dem Urologen David Young,
               dem aufgefallen war, dass 54% der Patienten mit obstruktiver
               Azoospermie Lungendefekte aufwiesen [89].
               Im Jahr 1978 wurden sinunasale Beschwerden in die Symptomatik aufgenommen.
               Seither ist das Krankheitsbild als Trias aus obstruktiver Azoospermie,
               chronischer Rhinosinusitis und Bronchiektasien oder chronischen Bronchitiden
               definiert [90]
               [91].
            
            Hinsichtlich der Inzidenz des Young-Syndroms existieren keine
               verlässlichen Daten. Eine Quecksilber-Exposition scheint mit dem
               Auftreten der Erkrankung assoziiert zu sein. Untermauert wird dies durch die
               nach der Erstbeschreibung beschriebene hohe Inzidenz von bis zu 1 von 500
               Männern auf heute nur noch wenige Fallberichte, was dem generellen
               Verschwinden von Quecksilber aus Industrie und Medizin geschuldet sein
               dürfte [92]. Eine positive
               Familienanamnese ist laut aktuellem Stand keine Prädisposition
               für das Auftreten der Erkrankung.
            
            Das Young-Syndrom betrifft junge Männer. Primärer Grund
               für das Aufsuchen ärztlicher Hilfe ist in den meisten
               Fällen die Infertilität, nur selten chronisch sinunasale
               oder pulmonale Beschwerden. Die chronisch sinunasalen Beschwerden
               verschwinden mit dem Abschluss der Adoleszenz wohingegen die pulmonalen
               Beschwerden persistieren [93]
               [94]
               [95].
            
            Die mukoziliäre Clearance ist bei betroffenen Patienten deutlich
               verlängert, was allerdings kein spezifisches diagnostisches
               Kriterium darstellt [96]. Initial
               vermutete Strukturdefizite der Dynein-Arme innerhalb der Zilien konnten
               nicht als Ursache bestimmt werden. Stattdessen geht man heute von einer
               veränderten Konsistenz des nasalen Schleimfilms aus, die für
               die Beschwerden der Patienten verantwortlich ist [91].
            
            Differenzialdiagnostisch muss an eine Mukoviszidose, eine primär
               ziliäre Dyskinesie und das Kartagener Syndrom gedacht werden.
            
            Wang et al. untersuchten ein Kollektiv von 33 Patienten mit obstruktiver
               Azoospermie und beschrieben 4 Patienten mit einer dokumentierten Anamnese
               einer chronischen Rhinosinusitis, einer auffälligen Bildgebung der
               Nasennebenhöhlen, einer positiven Familienanamnese sowie einer
               Medikation, die die mukoziliäre Clearance beeinträchtigen
               kann. Da die Anzahl der in der Literatur dargelegten Fälle seit der
               Erstbeschreibung massiv gesunken ist und aufgrund der lange inkonsistent
               verwendeten Definition einer chronischen Rhinosinusitis wurde die Existenz
               des Young-Syndroms 2009 von Arya et al. sogar angezweifelt [91].
            
            
            2.3.7 Primäre ziliäre Dyskinesie
            
            Die primäre ziliäre Dyskinesie ist eine Störung der
               Struktur und Funktion der beweglichen Zilien der Schleimhaut der
               Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen, die zu chronischen
               sinunasalen und pulmonalen Beschwerden führt. Die primäre
               ziliäre Dyskinesie äußert sich typischerweise in
               Atembeschwerden bei Säuglingen, frühem ganzjährigem
               Husten und einer Nasenatmungsbehinderung. Aufgrund der fehlenden
               Zilienfunktion kommt es zu einer Stase des Schleimhautfilms in der Nase und
               den Nasennebenhöhlen, die bei betroffenen Patienten zu einer
               purulenten Sekretion führt. Die korrekte Diagnosestellung ist eine
               Herausforderung, da eine Vielzahl von Erkrankungen existiert, die zu
               ähnlichen Symptomen führen. Das Kartagener-Syndrom ist eine
               Trias aus chronischer Rhinosinusitis, Bronchiektasien und dem Vorliegen
               eines Situs inversus als Folge einer ziliären Dyskinesie [97].
            
            Ursächlich ist eine genetische Störung, die zu einer
               gestörten Ultrastruktur der Zilien der Nasenschleimhaut und damit
               deren Funktionslosigkeit führt. Derzeit sind 33 Gene bekannt, die
               mit der Ausbildung einer primären ziliären Dyskinesie
               assoziiert sind und deren Mehrheit einem autosomal rezessivem Erbgang folgt
               [97]. Die Prävalenz liegt bei
               1:15 000 Lebendgeburten
            
            Bei der primären ziliären Dyskinesie führen
               Mutationen in Genen, die für axonemale Strukturen kodieren, zu
               funktionsgestörten Zilien. Defekte bei der primären
               ziliären Dyskinesie können äußere
               Dyneinarmdefekte, innere Dyneinarmdefekte, zentrale mikrotubuläre
               Anomalien, radiale Speichendefekte und äußere
               ultrastrukturelle Anomalien beinhalten. Auch der Spermienschwanz und die
               Fimbrien der Eileiter besitzen bewegliche Zilien, weshalb
               Infertilität bei betroffenen Männern und Frauen auftreten
               kann. Anomalien der Anatomie sind möglich, da der Defekt der
               beweglichen Flimmerhärchen während der Embryogenese zu einer
               abnormalen thorakoabdominalen Ausrichtung führt. Ein Situs inversus
               tritt bei 50% der Fälle von primärer
               ziliärer Dyskinesie auf, da die normale Bewegung der Zilien
               gestört ist und die viszerale Rotation hierdurch ein Zufallsereignis
               wird [97]
               [98]
               [99].
            
            Die Diagnose wird durch eine Kombination aus Symptomen und den Ergebnissen
               einer Nasen- oder Bronchialbürstenbiopsie zum Nachweis einer
               gestörten ziliären Ultrastruktur und Ziliarbeweglichkeit
               gestellt. Die Analyse der Nasenschleimhaut mit
               Hochgeschwindigkeits-Videomikroskopie zur Beurteilung der
               Ziliarmotilität ist sehr sensitiv und spezifisch.
            
            Bei Patienten über 5 Jahren sind nasale Stickstoffmonoxidmessungen
               sensitiv und können die Diagnosestellung erleichtern. Der Gehalt des
               durch die Mukosa produzierten Stickstoffmonoxids ist bei Patienten mit
               primärer ziliärer Dyskinesie im Vergleich zu gesunden
               Patienten deutlich erniedrigt. Aufgrund der teilweise ähnlichen
               Symptome sind ein Schweiß-Chlorid-Test und ggf. genetische Tests
               sinnvoll, um eine Mukoviszidose ausschließen zu können [97]
               [100]
               [101]
               [102].
            
            Es existieren keine großen, langfristig angelegten randomisierten
               Studien zur Therapie der primären ziliären Dyskinesie,
               weshalb viele Aspekte der Versorgung auf empirischen Empfehlungen anderer
               Lungenerkrankungen mit ähnlichen Pathologien basieren. Trotz des
               Versuches, einen europäischen Konsensus aus den Erfahrungen
               großer spezialisierter Zentren zu erzielen, existieren große
               Unterschiede in den Ansätzen, die Erkrankung zu therapieren [103]
               [104].
            
            Eine engmaschige Betreuung durch Pulmologen ist erforderlich.
               Regelmäßige Spirometrien, Sputum-Kulturen und
               Röntgen-Thorax Kontrollen werden empfohlen. Vor allem bei Kindern
               ist die regelmäßige Hals-Nasen-Ohrenärztliche
               Kontrolle aufgrund der rezidivierenden Otitiden und daraus resultierenden
               Schallleitungsstörungen erforderlich.
            
            Nasale Symptome manifestieren sich in der Regel als Rhinorrhoe und
               Nasenatmungsbehinderung. Eine Polypenbildung bei betroffenen Kindern ist
               selten. Prophylaktische Antibiotika helfen, die infektiöse
               Komponente der Rhinosinusitis zu reduzieren. Die Indikation zur
               Nasennebenhöhlenoperation sollte zurückhaltend gestellt
               werden, da deren Wirksamkeit umstritten ist. Es gibt keine Evidenz
               für den Nutzen intranasaler Steroide, allerdings können sie
               bei der Behandlung einer zusätzlichen allergischen Rhinosinusitis
               hilfreich sein. Verbesserte genetische Diagnosestellungen sind der erste
               Schritt hin zu einer zukünftigen, genbasierten Therapiestrategie wie
               z. B. Genersatztherapie, Aminoglykosid-induziertes
               „translationales Überlesen“ (read-through) und
               pharmakogenetischen Ansätzen [105].
            
            
            2.4 Tumore
            
            Tumore des Sinunasaltrakts und der vorderen Schädelbasis können
               primär in dieser Region entstehen oder ihren Ursprung an einer
               entfernteren Stelle der Kopf-Hals-Region, allerdings eine Manifestation
               innerhalb des Sinunasaltrakts oder an der Schädelbasis aufweisen. In der
               Einteilung der World Health Organization von 2017 wird auf eine weitere Gruppe
               von Neoplasien verwiesen, deren Auftreten innerhalb des Sinunasaltrakts und der
               vorderen Schädelbasis aus differenzialdiagnostischen Gründen von
               Bedeutung ist. Die folgende Einteilung benigner und maligner Entitäten
               des Sinunasaltrakts und der vorderen Schädelbasis entstand in Anlehnung
               an diese Klassifikation der WHO [106].
            
            2.4.1 Benigne Tumore
            
            Benigne Tumore des Sinunasaltrakts werden in drei Hauptkategorien eingeteilt,
               die im folgenden Teil dargestellt werden:
            
            
            
            2.4.1.1 Weichteil-, Nerven- und Gefäßtumore
            
            2.4.1.1.1 Schleimhautpapillome
            
            Drei unterschiedliche Varianten von Schleimhautpapillomen werden
               unterschieden. Allen gemeinsam ist die Entstehung aus der sogenannten
               Schneider-Membran, die Nasenhaupt- und Nasennebenhöhlen auskleidet
               [107]
               [108]
               [109]
               [110]. Diese ektodermal entstandene, mit
               Zilien besetzte Mukosa entwickelt sich als eine Invagination von
               olfaktorischem Ektoderm in der vierten Woche der embryonalen Entwicklung
               [111]. Aus pathologischer Sicht werden
               3 Schneider-Papillome unterschieden:
            
            
               
               - 
                  
                  Invertiertes Papillom 
- 
                  
                  Exophytisches Papillom 
- 
                  
                  Onkozytäres Papillom 
Exophytisches Papillom:
            
            Diese Entität ist auch als fungiformes oder septales Papillom bekannt
               und stellt 6–50% aller Schneider-Papillome. Im Gegensatz zum
               invertierten Papillom treten sie vorwiegend bei Männern im Alter
               zwischen 20 und 50 Jahren auf. Manifestationsort ist in den meisten
               Fällen das anteriore Nasenseptum, gelegentlich auch die laterale
               Nasenwand. Multifokales Auftreten ist möglich, bilaterale
               Manifestationen wurden sehr selten beschrieben [112]. Eine Manifestation in den Nasennebenhöhlen ist
               äußerst selten. Makroskopisch imponiert das exophytische
               Papillom als rosig bis graue Raumforderung mit gefältelter
               Oberfläche. Die Therapie der Wahl ist die Exzision. Eine maligne
               Entartung wurde nicht beschrieben.
            
            Onkozytäres Papillom:
            
            Diese Entität ist mit 2–26% die seltenste
               Ausprägung der Schneider-Papillome. Die Geschlechterverteilung ist
               annähernd gleich, eine Manifestation ist meist nach der
               fünften Dekade feststellbar. Die onkozytären Papillome
               entstehen ausschließlich an der lateralen Nasenwand, dem Sinus
               ethmoidalis oder maxillaris [113]
               [114]. Sie sind dem invertierten Papillom in
               vielen Punkten sehr ähnlich, sodass einige Autoren die
               onkozytären Papillome als mikroskopische Variante des invertierten
               Papilloms bezeichnen [111]
               [115]
               [116]. Eine maligne Entartung ist – analog zum invertierten
               Papillom – möglich (siehe folgendes Kapitel).
            
            Invertiertes Papillom:
            
            Invertierte Papillome repräsentieren mit 47–78% die
               häufigste Entität der Schneider-Papillome. Sie zeigen ein
               polypöses, meist gelapptes Wachstum, mikroskopisch in das Stroma der
               Mukosa eingestülpte Epithelzapfen. Entstehungsort ist in 48%
               der Sinus ethmoidalis, in 28% der Sinus maxillaris, in 7,5%
               der Sinus sphenoidalis und in 2,5% der Sinus frontalis. Auch
               Manifestationen an der Schleimhaut des Nasenseptums sind möglich.
               Typischerweise ist eine unilaterale Manifestation festzustellen. Eine
               bilaterale Manifestation ist äußerst selten beschrieben
               [117]
               [118]. Eine sekundäre metachrone Malignisierung ist in bis
               zu 4% der invertierten Papillome dargestellt mit dem
               Plattenepithelkarzinom als häufigste Entität, die bei
               Rezidiven eines invertierten Papilloms auf bis zu 11% ansteigt [119]
               [120]
               [121].
            
            Die Inzidenz des invertierten Papilloms liegt zwischen 0,5 und
               1,5:100 000 Einwohnern pro Jahr mit einem Altersgipfel zwischen der
               5. Und 6. Dekade. Männer sind häufiger betroffen (M:W
               2–5:1) [108]
               [118]
               [122].
            
            Patienten mit invertiertem Papillom berichten von Nasenatmungsbehinderung,
               Epistaxis und Epiphora, sofern eine Affektion der ableitenden
               Tränenwege oder des unteren Nasengangs vorliegt. Je nach
               Lokalisation und invasivem Wachstumsverhalten kann es zu der Ausbildung
               einer Mukozele oder einer Protrusio bulbi kommen.
            
            Klinisch präsentiert sich meist eine ödematöse, eher
               durchsichtig wirkende Polypenformation. Allerdings unterliegt das
               Erscheinungsbild starken Variationen, da die polypöse Raumforderung
               auch entzündlich und fleischig imponieren kann [123].
            
            Die Computertomografie ist die bildgebende Modalität der Wahl, da
               knöcherne Erosionen, die auf eine Maligne Transformation hinweisen,
               dargestellt werden. Häufig ist am Entstehungsort des invertierten
               Papilloms eine Hyperostose oder Sklerose der knöchernen Grenzen zu
               erkennen. Auch kann eine Kalzifikation innerhalb der Raumforderung vorkommen
               [124].
            
            Die Exzision mit der unmittelbar umgebenden Schleimhaut ist Therapie der
               Wahl. Ein Sicherheitsabstand von 1–1,5 cm sollte
               berücksichtigt werden [62]
               [125]
               [126]. Zudem ist die Abtragung bzw. Ausdünnung des Knochens im
               Bereich der Ansatzstelle erforderlich. Rezidive treten bei unzureichender
               Resektion deutlich häufiger auf [127]. Bei defensiver Polypektomie oder lokaler Exzision wurden in
               bis zu 78% der Fälle Rezidive beschrieben [128]. Innerhalb der letzten Jahre haben
               sich durch die mediale Maxillektomie und ihre Variationen effizientere
               Zugangswege zu allen Bereichen der Kieferhöhle etabliert [64]. Diese Technik hat den
               ursprünglichen Caldwell-Luc Zugang in den meisten Fällen
               ersetzt [129]
               [130]. Eine Übersichtsarbeit mit Positionspapier zeigte
               gleichwertige, wenn nicht sogar bessere Ergebnisse für die
               endoskopische Resektion von invertierten Papillomen. Bei der Lokalisation in
               der Kieferhöhle ist der endonasale Zugang dem offenen Vorgehen
               hinsichtlich Rezidiv-Häufigkeit überlegen [121]
               [131]. Bei Verwendung eines prälacrimalen Zugangs ist die
               Rezidivrate noch geringer [125].
               Grundsätzlich sind die langfristigen Ergebnisse umso besser, je
               gründlicher die erkrankte Schleimhaut reseziert wird [118].
            
            
            2.4.1.1.2 Leiomyome
            
            Leiomyome sind gutartige Tumore mit muskulärer Differenzierung. Bei
               Angioleiomyomen besteht zudem eine vaskuläre Differenzierung.
            
            In der Kopf-Hals-Region sind sie extrem selten und repräsentieren
               insgesamt nicht einmal 1% aller insgesamt vorkommenden Leiomyome
               [132]. In den meisten Fällen
               sind die Patienten Erwachsene ohne Bevorzugung eines Geschlechts. Die
               meisten sinunasal vorkommenden Leiomyome weisen eine vaskuläre
               Differenzierung auf [106]
               [132]
               [133].
            
            Das Tumorwachstum ist lange unbemerkt und sorgt zumeist für
               unspezifische Symptome wie Druckgefühl und langsam progredienter
               Nasenatmungsbehinderung. Epistaxis und Schmerzen können
               hinzukommen.
            
            Makroskopisch präsentieren sich nasale Leiomyome polypoid bis
               nodulär und gut abgrenzbar mit einer
               weißlich/bräunlichen Schnittfläche. Die
               Raumforderung liegt meist unter intakter Schleimhaut. Ulcerationen treten
               selten auf. Spindelförmige Tumorzellen sind in sich
               überlappenden Faszikeln angeordnet mit ovalen, länglichen,
               zigarrenförmig anmutenden Zellkernen ohne Atypien. Eosinophiles,
               fibrilläres Zytoplasma ist vorhanden. Im Gegensatz zum Leiomyosarkom
               existieren keine mitotischen Veränderungen. Das Angioleiomyom
               besitzt zusätzlich prominente Gefäße, die von
               Muskelzellen umgeben und eng mit ihnen verbunden sind [106].
            
            Trotz des seltenen Vorkommens existiert die Möglichkeit einer
               malignen Transformation hin zu einem Leiomyosarkom. Insofern sollte eine
               Verzögerung der Therapie vermieden werden. Therapie der Wahl ist die
               Tumorresektion. Die Prognose ist bei vollständiger Exzision
               äußerst gut. Rezidive sind in diesem Fall extrem selten
               [134]
               [135]
               [136].
            
            
            2.4.1.1.3 Hämangiome
            
            Das lobuläre kapilläre Hämangiom wurde durch die
               Franzosen Poncet und Dor 1897 erstmals beschrieben und als Botryomycosis
               hominis bezeichnet [137].
               Ursprünglich wurde vermutet, die Erkrankung sei von Pferden auf
               Menschen übertragen, was allerdings durch Hartzell einige Jahre
               später widerlegt wurde [138].
               Heutige Synonyme sind Granuloma pyogenicum, kapilläres
               Hämangiom und Epulis gravidarum.
            
            Mukosale Hämangiome repräsentieren ca. 10% aller
               Kopf-/Hals-Hämangiome und ca. 25% aller
               nichtepithelialen Neoplasien des Sinunasaltrakts [106]
               [139]
               [140].
            
            Ihren Ursprung nehmen die Hämangiome in Kapillaren, wenn deren Dichte
               zu groß wird und diese trotzdem ihre ursprüngliche
               Architektur mit Stamm und Verästelungen sowie umgebenden Perizyten
               behalten. Aufgrund der Assoziation mit Traumata bzw. Manipulationen und
               hormonellen Umstellungen im Rahmen von Schwangerschaften wird eine reaktive
               Entstehung der lobulären kapillären Hämangiome
               diskutiert [141]. Ein gehäuftes
               Auftreten wird zudem bei Anwendung des Proteinkinase-Inhibitors Vemurafenib
               berichtet [142].
            
            Das lobuläre kapilläre Hämangiom (Granuloma
               pyogenicum) tritt in allen Altersstufen auf, zeigt allerdings eine
               Häufung bei Kindern und adoleszenten Männern sowie Frauen im
               gebärfähigen Alter. Jenseits der 4. Dekade ist die
               Geschlechterverteilung gleich.
            
            Die Läsionen können eine Größe von bis zu
               5 cm erreichen. Die Oberfläche ist rotbläulich unter
               intakter Mukosa gelegen. Der Tumor tastet sich weich, ist kompressibel und
               mutet gelegentlich polypös an.
            
            Histologisch zeigen lobuläre kapilläre Hämangiome ein
               stamm- und astartig verzweigtes Muster aus kapillärer Proliferation,
               das von Perizyten umgeben ist. Die einzelnen Lobuli sind durch ein
               fibromyxoides Stroma voneinander getrennt. Inflammatorische Infiltrate
               treten vor allem bei ulzerierten Oberflächen auf [141].
            
            Primäres klinisches Symptom ist die unilaterale Epistaxis gefolgt von
               einer schmerzlosen, obstruktiven Raumforderung. Häufigste
               Manifestationsorte sind vorderes Nasenseptum und der Kopf der unteren
               Nasenmuschel. Ein Auftreten in den Nasennebenhöhlen ist ebenfalls
               möglich ebenso wie der Befall der äußeren Nase.
            
            Therapie der Wahl ist die Tumorexzision. Ausgedehntere Befunde können
               einer präoperativen Embolisation zugeführt werden, um das
               Blutungsrisiko zu verringern. Bei schwangeren Patientinnen ist eine
               Regression nach Geburt zu erwarten. Multiple Rezidive sind bei
               unvollständiger Resektion vor allem bei Kindern zu erwarten [143].
            
            
            2.4.1.1.4 Schwannome
            
            Schwannome sind gutartige Tumore, die von Schwann-Zellen ausgehen. Synonym
               werden die Begriffe Neurilemmom und benigner peripherer Nervenscheidentumor
               verwendet.
            
            25–45% aller Schwannome entstehen in der Kopf-Hals-Region. Am
               häufigsten in genanntem Bereich finden sich Manifestationen entlang
               des N. vestibulocochlearis. Nur etwa 4% aller Schwannome
               manifestieren sich im Sinunasaltrakt. Laut Orpha.net liegt die Inzidenz von
               benignen Schwannomen bei 6:100 000, die sinunasale
               Ausprägung ist damit als noch wesentlich geringer anzunehmen. Die
               Altersspanne der sinunasalen Manifestationen ist mit 17–81 Jahren
               weit gefasst und zeigt einen Altersgipfel bei 50 Jahren auf ohne Bevorzugung
               eines Geschlechts [106]
               [144].
            
            Ursprünge sind entlang der Äste der Hirnnerven V und IX sowie
               des autonomen Nervensystems zu finden. Die entstehenden Tumore
               können die Nasenhaupthöhle und alle Nasennebenhöhlen
               betreffen [144]
               [145].
            
            Primäre Symptome sind Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis, Hyposmie
               und gelegentlich Schmerzempfindungen sowie die Ausprägung eines
               Horner Syndroms. Bildgebende Verfahren zeigen eine inhomogene Tumormasse
               niedriger Dichte mit gelegentlicher Knochenarrosion.
               Differentialdiagnostische Überlegungen schließen daher
               Ästhesioneuroblastome, adenoidzystische Karzinome und
               Plattenepithel-Karzinome mit ein. ([Abb.
                  9]) zeigt eine computertomografische Darstellung eines
               großen Schwannoms des Nervus maxillaris, welches den Ursprung im
               Foramen rotundum hat. Magnetresonanztomografisch zeigt sich ein in der
               T1-Wichtung hyperintenses, inhomogenes Binnensignal der Raumforderung.
            
             Abb. 9
                  a & b Koronare und sagittale
                  CT-Rekonstruktionen eines Patienten mit Schwannom des Nervus
                  maxillaris. In Bild b ist der Ursprung am Foramen rotundum rechts zu
                  erkennen. Bild c T1-gewichtete koronare MRT des Schwannoms
                  rechts.
                  Abb. 9
                  a & b Koronare und sagittale
                  CT-Rekonstruktionen eines Patienten mit Schwannom des Nervus
                  maxillaris. In Bild b ist der Ursprung am Foramen rotundum rechts zu
                  erkennen. Bild c T1-gewichtete koronare MRT des Schwannoms
                  rechts.
            
            
            
            Schwannome haben eine kugelförmige, gut abgrenzbare Konfiguration.
               Der Tumor tastet sich fest und zeigt eine gelblich-bräunliche, teils
               zystischen Oberfläche [106].
               Histologisch sind Schwannome unbekapselte Tumore, die sich aus zellreichen,
               sogenannten Antoni A Arealen mit nukleären Palisaden sowie
               zellarmen, myxoiden Antoni B Arealen zusammensetzen. Die Tumorzellen zeigen
               ein fusiformes Bild mit zystoplasmatischen Ausziehungen, das einen wellige
               bis spindelige Erscheinung verleiht. Mitosen sind äußerst
               spärlich, Nekroseareale existieren nicht [106].
            
            In Ausnahmefällen ist eine Entartung eines Schwannoms
               möglich. Nach vollständiger Tumorresektion sind Rezidive
               sehr selten. Aufgrund des sehr langsamen Tumorwachstums ist eine subtotale
               Tumorresektion in Fällen von starker Adhärenz zu kritischen
               neurovaskulären Strukturen möglich [144]. Innerhalb des Tumors verlaufende
               Fasern des betroffenen Nerven sind in der Regel funktionslos, weshalb eine
               Resektion zu keinen neurologischen Ausfällen führt [146]. In Fällen von zervikalen
               Schwannomen wird die intrakapsuläre Dissektion empfohlen, um die
               Nervenfaszikel, welche den Tumor umgeben, nicht zu zerstören [147]. Aufgrund der beengten
               Platzverhältnisse und der engen Zugangswege ist dies bei Schwannomen
               der Nasennebenhöhlen allerdings nur sehr eingeschränkt
               möglich.
            
            
            2.4.1.1.5 Neurofibrome
            
            Neurofibrome sind gutartige periphere Nervenscheidentumore aus
               Schwann-Zellen, perineuralartigen Zellen und intraneuralen Fibroblasten.
               Synonym wird der Begriff Fibroneurom verwendet.
            
            Sinunasale Manifestationen von Neurofibromen sind äußerst
               selten und können in allen Altersklassen auftreten. Der Altersgipfel
               betroffener Patienten liegt bei 50 Jahren. Für Patienten mit einer
               Neurofibromatose Typ I liegt er bei 35 Jahren [148]. Die Prävalenz der Neurofibromatose liegt bei
               21:100 000. Letztere sind für ca. 10% der
               sinunasalen Neurofibrome verantwortlich.
            
            Häufigste Lokalisationen sind Naseneingang und Sinus maxillaris bei
               überwiegend unilateraler Manifestation. Beschwerden betroffener
               Patienten sind Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis und Schmerzen über
               den betroffenen Arealen [148]
               [149].
            
            Neurofibrome zeigen eine glänzende, fusiforme und manchmal polypoide
               Oberfläche und sind fest palpabel [148]
               [149].
            
            Auch Neurofibrome sind unbekapselte Tumore, die eng mit Nervenästen
               assoziiert sind. Modifizierte Schwannzellen, intraneurale Fibroblasten und
               perineurale Hybridzellen mit gröberen Kollagensträngen sowie
               Mastzellen in einem mukopolysaccharid-reichen Stroma bestimmen das
               histopathologische Bild. Ovaläre bis spindelförmige Zellen
               mit undulierenden, spitz zulaufenden Zellkernen mit dünnen
               zytoplasmatischen Prozessen, die sich in das Stroma ausdehnen, sind
               vorhanden.
            
            Die Prognose ist bei vollständiger Tumorresektion sehr gut. Rezidive
               treten in 5% v. a. bei inkompletten Resektionen auf. Eine
               Malignisierung ist äußerst selten [150].
            
            
            2.4.1.1.6 Meningeome
            
            Meningeome sind gutartige Tumore meningothelialen Ursprungs. Sinunasale
               Meningeome gehen von extrakraniellen, versprengten arachnoiden Zellen
               innerhalb von Nervenscheiden oder Gefäßen aus.
            
            Sinunasale Meningeome sind äußerst selten und für
               weniger als 0,1% aller primären sinunasalen Neoplasien,
               2% aller Meningeome und 24% aller extrakraniellen Meningeome
               verantwortlich. Differenziert werden müssen sie von intrakranialen
               Befunden mit extrakranieller Ausbreitung in den Sinunasal-Trakt.
            
            Patienten jeden Alters sind betroffen und es existiert – entgegen den
               intrakraniellen Meningeomen – keine Prädilektion für
               das weibliche Geschlecht. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 48
               Jahre bei einer Altersspanne von 13–88 Jahren.
            
            Manifestationen finden sich häufig in der Nasenhaupthöhle als
               auch den Nasennebenhöhlen. Eine Manifestation in nur einem der
               beiden Orte ist noch seltener. Interessanterweise sind die meisten
               derartigen Tumore linksseitig lokalisiert [151]
               [152]
               [153].
            
            Die Patienten fallen häufig mit einer endonasalen, polypös
               anmutenden Raumforderung, mit Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis,
               sinunasalen Beschwerden, Schmerzen, Cephalgien, Exophthalmus, periorbitalen
               Ödemen oder Visusstörungen auf [106].
            
            Knocheninfiltrationen und Schleimhautulzerationen sind möglich. Die
               Schnittfläche des Tumors zeigt eine grau-weißliche,
               bräunliche oder rötliche Farbe. Kalzifikationen und
               Knochenfragmente können häufig identifiziert werden.
            
            Mikroskopisch können extrakranielle Meningeome
               äußerst unterschiedliche Erscheinungsbilder aufweisen.
               Häufig zeigen sie meningotheliomatöses Wachstum mit
               undeutlichen Zellgrenzen. Intranukleäre Pseudoeinschlüsse
               und Psammomkörper sind häufig.
            
            Von den 15 beschriebenen histologischen Typen von Meningeomen kommen im
               sinunasal-Trakt meningotheliale, transitionale, metaplastische und
               psammomatöse Tumore vor. Die meisten Tumore können dem WHO
               Grad I zugeteilt werden. Sinunasale Manifestationen von Meningeomen Grad II
               (atypische Meningeome mit schnellem Wachstum) oder Grad III (anaplastische
               Meningeome, infiltratives Wachstum) sind extrem selten [154]
               [155].
            
            Differenzialdiagnosen schließen Karzinome, Melanome, aggressive
               psammomatöse ossifizierende Fibrome ein.
            
            Die vollständige chirurgische Exzision ist Therapie der Wahl, auch
               wenn Rezidivraten von bis zu 30% berichtet werden. Bei Meningeomen,
               die nicht vollständig resektabel sind, kann eine Radiotherapie zur
               Wachstumshemmung führen [156]
               [157]. Die insgesamte Prognose sinunasaler
               Meningeome ist gut. Metastasierungen und maligne Transformationen werden
               nicht beschrieben [106].
            
            
            
            2.4.1.2 Ossäre Tumore
            
            2.4.1.2.1 Osteome und Gardner Syndrom
            
            Osteome sind gutartige, langsam wachsende Tumore des Schädelknochens,
               die sich häufig in den Nasennebenhöhlen und der
               Schädelbasis manifestieren. Am häufigsten finden sich die
               Knochenwucherungen im Sinus frontalis (70–80%), dem Sinus
               ethmoidalis (20–25%), dem Sinus maxillaris (5%) und
               extrem selten dem Sinus sphenoidalis. Die Inzidenz von Osteomen in den
               Nasennebenhöhlen liegt bei ca. 3% [118]
               [158]
               [159]. Damit sind Osteome
               per definitionem keine seltene Erkrankung der Nasennebenhöhlen. Sie
               können allerdings ein Symptom im Rahmen des Gardner Syndroms sein,
               weshalb sie in der vorliegenden Arbeit trotzdem thematisiert werden.
            
            Die Ätiologie der Tumore ist nicht gänzlich geklärt.
               Aktuellen Theorien vermuten embryologische Fehlbildungen, traumatische oder
               entzündliche Trigger, genetische Prädisposition und
               Störungen des Calcium-Stoffwechsels als Ursache [118]
               [158]
               [160].
            
            Nur ca. 10% aller Osteome der Nasennebenhöhlen werden
               symptomatisch. Beschwerden von betroffenen Patienten sind häufig
               assoziiert mit Obstruktionen der Drainagewege der Nebenhöhlen, also
               rezidivierenden akuten Sinusitiden und auch chronisch sinunasalen
               Beschwerden. Druckgefühl, Gesichtsschmerzen und Rhinorrhoe sind
               klassische Symptome. Bei Beteiligung benachbarter Strukturen der
               Nasennebenhöhlen kann es zu Kompressionen der Orbita oder des Nervus
               opticus sowie bei intrakranieller Beteiligung zu einem Pneumatocephalon
               kommen [158]
               [161].
            
            Die Computertomografie zeigt hyperdense, homogene, gut abgrenzbare Areale.
               Die Magnetresonanztomografie kann helfen, ossifizierende Fibrome oder eine
               fibröse Dysplasie differentialdiagnostisch auszuschließen
               [118].
            
            Asymptomatische Osteome sollten entsprechend aktuellem Konsens mittels
               „wait and scan“ behandelt werden [162]
               [163]
               [164].
               Regelmäßige computertomografische Kontrollen alle 2 Jahre
               geben Aufschluss über Wachstumsgeschwindigkeit des Tumors [165]. Bei symptomatischen Osteomen ist die
               möglichst vollständige Resektion Methode der Wahl. Je nach
               Lokalisation kommen endonasale oder offene chirurgische Verfahren zum
               Einsatz.
            
            
               Gardner-Syndrom: Das Gardner-Syndrom zählt mit einer Inzidenz
               von 1:8 000 zu den seltenen Erkrankungen [166]. Die Prävalenz in den USA
               liegt derzeit bei ca. 1:1 000 000 Einwohnern. Patienten, die
               vom Gardner Syndrom betroffen sind, zeigen häufig (multiple)
               Osteome, Weichteiltumore und eine intestinale Polyposis (v. a. im
               Colon) auf. Das Gardner Syndrom wird autosomal dominant vererbt.
            
            Ein genetischer Zusammenhang mit der Entwicklung des Gardner-Syndroms wurde
               in einer Mutation des Gens für adenomatöse Polyposis coli
               (APC) gezeigt, das auf Chromosom 5 liegt. Dieses Tumorsuppressorgen ist
               für die Produktion des APC-Proteins verantwortlich, welches das
               Zellwachstum im Zellzyklus reguliert [167]
               [168]
               [169].
            
            Regelmäßige Coloskopien sind bei betroffenen Patienten
               obligat. Bei Nachweis der APC-Genmutation gilt die Entwicklung eines
               Colonkarzinoms ab einem Alter von 40 Jahren als sicher, weshalb bei
               Vorliegen von 20 oder mehr Colon-Polypen eine Colektomie empfohlen wird
               [166]. Insofern sollte bei Vorliegen
               multipler Osteome differenzialdiagnostisch immer an das Vorliegen des
               Gardner Syndroms gedacht werden.
            
            
            2.4.1.2.2 Fibröse Dysplasie
            
            Bei der Fibrösen Dysplasie besteht eine mesenchymale
               Knochenentwicklungsstörung, die durch postzygotisch somatisch
               aktivierende Mutationen verursacht wird. Es kommt zu einer Aktivierung der
               Adenylylzyklase und Erhöhung von zyklischem AMP, das auf die
               nachgeschalteten Signalwege wirkt und den Ersatz von normalem Knochen durch
               fibröses Gewebe und abnormal strukturierten Knochen bewirkt [170]. Die Inzidenz wird mit
               1:4 000–10 000 angegeben [171]
               [172].
            
            Je nach Lokalisation der Knochenherde berichten die Patienten von Cephalgien
               und Druckgefühl. Bei Lokalisation an der Tabula externa des
               Schädelknochens kommt es zu sichtbaren Deformitäten und
               entsprechend kosmetischer Beeinträchtigung. Manifestationen an den
               Ostien oder Schlüsselstellen der Nebenhöhlen-Drainagewege
               können zu sinunasalen Beschwerden führen, die die
               zugrundeliegende Erkrankung lange maskieren.
            
            Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung existieren nur wenig Daten zur
               Therapie der fibrösen Dysplasie. Eine kausale Therapie existiert
               bislang nicht. Es wurde über Schmerzreduktion durch Gabe von
               Bisphosphonaten berichtet [173]
               [174]
               [175]. Eine Supprimierung der Osteoblastenaktivität konnte
               allerdings nicht nachgewiesen werden [176]. Bei asymptomatischem Verlauf wird die primär
               observierende Therapie favorisiert. Funktionseinschränkungen und
               Beschwerden wie Cephalgien rechtfertigen ein operatives Vorgehen in
               Abhängigkeit der Lokalisation der Manifestation. Eine
               prophylaktische operative Therapie wird nicht empfohlen, stattdessen sollten
               entsprechend der verfügbaren Daten regelmäßige
               bildmorphologische Verlaufskontrollen erfolgen [177]
               [178].
            
            
            2.4.1.2.3 McCune-Albright-Syndrom
            
            Das McCune Albright Syndrom wurde zuerst 1936 als eine Trias von
               fibröser Dysplasie, Café-au-Lait-Flecken der Haut und
               Pubertas praecox beschrieben [179]. Der
               heute bekannte, deutlich variablere Phänotyp macht das McCune
               Albright Syndrom zu einer interdisziplinäreren Herausforderung.
            
            Ursächlich für die Ausbildung des Syndroms ist eine Mutation
               des GNAS1-Gens (Guanine nucleotide binding protein alpha stimulating
               activity polypeptide 1), welches auf Chromosom 20 lokalisiert ist.
            
            Die Seltenheit dieser Erkrankung führt zu einer nur unzureichenden
               Charakterisierung der sinunasalen Beteiligung von Patienten mit
               McCune-Albright-Syndrom. Derzeit bekannte Symptome stammen vorwiegend aus
               Fallberichten, die Komplikationen der Erkrankung schildern. Die
               Prävalenz der Erkrankung wird auf 0,55:100.000 geschätzt
               [2].
            
            Patienten mit McCune-Albright-Syndrom schildern primär
               Schwäche in den Extremitäten oder Schmerzempfindungen. Die
               am häufigsten betroffene Lokalisation ist der proximale Femur.
               Frakturen der betroffenen Knochenareale finden häufig in der
               Kindheit statt mit sinkender Inzidenz in Richtung Adoleszenz [180]. Charakteristisch sind die
               Deformierungen des Knochens unter Belastung, die zu den für die
               Erkrankungen typischen kraniofazialen Stigmata führen. Kraniofaziale
               Ausbildungen der fibrösen Dysplasie weisen ein langsames Wachstum
               mit schmerzloser Schwellung auf, die zu einer bisweilen deutlichen
               Asymmetrie des Mittelgesichts führt ([Abb. 10] und [11]). Milde
               Verläufe werde häufig zufällig im Rahmen von
               Röntgenaufnahmen der Zähne und im Rahmen von bei Polytraumen
               durchgeführten Computertomografien diagnostiziert [170]. Schwerere Verläufe
               führen häufiger zu Schmerzempfindungen,
               Parästhesien, Okklusionsstörungen,
               Hörbeeinträchtigungen und Visusstörungen [170]
               [178]
               [181]
               [182]. Betroffene Patienten zeigen in bis zu
               50% Beeinträchtigungen der Schilddrüsenfunktion,
               meist eine Hyperthyreose. GNAS führt in ca. 15% der
               Patienten zu einer Steigerung von Prolaktin und GH in der Hypophyse.
               Letzteres führt zu den charakteristischen kraniofazialen
               Veränderungen, die bei den meisten Patienten ersichtlich sind [183].
            
             Abb. 10 Typische kraniofaziale Veränderungen eines
                  Patienten mit McCune-Albright-Syndrom.
                  Abb. 10 Typische kraniofaziale Veränderungen eines
                  Patienten mit McCune-Albright-Syndrom.
            
            
            
             Abb. 11 Koronare und axiale CT-Schichtung eines Patienten mit
                  McCune-Albright-Syndrom.
                  Abb. 11 Koronare und axiale CT-Schichtung eines Patienten mit
                  McCune-Albright-Syndrom.
            
            
            
            DeKlotz et al. konnten in einem Kollektiv von 130 Patienten mit
               McCune-Albright Syndrom bei 112 Patienten kraniofaziale
               Veränderungen nachweisen [182].
               33% berichteten von Cephalgien oder Gesichtsschmerzen, Nasenatmung
               war in 29% der Fälle und chronisch sinunasale Beschwerden
               sowie Hyposmie in jeweils 7% festzustellen. Ein Progress der
               sinunasalen Beteiligung der Fibrösen Dysplasie nach Abschluss der
               Adoleszenz ist selten. Schwerwiegende Komplikationen im Rahmen des normalen
               Fortschreitens der Erkrankung sind ebenfalls selten anzutreffen ([Abb. 12]).
            
            Wie bei der Fibrösen Dysplasie existiert keine kausale Therapie.
               Bisphosphonate zeigten keinen relevanten Therapieerfolg [184]
               [185]
               [186].
               Gemäß allgemeinem Konsens wird das konservative Vorgehen
               häufiger favorisiert, wohingegen chirurgische Maßnahmen bei
               signifikanten Symptomen oder bei Kompression vitaler Strukturen zum Einsatz
               kommen [187]
               [188]
               [189]
               [190].
            
             Abb. 12 Hämangioendotheliom der linken Nasenhauphöhle
                  mit Lokalisation am Nasenseptum (links im Bild zu sehen) als sanguinolente
                  Raumforderung.
                  Abb. 12 Hämangioendotheliom der linken Nasenhauphöhle
                  mit Lokalisation am Nasenseptum (links im Bild zu sehen) als sanguinolente
                  Raumforderung.
            
            
            
            
            
            2.4.1.3 Andere Weichteiltumore
            
            In der folgenden Sektion werden seltene benigne Entitäten des
               Sinunasaltrakts vorgestellt, die epithelialen, odontogenen, neuroglialen
               Ursprungs sind.
            
            
            
            2.4.1.3.1 Respiratorisches epitheliales adenomatoides Hamartom (REAH)
            
            Das respiratorische epitheliale adenomatoide Hamartom wurde erstmals 1995
               beschrieben [191]. Im Rahmen dieser
               Erkrankung kommt es zu einer tumorartigen Proliferation von Drüsen
               im Stroma, welches von mehrreihigem Flimmerepithel bedeckt ist.
               Manifestationen finden sich in den Nasennebenhöhlen, der
               Nasenhaupthöhle und dem Nasenrachen. Uni- oder bilaterale
               Manifestationen sowie Assoziation mit chronisch polypöser
               Rhinosinusitis sind möglich. Die Zahl der weltweit beschriebenen
               Fälle schwankt zwischen 60 [191]
               [192]
               [193]
               [194]
               [195]
               [196], bis ca. 200 [197]
               [198]. Das Syndrom zählt aufgrund der niedrigen Inzidenz zu
               den seltenen Erkrankungen.
            
            Vor allem Männer zwischen 30 und 90 Jahren sind von der Neubildung
               betroffen [191]
               [195]. Die Symptome entsprechen
               üblicherweise denen einer chronischen Rhinosinusitis, also
               Druckgefühl und Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis und Rhinorrhoe,
               Gesichtsschmerzen und Hyposmie [191]
               [192]
               [193]
               [199]
               [200].
            
            Am häufigsten manifestiert sich das epitheliale adenomatoide Hamartom
               in der Nasenhaupthöhle, vor allem am posterioren Nasenseptum. Nicht
               selten kommt es zu einem Befall beider Seiten [191]
               [192]
               [193]
               [194]
               [195]
               [196]
               [199]. Häufig wird es im Rahmen einer Polyposis nasi
               diagnostiziert. Bei Manifestation an der Fossa olfactoria kann es zu einer
               deutlichen Erweiterung derselben kommen, was differenzialdiagnostisch
               hinsichtlich einer Polyposis nasi relevant ist [201]
               [202]. Eine Erweiterung der
               Fossa olfactoria bei einem lokalen Befall, fehlende
               Kontrastmittelanreicherung in der Computertomografie und ansonsten
               bildmorphologisch unauffällige Nasennebenhöhlen sollten
               daher unbedingt an ein epitheliales adenomatoides Hamartom denken
               lassen.
            
            Aufgrund des primären Eindrucks wird die Diagnose häufig im
               Rahmen einer Biopsie gesichert. Therapeutisch ist die vollständige
               Exzision anzustreben. Rezidive sind in den verfügbaren Studien
               innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren nicht beobachtet worden [191]
               [193]
               [199]
               [203]
               [204].
            
            
            2.4.1.3.2 Sinunasales Ameloblastom
            
            Ameloblastome sind gutartige, aber aggressive odontogene Tumore, die in den
               meisten Fällen den Unterkiefer betreffen. Nur etwa 15%
               treten am Oberkiefer auf. Als eine Untergruppe sind die sinunasalen
               Ameloblastome zu betrachten, die vermutlich von der epithelialen Auskleidung
               der Nasennebenhöhlen abstammen. Manifestationsorte sind die
               Nasennebenhöhlen, in einigen Fällen auch mit Beteiligung der
               Nasenhaupthöhle.
            
            Es zeigt sich eine meist schmerzlose Raumforderung, die im weiteren Verlauf
               zu Nasenatmungsbehinderung und Druckgefühl führen kann. Im
               Unterschied zu Ameloblastomen des Kiefers zeigt die Sinunasale Variante
               radiografisch ein solides Bild mit teilweisen Verschattungen [205].
            
            Histologisch gesehen sind sinonasale Ameloblastome identisch mit
               Manifestationen der Mundhöhle, mit klassischen Merkmalen
               palisadierter säulenförmiger Basalzellen, die eine zentrale
               Proliferation umgeben, die dem sternförmigen Retikulum eines sich
               entwickelnden Zahnes ähnelt. In den Nasennebenhöhlen kann
               eine ameloblastomartige Proliferation unter intakter Mukosa dargestellt
               werden. Dieser Befund ist – bei gleichzeitig nicht vorhandener
               Verbindung zum Kiefer – eine Bestätigung für einen
               primär sinunasalen Ursprung des Tumors. Im Gegensatz zu den
               gnathischen Variante ist die Prävalenz des sinonasalen Ameloblastoms
               bei Männern höher. Die Inzidenz wird insgesamt auf ca.
               0,5:100 000 000 geschätzt [206]
               [207]. Der Altersgipfel liegt bei ca. 60 Jahren [208] und damit etwa 15–20 Jahr
               höher als bei der am Kiefer lokalisierten Variante [106].
            
            Der Behandlungserfolg und damit die Rezidivfreiheit ist abhängig von
               der vollständigen chirurgischen Exzision des Befundes. Detaillierte
               bildgebende Darstellungen sind essentiell, um Residuen zu vermeiden.
               Rezidive treten in den meisten Fällen innerhalb von 1–2
               Jahren auf, können allerdings auch nach deutlich längeren
               Zeiträumen entstehen [205].
               Beschreibungen von Mortalität durch sinunasale Ameloblastome,
               Metastasierungen oder maligne Transformationen existieren in der aktuellen
               Literatur nicht.
            
            
            2.4.1.3.3 Chondromesenchymales Hamartom
            
            Das chondromesenchymale Hamartom ist eine gutartige, langsam wachsende
               Raumforderung mit lokal destruktivem, tumorähnlichem Wachstum und
               unterschiedlichen mesenchymalen Anteilen. Synonym werden die Begriffe
               nasales chondromesenchymales Hamartom und Mesenchymom verwendet.
            
            Der Tumor ist sehr selten und tritt meist bei Kindern auf, nur selten auch
               bei älteren Kindern und Erwachsenen mit einer leichten Bevorzugung
               des männlichen Geschlechts. Es existieren in der derzeitigen
               Literatur ca. 60 publizierte Fälle [209].
            
            Nasennebenhöhlen, Nasenhaupthöhle und Orbita können
               betroffen sein. Ausdehnungen entlang der Schädelbasis und nach
               intrakraniell sind möglich [209]
               [210].
            
            Symptome betroffener Patienten sind Nasenatmungsbehinderung und
               Druckgefühl über der betroffenen Region. In der Bildgebung
               kann aufgrund des destruktiven Wachstums mit Knochenarrosionen der Eindruck
               eines malignen Geschehens entstehen.
            
            Makroskopisch erinnert das feste und weißliche Gewebe an Knorpel.
               Mikroskopisch zeigt sich ein lobuläres Proliferationsmuster aus
               reifem und unreifem hyalinem Knorpel mit unterschiedlichem
               zellulärem und fibrösem Hintergrund. Die Knorpel- und
               Stroma-Anteile können mit knöchernen trabekulären
               Strukturen durchsetzt sein, oder knöcherne Inseln umgeben [106]
               [211].
            
            Nach vollständiger Tumorresektion ist die Rezidivrate sehr gering und
               die Prognose entsprechend gut.
            
            
            2.4.1.3.4 Nasales Gliom
            
            Nasale Gliome (Synonym: heterotopes, ZNS-Gewebe) sind Ansammlungen von
               heterotopem neuroglialen Gewebe. Manifestationen können in der Nase
               und an der äußeren Nase auftreten. In 60% zeigt sich
               die Raumforderung am Nasenrücken, in 30% innerhalb der
               Nasenhaupthöhle. Noch seltener, in ca. 10% der
               Fälle, werden Raumforderungen an beiden genannten Stellen
               diagnostiziert, die durch einen Defekt im Knochen miteinander in Verbindung
               stehen [212].
            
            Bei den meisten Patienten besteht die Raumforderung bereits bei der Geburt.
               Ca. 90% der Fälle werden im Alter von ca. 2 Jahren
               diagnostiziert bei einer gleichmäßigen Verteilung
               über beide Geschlechter.
            
            Klinisch zeigt sich eine gut abgrenzbare, glatte Raumforderung, die
               submukös lokalisiert und nicht kompressibel ist.
            
            Bei innerhalb der Nasenhaupthöhle gelegenen Befunden kann es zu
               Nasenatmungsbehinderung kommen, die – neben der ästhetischen
               Beeinträchtigung eines am Nasenrücken gelegenen Befundes
               – Hauptsymptom des nasalen Glioms ist.
            
            Weitaus seltenere Manifestationen finden sich in den
               Nasennebenhöhlen, Pharynx, Nasopharynx, Zunge, Gaumen, Tonsillen und
               innerhalb der Orbita [213].
            
            Im Gegensatz zu paranasalen Zelen nehmen Gliome bei venöser Stauung
               nicht an Größe zu bzw. pulsieren nicht. Dies kann mit dem
               Fürstenberg-Test, bei dem eine Kompression der V. jugularis
               durchgeführt wird, differenziert werden. Zusätzlich zeigt
               sich in der Computer- oder Magnetresonanztomografie eine Weichgewebsmasse
               ohne intrakraniellen Anteil oder einen knöchernen Defekt am
               Übergang zur vorderen Schädelgrube.
            
            Makroskopisch zeigt sich die Raumforderung als polypoide, weiche,
               graubräunliche Masse mit einer Größe von
               1–3 cm. Mikroskopisch ist der Tumor unbekapselt und aus
               unterschiedlich großen Inseln von Gliagewebe zusammengesetzt.
               Dazwischen finden sich Astrozyten und bandartige Stränge
               vaskularisierten Bindegewebes. Das Gliagewebe geht fließend in das
               Stroma der Dermis über. Mitosen zeigen sich nicht.
            
            Differenzialdiagnostisch müssen nasale Enzephalozelen ausgeschlossen
               werden, in denen sich im Vergleich zu nasalen Gliomen allerdings ZNS-Gewebe
               mit leicht aufzufindenden Neuronen befindet. Trotzdem kann es bei Rezidiven
               zu fibrösen Veränderungen des Tumors kommen, die eine genaue
               Differenzierung von einem nasalen Gliom stark erschweren.
            
            Die vollständige Exzision des nasalen Glioms ist Therapie der Wahl.
               Bei inkompletten Resektionen kann es in bis zu 30% zu Rezidiven
               kommen. Lokal aggressives Verhalten oder eine Tendenz zur Entartung bestehen
               nicht [212].
            
            
            2.4.1.3.5 Cholesteatom
            
            Cholesteatome sind chronisch-eitrige Entzündungen durch versprengtes
               verhornendes Plattenepithel, welches zu Knochendestruktionen führt.
               Typischerweise findet sich diese Pathologie im Mittelohr, allerdings finden
               sich in der aktuellen Literatur auch knapp 30 Fallberichte mit
               Ausprägung innerhalb der Nasennebenhöhlen [214]
               [215]. Häufigster Manifestationsort ist die
               Stirnhöhle, gefolgt von Kieferhöhle und Siebbeinzellen. Ein
               aktueller Bericht präsentiert eine Manifestation in der
               Keilbeinhöhle [216]. In [Abb. 13] ist ein großes
               Cholesteatom der Keilbeinhöhle in einer
               magnetresonanztomographischen Darstellung zu erkennen. [Abb. 14] zeigt den intraoperativen,
               endoskopischen Befund.
            
             Abb. 13 T2 gewichtete MRT eines Cholesteatoms der Keilbeinhöhle (links axiale, rechts sagittale
                  Schichtung) (mit freundlicher Genehmigung von
                  Prof. Dr. S. Kösling, Radiologie, Universitätsklinikum Halle).
                  Abb. 13 T2 gewichtete MRT eines Cholesteatoms der Keilbeinhöhle (links axiale, rechts sagittale
                  Schichtung) (mit freundlicher Genehmigung von
                  Prof. Dr. S. Kösling, Radiologie, Universitätsklinikum Halle).
            
            
            
             Abb. 14 Endoskopisches Bild des intraoperativen Befundes des
                  Cholesteatoms der Keilbeinhöhle (mit freundlicher Genehmigung von
                  A. Gey, Prof. Dr. S. Plontke, Dr. A. Glien, HNO Universitätsklinikum Halle)
                  Abb. 14 Endoskopisches Bild des intraoperativen Befundes des
                  Cholesteatoms der Keilbeinhöhle (mit freundlicher Genehmigung von
                  A. Gey, Prof. Dr. S. Plontke, Dr. A. Glien, HNO Universitätsklinikum Halle)
            
            
            
            Ursächlich können entweder kongenitale Zellversprengungen im
               Rahmen der Embryogenese oder sekundäre Versprengungen z. B.
               durch chirurgische Interventionen sein. Auch Metaplasien im Rahmen
               chronischer Entzündungen werden als Ursache diskutiert [215].
            
            Die Beschwerden sind abhängig von der Lokalisation und können
               Cephalgien, Visusstörungen, Druckgefühl, Rhinorrhoe und
               Hiernnervenausfällen umfassen.
            
            Therapie der Wahl ist die operative und möglichst
               vollständige Resektion, die aber je nach Lage nicht immer
               möglich ist. Ziel der Operation sollte zudem eine möglichst
               weite Drainagemöglichkeit der betroffenen Kavität sein, um
               postoperative Kontrollen und ggf. Reinigungen bei nicht
               vollständiger Resektion des Cholesteatoms zu
               ermöglichen.
            
            
            
            
            2.4.2 Maligne Tumore
            
            Malignome der Nasenhaupthöhle und der Nasennebenhöhlen
               repräsentieren 0,2–0,8% aller malignen Neoplasien
               des menschlichen Körpers [10]. Die
               Inzidenz von Malignomen in der Nasenhaupthöhle und den
               Nasennebenhöhlen wird mit unter 1,5:100 000 bei
               Männern und unter 1:100 000 bei Frauen angegeben. Folglich
               sind alle malignen Entitäten dieser anatomischen Region zu den
               seltenen Erkrankungen zu zählen.
            
            2.4.2.1 Maligne epitheliale Tumore
            
            2.4.2.1.1 Plattenepithelkarzinom
            
            2.4.2.1.1.1 Verhornendes Plattenepithelkarzinom
            
            Sinunasale Plattenepithelkarzinome sind maligne Neoplasien, die von der
               Oberfläche des Epithels der Nasenhaupthöhle und der
               Nasennebenhöhlen ausgehen und eine Plattenepithel-Differenzierung
               aufweisen.
            
            Der Befall des Sinunasaltrakts durch Plattenepithelkarzinome ist selten. Er
               stellt die am wenigsten von dieser Entität betroffene Lokalisation
               der Kopf-Hals-Region dar [217]. Das
               Erkrankungsalter liegt zwischen dem 6. und 7. Lebensjahrzehnt mit deutlich
               mehr männlichen Patienten (m:w=2:1) [106]
               [217]
               [217]
               [219].
            
            Tabakkonsum erhöht das Risiko des Auftretens eines
               Plattenepithelkarzinoms im Sinunasaltrakt, allerdings deutlich weniger als
               in anderen Lokalisationen der Kopf-Hals-Region [220]
               [220]
               [222]. High-risk HPV Infektionen sind
               meistens mit dem Auftreten des nichtverhornenden Plattenepithelkarzinoms
               assoziiert. In seltenen Fällen können sinunasale Papillome
               nach maligner Transformation in ein verhornendes oder in ein nicht
               verhornendes Plattenepithel übergehen [223].
            
            Häufigster Manifestationsort ist der Sinus maxillaris, gefolgt von
               der Nasenhaupthöhle und dem Sinus ethmoidalis. Ein Befall des Sinus
               sphenoidalis oder frontalis ist äußerst selten [106].
            
            Betroffene Patienten weisen initial unspezifische Beschwerden wie
               Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis und Rhinorrhoe bzw. sinunasale
               Beschwerden auf. Schmerzen über der betroffenen Region, Protrusio
               bulbi oder Diplopie und Paralysen sind Symptome bei ausgedehnterem Befall.
               Bei älteren Patienten kann sich die Manifestation durch eine nicht
               mehr passende Oberkiefer-Zahnprothese bemerkbar machen, wenn der Hartgaumen
               infiltriert ist.
            
            Makroskopisch wächst der Tumor exo- oder endophytisch mit variablen
               Ulzerationen, Nekrosearealen und hämorrhagischen Anteilen.
               Mikroskopisch zeigt der Tumor identische Merkmale zu Manifestationen in
               anderen Kopf-Hals-Regionen. Dazu gehören irreguläre
               Nestbildungen und bandartige Anordnungen eosinophiler Zellen, die eine
               starke Verhornung ausprägen und eine desmoplastische Stromareaktion
               induzieren. Unterschieden wird zwischen gut, moderat und gering
               differenzierten verhornenden Plattenepithelkarzinomen.
            
            Therapie der Wahl ist die Tumorresektion mit adjuvanter Radiotherapie. Bei
               inoperablen Befunden ist eine primäre Radiochemotherapie
               anzustreben. Die 5-Jahres Gesamt-Überlebensrate für das
               sinunasale Plattenepithelkarzinom liegt zwischen 50 und 60% und ist
               stark abhängig vom Tumorstadium bei Diagnosestellung. Karzinome der
               Nasenhaupthöhle haben eine bessere Prognose als bei Manifestationen
               innerhalb der Nasennebenhöhlen, da diese erst in
               größeren Tumorstadien zu Beschwerden führen [217]
               [217]
               [219]
               [224]
               [225].
            
            
               2.4.2.1.1.2 Nichtverhornendes Plattenepithelkarzinom
               
            
            Das nichtverhornende Plattenepithelkarzinom des Sinunasaltrakts wird
               charakterisiert durch ein ausgeprägtes bandförmiges
               Wachstumsmuster mit fehlender oder eingeschränkter Reifung.
            
            Synonym werden die Begriffe Schneidersches Karzinom, Zylinderzellkarzinom
               oder Übergangs-Karzinom verwendet.
            
            Das nichtverhornende Plattenepithelkarzinom repräsentiert ca.
               10–27% der sinunasalen Plattenepithelkarzinome. Es betrifft
               Patienten im 6.-7. Lebensjahrzehnt, darunter deutlich mehr männliche
               Patienten [226]
               [226]
               [227]
               [229].
            
            Die Risikofaktoren sind ähnlich denen des verhornenden
               Plattenepithelkarzinoms des Sinunasaltrakts, allerdings können in
               30–50% der Fälle transkriptional aktive high-risk
               HPV Viren nachgewiesen werden. Zwischen 2–10% der
               sinunasalen Papillome können durch eine maligne Transformation in
               ein verhornendes und noch seltener in ein nicht verhornendes Plattenepithel
               übergehen [106]
               [223].
            
            Makroskopisch zeigt der Tumor ein variables exophytisches und/oder
               invertiertes Wachstumsmuster mit brüchig wirkender Struktur und
               Nekrose- sowie hämorrhagischen Arealen. Mikroskopisch wächst
               der Tumor als sich ausdehnende Nester oder anastomosierende, bandartige
               Anordnungen von Zellen in der Submukosa mit einer Auflage aus glattem
               Stroma. Papilläre Eigenschaften können innerhalb oder auf
               der Oberfläche des Tumors identifiziert werden [106].
            
            Ähnlich dem verhornenden sinunasalen Plattenepithelkarzinom ist die
               endonasale oder offene Tumorresektion anzustreben, gefolgt von einer
               adjuvanten Radiotherapie, alternativ zu einer primären
               Radiochemotherapie für inoperable Befunde. Die 5-Jahres
               Gesamt-Überlebensrate liegt für nichtverhornende
               Plattenepithelkarzinome bei ca. 60%. HPV-assoziierte Karzinome haben
               bessere Überlebenschancen, obwohl die prognostische Signifikanz
               nicht so stark untermauert ist wie bei Tumoren des Oropharynx [227]
               [230]. Lymphknotenmetastasen liegen in 3,3 bis 26% der
               Fälle bei Erstdiagnose vor [231]
               [232].
            
            
               2.4.2.1.1.3 Spindelzell-/Sarkomatoides Plattenepithelkarzinom
               
            
            Das Spindelzell-Plattenepithelkarzinom oder sarkomatoides Karzinom des
               Sinunasaltrakts ist eine Sonderform des Plattenepithelkarzinoms, die durch
               das Vorhandensein vorwiegend maligner Spindelzellen und/oder
               pleomorpher Zellen definiert ist.
            
            Diese Sonderform manifestiert sich vorwiegend bei älteren,
               männlichen Patienten. Der Tumor tritt äußerst selten
               im Sinunasaltrakt auf und repräsentiert weniger als 5% aller
               Plattenepithelkarzinome dieser Region [227]
               [233]
               [233]
               [235].
            
            Die Entstehung des Spindelzell-Plattenepithelkarzinoms ist eng assoziiert mit
               Tabakkonsum und Strahlenexposition. In den wenigen, bisher bekannten
               Fällen konnte keine HPV-Infektion nachgewiesen werden [227]
               [236]
               [237].
            
            Symptome betroffener Patienten sind zunächst unspezifisch und
               äußern sich meist in Nasenatmungsbehinderung und Epistaxis.
               In höheren Tumorstadien können Gesichtsschwellungen und
               Diplopie sowie Schmerzen der betroffenen Areale hinzukommen [106].
            
            Spindelzell-Plattenepithelkarzinome wachsen als polypöse
               Raumforderungen mit ulzerierender Oberfläche und ähneln dem
               makroskopischen Bild der häufiger vorkommenden laryngealen Befunde.
               Sie stammen vom Plattenepithel ab und zeigen eine abweichende
               Differenzierung mit epithelial-mesenchymaler Transition auf. Die Tumore
               können Residuen von dysplastischem Plattenepithel enthalten und
               zeigen häufig Areale mit Transitionen hin zu malignen Spindel- oder
               pleomorphen Tumorzellen [106].
            
            Hinsichtlich der Prognose und prädiktiver Faktoren bei sinunasaler
               Manifestation existieren aufgrund der extrem geringen Fallzahlen keine
               genaueren Daten.
            
            
            
            
               2.1.2.1.2 Lymphoepitheliales Karzinom
               
            
            Das lymphoepitheliale Karzinom ist ein gering differenziertes
               Plattenepithelkarzinom oder ein histologisch undifferenziertes Karzinom. Ein
               prominentes lymphoplasmatisches Infiltrat, welches dem Nasopharynx-Karzinom
               ähnelt, ist typisch für das mikroskopische Erscheinungsbild
               des Tumors.
            
            Die Entität ist sehr selten und tritt - ähnlich dem
               Nasopharynx-Karzinom – meist in südostasiatischen
               Ländern auf. Der Altersgipfel liegt zwischen 50 und 70 Jahren,
               bevorzugt bei Männern (m:w 3:1). Ätiologisch ist bei den
               lymphoepithelialen Karzinomen eine Assoziation mit dem Epstein-Barr Virus
               nachweisbar [10]
               [238].
            
            Manifestationen lassen sich meist in der Nasenhaupthöhle feststellen,
               die Nasennebenhöhlen sind seltener in den Nasennebenhöhlen
               verortet. Infiltratives Wachstum in den Gaumen, die Orbita oder die
               Schädelbasis sind möglich.
            
            Symptome betroffener Patienten sind Druckgefühl,
               Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis und bei Infiltration der Orbita eine
               Protrusio bulbi. Nervenausfälle können bei intrakranieller
               Infiltration auftreten [238]
               [239].
            
            Lymphknoten- und Fernmetastasierung sind möglich. Eine
               gründliche Endoskopie und Biopsie des Nasopharynx sollten
               vorgenommen werden, um eine lokoregionäre Ausbreitung eines
               Nasopharynx-Karzinoms auszuschließen.
            
            Aufgrund der geringen Fallzahl existiert keine Standard-Therapie. Aufgrund
               der hohen Radiosensitivität wird in den meisten Fällen eine
               lokoregionäre Radiotherapie durchgeführt, die selbst bei
               Vorliegen von Halslymphknoten-Mestastasierung ein sehr gutes Ansprechen
               zeigt. Eine Radiochemotherapie gefolgt von Salvage-Chirurgie ist bei
               großen Befunden möglich [240]. Die Datenlage ist allerdings aufgrund der sehr geringen
               Fallzahl schlecht beurteilbar.
            
            
            
            
               2.4.2.1.3 Sinunasales undifferenziertes Karzinom (SNUC)
               
            
            Das sinunasale undifferenzierte Karzinom wurde erstmals 1986 von Frierson et
               al. beschrieben [241]. Es handelt sich um
               ein hochaggressives Karzinom, welches lokal extensives Wachstum zeigt.
               Pleomorphe Tumorzellen und zahlreiche Tumornekrose-Areale prägen das
               Erscheinungsbild. Es handelt sich um eine high-grade epitheliale Neoplasie
               mit unsicherer Histogenese mit oder ohne neuroendokriner Differenzierung.
               Eine genaue Abgrenzung hinsichtlich des lymphoepithelialen Karzinoms und des
               Olfaktoriusneuroblastoms ist entscheidend [10]
               [241].
            
            Der Altersbereich liegt zwischen 30 und 90 Jahren mit einer höheren
               Inzidenz bei Männern (M:W 2–3:1) [238]
               [242].
            
            Es existiert keine Assoziation mit dem Epstein-Barr Virus. Einige
               Fälle traten nach vorangegangener Radiotherapie im Rahmen eines
               Nasopharynx-Karzinoms auf [238].
            
            Das SNUC manifestiert sich meist in der Nasenhaupthöhle, dem Sinus
               maxillaris und ethmoidalis mit häufiger Infiltration benachbarter
               Strukturen. So zeigen bis zu 50% der Patienten zum Zeitpunkt der
               Diagnosesicherung bereits Infiltrationen der Dura und 30%
               Infiltrationen der Orbita [243]
               [244]. In einer Studie, welche die
               prozentuale Häufigkeit des T-Stadiums in Relation zu den
               untersuchten Karzinomhistologien analysierte, zeigten sich für das
               SNUC 69% der Patienten im Stadium T4 [245].
            
            Ähnlich dem lymphoepithelialen Karzinom kommt es bei betroffenen
               Patienten initial zu Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis, später zu
               Protrusio bulbi, periorbitalen Schwellungen sowie Gesichtsschmerzen und bei
               intrakranieller Infiltration zu Ausfällen von Hirnnerven.
            
            Das SNUC zeigt eine hohe Rate von Lokalrezidiven und Fernmetastasierung mit
               häufiger Gefäß- und Nerveninfiltration [246]
               [247]. Die 5-Jahres Überlebensrate liegt laut einer aktuellen
               Studie, die insgesamt 318 Patienten mit SNUC in den USA analysiert hat, bei
               34,9% und die 10-Jahres Überlebensrate bei 31,3%
               [248]. Die schlechte Prognose ist in
               den meisten Fällen durch das bereits hohe Tumorstadium zum Zeitpunkt
               der Diagnosestellung und die hierdurch bedingte Inoperabilität
               verursacht. Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass die Mehrzahl der
               publizierten Fallserien weniger als 20 Patienten enthalten, weshalb kein
               standardisierter Therapieansatz oder eine Leitlinie zur Therapie des SNUC
               existiert [243].
            
            In Anbetracht der aktuellen Literatur besteht ein Konsens, dass eine
               multimodale, aggressive Therapie aus einer Kombination von Chirurgie, Radio-
               und Chemotherapie erfolgen sollte. Dies wurde durch 2 große SEER
               (Surveillance, Epidemiology and End Results Program) Datenbank Studien
               untermauert [248]
               [249]. Die Resektion des Tumors gefolgt von
               einer adjuvanten Radiochemotherapie oder die primäre
               Radiochemotherapie sind mögliche Therapieansätze in
               Abhängigkeit der Resektabilität des Tumors. Ansätze
               einer Targeted Therapy mit Lapatinib, welches den Human epidermal growth
               factor receptor 2 (HER 2) Singalweg sowohl in vitro als auch in vivo
               unterdrückte, zeigten vielversprechende erste Ergebnisse, die auf
               effektivere Therapien hoffen lassen [250].
            
            
            
            
               2.4.2.1.4 Adenokarzinom
               
            
            
               2.4.2.1.4.1 Adenokarzinom vom intestinalen Typ
               
            
            Sinunasale Adenokarzinome vom intestinalen Typ ähneln dem
               morphologischen Aufbau des Adenokarzinoms des Darms.
            
            Das Auftreten ist sehr selten und wird auf eine Inzidenzrate von weniger als
               1:1 000 000 Personenjahren geschätzt. Allerdings
               variiert die Inzidenz deutlich und steigt hinsichtlich der Prävalenz
               um den Faktor 500 bei Mitarbeitern von Holz- und Leder-verarbeitenden
               Betrieben. Das Karzinom ist hierbei eine anerkannte Berufskrankheit
               (BK4203). Männer sind 3–4 mal häufiger als Frauen
               betroffen, was vermutlich auf die Beschäftigungsverhältnisse
               in den entsprechenden Berufen zurückzuführen ist. Das Alter
               betroffener Patienten liegt meist zwischen dem 6. und 7. Lebensjahrzehnt
               [106].
            
            Manifestationen sind häufig nahe der lateralen Nasenwand und der
               mittleren Nasenmuschel zu finden. Schätzungen zufolge entwickeln
               sich 40% der Tumore im Sinus ethmoidalis, 28% in der
               Nasenhaupthöhle und 23% im Sinus maxillaris [251]
               [252].
            
            Symptome sind unilaterale Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis und Rhinorrhoe.
               Seltener treten Schmerzen, Gesichtsschwellungen und Diplopie oder eine
               Protrusio bulbi auf. Eine Destruktion des umgebenden Knochens und das
               Einwachsen in benachbarte Regionen ist häufig [106]
               [252].
            
            Makroskopisch zeigt sich eine polypoide, teilweise papillär und
               nodulär anmutende Raumforderung mit brüchiger Konsistenz und
               ulzerierenden, hämorrhagischen sowie seltener gelatineartigen oder
               mukösen Anteilen [106]
               [251]
               [252]. Mikroskopisch lässt sich exophytisches,
               papilläres und tubuläres oder muzinöses oder
               vorwiegend aus Siegelringzellen bestehendes Wachstum feststellen. Der Grad
               der Differenzierung ist stark variabel. In 6–10% kann eine
               KRAS Mutation festgestellt werden. Eine BRAF-Mutation ist
               mit<10% deutlich seltener [253]
               [253]
               [254]
               [256].
            
            Die radikale Tumorresektion mit freien Resektionsrändern ist aufgrund
               der eher schlechten Strahlensensibilität der Tumore Therapie der
               Wahl. Durch die Weiterentwicklung der endoskopischen Technik ist die
               transnasale Resektion in einigen Fällen auch bei orbitaler und
               intrakranieller Infiltration möglich [257], mitunter unter Berücksichtigung komplexer
               rekonstruktiver Verfahren [258]. Low-grade
               Adenokarzinome vom intestinalen Typ mit niedrigem Tumorstadium
               können durch eine radikale Tumorresektion alleine therapiert werden.
               Bei allen anderen Stadien und Entitäten sollten eine adjuvante
               Radiotherapie erfolgen [259]. Die
               intensitätsmodulierte Photonenbestrahlung kann als Teil des
               Therapieregimes diskutiert werden [260].
               Bislang existieren keine Phase III Studien hinsichtlich einer Chemotherapie,
               weshalb die aktuellen Ergebnisberichte hauptsächlich auf
               Fallberichten und kleinen retrospektiven Fallserien basieren. Im Rahmen
               einer prospektiven Phase II Studie konnte bei neoadjuvanter Chemotherapie
               mit PFL (Cisplatin, 5-Fluoruracil und Leucovorin) bei 16% der
               behandelten Patienten eine primäre Komplettremission gezeigt werden
               [261]. In diesen Fällen lag
               das 3-Jahres Gesamtüberleben bei 100% gegenüber
               43% bei den restlichen Patienten.
            
            Low-grade papilläre Adenokarzinome haben die besten 3-Jahres
               Überlebensraten mit<80 und<60% nach 5
               Jahren. Tumore der Grade 2 und 3 weisen 3-Jahres Überlebensraten von
               54 bzw. 35% auf. Muzinöse Tumore mit alveolärem
               Wachstum haben ähnliche Überlebensraten wie
               papilläre Tumore des Grades 2. Das aggressivste Wachstum weisen
               Siegelring-Adenokarzinome auf. Bei Infiltration der Orbita, der Haut, des
               Sinus ethmoidalis oder sphenoidalis sowie der Schädelbasis ist die
               Prognose deutlich schlechter. Lymphknotenmetastasen können bei
               Diagnosestellung in 8% und Fernmetastasen in 13% der
               Fälle diagnostiziert werden [106]
               [252].
            
            
               2.4.2.1.4.2 Adenokarzinom vom nicht intestinalen Typ
               
            
            Das sinunasale Adenokarzinom vom nicht intestinalen Typ zeigt keine
               Eigenschaften von Speicheldrüsenkarzinomen und besitzt keinen
               intestinalen Phänotyp. Die genannte Tumorkategorie ist heterogen.
               Trotzdem weist sie spezifische Entitäten auf, die einzigartig sind
               (z. B. das Nierenzell-ähnliche Karzinom) [106].
            
            Sinunasale low-grade nicht intestinale Adenokarzinome kommen sehr selten vor,
               weisen keine Prädilektion eines spezifischen Geschlechts auf und
               können innerhalb einer Altersspanne von 9–89 Jahren
               diagnostiziert werden. Das mittlere Alter bei Diagnosestellung liegt
               innerhalb des 6. Lebensjahrzehnts. High-grade nicht intestinale
               Adenokarzinome sind selten, betreffen häufiger männliche
               Patienten, weisen ebenfalls eine breite Altersspanne mit einem Altersgipfel
               innerhalb des 6. Lebensjahrzehnts auf. Weder für low-grade noch
               für high-grade nicht intestinale Adenokarzinome des Sinunasaltrakts
               ist die Ätiologie bekannt.
            
            Am häufigsten manifestieren sich die Tumore in der
               Nasenhaupthöhle (64%), gefolgt vom Sinus ethmoidalis
               (20%). Ca. die Hälfte aller high-grade nicht intestinale
               Adenokarzinome weisen bei Diagnosestellung bereits ein fortgeschrittenes
               Tumorstadium mit Infiltration der Nasenhaupthöhle und
               Nasennebenhöhlen auf [262]
               [262]
               [263]
               [265].
            
            Symptome der low-grade Variante sind häufig unspezifisch und
               beinhalten Nasenatmungsbehinderung, Epistaxis und Schmerzempfindungen.
               High-grade Tumore verursachen häufiger Deformitäten der
               Gesichtshaut und Protrusio bulbi bei orbitaler Infiltration.
               Bildmorphologisch präsentieren sich low-grade nicht intestinale
               Adenokarzinome als solide, die Nasenhaupthöhle oder
               Nebenhöhlen ausfüllende Masse, wohingegen high-grade nicht
               intestinale Adenokarzinome deutlich destruktiveres Wachstum mit
               ossärer Infiltration und Invasion der umgebenden anatomischen Areale
               zeigen [106].
            
            Makroskopisch imponieren die low-grade Tumore als rote, polypoide oder
               himbeerartig konfigurierte, feste Struktur. Histologisch zeigen sich
               papilläre und/oder tubuläre Eigenschaften mit
               komplexem Wachstumsmuster. Eine einzelne Schicht uniformer
               muzinöser, kuboider bis säulenförmiger
               Epithel-Zellen umgibt die Tumore. High-grade Tumore zeigen deutlich mehr
               histologische Diversität. Solides Wachstum mit gelegentlich
               eingestreuten glandulären Strukturen sowie vereinzelten Mukozyten
               sind typisch. Einige Varianten zeigen nestartige Verteilungsmuster mit
               infiltrativem Verhalten. Zahlreiche Mitoseformen und Nekroseareale sind
               vorhanden [106].
            
            Therapie der Wahl ist die radikale Tumorresektion. Trotz der
               spärlichen Datenlage aufgrund der wenigen beschriebenen
               Fälle erscheint die alleinige chirurgische Therapie –
               tumorfreie Resektionsränder vorausgesetzt –
               prognosebestimmend zu sein [266]. Eine
               kürzlich durchgeführte National Cancer Database Analyse
               zeigte keinen Einfluss einer Radiotherapie auf das Überleben von
               Patienten mit low-grade Adenokarzinomen [267]. Patienten mit high-grade Adenokarzinomen zeigen eine
               deutlich bessere Überlebensrate bei multimodaler Therapie inklusive
               radikaler Tumorresektion und adjuvanter Radiotherapie. Die Rolle einer
               systemischen Therapie konnte aufgrund der geringen Fallzahlen bislang nicht
               abschließend geklärt werden [257].
            
            Rezidive sind bei 25% der low-grade Variante zu finden und nur etwa
               6% der betroffenen Patienten sterben an der Erkrankung. Die Prognose
               für Patienten mit high-grade nicht intestinalem Adenokarzinom ist
               deutlich schlechter. Die meisten Patienten versterben innerhalb von 5 Jahren
               nach Diagnosestellung an der Erkrankung. Lokale und Fernmetastasierung tritt
               gelegentlich auf [262]
               [262]
               [264].
            
            Bei den wenigen berichteten Fällen eines Nierenzell-ähnlichen
               Karzinoms gab es weder Rezidive noch Metastasierungen [268].
            
            
            
            
               2.4.2.1.5 Speicheldrüsenartige Karzinome
               
            
            Speicheldrüsen-Neoplasien in der Nase oder den
               Nasennebenhöhlen sind extrem selten. Die überwiegende
               Mehrzahl der Fälle besteht aus malignen Entitäten. In einer
               Analyse von Daniel K. Heffner zeigte sich bei insgesamt 311 Patienten mit
               sinunasalen speicheldrüsenartigen Tumoren folgende Verteilung der
               Entitäten [269]:
            
            In der folgenden Darstellung werden die malignen sinunasalen
               Entitäten dargestellt:
            
            
            
            
               2.4.2.1.5.1 Adenoidzystisches Karzinom (ACC)
               
            
            Das adenoidzystische Karzinom tritt v. a. in den großen und kleinen
               Speicheldrüsen auf. Eine Manifestation ist aber in allen Bereichen
               auftreten, in denen sekretorische Drüsen lokalisiert sind (Mamma,
               Cervix, Colon, Prostata, Nasenhaupthöhle und
               Nasennebenhöhlen). Es ist das häufigste
               speicheldrüsenartige Malignom des Sinunasal-Trakts mit einer
               Altersspanne von 11–92 Jahren. Sinunasale Manifestationen finden
               sich im Sinus maxillaris (60%) und in der Nasenhaupthöhle
               (25%). Adenoidzystische Karzinome repräsentieren 5%
               aller sinunasalen malignen Neoplasien mit einer Inzidenz von 25%
               bezogen auf alle Speicheldrüsenkarzinome [270]
               [270]
               [271]
               [272]
               [274]. Es wächst langsam, aber infiltrativ entlang beteiligter
               Hirnnerven in umgebende Strukturen ein. Hämatogene Metastasierung
               ist häufig und kann selbst Jahre nach der Erstdiagnose auftreten.
               Aufgrund des späten Auftretens von Symptomen weisen die betroffenen
               Patienten häufig hohe Tumorstadien auf, was zu entsprechender
               Morbidität bei Tumorresektionen oder primärer Radiotherapie
               führt. Aufgrund der geringen Strahlensensitivität sind
               Dosen>80 Gy erforderlich, was zu Kollateralschäden
               benachbarter Strukturen (Orbita, Nervus opticus, Cerebrum) führt
               [275]
               [275]
               [277].
            
            Therapie der Wahl ist die radikale Tumorresektion und postoperative
               Radiotherapie für R1/R2 Resektionen, bei perinodaler
               Infiltration und in fortgeschrittenen Tumorstadien (T3/T4), obwohl
               einige Studien für alle Tumorstadien (T1-4) ein besseres Outcome
               nachweisen konnten [275]
               [278]
               [278]
               [279]
               [281].
            
            Aufgrund der hohen Tumorstadien bei Erstdiagnose und der häufigen
               Spätrezidive ist die Prognose des adenoidzystischen Karzinoms
               schlecht. Die 5-Jahres Überlebensrate wird mit
               38–64% bei konventioneller Bestrahlung angegeben. Die lokale
               Tumorkontrolle erreichte bei Anwendung von Protonenbestrahlung
               50–70% und sogar bis zu 93% bei Neutronenbestrahlung
               [272]
               [275]
               [276]
               [282]
               [282]
               [283]
               [284]
               [286].
            
            
               2.4.2.1.5.2 Azinuszellkarzinom
               
            
            Das Azinuszellkarzinom ist ein seltenes Malignom der Speicheldrüsen,
               welches vorwiegend in der Glandula parotis anzutreffen ist. Nach
               Tumorresektion mit oder ohne postoperativer Radiotherapie werden 20-Jahres
               Überlebensraten nahe 90% erreicht [287]. Eine Manifestation im Sinus
               maxillaris oder ethmoidalis, an den Nasenmuscheln oder dem Nasenseptum ist
               außerordentlich seltenen. Die derzeitige englischsprachige Literatur
               beschreibt 19 Fälle, deren Follow Up von 1 bis 22 Jahren reicht.
               5-Jahres und 10-Jahres Überlebensraten lieben über
               90% [288]
               [288]
               [289]
               [291].
            
            
               2.4.2.1.5.3 Mucoepidermoidkarzinom
               
            
            Sinunasale Mucoepidermoidkarzinome sind Malignome der kleinen
               Speicheldrüsen, die sich in der Mundhöhle und dem Oropharynx
               manifestieren und an diesen Manifestationsorten eine 5-Jahres
               Überlebensrage von 87% aufweisen [292]. Lymphknotenmetastasten treten in bis
               zu 15% der Fälle auf.
            
            Sinunasale Mucoepidermoidkarzinome repräsentieren ca. 1,5%
               aller sinunasalen Malignome und sind damit sehr selten. Häufigste
               Manifestationsorte sind Sinus maxillaris und die Nasenhaupthöhle
               [293], in denen sich in 46%
               high grade Mucoepidermoidkarzinome diagnostizieren lassen. Symptome
               befallener Patienten sind Nasenatmungsbehinderung, chronisch sinunasale
               Beschwerden, Gesichtsschmerzen, Epistaxis und Cephalgien. Kleine
               monozentrische Studien zeigten 5-Jahres Überlebensraten von
               35,9% bis 44,1% bei sinunasaler Manifestation [294]
               [295]. Die Tumorresektion mit adjuvanter Radiatio ist Therapie der
               Wahl, allerdings fehlen aufgrund der geringen Fallzahlen Daten hinsichtlich
               der Effektivität [293].
            
            
               2.4.2.1.5.4 Epithelial-myoepitheliales Karzinom
               
            
            Das epithelial-myoepitheliale Karzinom repräsentiert eine
               außerordentlich seltene maligne Entität, welche sich
               vorwiegend in den großen Speicheldrüsen manifestiert und ca.
               1% aller Speicheldrüsenmalignome ausmacht. Noch seltener ist
               die Manifestation in der Nasenhaupthöhle oder den
               Nasennebenhöhlen, von der nur wenige Fallberichte existieren [296]. Die größte
               Kohortenstudie umfasst 468 Patienten mit epithelial-myoepithelialem
               Karzinom. 18 dieser Patienten zeigten eine Manifestation im sinunasalen
               Bereich [297]. 80% der Patienten
               waren älter als 50 Jahre alt. Weibliche Patienten waren
               häufiger betroffen (W:M 1,5–6:1) [297]. Aufgrund der niedrigen Fallzahlen ist
               die Beschreibung der Pathophysiologie und der Therapiestrategien nicht
               systematisiert, da ein großer Teil der relevanten Literatur aus
               Fallberichten besteht.
            
            Der Begriff epithelial-myoepitheliales Karzinom ist ein histopathologischer
               Terminus, der die Proliferation tubulärer Strukturen mit einer
               zweischichtigen Zellauskleidung beschreibt. Die innere Schicht besteht aus
               kubischen oder niedrig zylindrischen Duktalzellen, die
               äußere Schicht aus hellen epitheloiden Zellen. Das
               Tumorstruma kann hyalinisiert sein [298].
            
            Je nach Lokalisation präsentieren die Patienten Symptome wie
               Epistaxis, Druckgefühl und Schmerzen, Schwellungen und Rhinorrhoe.
               Häufig zeigt sich bei der Endoskopie eine hämorrhagisch
               anmutende Raumforderung. Computertomografisch ist eine heterogen
               Kontrastmittel-aufnehmende Weichteil-Struktur in den beteiligten
               Nasennebenhöhlen darstellbar. Ossäre Destruktionen
               benachbarter Strukturen sind nicht typisch, können aber auftreten
               [296].
            
            Aktuelle Berichte zeigten einen nur geringen Glukose-Uptake in der PET-CT,
               was dem low-grade Potenzial der Malignität zuzuordnen ist und eine
               präoperative, bildgebende Hilfestellung hinsichtlich der Diagnose
               erschwert [299]
               [300].
            
            Therapie der Wahl ist die großzügige chirurgische Exzision.
               Die Effektivität einer adjuvanten Radiotherapie ist aufgrund des
               inhomogenen biologischen Verhaltens und Ansprechens unklar [301].
            
            Lymphknotenmetastasen sind selten und treten in weniger als 5% der
               Fälle auf. Die 5- und 10-Jahres Überlebensrate liegt bei
               72,7 und 59,5% [297].
            
            
            
            
            
               2.4.2.2 Neuroendokrine Neoplasien
               
            
            Der Begriff Neuroendokrine Neoplasien umfasst mehrere Entitäten.
               Neben dem neuroendokrinen Karzinoid und dem klassischen neuroendokrinen
               Karzinom zählen auch Aesthesioneuroblastome (siehe 2.4.2.6.2) sowie
               sinunasale undifferenzierte Karzinome (SNUC, siehe 2.4.2.1.3) zu den
               Neoplasien mit neuroendokriner Differenzierung [302].
            
            Neuroendokrine Neoplasien exprimieren neuroendokrine Marker wie Synaptophysin
               und Chromogranin A. Große membrangebundene (hormonenthaltende)
               Vesikel sind charakteristische Merkmale. Epitheliale neuroendokrine
               Karzinome (gut, mittelgradig oder schlecht differenziertes Karzinoid) bilden
               sich aus Zellen des diffusen neuroendokrinen Zellsystems, die Zytokeratine
               exprimieren und in der Schleimhaut lokalisiert sind.
               Olfaktoriusneuroblastome und Paragangliome hingegen sind neuroektodermaler
               Herkunft und bilden sich aus der Olfaktoriusmembran bzw. den Kopf-
               Hals-Paraganglien [303]. Entsprechend der
               WHO Klassifikation werden neuroendokrine Tumore als Neoplasie Grad I
               (früher low-grade neuroendokriner Tumor oder typisches Karzinoid),
               Neoplasie Grad II (früher intermediärer neuroendokriner
               Tumor oder atypisches Karzinoid) und Neoplasie Grad III, kleinzelliges
               Karzinom (früher high-grade Neuroendokriner Tumor oder kleinzelliges
               Karzinom) sowie Neoplasie Grad III, großzelliges Karzinom
               (früher high-grade neuroendokriner Tumor oder großzelliges
               neuroendokrines Karzinom) eingeteilt [304].
            
            
               Neuroendokrine Karzinoide (typisches Karzinoid, Neoplasie Grad I)
               
            
            Über 90% der neuroendokrinen Karzinoide manifestieren sich am
               Larynx (supraglottisch). Sinunasale Manifestationen sind wesentlich seltener
               und führen zu gut abgrenzbaren, submukösen und
               häufig polypoiden Tumoren [305].
               Vor allem schlecht differenzierte neuroendokrine Karzinome finden sich in
               der Nasenhaupthöhle, den Nasennebenhöhlen oder an der
               Schädelbasis. Die 5-Jahres Überlebensrate liegt bei
               5–20% [106].
            
            Die Symptome hängen vom Manifestationsort ab. Ein Karzinoid-Syndrom
               ist bei übermäßiger Hormonproduktion
               möglich, vor allem bei hepatischer Metastasierung und tritt in etwa
               10% aller Patienten mit Karzinoiden auf. Die typische Trias
               beinhaltet anfallsartige Rötung von Gesicht und Oberkörper,
               Diarrhoe und kardiale Beteiligung [306].
            
            
               Neuroendokrine Karzinome
               
            
            Das sinunasale neuroendokrine Karzinom ist ein high-grade Karzinom mit
               morphologischen und immunhistochemischen Merkmalen einer neuroendokrinen
               Differenzierung [106]. Es wird unterteilt
               in kleinzellige neuroendokrine Karzinome und großzellige
               neuroendokrine Karzinome und stellt ca. 3% aller sinunasalen Tumore
               und tritt häufiger bei Männern mittleren bis höheren
               Alters (mittleres Alter 49–65 Jahre) auf. In seltenen Fällen
               wird über eine Assoziation mit High-Risk humanen Papilloma-Viren
               berichtet.
            
            Primärer sinunasaler Manifestationsort ist der Sinus ethmoidalis, die
               Nasenhaupthöhle, gefolgt von den Sinus maxillaris und
               sphenoidalis.
            
            Symptome einer Manifestation sind weitestgehend unspezifisch
               (Nasenatmungsbehinderung, Rhinorrhoe und chronische sinunasale Beschwerden).
               Viele Patienten werden erst in höheren Tumorstadien bei ihrem
               behandelnden Arzt vorstellig.
            
            Endoskopisch zeigt sich eine meist große, hämorrhagische
               Tumormasse mit nekrotischen Anteilen. Bildmorphologisch zeigen sich
               ossäre Destruktionen und Infiltrationen benachbarter anatomischer
               Regionen.
            
            Histopathologisch ist das sinunasale neuroendokrine Karzinom identisch zu den
               in Lunge und anderen Kopf-Hals-Lokalisationen vorkommenden neuroendokrinen
               Karzinomen. Es zeigt sich ein hochgradig infiltratives Wachstum mit
               häufiger perineuraler und lymphovaskulärer Infiltration.
               Sinunasale neurendokrine kleinzellige und großzellige Karzinome
               weisen eine Zytokeratin-Expression auf, was eine Differenzierung
               z. B. gegenüber dem Olfaktoriusneuroblastom
               ermöglicht [304].
            
            Therapeutisch wird – sofern möglich – eine
               Tumorresektion gefolgt von adjuvanter Radiochemotherapie angestrebt. Vor
               allem für das großzellige neuroendokrine Karzinom scheint
               eine neoadjuvante Radiochemotherapie gefolgt von einer Tumorresektion
               bessere Ergebnisse zu erzielen [302].
            
            Die 5-Jahres Überlebensrate beträgt 50–65%.
               Eine Lokalisation im Sinus sphenoidalis ist prognostisch günstiger
               (~80%) als eine maxilläre oder ethmoidale
               Manifestation (~33%). Trotz eingeschränkter
               Datenlage aufgrund der geringen Fallzahlen scheint die Prognose für
               großzellige neuroendokrine Karzinome günstiger zu sein als
               für die kleinzellige Variante [106].
            
            
            
            
               2.4.2.3 Maligne Weichteiltumore (Sarkome)
               
            
            
            
               2.4.2.3.1 Fibrosarkom
               
            
            Das Firbosarkom ist ein maligner spindelzelliger Tumor mit
               faszikulärer Architektur und variabel ausgeprägter
               Collagenmatrix-Produktion, welche
               fibroblastäre/myofibroblastäre Differenzierung
               aufweist. Weiter zeigt das Fibrosarkom eine niedrige Mitoseraten und seltene
               nukleäre Pleomorphismen oder anaplastische Eigenschaften.
            
            Manifestationsorte sind meist in den Extremitäten lokalisiert,
               lediglich 1% der Fibrosarkome ist im Kopf-Hals-Bereich zu finden. Es
               ist für weniger als 3% aller nichtepithelialen Malignome des
               Kopf-Hals-Bereichs verantwortlich, stellt allerdings die
               zweithäufigste Entität von Kopf- Hals-Sarkomen dar [106]
               [307].
            
            Symptome ähneln denen anderer Neoplasien der Nasenhaupthöhle
               und Nasennebenhöhlen. Unspezifische Beschwerden wie
               Nasenatmungsbehinderung und Epistaxis, Druckgefühl, Schmerzen und
               Schwellungen können auftreten.
            
            Das Fibrosarkom hat ein hohes Lokalrezidiv-Risiko, allerdings ein geringes
               Risiko für Fernmetastasierung [140]
               [308]. Trotz der sehr
               geringen Fallzahlen wird eine großzügige Tumorresektion
               empfohlen, da ein geringer Sicherheitsabstand das Risiko des Lokalrezidivs
               unverhältnismäßig erhöht [140]. Eine U.S. National Cancer Instituteʼs
               Surveillance, Epidemiology, and End Results (SEER) Datenbankanalyse
               untersuchte den Verlauf von 51 Patienten mit sinunasalen Fibrosarkomen
               über einen Zeitraum von 1973 bis 2012 [307]. Das mittlere Alter lag bei 54.5 Jahren ohne
               Überwiegen eines Geschlechts. Interessanterweise waren 83,7%
               der Patienten hellhäutig und nur 8,2% dunkelhäutig.
               Die häufigste Lokalisation war mit 54,9% der Sinus
               maxillaris gefolgt von der Nasenhaupthöhle (23,5%). Der
               häufigste histologische Typ war das mittelgradig differenzierte
               (59,5%), gefolgt vom gut differenzierten Fibrosarkom
               (16,2%). Im Follow up zeigte sich bei 28,2% der Patienten
               ein Lokalrezidiv, in 64,1% kam es zu einer regionalen Metastasierung
               und 7,7% wiesen Fernmetastasen auf.
            
            Häufigste Therapiemodalität war die alleinige Tumorresektion
               (61,2%), gefolgt von Tumorresektion mit adjuvanter Radiotherapie
               (32,7%). Auch Lokalrezidive wurden primär durch erneute
               Tumorresektion therapiert (71,4%) gefolgt von Tumorresektion mit
               adjuvanter Radiotherapie (7,1%). Die 5-Jahres Überlebensrate
               lag für alle nachverfolgbaren Fälle bei 71,7%.
               Aktuelle Studien zeigen deutliche Vorteile bei Patienten, die eine adjuvante
               Radiotherapie erhalten [308]
               [309].
            
            
            
            
               2.4.2.3.2 Undifferenziertes pleomorphes Sarkom/Malignes
                  fibröses Histiozytom
               
            
            Das undifferenzierte pleomorphe Sarkom (Synonym: malignes fibröses
               Histiozytom) ist ein high-Grade Weichteilsarkom ohne Differenzierungslinie.
               Es tritt bei Erwachsenen auf, eine sinunasale oder
               Schädelbasis-Manifestation ist sehr selten, obwohl es nach dem
               Rhabdomyosarkom und dem Fibromyosarkom das dritthäufigste Sarkom in
               diese Lokalisationen darstellt [106].
            
            Vorangegangene Radiotherapien werden für das Entstehen des
               undifferenzierten pleomorphen Sarkoms verantwortlich gemacht [310]
               [311].
            
            Vor allem unspezifische Symptome wie schmerzlose Schwellungen,
               Nasenatmungsbehinderung, Protrusio bulbi und Diplopie sowie Epistaxis
               können auftreten. Eher selten kommt es zu regionaler oder
               Fernmetastasierung [106].
            
            Endoskopische zeigt sich eine lobulierte, gräulich-weißliche,
               teils fleischige Masse mit hämorrhagischen Anteilen. Die meisten
               Befunde erscheinen umschrieben. Mikroskopisch präsentiert das
               Malignom Spindel- und pleomorphe Zellen in einer variabel kollagenisierten,
               extrazellulären Matrix. Pleomorphismen, atypische Mitosen,
               Tumornekroseareale, Histozytenartige und Schaumzellen zeigen sich
               häufig. Viele Tumorzellen weisen Eigenschaften von Fibroblasten,
               Myofibroblasten oder Histiozyten auf.
            
            Das undifferenzierte pleomorphe Sarkom ist eine Ausschlussdiagnose, welche
               nach Ausschluss von Schleimhautmelanomen, Karzinomen, Lymphomen und anderen
               Sarkomen gestellt werden kann.
            
            Die Tumorresektion scheint trotz der geringen Datenlage und
               unabhängig von der Randsituation essentiell zu sein. Eine
               Radiotherapie erhöht die Chance auf lokale Tumorkontrolle [106]
               [311]. Die 5-Jahres Überlebensrate liegt zwischen 60 und
               70%.
            
            Gerrand et al. zeigten für Sarkome der Extremitäten in einer
               Studie ein unterschiedliches Outcome für Patienten abhängig
               von histologischem Subtyp, der Anwendung einer Radiotherapie, der lokalen
               Anatomie und ungeplanter Exzision vor Überweisung in ein Zentrum
               [312] und postulierten, Patienten bei
               dem Verdacht auf ein Weichteilsarkom in ein spezialisiertes Diagnostik- und
               Therapie-Zentrum mit multidisziplinären Sarkom-Spezialisten zu
               überweisen [311].
            
            
            
            
               2.4.2.3.3 Leiomyosarkom
               
            
            Das Leiomyosarkom ist ein maligner Tumor, der von der glatten Muskulatur
               ausgeht. Typische Manifestationsorte sind Uterus oder Intestinaltrakt. Die
               sinunasale Manifestation oder Lokalisation an der Schädelbasis sind
               extrem selten. Betroffen sind vorwiegend Erwachsene, nur in
               Ausnahmefällen Kinder. Auch für das Leiomyosarkom spielt
               eine vorangegangene Radiotherapie eine große Rolle für die
               Genese [106].
            
            Aufgrund nur unspezifischer Symptome werden die Patienten meist erst in
               späten Tumorstadien bei ihrem behandelnden Arzt vorstellig, was zu
               schlechteren Prognosen bei sinunasalen Manifestation im Vergleich zu anderen
               Lokalisationen führt [313].
               Klinisch zeigt sich eine weiche, vorwiegend polypöse Tumormasse, die
               Schmerzen, Nasenatmungsbehinderung und Epistaxis verursachen kann. Die
               Läsionen können auch den kraniofazialen Knochen betreffen
               und je nach Infiltration weiterführende Beschwerden wie Diplopie,
               Protrusio bulbi, usw. verursachen.
            
            Eine hämatogene Metastasierung in Lunge, Leber, andere
               Weichteilareale, Knochen oder zerebrale Strukturen sind möglich.
               Metastasen anderer Regionen sollten vor der definitiven Tumortherapie
               ausgeschlossen werden.
            
            Makroskopisch ist die Tumormasse polypoid. Sowohl klare Abgrenzungen zum
               umgebenden Gewebe als auch schwer abgrenzbare Befunde sind möglich.
               Mikroskopisch zeigt sich infiltratives Wachstum oder scharf demarkierte
               Grenzen. Spindelzellen, die in vernetzten Faszikeln angeordnet sind,
               prägen das Erscheinungsbild. Das eosinophile Zytoplasma zeigt oft
               kleine perinukleäre Vakuolen [106].
            
            Computertomografische Darstellungen sind häufig unspezifisch und
               zeigen expansive zystische oder nekrotische, heterogene Läsionen
               innerhalb des Weichgewebes. Im MRT zeigt sich in der T1- und T2-Wichtung nur
               moderate Hyperintensität, was die Diagnosefindung erschwert [314].
            
            Die Tumorresektion ist Methode der Wahl, allerdings ist aufgrund der
               Lokalisation und vitaler benachbarter Strukturen eine Resektion mit
               großem Sicherheitsabstand nur eingeschränkt möglich.
               Adjuvante Chemotherapie und/oder Radiotherapie kommen bei Patienten
               mit lokal fortgeschrittenem Wachstum, Rezidiven oder Metastasierungen zum
               Einsatz [313]
               [315]. Circa ein Drittel der Patienten mit sinunasaler
               Manifestation stirbt entweder an Fernmetastasierung oder Lokalrezidiven, die
               in vitale benachbarte Strukturen einwachsen [106].
            
            
            
            
               2.4.2.3.4 Rhabdomyosarkom
               
            
            Rhabdomyosarkome sind maligne mesenchymale Tumore mit
               Skelettmuskeldifferenzierung.
            
            Unterschieden werden
            
            
               
               - 
                  
                  embryonale Rhabdomyosarkome 
- 
                  
                  alveoläre Rhabdomyosarkome 
- 
                  
                  pleomorphe Rhabdomyosarkome 
- 
                  
                  spindelzellige Rhabdomyosarkome 
Die Begriffe Myosarkom und malignes Rhabdomyom werden synonym mit
               Rhabdomyosarkom verwendet.
            
            Die Inzidenz von sinunasalen Rhabdomyosarkomen beträgt
               0,034:100 000 mit primärer Manifestation in den
               Nasennebenhöhlen gefolgt von der Nasenhaupthöhle. Es ist das
               häufigste sinunasale Sarkom sowohl bei Kindern als auch bei
               Erwachsenen. Der Altersgipfel liegt innerhalb des ersten Lebensjahrzehnts
               [106]
               [311]
               [316]. Eine
               strahleninduzierte Genese wird diskutiert.
            
            Makroskopisch zeigt sich eine polypoide, schlecht abgrenzbare Tumorformation
               mit Ausdehnung in benachbarte Strukturen und fleischiger, gelatineartiger,
               bräunlich bis grauer Oberfläche.
            
            Das embryonale Rhabdomyosarkom ist die am häufigsten im
               Sinunasaltrakt vorkommende Entität. Sie weist primitive bis
               spindelförmige Zellen mit spärlichem Zytoplasma und
               hyperchomatischen Nuklei sowie verstreute Rhabdomyoblasten mit deutlich
               eosinophilem Zytoplasma auf. Die Anzahl der Rhabdomyoblasten steigt
               typischerweise nach Radiotherapie deutlich an.
            
            Bei Erwachsenen findet sich häufiger das sinunasale alveoläre
               Rhabdomyosarkom [311], welches
               fibrovaskuläre Septen aufweist, die Herde von runden, neoplastischen
               Zellansammlungen voneinander trennen. Riesenzellen mit mehreren, peripher
               lokalisierten Zellkernen können präsent sein [106].
            
            Das Outcome der Patienten scheint für Patienten, bei denen eine
               Vorabexzision oder Probeexzision zur Histologie-Sicherung
               durchgeführt wurde, schlechter zu sein als für Patienten,
               bei denen unmittelbar eine vollständige Tumorresektion
               durchgeführt wurde [311]
               [312]. Die Überweisung bei Verdacht
               auf ein Sarkom in ein auf Sarkome spezialisiertes Zentrum mit
               interdisziplinärer Zusammenarbeit erscheint deshalb besonders
               wichtig.
            
            Therapeutisch ist die Tumorresektion mit weitem Sicherheitsabstand
               anzustreben. Auch für die unvollständige Tumorresektion
               scheint die chirurgische Resektion ein prädiktiver Faktor zu sein
               [311]. Die Kombination von Operation,
               Chemotherapie und Bestrahlung werden 5-Jahres Überlebensraten von
               40–45% berichtet, die für Patienten unter 18 Jahren
               und bei weiblichem Geschlecht etwas höher liegen. Bei Infiltration
               der Schädelbasis ist die Prognose deutlich schlechter [106]
               [311]
               [317].
            
            
            
            
               2.4.2.3.5 Angiosarkom
               
            
            Das Angiosarkom ist eine vaskuläre, maligne Neoplasie. Synonyme
               Begriffe sind epitheloides Hämangioendoetheliom, malignes
               Hämangioendotheliom, malignes Angioendotheliom oder
               Hämangiosarkom.
            
            Der Tumor entwickelt sich in über der Hälfte der
               Fälle innerhalb der Haut und oberflächlichen Gewebsschichten
               des Kopf-Hals-Bereichs. Epidemiologisch ist das sinunasale Angiosarkom
               für weniger als 0,1% aller Kopf-Hals-Malignome und weniger
               als 1% aller sinunasalen Malignome verantwortlich [106].
            
            Als mögliche, allerdings selten berichtete Risikofaktoren für
               die Entstehung werden Strahlenexposition, Vinylchlorid- und
               Kohlestaubexposition diskutiert [318]
               [318]
               [320].
            
            Das Angiosarkom ist eher in der Nasenhaupthöhle und dem Sinus
               maxillaris lokalisiert. Dort führt es zu initial unspezifischen
               Beschwerden, allen voran Epistaxis und Nasenatmungsbehinderung. Einige
               Patienten berichten zudem über sinunasale Beschwerden, Epiphora,
               Schmerzen und Druckgefühl.
            
            Häufig ist bei Angiosarkomen eine Knocheninfiltration zu beobachten,
               die sich in der Computertomografie darstellen lässt. In der
               MRT-Darstellung ist in der T2-Wichtung eine kräftige
               Signalintensität darstellbar. Die präoperative Angiografie
               kann hilfreich sein, um zuführende Gefäße
               darzustellen und eine präoperativ Embolisation zu
               ermöglichen [106]
               [321]. Lymphknoten- und Fernmetastasierung
               sind bei Erstmanifestation ungewöhnlich.
            
            Makroskopisch präsentiert sich das Angiosarkom mit einer
               nodulär bis polypoiden, weichen und lividen bis rötlichen
               Oberfläche mit Ulzerationen, die zu Blutungen neigen. Mikroskopisch
               entwickelt sich das Malignom unter einer intakten Epithelschicht mit
               neoplastischen Gefäßbildungen, die sich in das Weichgewebe
               und den angrenzenden Knochen erstrecken. Hämorrhagische und
               nekrotische Areale begleiten das Erscheinungsbild. Innerhalb der
               Neubildungen zeigen sich kapilläre, kavernöse und
               rudimentär angelegte Gefäße, die mit Erythrozyten
               angefüllt und mit vergrößerten, atypischen
               spindelförmigen oder epitheloiden Endothelzellen ausgekleidet sind.
               Ein Grading wird für das Angiosarkom nicht vorgenommen [106]
               [321].
            
            Aufgrund der sehr niedrigen Inzidenz existiert keine Standardtherapie
               für das sinunasale Angiosarkom. In den meisten Fällen ist
               die Tumorresektion gefolgt von einer Radiotherapie beschrieben. Weitere
               Therapieansätze, die in einzelnen Fällen beschrieben wurden,
               sind Chemotherapie, Gamma-Knife-Therapie und die Anwendung von Interleukinen
               [321]
               [321]
               [322]
               [324]. Rezidive sind mit ca. 40%
               häufig. Metastasierungen treten innerhalb der ersten 24 Monate auf
               [323] und finden sich in Lunge, Leber,
               Niere und Knochen [321]. Die Prognose ist
               insgesamt schlecht und zeigt eine Gesamtüberlebensrate von ca.
               60% [106].
            
            
            
            
               2.4.2.3.6 Biphänotypisches Sinunasalsarkom (BSS)
               
            
            Das biphänotypische Sinunasalsarkom wurde in die WHO-Klassifikation
               der Tumore des Sinunasalsystems von 2017 als neue Entität
               aufgenommen. Begründet ist dies durch die definierende
               PAX3/MAML3-Translokation, welche es zu einer eigenen Entität
               macht. Bisher wurde das Malignom als Leiomyosarkom
               „fehlklassifiziert“ [325].
               Das BSS wurde bisher nur im Sinunasaltrakt beschrieben.
            
            Das BSS ist ein low-grade Spindelzellsarkom. Es tritt bevorzugt bei Frauen
               auf (w:m=3:1) und erstreckt sich über eine Altersspanne von
               24–85 Jahren mit einem Altersdurchschnitt von 52 Jahren [106].
            
            Dominierende Manifestationsorte sind Siebbeinzellen (57%) und
               Nasenhaupthöhle (54%), häufig mit
               grenzüberschreitendem Wachstum [326] und auch Infiltration der Orbita oder Fossa olfactoria.
            
            Die Symptome sind unspezifisch. Patienten berichten von
               Nasenatmungsbehinderung, Druckgefühl und Gesichtsschmerzen.
               Makroskopisch zeigt sich eine polypoide, teils festere, rötlich und
               graue Tumormasse. Mikroskopisch ist die Zellularität mittelgradig
               mit fokalen zelldichteren Abschnitten im Tumor mit oberflächlich
               hamartomartiger Proliferation eingeschlossener ortsständiger
               Schleimhautdrüsen. Fokal zeigen sich vermehrte ektatische
               Gefäße mit Einblutungen und hämangioperizytomartigem
               Aspekt [326].
            
            Das Malignom ist aufgrund der erst 2012 beschriebenen [327] und 2017 in die WHO-Klassifikation
               aufgenommen eigenständigen Entität weitestgehend unbekannt,
               dürfte aber häufiger als bisher angenommen sein, da viele
               Fälle bislang malignen peripheren Nervenscheiden- oder
               muskulären Tumoren zugeordnet wurden.
            
            Langsames Wachstum und lokale Infiltration benachbarter Strukturen sind
               Charakteristika des BSS. Circa 50% der Patienten der
               ursprünglich beschriebenen Kohorte zeigten Lokalrezidive innerhalb
               eines Zeitraums von 9 Jahren. Von Fernmetastasierung wurde bisher nicht
               berichtet [327]. Auch existiert bislang
               nur ein dokumentierter Todesfall durch die Erkrankung [328].
            
            Therapie der Wahl ist wie bei anderen Sarkomen die Tumorresektion mit
               ausreichendem Sicherheitsabstand. Adjuvante Radio- und Chemotherapie ist in
               Fällen mit fortgeschrittenem Tumorstadium einsetzbar. Die Effizienz
               der adjuvanten Radio- und Chemotherapie ist aufgrund der sehr geringen
               Fallzahlen unbekannt [329]
               [330].
            
            
            
            
               2.4.2.3.7 Maligner peripherer
                  Nervenscheidentumor/Neurofibrosarkom
               
            
            Der maligne periphere Nervenscheidentumor (MPNST) entsteht an peripheren
               Nerven oder aus Transformationen gutartiger Tumore peripherer Nerven. In der
               Regel weist er eine Differenzierung zu einer der Komponenten der
               Nervenscheiden auf (z. B. Schwann-Zellen (malignes Schwannom),
               Fibroblasten oder perineurale Zellen).
            
            Die Malignome treten vorwiegend bei erwachsenen Patienten mit einer
               großen Altersspanne und einem Altersgipfel innerhalb des 5.
               Lebensjahrzehnts auf. In ca. 20–25% der Fälle ist
               der maligne periphere Nervenscheidentumor mit einer Neurofibromatose Typ I
               assoziiert. In diesen Fällen sind die Patienten häufig
               jünger (zwischen 3. Und 4. Lebensjahrzehnt) [106]
               [331]. Eine Assoziation mit vorangegangener Radiotherapie wird
               diskutiert [332].
            
            Die Inzidenz beträgt bei Patienten mit einer Neurofibromatose Typ I
               1:3 500. Auf die gesamte Bevölkerung berechnet ist die
               Inzidenz 1:100 000 [333]
               [334]. Circa 20% aller malignen
               peripheren Nervenscheidentumore sind im Kopf-Hals-Bereich lokalisiert. Eine
               sinunasale Manifestation ist wesentlich seltener.
            
            Manifestationsorte sind entlang von Hirnnerven, vorwiegend dem N.
               vestibularis und N. vagus lokalisiert [106]
               [331].
            
            Klinische Symptome betroffener Patienten sind rasch progrediente,
               schmerzhafte Schwellungen und neurologische Ausfälle betroffener
               Nerven.
            
            Maligne periphere Nervenscheidentumore sind unbekapselt und weisen ein
               höchst infiltratives Wachstum auf. Unterschiedlichste
               Zellmorphologien sind vorhanden, darunter spindelförmige,
               epitheloide und pleomorphe Zellen). Histologisch wird zwischen
               spindelzelligen und glandulären malignen peripheren
               Nervenscheidentumoren differenziert, die sich in der faszikelartigen
               Anordnung oder dem Vorhandensein von Becherzellen unterscheiden [106]. Die Malignome werden in Low- oder
               High-grade Entitäten entsprechend der Mitoserate, dem Vorhandensein
               atypischer Mitosen, Pleomorphismen und Nekrosen eingeteilt [332].
            
            In der Regel sind diese Tumoren sehr aggressiv und haben eine schlechte
               Prognose. Die Tumorexzision mit ausreichendem Sicherheitsabstand ist
               Therapie der Wahl. Die Mehrzahl der malignen peripheren Nervenscheidentumore
               sind High-grade Sarkome, die zu Lokalrezidiven und Fernmetastasen neigen.
               40–65% der betroffenen Patienten weisen Lokalrezidive auf,
               Fernmetastasierungen treten in 30–60% der Fälle auf,
               v. a. in Lunge, Leber, Gehirn, Knochen und Nebennieren. Regionale
               Lymphknotenmetastasierung ist selten, weshalb eine Neck dissection nicht
               standardmäßig durchgeführt werden sollte [333]. Eine adjuvante Radiotherapie, ggf. in
               Kombination mit einer Chemotherapie wirkt sich positiv auf das 5-Jahres
               Gesamtüberleben aus (65 vs. 38%) [335].
            
            
            
            
               2.4.2.3.8 Sinunasales Synovialsarkom
               
            
            Das Synovialsarkom ist ein mesenchymaler Tumor mit variabler epithelialer
               Differenzierung und enthaltenen Drüsenformationen. Typisch ist eine
               spezifische chromosomale Translokation (t(X;18)(p11;q11)), die zu einer
               Bildung eines SS18-SSX Fusionsgens führt [106]
               [336].
            
            Das Synovialsarkom ist das häufigste
               Nicht-Rhabdomyosarkom-Weichteilsarkom bei Kindern, Heranwachsenden und
               jungen Erwachsenen mit einer Altersspanne zwischen dem 3. und 4.
               Lebensjahrzehnt.
            
            Die Ätiologie ist stark assoziiert mit vorangegangener Radiotherapie
               [337]
               [337]
               [339]. Eine Manifestation
               im Sinunasaltrakt oder der Schädelbasis tritt
               äußerst selten auf.
            
            Klinisch präsentiert sich eine palpable, meist tiefergelegene
               Raumforderung mit oder ohne Druckdolenz. Makroskopisch ist der Tumor gelb
               bis grau oder weißlich gestaltet. Langsam wachsende Synovialsarkome
               sind in der Regel gut abgegrenzt. Mikroskopisch könne monophasische
               (spindelzellförmig, kalzifizierend/ossifizierend, myxoid und
               schlecht differenziert) sowie biphasische Subtypen mit glandulären
               oder soliden Epithelzellen unterschieden werden. Schlecht differenzierte
               Tumore können Areale mit häufigen Mitosen und Nekrosen
               enthalten [106].
            
            Die Therapie hat sich innerhalb der letzten Jahrzehnte nur wenig
               verändert und beinhaltet die Tumorresektion für umschriebene
               Befunde, häufig kombiniert mit einer Radio- oder Chemotherapie.
               Kombinierte Therapien werden je nach Stadium der Erkrankung angewandt. In
               einer großen Studie einer großen Studie kam bei Stadium I
               und II die Tumorresektion mit postoperativer Radiotherapie, bei Stadium III
               die Tumorresektion in Kombination mit einer Radiochemotherapie zum Einsatz
               [340]. Eine neoadjuvante Chemotherapie
               kann bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem Tumorwachstum zum Einsatz
               kommen, bei denen eine mutilierende Operation erforderlich wäre.
               Erste Ergebnisse der Immuntherapie, die eine Aktivität bei NY-ESO-1,
               Trabectedin und einer Vielzahl von Angiogenese-Inhibitoren zeigen, sind
               vielversprechend [341].
            
            
            
            
            
               2.4.2.4 Borderline- und niedrig maligne Entitäten des
                  Weichgewebes
               
            
            
            
               2.4.2.4.1 Aggressive Fibromatose vom Desmoid-Typ
               
            
            Die aggressive Fibromatose ist eine klonale, spindelzellige Neoplasie mit
               infiltrativem Wachstum. Fernmetastasen treten nicht auf. Die Begriffe
               Desmoid-Fibromatose und aggressive Fibromatose werden synonym mit der
               aggressiven Fibromatose vom Desmoid-Typ verwendet.
            
            Die Inzidenz wird auf 1:250 000 bis 1:500 000
               geschätzt. Das Erkrankungsalter reicht von 15–60 Jahren, ca.
               30% der Fälle treten im Kindesalter auf. Die Manifestation
               im Kopf-Hals-Bereich betrifft ca. 15% aller aggressiven
               Fibromatosen. Die sinunasale Manifestation ist noch wesentlich seltener
               [106]
               [342]
               [343].
            
            Die Ätiologie ist ungeklärt. Eine Assoziation mit dem
               Gardner-Syndrom (siehe 2.4.1.2.1) und der familiären kolorektalen
               Polyposis besteht [344]
               [345].
            
            Aggressive Fibromatosen vom Desmoidtyp zeigen schlecht abgrenzbare
               Läsionen mit fokal infiltrativem Wachstum, die sich makroskopisch
               als feste, weißliche Läsionen mit trabekulärem
               Schnittmuster präsentieren. Immunhistochemisch zeigen Desmoide eine
               nukleäre Anfärbung mit β-Catenin und häufig
               zusätzlichem zytoplasmatischem Hintergrund [326]. Faszikuläres Wachstum mit
               spindelförmigen Zellen und milden Kernpleomorphismen können
               visualisiert werden. Atypische Mitosen und Nekrosen sind nicht vorhanden.
               Das Stroma kann variabel kollagenisiert und myxoid oder mukös
               anmutend konfiguriert sein.
            
            Eine adäquate Schmerztherapie ist für Patienten mit
               aggressiver Fibromatose erforderlich. Emori et al. konnten in einer Sammlung
               von 16 Fällen zeigen, dass der Desmoid-Tumor-assoziierte Schmerz mit
               einer Überexpression an Cyclooxygenase 2 assoziiert ist [346].
            
            Grundsätzlich ist die vollständige chirurgische Resektion
               Therapie der Wahl. Aufgrund der anatomischen Nähe zu kritischen
               Strukturen kann bei Lokalisation im Sinunasaltrakt eine systemische
               medikamentöse Therapie (Anti-Östrogen-Therapie,
               nichtsteroidale Antiphlogistika), Chemotherapie
               (Vinblastin/Vinorelbine, pegyliertes liposomales Doxorubicin),
               Tyrosin-Kinase.Inhibitoren (z. B. Imatinib, Sorafenib) oder eine
               Radiotherapie zurückgegriffen werden [326]
               [343]
               [347]. Innerhalb der letzten Jahre wurde
               allerdings zunehmend eine „wait and scan“ Strategie
               propagiert, da verfügbare Daten zeigten, dass nur ein geringer
               Anteil von aggressiven Fibromatosen eine Progression aufweist [348] und diese meist innerhalb der ersten
               36 Monate nach Diagnosestellung [349].
            
            Die Prognose ist gut bei R0-Resektionen. Bei R1-Resektionen kommt es in der
               Regel innerhalb von<2 Jahren zu einem Rezidiv [350].
            
            
            
            
               2.4.2.4.2 Sinunasales Glomangioperizytom
               
            
            Das Sinunasale Glomangioperizytom ist eine Spindelzellneoplasie, die in der
               WHO-Klassifikation der Kopf-Hals-Tumore als neue Entität aufgenommen
               wurde. Zuvor wurde die Entität als sinunasales
               Hämangioperizytom bezeichnet. Innerhalb der letzten 60 Jahre war der
               Begriff Hämangioperizytom gebräuchlich, um eine Vielzahl von
               Neoplasien zu beschreiben, die ähnliche morphologische Eigenschaften
               aufwiesen. Diese Eigenschaften betrafen ca. 15% aller
               Weichgewebs-Neoplasien [351], was zu
               Konfusion bei der Etablierung eines spezifischen Therapieregimes
               führte [352]. Heute bezeichnet der
               Terminus Hämangioperizytom keine eigene Neoplasie sondern eher ein
               Wachstumsmuster, das von mehreren Neoplasien geteilt wird, die allerdings
               sehr unterschiedlich sind [353].
            
            Glomangioperizytome repräsentieren ca. 0,5% aller sinunasalen
               Neoplasien. Bisher sind etwas mehr als 100 Fälle beschrieben [352]. Der Altersgipfel liegt im 7.
               Lebensjahrzehnt mit einer leichten Prädilektion bei weiblichen
               Patienten [106].
            
            Häufigster Manifestationsort ist die Nasenhaupthöhle mit
               Ausdehnung in die angrenzenden Nasennebenhöhlen. Isolierte
               Fälle in den Nasennebenhöhlen sind selten. Das
               Glomangioperizytom tritt meist unilateral auf.
            
            Betroffen Patienten berichten von Nasenatmungsbehinderung mit
               Druckgefühl und Epistaxis. Die Beschwerdedauer bis zur Diagnose
               beträgt häufig mehr als ein Jahr [354].
            
            Makroskopisch zeigt der Tumor ein polypoides, kräftig rotes bis
               pinkes Bild. Die Oberfläche ist weich und fleischig.
               Durchschnittlich beträgt die Tumorgröße bei
               Diagnosestellung 3 cm. Mikroskopisch zeigt sich ein unbekapseltes
               Wachstum unter einer intakten Epithelschicht mit nur selten Erosionen v. a.
               bei größeren Tumoren. Charakteristisch ist ein musterloser,
               diffuser Aufbau mit partiell faszikulärer Zellanordnung, getrennt
               von Gefäßplexus aus Kapillaren bis hin zu großen
               Kavernen und eine prominente, azelluläre Hyalinisierung [106]. Zellatypien fehlen. Β-Catenin
               ist im Gegensatz zu den Desmoiden (siehe 2.4.2.4.1) in fast allen
               Tumorzellen kräftig nachweisbar [326].
            
            Glomangioperizytome wachsen langsam und weisen eine sehr gute
               Überlebensrate auf. Rezidive treten in bis zu 40% der
               Fälle auf und sind meist Folge einer unzureichenden Resektion.
               Invasives Wachstumsverhalten tritt in der Regel ab einer
               Tumorgröße über 5 cm auf [354]
               [355].
            
            Die Tumorresektion gilt trotz der geringen Fallzahlen als Therapiestandard.
               Radio- und Chemotherapie kann bei unresektablen Tumoren oder
               Fernmetastasierung zum Einsatz kommen. Adjuvante Radiotherapie ist
               möglich, um die lokale Tumorkontrolle zu verbessern. Je nach
               Ausprägung der Vaskularisation ist eine präoperative
               Embolisation empfehlenswert, um den intraoperativen Blutverlust zu
               reduzieren [356]
               [356]
               [358].
            
            
            
            
               2.4.2.4.3 Sinunasaler solitärer fibröser Tumor
               
            
            Der solitäre fibröse Tumor basiert auf einer Fusion der Gene
               NAB2 und STAT6 und weist einen fibroblastischen Phänotyp mit sich
               stark verzweigenden Gefäßstrukturen auf.
            
            Synonym wird der Begriff Hämangioperizytom oder
               Riesenzell-Angiofibrom verwendet.
            
            Der solitäre fibröse Tumor ist eine Rarität und ist
               für weniger als 0,1% aller sinunasalen Neoplasien
               verantwortlich. Vor allem Erwachsene sind betroffen ohne eindeutige
               Präferenz für ein Geschlecht [106].
            
            Der Tumor tritt hauptsächlich in der Nasenhaupthöhle auf und
               führt bei betroffenen Patienten zu Nasenatmungsbehinderung und
               Epistaxis sowie unspezifischen Beschwerden wie Druckgefühl.
            
            Makroskopisch zeigt sich ein polypoider, fest strukturierter,
               weißlicher Tumor, der aufgrund des vorgegebenen engen Raums im
               Sinunasaltrakt üblicherweise klein ist [359]
               [360]. Histologisch zeigen
               sich submukös liegende, pseudobekapselte Tumore mit variablen
               Zellformationen, darunter spindelförmige Zellformationen, die
               wahllos angeordnet erscheinen. Die Gefäße sind
               sternförmig bis hirschgeweihartig angeordnet [106]
               [325].
            
            Therapie der Wahl ist die vollständige Tumorresektion, welche
               üblicherweise zu einer kurativen Situation führt.
               Patientenalter über 55 Jahre, Tumorgröße
               über 15 cm, nekrotische Tumorareale und mehr als 4 Mitosen
               pro 10 hochauflösenden Gesichtsfeldern legen aggressiveres Wachstum
               nahe [361]
               [362]. Eine adjuvante Radiotherapie scheint in diesen
               Fällen v. a. bei unvollständiger Resektion und
               Lokalrezidiven als zusätzliche Behandlung möglich zu sein
               [363]. Die Effizienz dieser Therapie
               ist allerdings aufgrund der extrem niedrigen Fallzahlen nicht
               abschließend zu bewerten.
            
            
            
            
               2.4.2.4.4 Epitheloides Hämangioendotheliom
               
            
            Das epitheloide Hämangioendotheliom ist eine low- bis
               intermediate-grade Neoplasie aus Zellen, die einen endothelialen
               Phänotyp, epitheloide Morphologie und ein hyalinisiertes,
               chondroides oder basophiles Stroma aufweisen [106].
            
            Betroffen sind v. a. Erwachsene. Aufgrund des extrem seltenen Auftretens und
               der schwierigen Differenzialdiagnostik ist eine Inzidenz-Abschätzung
               nur schwer möglich.
            
            Das Vorkommen im Kopf-Hals-Bereich ist sehr selten. Der Entstehungsort liegt
               meist im Weichgewebe, der Haut oder dem Knochen. Extrem selten
               können Lymphknoten als primäre Manifestationsorte vorkommen
               [364]
               [364]
               [365]
               [367].
            
            Epitheloide Hämangioendotheliome wachsen sehr langsam, infiltrieren
               umgebende Strukturen und metastasieren selten [368]. Die Symptome sind meist unspezifisch. Epistaxis kann je
               nach Lokalisation auftreten.
            
            Makroskopisch zeigt sich eine noduläre Tumormasse mit blasser, teils
               rötlicher und teils hämorrhagischer Schnittfläche.
               Histologisch zeigen sich endotheliale und histiozytäre Zellen, die
               in kurzen, fadenartigen Formationen in einem myxohyalinene Stroma angeordnet
               sind. Die mitotische Aktivität ist niedrig. Multizelluläre
               vaskuläre Kanäle können vorhanden sein. Endotheliale
               Marker sind nachweisbar (CD31, ERG, FLI1). In den meisten Fällen ist
               eine WWTR1-CAMTA1 Genfusion vorhanden [106].
            
            Die meisten Fälle verlaufen indolent. Fallberichte mit tumorbedingter
               Mortalität existieren [369]
               [369]
               [371].
            
            Die Therapie der Wahl ist die radikale Tumorresektion [372], die in bis zu 85% zu
               Rezidivfreiheit führt [373]. Eine
               medikamentöse Therapie kann kurativ oder adjuvant
               durchgeführt werden. Sie beinhaltet eine Kombination aus
               Corticosteroiden, zytotoxische Wirkstoffe, Thrombozytenaggregationshemmer
               und Antifibrinolytika und Interferon-alpha. Für Fälle, in
               denen eine R0-Resektion aufgrund hoher Morbidität nicht erreichbar
               ist, kann zudem eine Radiotherapie diskutiert werden [373]
               [374].
            
            
            
            
            
               2.4.2.5 Hämatolymphoide Tumore
               
            
            
            
               2.4.2.5.1 Extranodales NK/T-Zell Lymphom
               
            
            Das extranodale NK/T-Zell Lymphom ist ein extranodales Lymphom mit
               zytotoxischem Phänotyp und einer zwingenden Assoziation mit dem
               Epstein-Barr-Virus. Synonym werden die Begriffe angiozentrisches Lymphom und
               letales Mittellinien-Granulom verwendet.
            
            Das Malignom hat eine höhere Prävalenz in Südostasien
               und der indigenen Bevölkerung von Mexiko und Zentral- sowie
               Südamerika. Hier repräsentiert es bis zu 10% der
               Non-Hodgkin Lymphome. Im Gegensatz hierzu ist dieser Anteil in Nordamerika
               und Europa unter 1%. Die Prävalenz der Erkrankung wird in
               Europa auf unter 9:1 000 000 Einwohner geschätzt
               [375].
            
            Das extranodale NK/T-Zell Lymphom wächst destruierend im
               oberen Aerodigestivtrakt und manifestiert sich in der
               Nasenhaupthöhle, den Nasennebenhöhlen und entlang des
               Waldeyerschen Rachenrings [106].
            
            Erste Symptome sind Nasenatmungsbehinderung und Epistaxis. Das infiltrative
               Wachstum führt häufig zu Perforationen des Nasenseptums oder
               des harten Gaumens und zu Einwachsen in die Haut, an der bei Durchbruch
               ulzerierende Läsionen entstehen. Bei Lokalisation innerhalb der
               Nasennebenhöhlen können Symptome einer chronischen
               Rhinosinusitis die eigentliche Erkrankung kaschieren [106]. Funktionseinschränkungen
               stellen sich bei okulärer oder zerebraler Infiltration ein.
            
            Histopathologisch zeigt sich ein diffus in das Gewebe infiltrierender Tumor
               mit angiozentrischem bzw. angioinvasivem Wachstumsmuster und großen
               Tumornekrose-Arealen. Die neoplastischen Zellen variieren in
               Größe und Anzahl der irregulär geformten Zellkerne.
               Immunhistochemisch exprimiert der Tumor CD3, zytotoxische Marker und CD56
               [376]
               [377].
            
            Aufgrund der strikten EBV-Assoziation und der klaren ethnischen
               Prädisposition wird ein Gendefekt der Immunantwort betroffener
               Patienten gegenüber einer EBV-Infektion vermutet [378]
               [379].
            
            Die Prognose ist im Vergleich zu anderen T-Zell Lymphomen schlecht mit einer
               medianen Überlebensrate von 7,8 Monaten und einer 5-Jahres
               Überlebensrate von 40% [15]. Die plasmatische EBV-DNA Last ist von diagnostischer und
               prognostischer Signifikanz. Sie wurde zusammen mit den PET CT Ergebnissen in
               die prognostischen Algorithmen integriert [106]
               [380]. Aktuelle
               Chemotherapieregimes erreichen langfristige Remissionen in
               70–80% der Fälle in Stadium I/II und ca.
               50% in Stadium III/IV [381]
               [382].
            
            
            
            
               2.4.2.5.2 Extraossäres Plasmozytom
               
            
            Das extraossäre Plasmozytom stellt eine raumfordernde Proliferation
               monoklonaler Plasmazellen mit extraossärer Manifestation ohne das
               zugrundeliegende multiple Myelom dar. Wichtig ist die Unterscheidung von
               B-Zell Lymphomen mit plasmozytischer/plasmablastischer
               Differenzierung, speziell vom MALT Lymphom und dem plasmoblastischen Lymphom
               [106].
            
            Das mediane Patientenalter bei Diagnosestellung beträgt ca. 60 Jahre
               und es besteht eine erhöhte Prävalenz bei Patienten
               männlichen Geschlechts (m:w=3–4:1) [106]
               [383]
               [384].
            
            Ca. 80% der extraossären Plasmozytome manifestieren sich
               innerhalb der oberen Atemwege, vorwiegend der Nasenhaupthöhle und
               den Nasennebenhöhlen. Die weltweite Inzidenz wird auf 0,021 bis
               4:100 000 Einwohner geschätzt [385].
            
            Klinisch zeigen sie solitäre Raumforderungen, die zu
               Atemwegseinengungen, Epistaxis, Gesichtsschmerzen, chronisch sinunasalen
               Beschwerden mit Rhinorrhoe und je nach Infiltration zu
               Hirnnervenausfällen und einer Protrusio bulbi führen
               können.
            
            Unter 25% der Patienten weisen ein monoklonales Serum-Paraprotein
               auf, typischerweise vom IgA-Typ. Diagnostische Merkmale des multiplen
               Myeloms fehlen [386]
               [387].
            
            Histologisch kann eine diffuse Infiltration gut, mittelgradig oder nur gering
               differenzierter Plasmazellen und gelegentlich Amyloidablagerungen
               festgestellt werden. Mittelgradig und gut differenzierte extraossäre
               Plasmozytome müssen von B-Zell Lymphomen, insbesondere vom MALT
               Lymphom mit extensiver plasmozytischer Differenzierung abgegrenzt werden.
               Gering differenzierte extraossäre Plasmozytome sind von
               plasmoblastischen Lymphomen zu differenzieren [388]
               [389]. Die Zellen
               exprimieren häufig Merkmaler einer plasmozytischen Differenzierung
               (C138, C38, VS38, MUM1/IRF4) [390]. Monotypische Immunglobulin Leichtketten können
               typischerweise festgestellt werden.
            
            Therapie der Wahl ist die lokale Radiotherapie, welche eine wesentlich
               bessere Prognose als bei multiplem Myelom erbringt. Die
               krankheitsspezifische 5- und 10-Jahres Überlebensrate wird in der
               aktuellen Literatur mit bis zu 82 bzw. 76% angegeben [391]
               [391]
               [393]. Lokalrezidive oder
               Versprengung in andere extraossäre Lokalisationen sind
               möglich. Circa 15% der Patienten entwickeln im Verlauf ein
               multiples Myelom [383].
            
            
            
            
               2.4.2.5.3 Langerhans-Zell-Histiozytose
               
            
            Im Rahmen der Langerhans-Zell-Histiozytose (LZH) kommt es zu einer
               Proliferation und Akkumulation von Langerhans-Zellen in unterschiedlichen
               Gewebearten. Die Prävalenz in der europäischen
               Bevölkerung wird auf 1–2:100 000 geschätzt.
               Eine primäre Manifestation der LZH in der Nase, den
               Nasennebenhöhlen oder an der Schädelbasis ist noch deutlich
               seltener anzutreffen. Genaue Zahlen hierzu existieren nicht. Besonders
               häufig ist die Erkrankung bei Kindern zu finden. Der Altersgipfel
               betroffener Patienten liegt zwischen 1 und 4 Jahren [394]
               [395]. Typische Manifestationen der LZH finden sich innerhalb des
               Knochens (80%), in der Haut (35%) sowie an der Hypophyse
               (25%). Seltener betroffene Organsysteme sind Lunge, Leber und das
               hämatopoetische System (15–20%) [396]. Schwere Verläufe
               können zu einer sklerosierenden Cholangitis oder neurodegenerativen
               Veränderungen in bis zu 2% der Fälle
               führen.
            
            Bei Befall der Nase oder der Nasennebenhöhlen stellen sich zumeist
               Druckgefühl und Schmerzen über der befallenen Region ein.
               Bei Befall des Sinus frontalis oder maxillaris kann es zu Schwellungen im
               Gesichtsbereich kommen [397]. Aufgrund der
               raumfordernden Wirkung der Manifestation der LZH sind Affektionen
               benachbarter Strukturen wie z. B. dem Nervus opticus möglich
               [398].
            
            Bildmorphologisch präsentiert sich die Erkrankung mit gut
               abgrenzbaren, fast „ausgestanzt“ wirkenden
               knöchernen Läsionen und Beteiligung des angrenzenden
               Weichgewebes. Läsionen ohne knöcherne Erosionen wurden
               ebenfalls demonstriert [399]
               [400]. In einer Untersuchung von 163
               Patienten mit LZH konnte in 55% der Fälle eine
               magnetresonanztomografische Beteiligung der Nasennebenhöhlen oder
               der Mastoide diagnostiziert werden [401].
            
            Aktuelle Studien haben gezeigt, dass bei Patienten mit disseminierter
               Erkrankung eine BRAF V600E Mutation nachgewiesen werden kann, die ebenfalls
               in malignen Melanomen auftritt [402]
               [402]
               [404]. Die Möglichkeit einer Anwendung einer „Targeted
               Therapy“ mit Inhibitoren, die bereits im Rahmen eines Malignen
               Melanoms verwendet werden, wird derzeit untersucht. Nicht zuletzt aufgrund
               dieser Mutation bleibt die Debatte, ob es sich bei der LZH um eine maligne
               Erkrankung mit variierender klinischer Manifestation handelt, bestehen.
            
            Aufgrund der nicht gänzlich geklärten Pathogenese der LZH ist
               die Therapie empirisch und hängt von der jeweiligen Manifestation
               und dem Grad des systemischen Befalls ab. Die Diagnose wird über
               eine Gewebeprobe gesichert. Die Exzision oder Kürettage befallener
               Areale kann eine effektive Therapie für unifokale Manifestationen
               sein [405]. Die Prognose ist bei
               unifokaler Manifestation gut. Die Gabe von 125 mg Methylprednisolon
               wird aufgrund der inhibitorischen Wirkung auf die Osteolyse empfohlen.
               Radiotherapie wird vorwiegend bei Rezidiven eingesetzt. Bei systemischem
               Befall mit multifokaler Ausbreitung ist die Prognose deutlich schlechter.
               Therapeutisch werden medikamentöse Therapien mit Vinblastin,
               Prednison, Etoposid und Methotrexat in verschiedenen Kombinationen verwendet
               [406].
            
            
            
            
            
               2.4.2.6 Neuroektodermale und melanozytäre Tumore
               
            
            
            
               2.4.2.6.1 Ewing-Sarkom, primitiver neuroektodermaler Tumor
               
            
            Das Ewing Sarkom und der primitive neuroektodermale Tumor sind primitive,
               rund-/kleinzellige high-grade Sarkome mit variabler
               neuroektodermaler Differenzierung. Charakteristisch ist eine Translokation
               zwischen dem EWSR1 Gen und Chromosom 22 sowie einem Mitglied der
               ETS-Transkriptionsfamilie [106].
            
            Synonym werden die Begriffe peripherer neuroektodermaler Tumor, peripheres
               Neuroepitheliom, peripheres Neuroblastom oder adultes Neuroblastom
               verwendet.
            
            Ewing Sarkome und primitive neuroektodermale Tumore manifestieren sich nur in
               2–10% der Fälle im Kopf-Hals-Bereich und weisen eine
               höhere Inzidenz beim männlichen Geschlecht auf. Vorwiegend
               sind Kinder und junge Erwachsene betroffen [106].
            
            Manifestationen im Kopf-Hals-Bereich sind Schädel- und Kieferknochen,
               deutlich weniger sind die Nasennebenhöhlen oder die
               Nasenhaupthöhle betroffen. Häufigster Manifestationsort des
               Sinunasaltrakts ist der Sinus maxillaris und die Nasenhaupthöhle.
               Infiltrationen in die Orbita oder nach intrakraniell sind möglich
               [407]
               [408]. [Abb. 15] zeigt die
               magnetresonanztomografische Darstellung des Schädels eines
               9-jährigen Patienten, der durch eine Abduzensparese linksseitig
               aufgefallen war.
            
             Abb. 15Ewing Sarkom der Schädelbasis links, ausgehend vom Sinus
                  sphenoidalis mit intrakranieller Infiltration.
                  Abb. 15Ewing Sarkom der Schädelbasis links, ausgehend vom Sinus
                  sphenoidalis mit intrakranieller Infiltration.
            
            
            
            Schmerzen, progrediente Schwellungen, Nasenatmungsbehinderung mit raschem
               Progress sind typische Symptome betroffener Patienten.
            
            Makroskopisch zeigen sich polypoide oder multilobuläre,
               grau/weißliche, teils hämorrhagische Tumore mit
               Ulcerationen. Histologisch ist ein ausgesprochen zellulärer Tumor
               mit diffusem bis lobulärem Wachstum und trabekulärem oder
               strangartigem Aufbau festzustellen. Einheitliche kleine Zellen mit runden
               bis ovalen Zellkernen, diskretes nukleäres Chromatin, blasses
               Zytoplasma und undeutliche Zellgrenzen sind weitere Merkmale. Die mitotische
               Aktivität ist mit 5–10 Mitosen pro hochauflösenden
               10 Gesichtsfeldern variabel ausgeprägt [106]. In 90–95% der Fälle existiert eine
               konsistente, reziproke Translokation zwischen den EWSR1 Gen auf Chromosom 22
               und dem FLI1 Gen auf Chromosom 11 [409].
            
            Neben der MRT und CT ist die PET-CT zum Staging empfohlen, um
               Fernmetastasierung auszuschließen bzw. korrekt zu lokalisieren und
               das eventuell erforderliche chirurgische Vorgehen besser planen zu
               können [410]. Sofern
               möglich, ist eine Exzision des Befundes mit ausreichendem
               Sicherheitsabstand anzustreben. Obwohl Ewing Sarkome als strahlensensitiv
               eingestuft werden, ist die Anzahl von Patienten, die innerhalb der letzten
               30 Jahre primär radiotherapiert wurden, stetig gesunken. Ein Grund
               hierfür ist die Spättoxizität und das Risiko von
               sekundären Malignomen nach Radiotherapie, da besonders Kinder von
               der Erkrankung betroffen sind. Die Modifikation von Chemotherapien hat
               innerhalb der letzten Jahrzehnte die Überlebensraten von
               ursprünglich ca. 10% deutlich erhöht. Die derzeitige
               5-Jahres Überlebensrate für sinunasale
               Ewing-Sarkome/primitive neuroektodermale Tumore ohne Metastasierung
               liegt bei 50–75% und ist damit besser als für andere
               Lokalisationen [408]
               [411]. Chemotherapie-Schemata sind VACA
               (Vincristin, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Actinomycin), VAIA (Ifosfamid
               anstelle von Cyclophosphamid) oder EVAIA (zusätzlich Etoposid) und
               VIDE (ohne Actinomycin). Trotz der guten Prognoseentwicklung ist das Outcome
               von Patienten mit Metastasen deutlich schlechter [412].
            
            
            
            
               2.4.2.6.2 Olfaktoriusneuroblastom
               
            
            Olfaktoriusneuroblastome sind maligne neuroektodermale Neoplasien.
               Entsprechend ihrer Genese sind sie häufig in den kranialen Anteilen
               der Nasenhaupthöhle entlang der Regio olfactoria lokalisiert.
               Synonym wird der Begriff Aesthesioneuroblastom verwendet.
            
            Die Inzidenz wird mit ca. 4:10 000 000 angegeben. Insgesamt
               repräsentiert die Entität ca. 3% aller
               Nasennebenhöhlenmalignome [106]
               [413]. Das Alter
               betroffener Patienten reicht in den in der Literatur beschriebenen
               Fällen von 2 bis 90 Jahren mit einem Altersgipfel zwischen dem 5.
               und 6. Lebensjahrzehnt. Männer sind häufiger betroffen
               (1,2:1). Eine ethnische oder familiäre Prädilektion
               existiert nicht.
            
            Der Tumor kann sich entlang der Lamina cribrosa, dem medialen Anteil der
               mittleren Nasenmuschel oder dem kranialen Anteil des Nasenseptums
               manifestieren. Ursprungsorte sind das vomeronasale Organ, das Ganglion
               sphenopalatinum, entsprechend der Embryologie die olfaktorische Plakode oder
               der Nervus terminalis, der die Ethmoidspalte des anterioren Anteils der
               Lamina cribrosa ausfüllt [414].
               Ektope Manifestationen im Siebbein sind möglich, allerdings extrem
               selten für alle anderen Sinus [415]
               [416]. Aufgrund des
               Entstehungsortes ist die Schädelbasis grundsätzlich in das
               Tumorgeschehen involviert.
            
            Initial weisen Olfaktoriusneuroblastome häufig Beschwerden auf, die
               denen gutartiger Läsionen ähneln, weshalb es häufig
               zu einer späten Diagnosestellung kommt. Nasenatmungsbehinderung und
               gelegentlich Epistaxis werden von den Patienten berichtet. Cephalgien,
               Rhinorrhoe, Epiphora und Visusstörungen sind Symptome eines bereits
               ausgedehnteren Tumorwachstums. Die Anosmie ist trotz der Lokalisation an der
               Lamina cribrosa mit<5% selten. Paraneoplastische Syndrome
               treten in ca. 2% der Fälle auf.
            
            Klinisch präsentiert sich eine Tumormasse, die von der Lamina
               cribrosa ausgeht und sich über weite Teile dieser erstreckt. Meist
               ist das Tumorwachstum unilateral und imponiert polypoid, weich mit
               rot-grauer Oberfläche bei intakter Mucosa. Computer- und vor allem
               Magnetresonanztomografie ermöglichen die Ausdehnungsbestimmung
               ([Abb. 16]) und Darstellung einer
               Infiltration der Orbita, was beispielhaft an [Abb. 17] zu erkennen ist.
            
             Abb. 16 Links: Koronare T1-gewichtete MRT-Darstellung eines
                  Olfaktoriusneuroblastoms. Zu erkennen ist die intrakranielle
                  Infiltration der linken Frontobasis. Rechts: Koronare T2-gewichtete,
                  intraoperative MRT nach Resektion des Olfaktoriusneuroblastoms. Die
                  Rekonstruktion der Rhinobasis ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht
                  erfolgt.
                  Abb. 16 Links: Koronare T1-gewichtete MRT-Darstellung eines
                  Olfaktoriusneuroblastoms. Zu erkennen ist die intrakranielle
                  Infiltration der linken Frontobasis. Rechts: Koronare T2-gewichtete,
                  intraoperative MRT nach Resektion des Olfaktoriusneuroblastoms. Die
                  Rekonstruktion der Rhinobasis ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht
                  erfolgt.
            
            
            
             Abb. 17 Koronare T1-gewichtete MRT-Darstellung eines
                  Olfaktoriusneuroblastoms mit Verdrängung und beginnender
                  Infiltration des orbitalen Inhalts (roter Pfeil).
                  Abb. 17 Koronare T1-gewichtete MRT-Darstellung eines
                  Olfaktoriusneuroblastoms mit Verdrängung und beginnender
                  Infiltration des orbitalen Inhalts (roter Pfeil).
            
            
            
            Es existieren verschiedene Staging-Systeme (Kadish [417], Morita [418] und nach TNM [419]), wobei
               die Einteilung nach Kadish die weiteste Verbreitung zeigt.
            
            Olfaktoriusneuroblastome werden in low grade- und high
               grade-Entitäten unterteilt. Low grade Olfaktoriusneuroblastome
               zeigen scharf demarkierte, submukös wachsende Zellnester, die oft
               durch vaskuläres oder hyalinisiertes Bindegewebe voneinander
               getrennt sind. Sogenannte Homer Wright Rosetten/Pseudorosetten, in
               denen sich neoplastische Zellen palisadenartig um die zentral liegende
               neurale Matrix verteilen, sind charakteristisch. High grade
               Olfaktoriusneuroblastome zeigen Tumornekroseareale, Pleomorphismen, eine
               gesteigerte Mitoserate sowie ein weniger offensichtliches lobuläres
               Wachstum [106].
            
            Das bekannteste Grading-System stammt von Hyams et al. [420]. In diesem wird je nach
               Differenzierungsgrad zwischen Grad I (hochdifferenziert) und Grad IV
               (niedrig differenziert) unterschieden. Kriterien sind Tumorarchitektur,
               mitotische Aktivität, nukleäre Polymorphismen,
               fibrilläre Matrizen und Rosetten, Nekroseareale, glanduläre
               Proliferation und Kalzifikationen.
            
            In einer 2009 publizierten Arbeit von Mao et al. konnte gezeigt werden, dass
               der PTCH1, GLI1 und GLI2 Signalweg in die Pathogenese der
               Olfaktoriusneuroblastome involviert sind, was eine zentrale Rolle des Sonic
               Hedgehog Signalwegs nahelegt [421].
            
            Primäre Therapieoption ist die Tumorresektion, gefolgt von einer
               lokalen Radiotherapie. Entgegen der traditionellen, 1963 erstmals
               beschriebenen kraniofazialen Resektion [422] wird heute die endoskopische Resektion des Tumors
               favorisiert. Entgegen der ursprünglichen Annahme, dass nur die
               en-bloc-Resektion des Tumors langfristige Rezidiv-Freiheit gewähren
               könnte, zeigen endoskopische Verfahren ein ähnlich gutes
               onkologisches Outcome bei allerdings deutlich weniger invasiven Eingriffen
               [423]. Fortgeschrittenes Tumorwachstum
               kann zusätzlich eine Chemotherapie erforderlich machen. High grade
               Tumore nach Hyams sprechen hierauf besser an, weshalb in
               Einzelfällen auch eine Induktions-Chemotherapie diskutiert werden
               kann [424].
            
            Eine Meta-Analyse von Dulguerov et al analysierte die
               Krankheitsverläufe in Abhängigkeit der Therapieschemata und
               zeigte das beste Outcome für Patienten, die eine Tumorresektion
               gefolgt von einer lokalen Radiotherapie erhalten hatten. Patienten dieser
               Gruppe zeigten eine 2-Jahres Überlebensrate von 65%,
               verglichen mit 48 und 37% bei alleiniger Tumorresektion bzw.
               alleiniger Radiotherapie [425]. Aktuelle
               Studienergebnisse zeigen zudem ein signifikant verbessertes
               krankheitsspezifisches Überleben für Patienten im Stadium
               T3/T4, bei denen eine Tumorresektion und Strahlentherapie
               durchgeführt wurde, im Vergleich zu einer alleinigen chirurgischen
               Therapie [426].
            
            
            
            
               2.4.2.6.3 Maligne Schleimhautmelanome
               
            
            Schleimhautmelanome sind maligne Neoplasien, die aus Melanozyten der
               Schleimhaut entstehen und die sich biologisch von kutanen Melanomen
               unterscheiden. Die Ätiologie ist unbekannt.
            
            Schleimhautmelanome sind für weniger als 1% aller malignen
               Melanome verantwortlich [427] und
               repräsentieren ca. 4% aller sinunasalen Tumore. Die
               Altersspanne ist weit gefächert und weist einen Altersgipfel
               innerhalb des 7. Lebensjahrzehnts auf [106].
            
            Häufigster Manifestationsort ist die Nasenhaupthöhle mit dem
               Nasenseptum und deutlich seltener der Nasopharynx oder Sinus maxillaris
               [428]
               [429]. Aufgrund der Abschirmung von Sonneneinstrahlung scheint das
               sinunasale Schleimhautmelanom eine unterschiedliche Biologie
               gegenüber dem kutanen malignen Melanom zu besitzen. Etwa 20%
               der betroffenen Patienten weisen bei Diagnosestellung multifokale Herde auf,
               etwa 40% der diagnostizierten Melanome sind amelanotisch [430].
            
            Maligne Schleimhautmelanome können sich als plane, pigmentierte
               Schleimhautveränderungen ([Abb.
                  18]) oder als polypöse, raumfordernde Tumorformationen
               präsentieren ([Abb. 19] und [ 20]). Symptome bei der Erstvorstellung
               sind häufig Epistaxis und Obstruktion der Nase bzw.
               Nasenatmungsbehinderung. Derart unspezifische Beschwerden führen
               häufig zu einer Diagnosestellung in höheren
               Tumorstadien.
            
             Abb. 18 Malignes Schleimhautmelanom vor dem Ansatz der
                  mittleren Muschel unmittelbar unterhalb und vor dem Agger nasi
                  rechts. Es zeigt sich eine pigmentierte, nicht erhabene
                  Schleimhautveränderung.
                  Abb. 18 Malignes Schleimhautmelanom vor dem Ansatz der
                  mittleren Muschel unmittelbar unterhalb und vor dem Agger nasi
                  rechts. Es zeigt sich eine pigmentierte, nicht erhabene
                  Schleimhautveränderung.
            
            
            
             Abb. 19 Malignes Schleimhautmelanom der unteren Nasenmuschel
                  sowie der lateralen Nasenwand links. Am Muschelkopf zeigt sich ein
                  polypös anmutendes Tumorwachstum.
                  Abb. 19 Malignes Schleimhautmelanom der unteren Nasenmuschel
                  sowie der lateralen Nasenwand links. Am Muschelkopf zeigt sich ein
                  polypös anmutendes Tumorwachstum.
            
            
            
             Abb. 20 Malignes Schleimhautmelanom der
                  Nasenhaupthöhlen-Schleimhaut links mit polypös
                  anmutendem Wachstum.
                  Abb. 20 Malignes Schleimhautmelanom der
                  Nasenhaupthöhlen-Schleimhaut links mit polypös
                  anmutendem Wachstum.
            
            
            
            Makroskopisch weist das Schleimhautmelanom eine polypoide Formation auf. Es
               kann pigmentiert und brüchig bis hellbraun oder grau und fest
               konfiguriert sein [106]. Mikroskopisch
               zeigen sich häufig Ulzerationen der Schleimhautbedeckung mit
               variabler Zellmorphologie, die von epitheloiden/undifferenzierten
               Zellen zu spindelformigen, plasmazytoiden und rhabdoiden Zellen mit
               teilweisen prominenten Kernen reicht. Atypische Mitosen sind häufig
               zu beobachten. Knapp die Hälfte der Malignome können eine
               amelanotische Ausprägung zeigen, was die Anzahl der
               möglichen Differenzialdiagnosen deutlich erhöht
               (u. a. Olfaktoriusneuroblastom, Rhabdomyosarkom, Sinunasales
               undifferenziertes Karzinom, schlecht differenziertes
               Plattenepithel-Karzinom) [106].
            
            Im Gegensatz zu kutanen Melanomen sowie Aderhautmelanomen zeigen sich
               höhere Raten von KIT- und NRAS-Mutationen. BRAF Mutationen hingegen
               sind selten [431]
               [432].
            
            Entscheidend für Staging und Prognose ist die korrekte
               Differenzierung eines mukosalen Melanoms von einer sinunasalen
               Metastasierung eines kutanen malignen Melanoms. Fernmetastasierung und
               fortgeschrittenes Patientenalter sind die entscheidendsten Prognosefaktoren.
               Entsprechend der 7. Ausgabe des „Cancer Stanging Manuals des
               American Joint Committee on Cancer“ besteht im Stadium T3 und T4
               eine 5-Jahres Überlebensrate von unter 30% [433]
               [433]
               [435].
            
            Gegenwärtige Behandlungsempfehlungen befürworten die
               weiträumige lokale Exzision, sofern möglich [436]. Die Rolle der postoperativen
               Radiotherapie ist umstritten. Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2012 konnte
               keine höhere Überlebensrate feststellen [437]. Andere Studienergebnisse belegen eine
               gesteigerte 3-Jahres Überlebensrate von 18 auf 30% sowie
               eine reduzierte lokale Rezidivrate nach postoperativer Radiotherapie [438]
               [439]. Anti-PD-1 Antikörper sowie Anti-CTLA-4
               Antikörper Therapien zeigen vielversprechende Ergebnisse bei
               fortgeschrittenen oder metastasierten Schleimhautmelanomen, allerdings ist
               die Evidenz zu gering, um die klinische Anwendung zu rechtfertigen [436]
               [440].
            
            
            
            
            
               2.4.2.7 Keimzelltumore
               
            
            
            
               2.4.2.7.1 Sinunasales Teratokarzinosarkom
               
            
            Teratokarzinosarkome sind maligne Neoplasien mit histologischen Eigenschaften
               sowohl von Teratomen als auch Karzinosarkomen ohne bösartige
               Keimzellbestandteile. Die Begriffe Malignes Teratom, Blastom, Teratokarzinom
               und teratoides Karzinosarkom werden synonym verwendet.
            
            Teratokarzinosarkome sind sehr seltene Tumore, die hauptsächlich bei
               männlichen Erwachsenen auftreten (mittleres Patientenalter 60
               Jahre).
            
            Am häufigsten tritt der Tumor in der Nasenhaupthöhle, gefolgt
               von Sinus ethmoidalis und maxillaris auf. In etwa 20% der
               Fälle kann eine intrakranielle Beteiligung festgestellt werden [441].
            
            Die Diagnose stellt sich anhand des Nachweises von malignen epithelialen
               Elementen und 2 oder mehr malignen mesenchymalen Komponenten wie
               z. B. Fibroblasten, Knorpel, Knochen oder glatter Muskulatur. Diese
               Kombinationen können primitiven bronchialen oder intestinalen
               Strukturen ähneln, die im Sinonasaltrakt fremd wirken [442]. Die teratoiden Elemente sind
               wesentliche diagnostische Faktoren des sinunasalen Teratokarzinosarkoms.
               Fetal anmutendes, klarzelliges Plattenepithel und tubuläre oder
               glanduläre Formationen sind weitere Kriterien für die
               Diagnosestellung. Stammzell-Anteile sind beim Teratokarzinosarkom nicht
               vorhanden [443]
               [443]
               [444]
               [445]
               [447].
            
            Die Behandlung des sinunasalen Teratokarzinosarkoms ist aufgrund der hohen
               Malignitätsrate und der schlechten Prognose schwierig. Um
               realistische Chancen auf ein längerfristiges tumorfreies
               Überleben zu haben, wird eine radikale Tumorresektion gefolgt von
               einer Radiotherapie empfohlen [448]. In
               Fällen einer intrakraniellen Ausdehnung wurden kombinierte intra-
               und extrakranielle Herangehensweisen beschrieben, um en-bloc Resektionen zu
               realisieren [449]. Eine
               Übersichtsarbeit von Misra et al. identifizierte 5 Berichte, in
               denen die Tumorresektion endoskopisch unterstützt wurde [441]. Die Rolle einer adjuvanten
               Chemotherapie ist aufgrund nur weniger Fallberichte nicht gesichert.
               Aufgrund der extremen Seltenheit sind die Charakteristika und optimale
               Therapieschemata nicht definiert.
            
            Lymphknoten- und Fernmetastasierungen sind häufig. Die berichteten
               Überlebensraten variieren von 50–70% in
               unterschiedlichen Analysen [106]
               [441].