Kasuistik
Ein 50-jähriger Patient stellte sich mit seit 2 Monaten bestehenden, progredienten,
ring- und girlandenförmigen Erythemen vor, die mäßig juckten. Des Weiteren berichtete
er von ca. 9 kg Gewichtsverlust in den letzten 3 Monaten sowie von rezidivierenden
Fieberschüben, Heiserkeit und einer Abnahme der allgemeinen Leistungsfähigkeit. Es
bestand ein fortgesetzter Nikotinabusus mit ca. 35 Pack-years.
Hautbefund: Kachektischer Patient mit ausgedehnten, das Gesicht aussparenden, anulären, gyrierten
Erythemen, teils konzentrisch, mit Schuppenkrause der Innenseite ([Abb. 1]). Nebenbefundlich zeigte sich ein ca. 4 × 4 cm durchmessender, fleischiger, zentral
ulzerierter Tumor am linken Oberbauch. Plantar beidseits zeigten sich Hyperkeratose
und putride, schlaffe Bullae.
Abb. 1 Klinisches Bild der gyrierten Erytheme am linken Arm.
Im Rahmen der Diagnostik erfolgte eine histologische Untersuchung ([Abb. 2]) der Erytheme und des Tumors am linken Unterbauch. Dabei zeigt sich eine orthokeratotische,
korbgeflechtartig verhornende, papillomatös gefältelte Epidermis mit fokaler Spongiose.
Zudem kommt ein oberflächliches perivaskuläres, lymphozytäres Infiltrat zur Ansicht,
dem eosinophile Granulozyten beigemengt sind. Diese zeigen sich fokal auch intraepidermal.
In der Biopsie des Tumors erkennt man adenoid differenzierte Tumorzellen, die keine
Verbindung zur Epidermis haben.
Abb. 2 Histologie, Hämatoxylin-Eosin Färbung (10 × 10): Erythema gyratum repens.
Zudem erfolgte eine Bildgebung mittels Computertomografie. Darin kam ein infrakarinaler
Tumor von 3,6 × 2,5 cm zur Darstellung ([Abb. 3]), der im Verlauf als Adenokarzinom der Trachea identifiziert wurde. Des Weiteren
zeigte sich eine ausgedehnte viszerale und ossäre Metastasierung.
Abb. 3 Histologie, Hämatoxylin-Eosin Färbung (10 × 10): Metastase eines Adenokarzinoms als
Ursache für das beschriebene Erythema gyratum repens.
Die Autoimmundiagnostik zum Ausschluss eines paraneoplastischen Pemphigus blieb unauffällig.
In der hochpalliativen Gesamtsituation erhielt der Patient eine platinhaltige Chemotherapie
in Kombination mit einer Strahlentherapie, verstarb jedoch 6 Monate nach Diagnosestellung
an seiner Tumorerkrankung.
Diskussion
Das Erytherma gyratum repens wurde von Gammel 1952 [1] erstbeschrieben, ist zu 82 % mit einem viszeralen Malignom assoziiert und tritt
häufig auf, ehe die Neoplasie manifest wird. Bei etwa einem Drittel der Patienten
ist es mit einem Tumor des Bronchialsystems, seltener (8 %) mit einem Ösophagus- oder
einem Mammakarzinom (6 %) assoziiert. In den wenigen nicht-paraneoplastischen Fällen
konnte eine Verbindung zu einer Tuberkulose, einem CREST-Syndrom oder einer bullösen
Dermatose hergestellt werden. Zudem kann eine Mycosis fungoides, eine Pityriasis rubra
pilaris oder eine Arzneireaktion ein Erythema gyratum repens imitieren. Andere figurierte
Erytheme müssen differenzialdiagnostisch bedacht werden [2]
[3].
Zahlreiche obligate kutane Paraneoplasien sind in der Dermatologie bekannt, deren
Kenntnis ein wichtiger und wertvoller Baustein ist, viszerale Malignome frühzeitig
zu erkennen. Ebenso stellen sie die Bedeutung der Dermatologie als interdisziplinäres
Fach heraus.