Simonovich VA.
et al.
A Randomized Trial of Convalescent Plasma in Covid-19 Severe Pneumonia.
N Engl J Med 2020;
DOI:
10.1056/NEJMoa2031304
Zahlreiche Beobachtungen sprachen für die Wahrscheinlichkeit, dass Antikörper von
ehemaligen Patienten die klinischen Verläufe schwerer SARS-CoV-2-Infektionen verbessern
und sich möglicherweise auch positiv auf die Mortalität auswirken. Die argentinische
Arbeitsgruppe wollte diese Ergebnisse unterfüttern und hatte den klinischen Befund
an Tag 30 nach den Infusionen als primären Endpunkt. Die Beurteilung erfolgte mit
einer 6-Punkte-Ordinalskala, wobei 1 Tod und 6 Entlassung bei vollständiger Genesung
entsprach.
Insgesamt 334 Erwachsene mit PCR-belegter COVID-19 und radiologisch bestätigter Pneumonie
waren in stationärer Behandlung. Die Betroffenen erfüllten ≥ 1 weiteres Einschlusskriterium:
-
Sauerstoffsättigung < 93 %,
-
inspiratorische Sauerstofffraktion < 300 mmHg,
-
sequenzielles Organversagen (SOFAScore) und
-
progrediente Organinsuffizienz ≥ 2 Punkte (mSOFA).
Die etablierte SOFA-Klassifikation diente der Beurteilung eines Organversagens bei
Sepsis und schloss die bepunktete und wiederholte Einordnung der aktuellen Organfunktionen
ein. Patienten, die bereits bei der Randomisierung ein Multiorganversagen hatten oder
eine maschinelle Beatmung brauchten, waren von der Studie ausgeschlossen.
Die Patienten waren median 62 Jahre alt und 67,6 % waren Männer. Fast zwei Drittel
wiesen Begleiterkrankungen auf. Eine Sauerstoffsättigung < 93 % war die häufigste
Indikation für die stationäre Aufnahme, und > 90 % der Erkrankten bekamen Sauerstoff
und Kortikosteroide. In der Studie erhielten 228 Patienten Rekonvaleszentenplasma
und 105 Placebo, wobei eine Medikation mit Kortikosteroiden und antiviralen Wirkstoffen
fortgesetzt werden durfte. Das Plasma stammte von Donatoren mit einem Antikörpertiter
≥ 1:400 und wurde als Pool-Präparat von 2–5 Spendern verabreicht (500 ml; Titer ≥ 1:800).
Die fertigen Präparate enthielten median 1:3200 SARS-CoV-2-Antikörper.
An Tag 30 bestand kein signifikanter Unterschied im klinischen Ergebnis. Unter Berücksichtigung
des Geschlechts, einer vorbekannten chronisch obstruktiven Lungenerkrankung und eines
Nikotinabusus reduzierte das Rekonvaleszentenplasma verglichen mit Placebo weder ungünstige
Verläufe noch die Sterblichkeit:
-
klinisches Ergebnis OR 0,92 (95 %-KI 0,59–1,42; p = 0,70) und
-
Mortalität 10,96 vs. 11,43 % (Risikodifferenz –0,46 %).
Die Krankheitsverläufe unterschieden sich an Tag 7 und Tag 14 nach der Plasmainfusion
nicht wesentlich. Die Zeit bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus betrug median 13
vs. 12 Tage. Eine Behandlung auf der Intensivstation war bei 53,9 vs. 60 % und eine
maschinelle Beatmung bei 26,85 vs. 22,9 % erforderlich. Ferritin und D-Dimere wiesen
keine Gruppenunterschiede auf. Zwei Tage posttherapeutisch hatten Patienten der Verumgruppe
mehr SARS-CoV-2-Antikörper als die Placebogruppe. An Tag 7 und 14 bestanden keine
Unterschiede mehr. Subgruppenanalysen ergaben keine zusätzlichen Erkenntnisse.
Insgesamt kamen unerwünschte Wirkungen in den Gruppen in vergleichbarer Häufigkeit
vor. Infusionsassoziierte Nebenwirkungen traten nach Plasmatransfusionen öfter auf
(4,8 vs. 1,9 %). Dabei handelte es sich um nicht hämolytische Fieberreaktionen. Für
Interaktionen mit der konkurrierenden Medikation ergaben sich keine Hinweise. Günstigere
Verläufe bei Patienten < 65 Jahre in der Placebogruppe waren nach zusätzlichen Analysen
eher Zufallsbefunde.
Rekonvaleszentenplasma hatte in der PlasmAr-Studie bei schweren COVID-19-Pneumonien
keinen signifikanten Zusatznutzen. Damit kontrastierten die Ergebnisse die Resultate
von Beobachtungsstudien. Die Autoren betonen die besondere Notwendigkeit weiterer
randomisierter Untersuchungen und glauben zum jetzigen Zeitpunkt, dass die Therapie
mit Genesenenplasma als Standardbehandlung neu bewertet werden sollte. Simonovich
et al. empfehlen darüber hinaus Studien mit anderen Produkten, z. B. monoklonalen
SARS-CoV-2-Antikörpern.
Dr. med. Susanne Krome, Melle