Ramakrishnan S.
et al.
Inhaled budesonide in the treatment of early COVID-19 (STOIC): a phase 2, open label,
randomised controlled trial.
Lancet Respir Med 2021;
DOI:
10.1016/S2213-2600(21)00160-0
In die prospektive STOIC (Steroids in COVID-19)-Phase-II-Studie aus Großbritannien
wurden zwischen Juli und Dezember 2020 insgesamt 146 erwachsene Patientinnen und Patienten
mit beginnender typischer COVID-19-Symptomatik aufgenommen (Husten, Fieber, Störungen
des Geruchssinns). Die Symptome bestanden im Median seit 3 Tagen. Es erfolgte eine
Open-label-1:1-Randomisierung in 2 parallele Behandlungsgruppen: Die Patienten der
einen Gruppe erhielten eine Tagesdosis von 1600 μg (2-mal 2 Sprühstöße à 400 μg) inhalatives
Budesonid, während in der Vergleichsgruppe keine spezifische Intervention erfolgte.
Dabei wurde eine Stratifizierung der Kohorte nach Alter (≤ 40 Jahre bzw. > 40 Jahre),
Geschlecht sowie Anzahl der Komorbiditäten vorgenommen. Das mittlere Alter lag in
der Budesonid-Gruppe bei 44 und in der Vergleichsgruppe bei 46 Jahren. Die Patientenrekrutierung
für die Studie wurde aufgrund eines nationalen Lockdowns vorzeitig gestoppt. Primärer
Endpunkt der Untersuchung war die Rate der Patienten, die aufgrund einer Zustandsverschlechterung
im Verlauf eine Notaufnahme aufsuchten bzw. hospitalisiert wurden.
Alle Studienteilnehmer erhielten zu Studienbeginn sowie nach 7 und 14 Tagen Nasopharyngealabstriche
für eine Virusgenom-PCR und wurden bis zum Symptomende bzw. bis zum Auftreten eines
primären Endpunktereignisses täglich telefonisch kontaktiert. Dabei wurden jeweils
die aktuelle Sauerstoffsättigung, die Körpertemperatur und etwaige klinische Probleme
erfragt. Die Symptomatik wurde von den Studienteilnehmern in einem Patiententagebuch
dokumentiert und systematisch außerdem in Fragebögen erfasst. Die Behandlung mit Budesonid
erfolgte für die Dauer der Symptome aus Patientensicht; im Median wendeten die Patienten
das Medikament über einen Zeitraum von 7 Tagen an. Nach 28 Tagen war eine Abschlussuntersuchung
vorgesehen.
In der Intention-to-treat-Analyse erreichten in der Vergleichsgruppe 15 % der Patienten
den primären Endpunkt, während dies in der Interventionsgruppe nur bei 3 % der Fall
war (difference in proportion 0,123; 95 %-KI 0,033–0,213). Bei den nach Protokoll
behandelten Patienten (n = 139) kam es in 14 % vs. 1 % der Fälle zu einem primären
Endpunktereignis (difference in proportion 0,131; 95 %-KI 0,043–0,218); dies entspricht
einer relativen Risikoreduktion von 91 %. Nur 8 Patienten mussten mit Budesonid behandelt
werden, um einen Patienten vor der notfallmäßigen Vorstellung bzw. Hospitalisierung
zu bewahren. Darüber hinaus wurde unter der Behandlung mit Budesonid eine Verkürzung
der medianen Symptomdauer von 8 auf 7 Tage beobachtet, und die Anzahl der Fiebertage/Häufigkeit
der Anwendung antipyretischer Medikamente sowie das Risiko, nach 14 bzw. 28 Tagen
noch unter COVID-19-Symtomen zu leiden, wurde verringert. Die in der PCR gemessene
Viruslast im Verlauf war hingegen in beiden Studiengruppen vergleichbar. Die Nebenwirkungen
von Budesonid waren überschaubar und selbstlimitierend (Halsschmerzen, Schwindel).
Die Daten passen zu Ergebnissen aus In-vitro-Studien, in denen durch inhalative Glukokortikoide
eine Replikationshemmung von SARS-CoV-2 in den Epithelzellen der Atemwege bzw. eine
Herunterregulierung von ACE2-Rezeptoren und TMPRSS2-Proteasen erreicht werden konnte,
die für den Zelleintritt der Coronaviren notwendig sind, so die Autoren.
COVID-19-Erkrankungen beginnen i. d. R. mit milden Symptomen – schwerwiegende Einschränkungen
entwickeln sich erst im Verlauf. In diesem frühen Behandlungsfenster könnte ein kostengünstiges
und weltweit etabliertes Medikament die Prognose verbessern: Inhalatives Budesonid
senkte in der aktuellen Studie das relative Risiko für eine klinische Verschlechterung
um 91 %. Darüber hinaus könnte eine Budesonid-Behandlung sogar auch vor der Entwicklung
eines Long-COVID-Syndroms schützen, so die Autoren.
Dr. Katharina Franke, Darmstadt