Anamnese
Eine 17-jährige, normgewichtige Patientin in gutem Allgemeinzustand stellte sich mit
seit mehr als 1,5 Jahren bestehenden, stark juckenden Ekzemen vor, die zu Beginn jeweils
als gerötet und quaddelförmig beschrieben wurden, im Verlauf unregelmäßige, flächige
Ekzeme bildeten und bei Abklingen braune Flecken hinterließen. Die Erscheinungen traten
initial axillär rechts mit symmetrischer Ausdehnung im Bereich des Körperstamms auf.
Intermittierende Therapieversuche mit topischen Glukokortikoiden hatten nur eine geringe,
kurzfristige Besserung erbracht. Die im Vorfeld erhobene Labordiagnostik inklusive
Borrelienserologie hatte keine pathologischen Befunde ergeben. Histopathologisch war
1 Jahr zuvor eine Interface-Dermatitis beschrieben worden. Zugleich konnten Lupus
erythematodes, Erythema anulare centrifugum sowie eine Dermatitis herpetiformis Duhring
ausgeschlossen werden. Bezüglich letzterer hatte auch die gastroenterologische Diagnostik
keinen Anhalt für eine Zöliakie ergeben. Lediglich eine Reflux-Ösophagitis Grad II
war nachgewiesen worden. Bis auf eine regelmäßige Einnahme eines Ovulationshemmers
mit Dienogest/Ethinylestradiol bestand keine Dauermedikation.
Histologischer Befund
Die histologische Untersuchung ergab eine psoriasiforme Akanthose der Epidermis, dermal
perivaskuläre, vorwiegend lymphozytäre Infiltrate mit einzelnen eosinophilen Granulozyten
und Melanophagen im Papillarkörper und im oberen Korium (siehe [Abb. 5]). Die Immunfluoreszenzuntersuchung (hier nicht abgebildet) zeigte bandförmige Fibrinpräzipitate
entlang der junktionalen Grenzzone. Immunglobulin-Präzipitate fanden sich nicht.
Abb. 4 Lumbosakral, nach 3-wöchiger Doxycyclin-Therapie: Abklingen der Rötung, aber persistierende
Hyperpigmentierung (Pfeil: hypertrophe Narbe an der Biopsie-Entnahmestelle).
Abb. 5 Histologie der Hautbiopsie: links: HE-Färbung; Mitte und rechts: Färbung mit Dioxyphenylalanin,
Übersicht und Vergrößerung des markierten Bereiches.
Labor
Labordiagnostisch wurden Differenzialblutbild, klinische Chemie, Autoimmundiagnostik,
Immunserologie, Entzündungsparameter, Proteindiagnostik, Vitamin D-, Folsäure- und
Zinkspiegel herangezogen. Die gewonnenen Laborwerte inklusive Anti-DNS-AK, ENA, HbA1C
waren normwertig bis auf folgende, mäßiggradige Abweichungen:
ANA 1:320; 25-OH-Vitamin D11 ng/ml; C1q-Fr. 7,6 μg Eq/ml, Basophile absolut 0,2 × 103/l;
Mykoplasmen-IgG i. S. (EIA) 51 RE/ml.
Die Zusammenschau der klinischen und histologischen Bilder ergab die Diagnose einer
Prurigo pigmentosa. Es wurde eine Systemtherapie mit Doxycyclin 200 mg/d p. o. für
21 Tage eingeleitet, anschließend Doxycyclin 100 mg/d p. o. für weitere 21 Tage. Es
erfolgte die Lokaltherapie mit Methylprednisolondipropionat-Creme 1 × täglich für
14 Tage sowie zusätzliche antipruriginöse Pflege mit Polidocanol-haltigen Externa
und konsequenter UV-Schutz der betroffenen Areale. Unter dieser Therapie zeigte sich
ein rasches Abklingen der pruritischen Herde. Bislang befindet sich die Patientin
in stabiler Remission mit persistierenden Hyperpigmentierungen (siehe [Abb. 2] und [Abb. 4]).
Diskussion
Die Prurigo pigmentosa tritt i. d. R. stammbetont in den seborrhoischen Arealen mit
Aussparung des Gesichts auf. Eine Schleimhaut- oder Nagelbeteiligung besteht nicht
[1]. Die klinische Manifestation ist gekennzeichnet durch symmetrisch verteilte pruritische,
initial urtikarielle, erythematöse Plaques, die im Verlauf Papeln und Papulovesikel aufweisen, gefolgt von retikulärer Hyperpigmentierung.
Es können gleichzeitig unterschiedliche Stadien vorliegen. Die wichtigsten klinischen
Differenzialdiagnosen umfassen, je nach dominierendem klinischem Bild, Erythema exsudativum
multiforme, nummuläres Ekzem, M. Darier, Lichen amyloidosus, Erythema dyschromicum
perstans (Ashy Dermatosis) sowie Papillomatosis confluens et reticularis (M. Gougerot-Carteaud). Letztere wird, im Gegensatz zur Prurigo pigmentosa, nicht von Pruritus
begleitet. Der chronische Verlauf kann sich schubweise über mehrere Monate bis Jahre
erstrecken [2]. Die in der Fachliteratur beschriebenen Fälle betreffen v. a. Patientinnen asiatischer
Herkunft mit Hauttyp III–IV (Fitzpatrick). Ein Grund hierfür könnte die bessere Kenntnis
des Krankheitsbildes im asiatischen Raum sein.
Die Bezeichnung „keto-rash“ findet sich zunehmend im englischsprachigen Raum in Laienforen
zu den Themen Diät, Muskelaufbau etc. Eine Ketose kann im Rahmen eines unkontrollierten
Diabetes mellitus oder einer ketogenen Diät mit eingeschränkter Kohlenhydrataufnahme
auftreten. Die Rolle der Ketonkörper ist dabei bislang ungeklärt. In der Fachliteratur
wird in vielen Fällen eine spontane Abheilung nach Normalisierung der Stoffwechsellage
beschrieben [3]. Rezidive können nach erneuter Stoffwechselentgleisung auftreten [4]
[5]. Zudem wurde auch ein Auftreten der Prurigo pigmentosa bei einseitiger, fettreduzierter
Diät beobachtet [6]. Bezüglich einer genetischen Prädisposition existieren bisher keine Daten.
Im vorliegenden Fall konnte kein Zusammenhang zu o. g. Faktoren eruiert werden. Bei
der Patientin war im Vorfeld zwar eine moderate Gastritis nachgewiesen worden, jedoch
keine H.pylori-Beteiligung. Die Patientin gab an, sich ausgewogen zu ernähren, ohne
diätetische Einschränkungen vor oder während der Hautmanifestationen. Die Familienanamnese
war bezüglich chronischer Haut- oder Systemerkrankungen negativ. Eine asiatische oder
mediterrane Herkunft liegt bei unserer Patientin nicht vor.
Das histologische Bild ist stadienabhängig, sodass die Kenntnis des klinischen Korrelats
für die histologische Diagnose essentiell ist. Initial finden sich dermal superfizielle
perivaskuläre und interstitielle, vorwiegend neutrophile Infiltrate, die im Verlauf
in die Epidermis aufsteigen (Epidermotropie). Hinzu kommen Abszesse, Spongiose, intra-/subepidermale
Vesikel, nekrotische Keratinozyten und neutrophile Kerntrümmer. Im weiteren Verlauf
überwiegen lichenoide lymphozytäre Infiltrate und fokale Parakeratose. Im späten Stadium
findet man in der papillären Dermis Ansammlungen von Melanophagen. Eine Pigmentinkontinenz
lässt sich in älteren Läsionen beobachten [1]
[3]
[7].
Wichtig ist die Erkennung und Behandlung vorliegender Stoffwechselstörungen oder z. B.
diätetisch bedingter Mangelerscheinungen. Therapeutisch haben sich Tetrazykline wie
Doxycyclin oder Minocyclin [8] bewährt. Deren antiinflammatorische Eigenschaften beruhen auf Interaktionen in der
Synthese und Aktivierung unterschiedlicher Entzündungsmediatoren [9]. Darüber hinaus können Tetrazykline freie Sauerstoffradikale binden und somit Gewebeschäden
reduzieren oder verhindern [9]. Weitere Therapieoptionen umfassen Makrolide [10], Isotretinoin [11] sowie DADPS (Dapson) und Sulfamethoxazol [12]. Letztere führten nach initial guter Wirkung meist zu keiner dauerhaften Remission
und weisen ein ungünstigeres Nebenwirkungsspektrum auf [13]. Typischerweise zeigen systemische und lokale Glukokortikoide auf den Krankheitsverlauf
keine oder nur geringe Wirkung, können jedoch, wie auch Antihistaminika, im akuten
Schub den teils heftigen Pruritus reduzieren. Die netzförmigen Hyperpigmentierungen
persistieren häufig auch nach erfolgreicher Therapie. Im Januar 2021 berichtete die
Patientin 3 Monate nach Abklingen der akuten Symptomatik über eine leichte spontane
Rückbildung der Hyperpigmentierungen.