Einleitung
Die Lungenbeteiligung gehört zu den häufigsten und prognostisch
wichtigsten Organmanifestationen entzündlich-rheumatischer
Systemerkrankungen. In Abhängigkeit von der zugrunde liegenden Erkrankung
können unterschiedliche pulmonale Affektionen, z. B. des
Lungenparenchyms, der Pleura, der Atemwege und/oder der
Gefäße vorliegen. Das Befallsspektrum wird von der zugrundeliegenden
Erkrankung bestimmt. Hier sind sowohl spezifische, pathognomonische Manifestationen
als auch deutliche Überschneidungen der klinischen Ausprägung bei
den einzelnen Entitäten möglich.
Eine wesentliche und besondere Rolle nehmen die interstitiellen Lungenerkrankungen
(ILD) ein, auf die sich dieser Beitrag konzentriert. ILD sind eine heterogene Gruppe
von Erkrankungen, die letztlich in einer pulmonalen Fibrose münden
können. ILD bei entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen
(CTD-ILD) stellen einen erheblichen Morbiditäts- und
Mortalitätsfaktor rheumatischer Erkrankungen dar.
Es gibt nur wenige systematische Arbeiten zur Häufigkeit von CTD-ILD, die
vorliegenden epidemiologischen Daten schwanken zum Teil erheblich. Zu den am
häufigsten mit einer ILD einhergehenden Erkrankungen zählen die
rheumatoide Arthritis (RA), die systemische Sklerose (SSc) sowie bestimmte
Verlaufsformen der idiopathischen inflammatorischen Myopathien (IIM) und
Anti-Neutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) -assoziierten
Vaskulitiden.
Die klinischen Verläufe von CTD-ILD sind nicht nur von der Grunderkrankung
selbst bestimmt, sondern auch individuell sehr unterschiedlich. Trotz bekannter
Risikofaktoren ist eine zuverlässige Prädiktion zum
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. Die Lunge kann erster und
einziger Manifestationsort und somit Ursprung erster Symptome einer
entzündlich-rheumatischen Erkrankung sein. Aber auch ein zeitlich variables,
zusätzliches Auftreten im Verlauf oder eine subklinische Manifestation sind
mögliche Ausprägungen. Darüber hinaus kann eine ILD im
Zusammenhang mit klinischen oder immunserologischen Merkmalen einer rheumatischen
Erkrankung vorhanden sein, ohne dass die Diagnose einer definierten
entzündlich-rheumatischen Systemerkrankung gestellt werden kann (zu
Forschungszwecken definiert als Interstitial Pneumonia with Autoimmune
Features=IPAF) [1]. Eine
Einschätzung der ILD-Prävalenz bei den wichtigsten rheumatologischen
Entitäten sowie der möglichen Ausprägung gibt [Tab. 1].
Tab. 1 Häufigkeit, Muster in der
hochauflösenden Computertomographie (HRCT) der Lunge sowie
klinische Präsentation von interstitiellen Lungenerkrankungen
(ILD) bei rheumatologischen Erkrankungen.
|
Erkrankung
|
Geschätzte ILD-Prävalenz, klinisch
|
Geschätzte ILD-Prävalenz, subklinisch
|
Muster in der HRCT der Lunge
|
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Rheumatoide Arthritis
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10%
|
30–40%
|
UIP (häufigste Form), NSIP, selten OP
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Systemische Sklerose
|
30-40%
|
80%
|
NSIP (häufigste Form), UIP
|
|
Sjögren Syndrom
|
<10% klinisch
|
40%
|
NSIP, UIP, LIP
|
|
Idiopathische inflammatorische Myopathien (IIM)
|
Je nach IIM-Subtyp 40%
|
Je nach IIM-Subtyp 80%
|
NSIP mit OP, NSIP, OP, UIP
|
|
ANCA-assoziierte Vaskulitis
|
10-30%
|
–
|
UIP, NSIP
|
|
IPAF
|
100%
|
–
|
NSIP, OP, NSIP mit OP, UIP, LIP
|
IPAF=Interstitial Pneumonia with Autoimmune Features;
LIP=lymphoide interstitielle Pneumonie; NSIP=nicht
spezifische interstitielle Pneumonie; OP=organisierende Pneumonie;
UIP=usual interstitial pneumonia (modifiziert nach [2]).
CTD-ILD und IPAF müssen aus prognostischen und vor allem
differenzialtherapeutischen Erwägungen heraus unbedingt von anderen
chronisch-fibrosierenden ILD abgegrenzt werden. Der sorgfältigen
interdisziplinären, insbesondere pneumologisch-rheumatologischen
diagnostischen Aufarbeitung von ILD kommt also eine entscheidende Bedeutung zu.
Auf der anderen Seite wird die progressiv fibrosierende interstitielle
Lungenerkrankung (PF-ILD) zunehmend als einheitliche Endstrecke verschiedener
Grunderkrankungen verstanden, der therapeutisch mit antifibrotisch wirksamen
Substanzen begegnet werden kann.
ILDs bei den wichtigsten assoziierten rheumatologischen Erkrankungen
Rheumatoide Arthritis (RA)
Bei der RA sind ILDs die häufigste extraartikuläre Manifestation.
Sie werden in den letzten Jahren häufiger beobachtet und sind
für 10 bis 20% der Todesfälle bei RA verantwortlich.
Damit stellen ILDs bei der RA eine der häufigsten Todesursachen dar. 25
bis 60% aller RA-Patienten weisen in der HRCT interstitielle
Lungengerüstveränderungen auf. Nur ein geringer Anteil (ca. 2,2
bis>10%) wird jedoch klinisch manifest. In gut einem Drittel der
Fälle tritt die RA-ILD im Jahr vor oder nach der RA-Diagnose auf. In ca.
10% der Fälle ist die ILD Erstmanifestation der RA. Die RA-ILD
betrifft ganz überwiegend RA-Patienten, bei denen Rheumafaktoren (RF)
und Antikörper gegen citrullinierte Proteine (ACPA) nachweisbar sind,
zudem gehören Männer und Raucher zur RA-ILD Risikogruppe. In der
hochauflösenden Computertomographie (HRCT) findet sich bei der RA am
häufigsten das UIP-Muster, gefolgt von NSIP und seltener OP. Die OP kann
Teil des NSIP-Musters sein bzw. gleichzeitig mit der NSIP auftreten. Der Verlauf
einer RA-ILD ist schwer abzuschätzen. Insbesondere die UIP
verläuft unbehandelt progredient und ist daher mit einer schlechteren
Prognose verknüpft. Sie ähnelt hinsichtlich des Outcomes, dem
Verlauf und weiteren Risikofaktoren (z. B. männliches
Geschlecht, Alter, Raucherstatus) der idiopathischen pulmonalen Fibrose (IPF).
Auch findet sich bei der RA-ILD mit UIP- im Vergleich zur RA-ILD mit anderem
Muster als genetischer Risikofaktor häufiger eine
„gain-of-function“ Mutation in der Promotor-Region des
MUC5B-Gens (rs35705950), die auch den bedeutendsten genetischen Risikofaktor
für die IPF darstellt [2]
[6]
[7]
[8]. Eine Lungenfibrose von
mehr als 20% in der HRCT ist bei der RA mit einer deutlich
erhöhten Mortalität verbunden [9].
Systemischer Sklerose (SSc)
Interstitielle Lungengerüstveränderungen sind bei der SSc
häufig ([Tab. 1]) und oft schon
zu Beginn der Erkrankung erfassbar. Ca. 25 bis 30% der Patienten
entwickeln eine progrediente ILD. Patienten mit einer diffus kutanen
Verlaufsform sind häufiger betroffen. Ein bedeutender immunserologischer
Risikomarker sind Anti-Topoisomerase I- (Scl70-) Antikörper. Das Fehlen
von Anti-Zentromer-Antikörpern und eine afroamerikanische Ethnie
gehören ebenfalls zu den Risikofaktoren. Das häufigste
radiologische Muster ist die NSIP. Das UIP Muster ist eher selten anzutreffen.
Der Verlauf ist variabel. Stabilen Erkrankungsphasen können
Exacerbationen mit im Verlauf deutlichem Progress folgen. Zu den als
prognostisch ungünstig identifizierten Faktoren gehören eine
forcierte Vitalkapazität (FVC)<70% und ein Befall von
mehr als 20% des Lungengewebes in der HRCT. Gerade in der frühen
Phase der Erkrankung kann es bei Patienten mit entsprechend hochnormalen
Ausgangsparametern in der Lungenfunktionsprüfung formal zu
unauffälligen Befunden kommen. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird bei
Erstdiagnose einer SSc die Durchführung einer HRCT empfohlen [2]
[10]
[11]
[12]
[13].
Sjögren Syndrom
Die Mehrheit der interstitiellen Lungengerüstveränderungen bei
Sjögren Syndrom bleibt für die betroffenen Patienten unbemerkt.
Der Verlauf ist sehr variabel. Am häufigsten ist eine NSIP anzutreffen,
UIP und OP sind selten. In ca. 15% der Fälle kommt es zur
lymphozytären interstitiellen Pneumonie (LIP) mit CT-morphologisch
besonders charakteristischen zystischen Veränderungen in
unterschiedlicher Ausprägung [2]
[14].
Idiopathische inflammatorische Myopathien (IIM)
Die IIMs sind eine Gruppe seltener entzündlicher Systemerkrankungen mit
sehr unterschiedlicher klinischer Manifestation und mit der wesentlichen
Gemeinsamkeit einer entzündlichen Beteiligung der Skelettmuskulatur
(Synonym Myositiden). Zu den IIM gehören die Dermatomyositis (DM),
Polymyositis (PM), Overlap-Myositis (OM, einschließlich
Anti-Synthetase-Syndrome (ASS)), Immunvermittelten Nekrotisierende Myopathien
(IMNM) und die sporadische Einschlusskörperchenmyositis (sIBM). Je nach
vorliegendem Myositis-assoziiertem (MAA)- bzw. -spezifischem Antikörper
(MSA) unterscheiden sich Phänotyp sowie Häufigkeit und
Ausprägung der Lungenmanifestation zum Teil erheblich. Eine ILD findet
sich insbesondere bei den OM und hier v. a. bei den ASS. Bei dem sehr
seltenen MDA5-Syndrom (MDA=melanoma differentiation-associated protein)
tritt die Myositis klinisch in den Hintergrund und kann sogar ganz fehlen,
dafür bestimmt eine bisweilen rasch progrediente und schwer zu
behandelnde ILD den klinischen Verlauf. DM und IMNM zeigen selten eine pulmonale
Beteiligung. Bei der sIBM ist praktisch nie eine ILD anzutreffen. Bei einem
Drittel der Patienten mit IIM ist die ILD ursächlich für
Erstsymptomatik und -diagnose. Weitere Symptome, wie z. B. Myositis oder
typische pathologische Hauteffloreszenzen, können im Verlauf mit einer
beträchtlichen Latenz hinzutreten. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist
bei der Erstdiagnose einer ILD immer eine internistisch-rheumatologische
Abklärung zu fordern [15]
[16].
Anti-Neutrophile zytoplasmatische Antikörper (ANCA) -assoziierte
Vaskulitiden
Bei dieser Erkrankungsgruppe, bestehend aus Granulomatose mit Polyangiitis (GPA),
mikroskopischer Polyangiitis oder eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis
(EGPA), sind die pulmonalen Manifestation im Sinne einer Vaskulitis, diffus
pulmonalen Hämorrhagie (DAH) oder granulomatösen
Veränderungen hinlänglich bekannt. Die Möglichkeit der
Entwicklung einer ILD in diesem Zusammenhang ist weniger gewahr und soll deshalb
an dieser Stelle noch einmal herausgestellt werden. Insbesondere beim Nachweis
von Antikörpern gegen Myeloperoxidase (MPO-ANCA) ist das Vorhandensein
einer ILD möglich. Epidemiologische Daten zur Prävalenz
schwanken erheblich. Am häufigsten zeigt sich im HRCT ein UIP-Muster,
Morbidität und Mortalität sind entsprechend erhöht [17].
Weitere mit ILD assoziierte entzündlich-rheumatische
Systemerkrankungen
Seltener im Zusammenhang mit einer ILD anzutreffende, jedoch
differenzialdiagnostisch mit zu bedenkende entzündlich-rheumatische
Systemerkrankungen sind der systemische Lupus erythematodes (SLE),
Mischkollagenosen ([Tab. 1]) und die
seltenen IgG4-assoziierten Erkrankungen.
Interstitial Pneumonia with Autoimmune Features (IPAF)
In 10 bis 20% aller Patienten mit ILD unklarer Ursache zeigen sich in den
durchgeführten diagnostischen Maßnahmen (z. B. klinische
Untersuchung, Immunserologie, Kapillarmikroskopie) Hinweise für eine
entzündlich-rheumatische Systemerkrankung, ohne dass jedoch eine
definitive rheumatologische Diagnose gestellt werden kann bzw.
Klassifikationskriterien für diese erfüllt werden. In diesem
Zusammenhang ist im klinischen Alltag z. B. häufig das
Zusammentreffen von ILD (meistens NSIP) und Raynaud-Phänomen, mit oder
ohne bestehendem positivem antinukleären Antikörper (ANA)-Status
anzutreffen. Im Jahre 2015 wurde für diese Situation von der European
Respiratory Society und American Thoracic Society der Begriff
„IPAF“ vorgeschlagen. Dabei handelt es sich nicht um einen
definierten Diagnosebegriff, sondern vielmehr eine Grundlage bzw.
Arbeitshypothese für weitere Forschungsbemühungen in diesem
Feld. Für diese Patienten ist das optimale Management weiterhin
weitestgehend unklar, eine Prognose schwer abzuschätzen. Bei einer
nennenswerten Zahl von Betroffenen verläuft die ILD progredient und
spricht auf eine immunsuppressive Therapie an.
Diagnostik
ILD Diagnostik bei bekannter rheumatologischer Erkrankung
Wesentliche diagnostische Grundlage zur Erfassung einer ILD bei Erstdiagnose
einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung, aber auch in den
regelmäßigen Verlaufskontrollen, sind die gründliche
Anamnese (Husten, Dyspnoe) und körperliche Untersuchung
(Knisterrasseln/Sklerosiphonie im pulmonalen Auskultationsbefund).
Die Lungenfunktionsprüfung einschließlich Spirometrie,
Bodyplethysmographie mit Messung der Diffusionskapazität für
Kohlenmonoxid und Blutgasanalyse sollte bei klinischen Hinweisen auf eine ILD
bzw. regelmäßig bei entsprechenden ILD-Risikogruppen ([Tab. 1]) erfolgen. Sie ist unentbehrlicher
Bestandteil der initialen Diagnostik und Verlaufsbeurteilung sowie der
Prognoseabschätzung. Neben der diffusing capacity oder dem transfer
factor of the lung for carbon monoxide (D- oder TLCO) gehören sowohl
forcierte Vitalkapazität (FVC) als auch totale Lungenkapazität
zu den wichtigsten Parametern. Eine FVC von<70% der Norm zu
Diagnosestellung und ein Abfall der FVC um 10% oder der DLCO um
15% im Verlauf, zeigen eine relevante Lungenbeteiligung bzw. eine
Verschlechterung der pulmonalen Situation an und sind mit einer
ungünstigen Prognose assoziiert.
Eine einfach durchzuführende klinische Belastungsuntersuchung ist der
6-Minuten-Gehtest. Hierbei wird, neben der Gehstrecke und anderen klinischen
Parametern (z. B. Herzfrequenz, Blutdruck), eine ggf. auftretende
belastungsinduzierte Abnahme der Sauerstoffsättigung erfasst, als
sensitiver Hinweis auf einen gestörten Gasaustausch.
Die konventionelle Röntgendiagnostik hat sicher weiterhin ihren
Stellenwert, Goldstandard in der Diagnostik einer (CTD-) ILD ist jedoch die
hochauflösende, nicht kontrastmittelverstärkte HRCT. Sie ist zur
Erfassung von Ausmaß und Muster der ILD unentbehrlich. Die
Indikationsstellung ist von der vorliegenden Befundkonstellation und dem
Risikoprofil für eine ILD abhängig. Bei der diffuskutanen SSc
und bei einigen Myositiden ist bereits bei Diagnosestellung praktisch immer eine
HRCT zur Erfassung einer potentiell vorliegenden ILD indiziert. Allerdings sind
nicht alle von der HRCT erfassten pathologischen Veränderungen
tatsächlich klinisch relevant. Die Abgrenzung von sogenannten
„interstitial lung abnormalities“ im HRCT zu tatsächlich
behandlungsbedürftigen Lungenmanifestationen ist nicht einheitlich
definiert und kann im Alltag herausfordernd sein. Zudem gelingt nicht immer die
eindeutige diagnostische Zuordnung bronchopulmonaler und interstitieller
Veränderungen im HRCT. In diesen Fällen ist eine weitere
apparative Diagnostik indiziert.
Eine Bronchoskopie mit bronchoalveolärer Lavage (BAL) kann in Betracht
gezogen werden bei unklaren Lungenveränderungen, ihr Stellenwert bei der
differenzialdiagnostischen Zuordnung oder Aktivitätsbeurteilung einer
CTD-ILD wird aber weiterhin kontrovers diskutiert. Wichtige Indikation bleibt
die differenzialdiagnostische Erfassung von Infektionen und Blutungen.
Eine histologische Klärung der ILD ist im Allgemeinen nicht erforderlich
und bleibt unklaren Fällen vorbehalten [18]. In diesen Fällen sollte unter Abwägung der
Risiken eine histologische Abklärung mittels "Video-Assisted
Thoracoscopic Surgery" (VATS, videoassistierte Thorakoskopie) oder
Kryobiopsie angestrebt werden. Ein wichtiges Diagnostikum könnte in
Zukunft die molekulare Diagnostik von Lungenparenchymproben darstellen. Erste
Daten für die IPF liegen vor, Ergebnisse weiterer Studien werden mit
Spannung erwartet [19].
Verlässliche Biomarker für CTD-ILDs stehen für den
klinischen Alltag weiterhin nicht zur Verfügung. Krebs von den Lungen-6
(KL-6) ist ein möglicher Kandidat [20]. Auch der Stellenwert der Lungensonographie kann derzeit noch
nicht abschließend beurteilt werden.
Es bleibt festzuhalten, dass die klinisch und apparativ erhobenen Befunde fast
immer eine belastbare Diagnosestellung zulassen. Idealerweise sollte eine
multidisziplinäre Diskussion (Rheumatologe, Pneumologe, Radiologe und
Pathologe) der Befunde möglich sein. Für das diagnostische
Vorgehen sowie Art und Frequenz von Verlaufsuntersuchungen bei ILD gibt es
zumindest für die SSc ein aktuelles Consensus Statement [12].
Umfang und Frequenz pneumologischer Verlaufsuntersuchungen hängen stark
von der Grunderkrankung und der Art, Ausprägung und Aktivität
der CTD-ILD ab. Während bei Patienten mit RA ohne ILD und ohne weitere
Risikofaktoren klinische Verlaufsuntersuchungen ausreichend sind, erfordert eine
schon bekannte CTD-ILD zusätzlich halbjährliche oder
jährliche apparative Verlaufsuntersuchungen, mindestens in Form eine
Bodyplethysmographie mit DLco-Messung. Husten, Dyspnoe, FVC, TLC und DLco sind
die entscheidenden Verlaufsparameter, an denen die Progredienz eine ILD erkannt
werden kann. Der begründete V.a. eine Verschlechterung der CTD-ILD
sollte dann im HRCT verifiziert werden.
Internistisch-rheumatologische Abklärung bei Erstdiagnose einer
ILD
Alle Patienten mit Erstdiagnose einer ILD sollten ergänzend zur
pneumologischen, radiologischen und ggfs. histologischen Diagnostik einer
internistisch-rheumatologischen Abklärung zugeführt werden, da
die ILD nicht selten Erstmanifestation einer rheumatischen Erkrankung ist. Die
Unterscheidung von CTD-ILD und z. B. IPF ist von eminenter Bedeutung,
therapeutisches Vorgehen und Prognose unterscheiden sich z.T. erheblich. Vor
diesem Hintergrund ist neben einer gründlichen
internistisch-rheumatologischen Anamnese und körperlichen Untersuchung
eine umfassende Autoantikörperdiagnostik erforderlich.
Hierzu gehören:
Zur Differenzierung können weiterhin der ILD-Patientenfragebogen der
deutschen Gesellschaft für Pneumologie und der Vorschlag zur
IPAF-Klassifikation als im klinischen Alltag hilfreich empfohlen werden [21]
[22]. Differentialdiagnostisch sollten bei Vorliegen einer ILD immer
auch andere Ursachen, einschließlich einer möglichen
Medikamententoxizität, bedacht werden. Hilfreich kann hier u. a.
die Internetseite www.pneumotox.com sein. Die apparative Diagnostik sollte in
Abhängigkeit von der klinischen Fragestellung neben der
Arthrosonographie auch die Kapillarmikroskopie beinhalten.
Idealerweise werden die Untersuchungsergebnisse in einer
interdisziplinären Konferenz diskutiert, die Diagnose gestellt und das
therapeutische Vorgehen festgelegt.
Therapeutisches Vorgehen bei CTD-ILD
Die spezifische Therapie zur Behandlung einer CTD-ILD sollte zwischen
behandelnden Pneumologen und Rheumatologen regelmäßig abgestimmt
werden, unter Berücksichtigung von Grunderkrankung, Ausmaß der
ILD, Dynamik und Prognoseeinschätzung. Auch Faktoren wie Alter,
Geschlecht, Familienplanung, Komorbiditäten und nicht zuletzt die
Partizipation des Patienten spielen bei der Therapieentscheidung eine zunehmend
wichtige Rolle. Ebenso wie die Diagnostik sollte die Therapie einer CTD-ILD in
hierfür spezialisierten interdisziplinären Zentren festgelegt
bzw. begleitet werden.
Bei Vorliegen einer CTD-ILD ist, abgesehen von wenigen Ausnahmen, in der Regel
die Einleitung einer immunsuppressiven Therapie indiziert. Trotz weiterhin
lückenhafter wissenschaftlicher Evidenz – sie beruht im
Wesentlichen auf retrospektiven Analysen, Registerdaten und wenigen
kontrollierten Studien – stehen dennoch verschiedene, im klinischen
Alltag bewährte Therapieoptionen zur Verfügung.
Glukokortikoide
Mit Ausnahme der SSc-ILD sind Glukokortikoide fester Bestandteil der CTD-ILD
Therapie, v. a. in der Initial- und Akutphase aber auch als
therapeutischer Kombinationspartner im Verlauf. Die Dosierung variiert stark in
Abhängigkeit von Grunderkrankung und Ausprägung der
entzündlichen Veränderungen. Bei SSc-Patienten sollten
Glukokortikoide oberhalb einer Tagesdosis von 10 bis 15 mg
Prednisolonäquivalent möglichst vermieden werden wegen der
Gefahr der Auslösung einer renalen Krise, einer lebens- und/oder
organbedrohenden Komplikation. Langfristige Glukokortikoid-Monotherapien oder
sogenannte „Erhaltungsdosen“ sind wegen dem bekanntlich
problematischen Risikoprofil von Glukokortikoiden stets kritisch zu
hinterfragen.
Konventionelle Immunsuppressiva
Daten zur Induktionstherapie aus kontrollierten Studien existieren u. a.
für Cyclophosphamid (CYC) und Mycophenolat Mofetil (MMF) in der
Indikation SSc-ILD [23]
[24]. Bei vergleichbar guter Wirksamkeit und
langfristig deutlichen Vorteilen im Hinblick auf unerwünschte
Arzneimittelwirkungen setzt sich MMF als therapeutische Option in der Praxis
mehr und mehr durch. Zu beachten ist jedoch die fehlende Zulassung von MMF
für die Indikation CTD-ILD in Deutschland. Eine entsprechende
Aufklärung des Patienten und ggf. Antragstellung beim
Kostenträger sind notwendig. Für Azathioprin (AZA),
Mycophenolat-Natrium, Tacrolimus und Ciclosporin liegen ebenfalls
Wirksamkeitsnachweise vor. Auch vor Einsatz dieser Präparate sind die
begrenzte Evidenz und der meist fehlende Zulassungsstatus zu beachten.
Neuere Daten liegen zum Einsatz von Methotrexat (MTX) bei CTD-ILD vor. Es galt
lange als Risikofaktor für die Entwicklung von akuten und chronischen
pulmonalen Erkrankungen inklusive fibrotischer Veränderungen.
Hintergrund ist einerseits die sehr selten auftretende akute
Hypersensitivitätspneumonitis (Synonym: MTX-Pneumonitis), die sich
v. a. in den ersten Therapiewochen manifestiert und zu sofortigem
Absetzen von MTX und ggf. Einleitung einer Glukokortikoidtherapie führen
muss. Ein Reexpositionsversuch ist kontraindiziert, da mit hoher
Mortalität belastet. Zudem wurden unter MTX-Therapie progrediente
CTD-ILDs mit Entwicklung einer Lungenfibrose beobachtet, v. a. bei
Patienten mit RA. Aktuelle Studien konnten nun zeigen, dass diese chronischen
ILDs nicht auf die MTX-Therapie zurückzuführen waren, sondern
auf die rheumatische Grunderkrankung. Im Gegenteil, bei Patienten mit RA zeigte
sich ein selteneres und späteres Auftreten einer RA-ILD und eine
geringere Mortalität, wenn diese mit MTX behandelt wurden. Es darf bei
noch limitierter Datenlage also davon ausgegangen werden, dass MTX
Häufigkeit und Verlauf einer ILD positiv beeinflusst, zumindest bei
Patienten mit RA [25]
[26]
[27].
Biologika
Das in der Praxis aktuell am häufigsten eingesetzte Biologikum bei
CTD-ILD ist Rituximab (RTX, anti-CD20-Antikörper). Allerdings gibt es
nur wenige kontrollierte Studien und Fallserien. Dennoch gilt der Einsatz von
RTX v. a. bei RA, SSc und bestimmten Myositiden als erfolgsversprechend,
insbesondere nach Versagen der zumeist vorgeschalteten konventionellen
Immunsuppression. Der fehlende Zulassungsstatus von RTX in der Indikation
CTD-ILD ist zu beachten [28]
[29].
Bei Vorliegen einer RA-ILD sollte der Einsatz von Abatacept (CTLA-4-Ig) erwogen
werden. In einer multizentrischen offenen Registerstudie zeigte sich bei
über 80% der Patienten unter Abatacept-Therapie eine
Stabilisierung oder sogar Verbesserung der RA-ILD [30].
Ein weiteres biologisches Target in der Behandlung von SSc-ILD scheint IL-6 zu
sein. Grundlage für diese Annahme liefern zwei randomisierte,
Placebo-kontrollierte Studien (RCT), die einen positiven Einfluss von
Tocilizumab (TCZ; IL-6-Rezeptor-Antikörper) auf die Progredienz einer
SSc-ILD belegen konnten, gemessen am Verlauf der FVC in der Lungenfunktion. Bei
etwa der Hälfte der mit Verum behandelten Patienten war eine
Stabilisierung der FVC im Studienverlauf zu verzeichnen wohingegen unter Placebo
mehr als 70% der Patienten eine Abnahme der FVC erlitten. Der
primäre Endpunkt der Studien (Verbesserung des modifizierten Rodnan skin
score (mRSS)), wurde zwar nicht erreicht, auch wurden für die Studien
nicht explizit Patienten mit SSc-ILD rekrutiert. Dennoch war genannte
Therapieeffekt derart robust, dass Tocilizumab kürzlich als erstes
Biologikum die Zulassung der amerikanischen Zulassungsbehörde (Food and
Drug Administration (FDA)) zur Verlangsamung der Verschlechterung der
Lungenfunktion bei SSC-ILD erhielt [31]
[32]
[33].
In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass TNF-alpha-Inhibitoren
unabhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung bei ILD nicht oder nur
mit äußerster Vorsicht zum Einsatz kommen sollten.
Gründe hierfür sind der fehlende Wirksamkeitsnachweis auf die
pulmonale Situation auf der einen und die Beobachtung von vermehrten
unerwünschten Ereignissen, u. a. mit Progredienz einer
bestehenden RA-ILD unter TNF-alpha-Blocker Therapie, auf der anderen Seite [34].
Janus-Kinase-Inhibitoren (JAK)
Für den JAK-Inhibitor Tofacitinib gibt es Wirksamkeitshinweise bei ILD im
Rahmen einer anti-MDA5 positiven amyopathischen Dermatomyositis und bei RA [35]
[36]
[37]. Für eine
verlässliche Beurteilbarkeit fehlt zum gegenwärtigen Zeitpunkt
jedoch die Datenbasis.
Antifibrotika
Antifibrotisch wirksame Medikamente stellen eine relativ neue Therapieoption dar,
die in Zukunft sehr wahrscheinlich eine wichtige Rolle im Management von
CTD-ILDs spielen wird.
So wurde der Tyrosinkinaseinhibitor Nintedanib neben der IPF inzwischen auch zur
Behandlung Erwachsener mit SSc-ILD sowie Patienten mit PF-ILD
(unabhängig von der Grunderkrankung) zugelassen.
PF-ILDs beschreiben, wie bereits eingangs erwähnt, einen fortschreitend
fibrosierenden Phänotyp einer ILD. Aktuell existiert keine international
anerkannte Definition der PF-ILD. An dieser Stelle kann aber auf eine
internationale Konsensempfehlung hingewiesen werden. Nach dieser weisen folgende
Parameter auf eine PF-ILD hin [38]:
-
relativer FVC-Abfall≥10% innerhalb von 24 Monaten
-
relativer FVC-Abfall≥5% und Abfall der
DLCO≥15% innerhalb von 24 Monaten
-
relativer FVC-Abfall von≥5% und vermehrte Fibrosierung im
HRCT (festgestellt durch einen Radiologen mit entsprechender Expertise)
innerhalb von 24 Monaten
-
relativer FVC-Abfall von≥5% und progrediente Symptomatik
innerhalb von 24 Monaten
-
progrediente Symptomatik und vermehrte Fibrosierung im HRCT innerhalb von
24 Monaten.
Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer PF-ILD konnten identifiziert
werden:
-
UIP Muster der pulmonalen Fibrose
-
extensive Bronchiektasien in der HRCT
-
rasches Fortschreiten trotz Therapie
-
höheres Lebensalter
Darüber hinaus gibt es erkrankungsspezifische Risikofaktoren. Dazu
gehören z. B. das Vorliegen von Anti-Topoisomerase I- (Scl70-)
Antikörpern bei SSc oder die Raucheranamnese bei RA [38].
Die Behandlung mit Nintedanib führte bei Patienten mit SSc-ILD in der
„SENSCIS“-Studie zu einer geringeren Abnahme der FVC nach einem
Jahr im Vergleich zu Placebo. In einer Subgruppenanalyse zeigte sich eine
Verstärkung des Effektes bei Patienten, die zeitgleich eine
immunsuppressive Therapie mit MMF erhielten. Auch Patienten, die nur mit MMF und
nicht mit Nintedanib behandelt wurden, wiesen einen geringen FVC-Abfall auf im
Vergleich zu denen, die nur Placebo erhalten hatten. Diese Studie gibt somit
auch noch einen wertvollen Hinweis auf den Wert einer immunsuppressiven Therapie
mit MMF, allein oder in Kombination mit Nintedanib. Einschränkend ist zu
erwähnen ist, dass die Studie nicht auf den Wirksamkeitsnachweis
genannter Kombinationstherapie ausgerichtet war. Die Schlussfolgerung, dass
Immunsuppression und antifibrotische Therapie keine konkurrierenden, sondern
offenbar synergistische Therapieansätze bei SSc-ILD sind, liegt dennoch
nahe und sollte in weiteren Studien verifiziert werden.
Des Weiteren konnte die Effektivität von Nintedanib bei Patienten mit
PF-ILD (unter Standardtherapie progrediente Lungenfibrose) und sehr
unterschiedlichen Grunderkrankungen in der „INBUILD“-Studie
belegt werden. Sowohl in der Gesamtpopulation dieser Studie, als auch in der
Subanalyse von Patienten mit rheumatischen Grunderkrankungen (u. a.
Patienten mit RA), zeigte sich im Vergleich zur Placebogruppe eine geringere
Abnahme der FVC nach einem Jahr [39]
[40].
Für Pirfenidon, einer weiteren antifibrotisch wirkenden Substanz, liegen
nunmehr ebenfalls Wirksamkeitsdaten bei fibrosierenden Lungenerkrankungen
außerhalb der IPF vor [41].
Gegenstand weiterer Untersuchungen muss die Identifikation des optimalen
Zeitpunkts der Initialisierung einer Behandlung mit antifibrotischen Substanzen
sein. Darüber hinaus ist zu klären welche Patienten mit oder
ggf. ohne eine immunsuppressive Kombinationstherapie behandelt werden
sollten.
Weitere Therapieoptionen bei ungünstiger Prognose oder fortgeschrittener
Lungenfibrose stellen die autologe Stammzelltransplantation und die
Lungentransplantation dar.
ILDs sind im rheumatologischen Alltag häufig anzutreffende und
potentiell schwerwiegende, mit erhöhter Morbidität und
Mortalität einhergehende Organmanifestationen
entzündlich-rheumatischer Systemerkrankungen. Zu den am
häufigsten mit einer ILD einhergehenden Erkrankungen zählen
RA, SSc, bestimmte Verlaufsformen der IIM und ANCA-assoziierten
Vaskulitiden. Nicht nur bei Erstdiagnose, sondern auch im Verlauf sollte
regelmäßig nach einer ILD gefahndet werden. Dabei sind
Intensität und Frequenz der pneumologischen Abklärung von
Grunderkrankung, Manifestationsmuster der Lungenbeteiligung, bekannten
Risikofaktoren sowie dem Krankheitsverlauf und Therapieansprechen
abhängig. Auf der anderen Seite ist bei jeder neu diagnostizierten
ILD eine gründliche internistisch-rheumatologische Abklärung
zu fordern. Jede klinisch relevante CTD-ILD sollte einer Immunsuppression
zugeführt werden. MTX sollte nicht länger als Risikofaktor
für die Entwicklung einer chronischen ILD bzw. einer Lungenfibrose
bei RA angesehen werden. Neuere Daten weisen sogar darauf hin, dass MTX die
Ausbildung einer RA-ILD verhindern oder zumindest verzögern kann.
Für die Behandlung der SSc-ILD und PF-ILD steht mit Nintedanib eine
zugelassene antifibrotische Therapieoption zur Verfügung, die auch
in Kombination mit immunsuppressiven Medikamenten eingesetzt werden kann.
Idealerweise sollten Patienten mit CTD-ILD interdisziplinär
pneumologisch-rheumatologisch, vorzugsweise in einem entsprechend
spezialisierten Zentrum betreut werden.