Früher war es nicht ungewöhnlich, dass Patienten mit rheumatoider
Arthritis in ihrem Leben mehrfach an Sehnen und Gelenken operiert wurden.
„Die Synovialektomie, bei der die entzündete Gelenkhaut entfernt
wird, und die Tenosynovialektomie, die die Sehnen befreit, waren oft die einzige
Möglichkeit, den Krankheitsprozess zu stoppen“, erläutert
Prof. Hans-Dieter Carl, Chefarzt am Krankenhaus Martha-Maria in Nürnberg und
diesjähriger Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft
für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). „Betroffene litten
unter Fehlstellungen von Händen und Füßen sowie
fortgeschrittenen Gelenkschädigungen. Im fortgeschrittenen Stadium
benötigten viele Patienten ein oder mehrere Kunstgelenke. Und wenn dies
nicht möglich war, mussten einzelne Gelenke auf Dauer versteift
werden“.
Dieses Schicksal bleibt den meisten Patienten heute erspart. „Die Situation
hat sich durch die Einführung von Biologika und anderen sog.
Basismedikamenten komplett verändert“, erklärt Prof. Carl.
„Mittlerweile dürfen wir erleben, dass in vielen Fällen
entzündlich-rheumatische Erkrankungen durch Medikamente so gut kontrolliert
werden können, dass Betroffene keinerlei Krankheitssymptome mehr
verspüren“. Experten bezeichnen diesen Zustand als Remission.
„So hat im Laufe der Zeit auch die operative Rheumatologie einen Wandel
erfahren: Wir führen weniger operative Entfernungen von
entzündlichem Gewebe durch und auch künstliche Gelenke werden
seltener eingesetzt als noch vor 20 Jahren“.
Dennoch sind Operationen oftmals weiterhin nötig. Es gibt bei einigen
Patienten einzelne Gelenke, die auf die medikamentöse Behandlung nicht
ansprechen. Die Rheumatologen nennen sie „rebellische Gelenke“.
Trotz guter Krankheitskontrolle bleiben sie weiterhin schmerzhaft und geschwollen.
Bleibt auch der Wechsel auf ein anderes Basismedikament erfolglos, rät der
Orthopäde zu einer Synovialektomie: „Die Erfolgschancen sind wie bei
den Medikamenten umso besser, je früher die Behandlung erfolgt. Zeit ist
Gelenk – das gilt auch hier“.
Ein weiterer Fortschritt der letzten Jahre sind verbesserte Operationsverfahren zum
Erhalt der Gelenke: „Die modernen Medikamente führen zu einer guten
Krankheitskontrolle. Diese ermöglicht, dass wir heute neue
Operationstechniken anbieten können, die früher für
Rheumapatienten nicht empfohlen wurden“, erläutert Prof. Carl.
Mittlerweile vereine die operative Rheumatologie also Kenntnisse der modernen
orthopädischen Chirurgie und der klassischen operativen Rheumatologie. Dazu
gehören Eingriffe, die die natürliche Achse eines Beines
rekonstruieren und dadurch Folgeschäden etwa am Kniegelenk verhindern. Auch
die Funktion erkrankter Fußgelenke kann durch gezielte Operationen oft
gewährleistet werden. Prof. Carl betont: „Unser Ziel ist es immer,
die Mobilität des Patienten im Alltag zu erhalten“. Auch an den
Händen können Operationen die Stabilität der Gelenke
sicherstellen und damit wichtige Funktionen wie das Greifen von Gegenständen
ermöglichen.
Da die Krankheitskontrolle bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen durch
die modernen, hochwirksamen Medikamente mit einer erhöhten
Anfälligkeit für Infektionen einhergehen kann, steht die
orthopädische Rheumatologie heute vor weiteren Herausforderungen: Es gelte
interdisziplinär zu entscheiden, wann die Medikamente vor einem Eingriff
abgesetzt werden sollten. Zudem müsse Infektionen der Knochen und Weichteile
mehr denn je vorgebeugt werden, betont Prof. Carl.
Um den bestehenden hohen Herausforderungen bei der operativen Behandlung
entzündlich-rheumatischer Krankheiten optimal zu begegnen und hohe
Qualitätsstandards bei den Operationen zu gewährleisten, hat die
Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh)
bundesweit Spezialzentren für operative Rheumatologie gegründet.
„In diesen zertifizierten Zentren können sich Patienten von den
Experten umfassend beraten und behandeln lassen“, so der Experte.
Nach einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für
Rheumatologie