Sogenannte Seltene Erkrankungen sind bei Kindern tatsächlich gar nicht so selten. Dennoch reichen die medizinischen
Daten, die im Rahmen der Diagnostik und Therapie dieser jungen Menschen erhoben werden,
selbst in einem größeren Behandlungszentrum – einer Universitätsklinik oder einem
Kinderkrankenhaus – in der Regel nicht aus, um hierauf sinnvolle Forschungsprojekte
aufzubauen.
Multicenterstudien sind daher erforderlich. Aus diesem Grund hat die Gesellschaft
für Pädiatrische Radiologie (GPR e. V.), die deutschsprachige Fachgesellschaft der
Kinder- und Jugendradiologen, eine Forschungskommission mit dem Ziel einer digitalen
Plattform gegründet, die das Sammeln radiologischer Bilddaten, ihre Auswertung und
den kollegialen Austausch über das zusammengengetragene Datenmaterial ermöglichen
soll.
Die Federführung des Projekts liegt bei dem forschungserfahrenen Kinder- und Jugendradiologen
Prof. Dr. Jürgen Schäfer vom Universitätsklinikum Tübingen. Die technische Basis stellt
die Firma mbits imaging GmbH aus Heidelberg, die seit Jahren Lösungen für den datensicheren
Austausch radiologischer Bilder anbietet.
„Mit dieser Forschungsplattform können sich künftig universitäre, aber auch nichtuniversitäre
Kinder- und Jugendradiologinnen und -radiologen vernetzen, um Daten, Studienergebnisse
und innovative Methoden zu teilen. Sie können so in gemeinsamen Projekten und viel
effizienter als bisher seltene Erkrankungen unter radiologischen Gesichtspunkten untersuchen.
Ziel dieser Zusammenarbeit ist es, sowohl neue Erkenntnisse für die bildgebende Diagnostik
und Therapie zu gewinnen als auch bereits bekannten radiologischen Parametern und
Biomarkern mehr Evidenz zu verleihen und diese im klinischen Alltag nutzbar zu machen“, erklärt Professor Schäfer.
Eines der ersten Projekte, das auf der Plattform abgebildet wird, befasst sich mit
radiologischen Bilddaten zur Primärdiagnostik und zum Therapieansprechen bei der Behandlung
des Neuroblastoms, einem der häufigsten kindlichen Tumoren. Weitere Projekte sind
in Arbeit.
Was ist Kinderradiologie?
Die Kinder- und Jugendradiologie (offizielle Bezeichnung durch die Bundesärztekammer seit 2019) beschäftigt sich mit
der speziellen Bildgebung beim Neugeborenen, Säugling, Kleinkind, Schulkind und Jugendlichen.
Kinderradiologinnen und -radiologen sind Radiologinnen und Radiologen, die in einer
(in Deutschland aktuell 2-jährigen) fachärztlichen Schwerpunktweiterbildung speziell
in der Kinderradiologie geschult sind. Sie legen großen Wert darauf, die Untersuchungen
von Kindern schonend und mit geringstmöglicher Strahlendosis durchzuführen. Bevorzugte
Methoden kinderradiologischer Bildgebung sind daher die ohne Röntgenstrahlen arbeitenden
Verfahren wie die Sonografie (Ultraschalluntersuchung) und die Magnetresonanztomografie
(MRT).
Die GPR als wissenschaftliche Vereinigung der deutschsprachigen Kinderradiologen (Deutschland,
Österreich und Schweiz) wurde 1963 gegründet. Aktuell zählt sie über 380 Mitglieder.
Im Fokus steht die wissenschaftliche Vernetzung, die Nachwuchsförderung, die Vertretung
des Fachs im Wissenschaftsbetrieb und in der Berufspolitik.