Key words
TMVI - TMVR - transcatheter mitral valve implantation - transcatheter mitral valve
replacement - computed tomography - CT
Einleitung
Die Mitralklappeninsuffizienz (MI) stellt die häufigste Herzklappenerkrankung in der
westlichen Welt dar. Die Prävalenz ist altersabhängig und nimmt mit steigendem Alter
zu. So steigt diese im Alter > 75 Jahre auf bis zu 10 % in der Normalbevölkerung [1].
Hinsichtlich der Genese kann eine Unterteilung in primäre oder sekundäre MI erfolgen.
Der primären MI liegen degenerative oder destruktive Ursachen zugrunde, die zu einer
pathologischen Veränderung des Klappenannulus und der Klappensegel und schlussendlich
zu einem inadäquaten Klappenschluss führen. Als häufigste Ursache ist hier der Mitralklappenprolaps
zu nennen [2]. Eine sekundäre Insuffizienz entsteht meist im Rahmen einer Annulusdilatation als
Folge einer linksatrialen Erweiterung (atriale MI) oder einer Änderung der linksventrikulären
Geometrie als Folge einer primären oder sekundären Kardiomyopathie [3]
[4].
Laut den aktuellen europäischen Behandlungsleitlinien werden bei Patienten mit einer
symptomatischen hochgradigen primären MI und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion
(LVEF) > 30 % primär eine frühzeitige chirurgische Mitralklappenrekonstruktion oder
ein operativer Klappenersatz empfohlen. Bei Patienten mit schwer eingeschränkter LVEF
(< 30 %) wird zunächst eine Optimierung der medikamentösen Therapie empfohlen. Bei
fehlendem Therapieerfolg kann eine chirurgische oder interventionelle Therapie nach
interdisziplinärer Entscheidungsfindung im Heart Team erfolgen. Die interventionelle
oder chirurgische Behandlung der sekundären MI ist Gegenstand anhaltender Diskussion.
So ist in den aktuellen Behandlungsempfehlungen eine chirurgische Therapie nur bei
gleichzeitiger Durchführung einer Bypassoperation und einer LVEF > 30 % empfohlen
(Klasse I, Evidenzlevel C). Eine alleinige chirurgische Mitralklappentherapie kann
bei einer LVEF < 30 % sowie niedrigem operativen Risiko in Erwägung gezogen werden
(Klasse IIa, Evidenzlevel C). Ist das operative Risiko erhöht, kann eine interventionelle
Rekonstruktion/Ersatz erwogen werden (Klasse IIb, Evidenzlevel C) [5].
Aufgrund der steigenden Prävalenz der MI im höheren Lebensalter und dem damit verbundenen
Anstieg des operativen Risikos sind verschiedene interventionelle Verfahren als Alterative
zur alleinigen medikamentösen oder chirurgischen Therapie entwickelt worden. Zur interventionellen
Versorgung der Mitralklappe stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung. Es kann grundsätzlich
zwischen der Transkatheter-Mitralklappenrekonstruktion und dem Transkatheter-Mitralklappenersatz
(TMVR) unterschieden werden. Die rekonstruktiven interventionellen Verfahren können
nach ihrem Therapieansatz in Ringannuloplastie- (z. B.: Cardioband), Koaptations-
(z. B.: MitraClip, PASCAL) und Neochordverfahren (z. B.: NeoChord, Harpoon) unterteilt
werden [6]. Alle Verfahren unterliegen anatomischen und morphologischen Selektionskriterien.
Sind diese nicht erfüllt, stellt die TMVR eine weitere Behandlungsoption dar.
Ein TMVR kann neben der Behandlung der MI auch zur Therapie der kalzifizierten Mitralklappenstenose
oder im Rahmen einer „Valve-in-Ring“- oder „Valve-in-Valve“- Prozedur eingesetzt werden [7].
Zur präinterventionellen Planung eines TMVR sind spezifische Messungen der komplexen
dreidimensionalen Anatomie des Mitralklappenannulus und der umgebenden Strukturen
notwendig, für deren Erhebung eine CT-Untersuchung mit EKG-Gating aufgrund ihrer hohen
räumlichen und adäquaten zeitlichen Auflösung ein sehr gut geeignetes Verfahren darstellt.
Hinsichtlich der Vermessung des Annulus und der Größenauswahl (Sizing) der Klappenprothese
zeigt die CT eine höhere Zuverlässigkeit im Vergleich zur Echokardiografie [8]. Den entscheidenden Vorteil der CT-Untersuchung gegenüber anderen nicht invasiven
bildgebenden Verfahren stellt die Möglichkeit der Visualisierung der gesamten kardialen
Anatomie einschließlich der Koronararterien und der potenziellen Zugangswege sowie
der Abschätzung des postinterventionell veränderten linksventrikulären Ausflusstraktes
(„Neo-LVOT“) in einem einzigen Untersuchungsgang innerhalb weniger Sekunden dar.
Besonderheiten der Mitralklappenanatomie
Besonderheiten der Mitralklappenanatomie
Die Mitralklappe besteht aus 2 bindegewebigen Segeln: Einem anterioren (AML) und posterioren
(PML) Mitralklappensegel, welche jeweils in 3 Segmente unterteilt werden können ([Abb. 1]). Beide Klappensegel gehen an der medialen und lateralen Kommissur ineinander über. Die
funktionelle Einheit der Mitralklappe wird neben den Segeln durch den Annulus sowie
den Halteapparat ergänzt. Das anteriore Drittel des Annulus wird durch den fibrösen
Anteil gebildet, an dessem Ende sich 2 bindegewebsverdichtete Areale finden: das mediale
und laterale Trigonum. Diese Trigona bilden gemeinsam mit dem AML und durch die direkte
Beziehung zur Aortenklappe und dem linksventrikulären Ausflusstrakt (LVOT) die sogenannte
aortomitrale Kontinuität. Die posterioren 2 Drittel bilden den muskulären Anteil des
Annulus. Der subvalvuläre Anteil der Klappe setzt sich aus den Chorda tendinae und
den Papillarmuskeln zusammen, die die Mitralklappensegel mit dem linksventrikulären
Myokard verbinden [9]
[10]
[11].
Abb. 1 Mitralklappe (geschlossen, systolisch erfasst) und Segmente im Kurzachsen-Schnitt
im CT-Bild (a) und schematisch (b). Im Kurzachsen-Schnitt durch die Ebene der Mitralklappe lassen sich die 3 anterioren
(A1–A3) und posterioren (P1–3) Segmente der Klappe wie abgebildet zuordnen, die zugrunde
liegende Anatomie im CT (a) wird in der Schemazeichnung (b, modifiziert nach Capoulade et al.
[37]) verdeutlicht. (AML = Anteriores Mitralklappensegel, PML = Posteriores Mitralklappensegel,
LCC = Linkskoronare Tasche der Aortenklappe, NCC = Akoronare Tasche der Aortenklappe).
Die Komplexität der Mitralklappenanatomie beruht auf ihrer dreidimensionalen dynamischen
Form des Annulus, dem sogenannten „saddle-shape“ ([Abb. 2a, b]). Dieser sattelförmige Annulus hat seinen höchsten Punkt in der Mitte des anterioren
Drittels und erstreckt sich bis auf Höhe der Aortenklappe, genauer gesagt bis zur
Insertion der linkskoronaren und der akoronaren Tasche. Eine weitere, geringere Erhebung
findet sich an der Insertion des posterioren Segels. Die tiefsten Punkte des Annulus
werden durch die Trigona gebildet [12]
[13].
Abb. 2 Mitralklappenannulus im saddle-shape (a, b) und im D-Shape (c, d). Bei der saddle-shape-Konfiguration (blaue Kontur in a und b) wird der anteriore Anteil des Mitralklappenannulus einbezogen, daher ist hier AP
(schwarze Linie in b und d) größer als bei der Einstellung des Annulus im D-Shape (blaue Kontur in c und d). Bei der Einstellung im D-Shape wird der anteriore Anteil (orange Kontur in c und d) nicht miteinbezogen. Die weißen Sterne in b und d markieren die Trigona fibrosa.
(AP = Anterior-Posteriorer Diameter).
Verfügbare Devices
Die Herausforderungen für eine sichere Platzierung und Verankerung der Prothese während
einer TMVR liegen unter anderem in der komplexen Anatomie der Mitralklappe, der Annulusdynamik
und der aortomitralen Kontinuität. Beispielsweise erfährt der Annulus in der Systole
eine Größenzunahme von bis zu 20 % [14]. Zudem besteht bei Implantation der Prothese aufgrund der engen räumlichen Beziehung
des Mitralklappenannulus zum LVOT das Risiko einer Obstruktion.
Die verschiedenen denkbaren Lösungsansätze zur Berücksichtigung dieser anatomischen
und physiologischen Gegebenheiten resultieren in einer Vielzahl von Devices, die sich
vor allem durch den Verankerungsmechanismus und in ihrer Position zum Annulus unterscheiden
([Tab. 1, ]
[Abb. 3]).
Tab. 1
Übersicht der am häufigsten verwendeten Devices für TMVR.
|
Device
(Hersteller)
|
Implantations-Erfolgsrate (%)
|
LVOT-Obstruktion (%)
|
Implantationsweg
|
Verankerungsmechanismus
|
Relevante Sizing-Parameter
|
|
Tendyne
(Abbott)
|
93,3
|
0
|
transapikal
|
„apical tether“
|
AP; LM
|
|
Tiara
(Neovasc)
|
84,2
|
0
|
transapikal
|
Erfassung der Trigona
|
Perimeter;
LM
|
|
Intrepid
(Medtronic)
|
96
|
0
|
transapikal
|
Radialkräfte
|
Perimeter; AP; LM
|
|
Sapien III
(Edwards)
|
76,7
|
N/A
|
transseptal-transfemoral
|
Radialkräfte
|
Fläche, Perimeter, max. Diameter
|
Übersicht gängiger Prothesentypen für TMVR, deren Komplikationsraten und wichtige
Parameter zur Implantation/Planung (modifiziert nach Ranganath et al.
[10] (TMVR = Transkatheter-Mitralklappenersatz, LVOT = Linksventrikulärer Ausflusstrakt,
AP = Anterior-posteriorer Diameter, LM = Lateromedialer Diameter, N/A = keine Angaben).
Abb. 3 Periinterventionelle fluoroskopische Darstellung verschiedener TMVR-Devices. a, b TIARA-Device, welches kronenförmig konfiguriert ist. Die Verankerung erfolgt über
Erfassung der Trigona unter Ausnutzung des myocardial shelfs. c, d Das Tendyne-Device ist konisch konfiguriert. Die Verankerung erfolgt mittels eines
„apical-tethers“ im linksventrikulären Apex. e, f Sapien 3 in Mitralposition (hier als Valve-in-Valve-Implantation in eine vorbestehende
biologische Mitralklappenprothese). Im Gegensatz zu den übrigen Prothesenmodellen
wird die Sapien 3 mittels eines Ballons expandiert (f). (TMVR = Kathetergestützter Mitralklappenersatz).
Aktuell existieren bereits mehr als 30 Devices, von denen einige gebräuchlichere in
[Tab. 1] zusammengefasst sind [10]
[15]
[16]
[17]
[18]. Derzeit ist das Tendyne-Device (Abbott Cardiovascular, Plymouth, USA), welches
derzeit als einziges über eine CE-Zertifizierung zum Einsatz in der klinischen Routine
verfügt, das verbreitetste Device. Des Weiteren ist auch ein „off-label-use“ mit einer Prothese für Transkatheter-Aortenklappen-Implantation, z. B. der Sapien
3 (Edwards Lifesciences, Inc., Irvine, CA, USA), möglich [19]. Die übrigen Devices befinden sich gegenwärtig in der Phase der klinischen Erprobung.
Um eine optimale Entfaltung und Verankerung des Devices zu erreichen und somit das
Risiko einer LVOT-Obstruktion oder eines paravalvulären Lecks zu reduzieren, sollte
der gewählte Zugangsweg möglichst senkrecht zum Annulus erfolgen. Hierfür kann einerseits
ein transapikaler Zugangsweg gewählt werden, da hier die gedachte zentrale Achse zwischen
Annulus und Apex des linken Ventrikels (LV) meist gut projiziert und mittels CT bestimmt
werden kann ([Abb. 4]) [20]
[21]
[22]
[23]. Anderseits stellt auch der weniger invasive transfemoral-transseptale Zugangsweg
eine Möglichkeit zur Prothesenimplantation dar, bei der keine Eröffnung des Thorax
mittels Mini-Thorakotomie wie beim transapikalen Zugangsweg erforderlich ist, womit
ein rein endovaskuläres Vorgehen möglich ist [24]. Für die Visualisierung des bestmöglichen Vorgehens hinsichtlich des Zugangs zum
linken Atrium und der Mitralklappe im Rahmen der transseptalen Punktion kann die CT
hilfreiche Zusatzinformationen bieten [10].
Abb. 4 Zugangspforten für den transapikalen Zugangsweg im CT. a Im Zweikammer-Blick kann die Annulus-Apex-Distanz (rote Linie) bestimmt werden. Diese
entspricht der Distanz von der Mitte der Mitralklappenebene (blaue Linie) und dem
LV-Apex. b Verlängert man diese Linie weiter bis sie die Thoraxwand schneidet (blauer Pfeil),
kann man die optimale Trajektion für eine TMVR im transapikalen Zugangsweg planen.
Zur korrekten Bestimmung des Interkostalraums sollte die Planung anhand eines Scans
des gesamten Thorax erfolgen. Im dargestellten Fall liegt der optimale transapikale
Zugangsweg im 5. ICR. c Dies kann durch eine 3D-Rekonstruktion visualisiert werden.
In einer Metaanalyse von del Val et al. aus 2017 betrug der Anteil an erfolgreichen Implantationen in den untersuchten Studien
ca. 92 % der insgesamt erfolgten Prozeduren. Eine LVOT-Obstruktion zeigte sich nur
bei 0,4 % der Patienten [25].
CT-Scanprotokoll
Aufgrund der Notwendigkeit der möglichst artefaktfreien Darstellung der kardialen
Strukturen über den gesamten Herzzyklus ist ein CT-Gerät mit möglichst hoher zeitlicher
Auflösung von Vorteil.
Um eine Messung in mehreren Herzphasen zu ermöglichen und dynamische Rekonstruktionen
der Mitralklappenbewegung als bewegte Bildserie über den Herzzyklus erstellen zu können,
ist mit nur wenigen Ausnahmen die Herzspirale mit retrospektivem EKG-Gating zu verwenden.
Zur Planung des kardialen Scanfensters und zur zweifelsfreien Identifikation von Kalzifikationen
der Mitralklappe sollte die ergänzende Durchführung eines kardialen Calciums-Scoring
erwogen werden [26].
Zusätzlich ist eine Darstellung des voraussichtlichen Zugangsweges sinnvoll. Bei einem
geplanten transapikalen Zugangsweg kann ggf. eine ergänzende Darstellung bzw. Rekonstruktion
des Thorax von Nutzen sein.
Optimalerweise sollte die Darstellung der kardialen Anatomie als Herzspirale mittels
retrospektivem EKG-Gating und die Darstellung des Zugangsweges als zeitlich unmittelbar
angeschlossenen ungetriggerten Scan unter Ausnutzung desselben Kontrastmittelbolus
erfolgen. Dahingehend ist eine Anpassung der Kontrastmittelmenge an die Scanzeit und
ggf. das Herz-Zeit-Volumen des Patienten zu empfehlen, um eine ausreichende Kontrastierung
zu erzielen. Der typischerweise abgeflachten Kontrastmittelkinetik bei Patienten mit
hochgradiger MI kann mit einer entsprechend hohen Flussrate (> 5 ml/s) entgegengewirkt
werden.
Die Rekonstruktion der Herzspirale sollte in 5 %-Schritten in Bezug auf das RR-Intervall
erfolgen, wobei die Verwendung einer möglichst geringen Schichtdicke und eines möglichst
kleinen Inkrements zu empfehlen sind.
Zur Verkürzung der Umschaltzeit kann es sinnvoll sein, die Scanrichtung zu variieren,
sodass z. B. die Herzspirale in kaudokranialer Scanrichtung und die des übrigen Scanvolumens
in entgegengesetzter Richtung erfolgt.
Durch die Verwendung eines Scanmodus mit retrospektivem EKG-Gating besteht eine vergleichsweise
hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine diagnostische Beurteilung der Koronararterien möglich
ist, da eine Korrektur von Arrhythmien mittels manueller Editierung der EKG-basierten
Rekonstruktionsparameter möglich ist [27]. Des Weiteren ist auch bei höheren Herzfrequenzen oder Arrhythmien eine diagnostische
Koronardarstellung in diesem Scanmodus eher möglich als bei der Nutzung prospektiver
EKG-Triggerung [28]. Daher sollte bei der Auswertung einer CT-Untersuchung zur Planung einer TMVR die
Betrachtung der Koronararterien hinsichtlich ihres Verlaufs und möglicher Stenosen
erfolgen.
Saddle-Shape vs. D-Shape
Die genaue Messung des Mitralklappenannulus steht im Zentrum der präinterventionellen
CT-Planung. Die anatomisch sattelförmige Form des Annulus erschwert die Einstellung
einer gut messbaren zweidimensionalen Ebene. Daher ist es vorteilhaft, die komplexe
3-dimensionale Form des Annulus durch Projektion geeigneter Landmarken zu einer 2-dimensionalen
Form zu vereinfachen. Diese Projektion nimmt dann die vereinfachte Form eines virtuellen
„D“ an ([Abb. 2c, d]). Bei dieser D-förmigen Konfiguration („D-Shape“) werden die Trigona fibrosa durch eine virtuelle Linie verbunden und das anteriore
Horn, welches sich nicht in der 2-dimensionalen Ebene befindet, vernachlässigt [11]
[12]. Betrachtet man die Form der am häufigsten verwendeten Devices, wie Tiara oder Tendyne,
so entspricht der Querschnitt auf Höhe der Landezone ebenfalls am ehesten einer D-förmigen
Konfiguration. Auch ist die Verwendung des „D-Shapes“ hinsichtlich der korrekten Evaluation einer möglichen LVOT-Obstruktion von Vorteil.
Durch die Vernachlässigung des anterioren Horns wird zum einen die Wahrscheinlichkeit
einer zu groß bemessenen Prothese („Oversizing“) reduziert und zum anderen, unter der Annahme einer annähernd tubulären Entfaltung
der Prothese, eine realistischere Repräsentation der tatsächlichen Lage des implantierten
Devices ermöglicht, insbesondere hinsichtlich der Lagebeziehung zum LVOT bzw. der
anzunehmenden Konfiguration des „Neo-LVOT“ nach der Implantation [29].
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Schritt-für-Schritt-Anleitung
Für die Einstellung der korrekten Annulus-Ebene ist eine dezidierte Auswertungssoftware
sinnvoll, die die Anfertigung multiplanarer Rekonstruktionen (MPR) in mehreren Ebenen
ermöglicht. Dies kann jedoch z. B. auch mit den meisten radiologischen Bildablage-
und Kommunikationssystemen (PACS) erfolgen. Hierfür empfiehlt es sich, die entsprechenden
Ebenen zu koppeln und deren Ausrichtung durch ein Fadenkreuz zu visualisieren.
Eine Bild-für-Bild-Darstellung der zuvor beschriebenen Schritte findet sich in [Abb. 5].
Abb. 5 Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Einstellung des Mitralklappenannulus in der CT:
Für jeden Einstellungsschritt sollten sämtliche verfügbaren Ebenen simultan betrachtet
werden. Hierfür ist die Verwendung eines Auswertungsprogramms mit der Möglichkeit
zur Erstellung multiplanarer Rekonstruktionen zu verwenden.
Schritt 1 (a–c): Grobe Annäherung an die Mitralklappen-Ebene: Das Fadenkreuz wird auf die Mitte
der Mitralklappenebene zentriert (a). Anschließen werden die zweite und dritte (b, c) Ebene entlang der AV-Klappenebene ausgerichtet. Hilfreich für die Ausrichtung in
basal-apikaler Richtung ist eine grobe Orientierung zum LV-Apex.
Schritt 2 (d–f): Einstellung des linken Trigonums: Im Kurzachsenschnitten wird die Lokalisation
des linken Trigonums identifiziert und das Fadenkreuz hierauf eingestellt (weißer
Pfeil in d, e, f). Dieses stellt sich bei korrekter Einstellung als triangulär konfigurierte, klar
definierte Struktur dar.
Schritt 3 (g–i): Einstellung des rechten Trigonums: Durch Rotieren der zweiten Ebene (i) wird in der Kurzachse (g) auch das rechte Trigonum fibrosum (weißer Pfeil in g, h, i) so eingestellt, bis es als klar abgrenzbare, trianguläre Struktur zu erkennen ist.
Sobald dies erfolgt ist, sind TT und somit die Septum-seitige Kontur des Mitralklappen-Annulus
korrekt eingestellt.
Schritt 4 (j–l): Einstellung der lateralen Annuluskontur: In der Kurzachse (j) wird das Fadenkreuz auf die TT eingestellt.
Diese erstellte Schnittebene ermöglicht nun die Bestimmung der relevanten Messwerte
für die Größenbestimmung der Klappenprothese ([Abb. 6]), welche analog in Systole und Diastole erfolgen sollte.
Abb. 6 Kurzachsen-Schnitt eines Mitralklappenannulus im D-Shape: Zentrale Messwerte sind
hier TT, LM und AP. (TT = inter-trigonaler Abstand, LM = Lateral-medialer Diameter,
AP = Anterior-Posteriorer Diameter).
Die gebräuchlichsten zu bestimmenden Messwerte sind in [Abb. 6] dargestellt und in Liste 1 zusammengefasst [29].
Risikofaktoren einer LVOT-Obstruktion
Risikofaktoren einer LVOT-Obstruktion
Da die LVOT-Obstruktion eine mögliche und relevante Komplikation eines TMVR darstellt,
ist die korrekte Auswahl der Prothesenart und -größe von Bedeutung.
Der native LVOT befindet sich zwischen dem basalen interventrikulären Septum und der
aortomitralen Kontinuität ([Abb. 7a]). Durch die Protrusion der Prothese in den linken Ventrikel, die resultierende Elongation
des nativen LVOT und durch die Interaktion mit dem AML wird ein sogenannter „Neo-LVOT“ gebildet ([Abb. 7b, c]).
Abb. 7 Linksventrikulärer Ausflusstrakt vor und nach TMVR und aortomitrale Angulation. CT-Schnitte
im 3-Kammerblick (a, c, d) und Kurz-Achsen-Schnitt (b) vor (a, d) und nach TMVR (b, c). a Nativer LVOT (blau schraffierte Fläche) mit gut erkennbarem AML und PML. b, c Der native LVOT (blau schraffierte Fläche) bleibt im distalen Anteil auch nach TMVR
unverändert. Nach TMVR wird jedoch die Ausflusstrakt-Anatomie durch die Begrenzung
der Klappenprothese verändert. Die laterale Kontur des nun entstehenden Neo-LVOT (rot
umrandete Fläche in b und rot schraffierte Fläche in c) wird nun durch die Klappenprothese gebildet und ist hierdurch im Vergleich zum nativen
LVOT deutlich verschmälert. d Die aortomitrale Angulation ergibt sich am Überkreuzungspunkt der Orthogonalen zur
Mitte der Aortenklappenebene (grüner Pfeil) und der Mitralklappenebene (blauer Pfeil).
In diesem Fall ergibt sich hier ein spitzer Winkel von 49°. (LVOT = linksventrikulärer
Ausflusstrakt, TMVR = Transkatheter-Mitralklappenersatz, AML = Anteriores Mitralklappensegel,
PML = Posteriores Mitralklappensegel).
Das Risiko einer Obstruktion steigt mit zunehmender Größe und Protrusion des Devices.
Grenzwerte der Fläche des „Neo-LVOT“ betragen nach aktuellem Kenntnisstand 1,7–1,9 cm2 und sind Device-spezifisch [30].
Patienten-spezifische Charakteristika umfassen unter anderem die aortomitrale Angulation
([Abb. 7 d]), die Dimension des linken Ventrikels und die Dicke des basalen Septums ([Tab. 1]).
Die aortomitrale Angulation beeinflusst die spätere Lage und Ausrichtung der Prothese.
Sie beschreibt den Winkel zwischen den jeweiligen Orthogonalen zur Mitralklappen-
und der Aortenklappenebene ([Abb. 7 d]). Theoretisch wäre eine annähernd parallele Ausrichtung beider Achsen optimal, wohingegen
das Risiko einer Obstruktion deutlich steigt, wenn sich diese 90° annähert oder überschreitet
[29]
[31].
Auch eine Hypertrophie des basalen interventrikulären Septums (> 15 mm) kann zu einer
Einengung des LVOT (bzw. des Neo-LVOT) führen. Zudem stellt ein kleines LV-Cavum einen weiteren Risikofaktor hierfür dar.
Bei Patienten mit sekundärer MI ist der LV meist deutlich dilatiert, wohingegen bei
Patienten mit primärer MI die meist hyperdynamische LV-Funktion systolisch zu einer
Verkleinerung des LV-Cavums führt [12].
Landezone – „landing zone“
Landezone – „landing zone“
Die CT liefert auch Informationen zur sogenannten Landezone – „landing zone“ des Devices. Viele Faktoren, wie das Vorhandensein/die Verteilung einer annulären
Kalzifizierung oder die Entstehung eines „myocardial shelf“, beeinflussen diese.
Myocardial shelf
Von Bedeutung bei der präinterventionellen Planung ist der anatomische Unterschied
der Landezone bei primärer oder sekundärer MI. Die sekundäre MI geht oft mit regionalen
Wandbewegungsstörungen und einer Dilatation des LV einher. Dies führt einerseits zu
einer Verlagerung der Papillarmuskeln und letztendlich zur Annulusdilatation. Andererseits
wird durch Remodelling des basalen Myokards auch die eigentlich lineare Verbindung
zwischen linksatrialem und linksventrikulärem Myokard gestört, woraus das sogenannte
„myocardial shelf“ entsteht. Die Größe des „myocardial shelfs“ ist von verschiedenen Faktoren abhängig; typischerweise ist es bei Vorliegen einer
LV-Dilatation in Kombination mit einem Hinterwandinfarkt am größten. Wichtig ist,
dass auch das „myocardial shelf“ einer dynamischen Größenänderung unterliegt und systolisch sogar gänzlich verschwinden
kann. Die Bestimmung des genauen Ausmaßes des „myocardial shelf“ ist dahingehend von Bedeutung, dass bei einigen selbstexpandierenden Systemen ein
persistierendes Shelf zur Verankerung benötigt wird. Bei Patienten mit primärer MI
ist typischerweise kein „myocardial shelf“ vorhanden [29]
[32]
[33].
Mitralklappenkalk
Kalzifikationen des Mitralklappenannulus, der Trigona fibrosa oder der Klappensegel
können die Interventionsplanung ebenfalls beeinflussen und lassen sich mittels der
CT gut visualisieren ([Abb. 8]). Meist finden sich Verkalkungen im posterioren Anteil des Annulus fibrosus und
liegen insbesondere bei älteren Patienten vor [34]
[35].
Abb. 8 Deutlich kalzifizierter Mitralklappenannulus (blaue Pfeile). Sowohl im Kurzachsenschnitt
(a) als auch im Dreikammer-Blick (b) sind ausgeprägte Verkalkungen des Mitralklappenannulus (blaue Pfeile) zu erkennen.
Am ausgeprägtesten sind diese nahe der Segmente P2 und P3. In diesem Fall handelt
es sich um sogenannte „verkäsende Kalzifikationen“ des Mitralklappenannulus (blauer
Pfeil in b).
Computertomografisch eignet sich insbesondere die Darstellung in Kurzachsenschnitten
([Abb. 8a]) zur Beschreibung der Kalzifikationen. Laut Guerrero et al.
[36] fand sich ein Zusammenhang von geringen Kalzifikationen der Mitralklappe und einer
erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Migration des TMVR-Device, wobei hierfür zur Quantifizierung
und standardisierten Erfassung der Kalzifikationen ein Score verwendet wurde. Dieser
Score bezieht sich auf die Dicke der annulären Verkalkungen, deren Ausdehnung in Bezug
auf die Zirkumferenz, die Beteiligung der Trigona und die Klappensegel [36].
Annulus-Apex-Verbindung
Die Orientierung und die Länge der Annulus-Apex-Linie stellen ([Abb. 4a]) für die Planung der TMVR eine weitere relevante Information dar. Hierfür wird eine
orthogonale Verbindungslinie von der Mitte der Mitralklappenebene zur epikardialen
Kontur des LV-Apex gezogen ([Abb. 4a]) [31]. Dies erleichtert die Planung eines transapikalen Zugangsweges, da hier die notwendige
Länge und die Orientierung der Schleuse beurteilt werden können ([Abb. 4]).
Die Lokalisation des LV-Apex in Bezug zur Mitte der Mitralklappenebene kann inter-individuell
variieren [31]. Eine Visualisierung der tatsächlichen Lageverhältnisse kann Informationen darüber
geben, ob ein Abweichen von einem streng transapikalen Zugangsweg eine bessere Ausrichtung
der Schleuse ermöglicht.
In Verlängerung der Annulus-Apex-Linie sollte der entsprechende Interkostalraum angegeben
werden, in dem diese die Thoraxwand schneidet ([Abb. 4b]). Dies kann bei der Planung des genauen transapikalen Zugangsweges hilfreich sein.
Zur Illustration ist eine 3D-Rekonstruktion besonderes geeignet ([Abb. 4c]).
Report und Dokumentation
Aufgrund der Komplexität der Auswertung ist zur besseren Übersicht die Verwendung
einer standardisierten Befundvorlage und einer einheitlichen Bilddokumentation zu
empfehlen.
Einerseits sollten zur generellen Übersicht MPRs im Kurzachsenschnitt sowie im 2-
und 3-Kammer-Schnitt angefertigt werden. Andererseits sollten auch bewegte Bildserien
über den Herzzyklus entlang des Mitralklappenannulus sowie im 2-Kammer- und 3-Kammer-Blick
zur Visualisierung der Dynamik und anatomischer Veränderungen innerhalb des Herzzyklus
erstellt werden.
Es ist empfehlenswert, die Messung des Mitralklappenannulus anhand der zuvor beschrieben
standardisierten Einstellung der Mitralklappen-Ebene und im „D-Shape“ durchzuführen. Eine Übersicht relevanter Messwerte findet sich in Liste 1, diese
sollten anschließend an die Messungen auch als Bildbefund dokumentiert werden.
Liste 1: Relevante Parameter für die Befundung eines TMVR-Planungs-CT
Mitralklappenannulus (Ausmessung in Diastole und Systole)
-
TT, AP, LM
-
Perimeter und Fläche
-
Morphologie der Leaflets
Zusätzliche Parameter
LVOT (Ausmessung in Systole und Diastole)
-
Minimaler/maximaler Diameter
-
Perimeter und Fläche
-
Aortomitrale Angulation
-
Enddiastolische Septumdicke
-
Minimaler Durchmesser des LV
Landungszone
Zugangsweg
-
Transapikal: Annulus-Apex-Abstand, ICR für optimale Trajektion
-
Transfemoral-transseptal: Verlauf der Vv. femorales, Vv. Iliacales und der V. cava
inferior
Sonstiges
Koronarien
Thorax/Abdomen
(TMVR = Transkatheter Mitralklappenersatz, TT = inter-trigonale Distanz, AP = Anterior-posteriorer
Diameter, LM = Latero-medialer Diameter, ICR = Interkostalraum, LV = Linker Ventrikel,
LVOT = Linksventrikulärer Ausflusstrakt, KHK = Koronare Herzkrankheit).
Zusammenfassung
Die CT stellt das zentrale bildgebende Verfahren zur Planung der TMVR dar. Sowohl
eine Visualisierung der anatomischen Verhältnisse als auch eine individuelle und patientenzentrierte
interventionelle Planung und Prothesenauswahl sind mit dieser Bildgebungsmodalität
zuverlässig möglich.
Die Einstellung des Mitralklappenannulus sollte aus Gründen der Reproduzierbarkeit
der zweidimensionalen Größenbestimmung in einer D-Shape-Konfiguration und anhand klarer anatomischer Landmarken erfolgen. Kalzifizierungen
des Annulus können computertomografisch sehr gut eingeschätzt und hinsichtlich Lage
und Verteilung klar beschrieben werden.
Des Weiteren erlaubt die CT eine detaillierte Darstellung von Größe und Konfiguration
des LVOT und erlaubt somit die Wahrscheinlichkeit einer postinterventionellen LVOT-Obstruktion
abzuschätzen.
Sowohl für einen transapikalen als auch für einen transfemoral-transseptalen Zugangsweg
stehen geeignete Visualisierungsmöglichkeiten zur Verfügung, welche die Planung des
optimalen interventionellen Vorgehens ermöglichen.
Die erhobenen Messwerte und qualitativen Aussagen zur Interventionsplanung sollten
in einem standardisierten Befundtext erfasst werden.