Osteologie 2022; 31(01): 64-65
DOI: 10.1055/a-1725-1936
Gesellschaftsnachrichten
Informationen der Arbeitsgemeinschaft Knochentumoren e. V.

Tagungsbericht Herbsttagung der Arbeitsgemeinschaft Knochentumoren 2021 in Dresden

 

    Die 97. Arbeitstagung der AG Knochentumoren konnte vom 8. bis 9. Oktober 2021 in Dresden am UniversitätsCentrum für Orthopädie, Unfall- und plastische Chirurgie erstmals wieder als Präsenztagung unter 3G-Regeln bei 7-Tage-Inzidenzwerten von 88 stattfinden.


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    Die Tagung wurde von Prof. Klaus Schaser zusammen mit Dr. Hagen Fritzsche/Orthopädie und Dr. Jessica Pablik/Pathologie organisiert. Für den reibungslosen Ablauf der ersten Präsenztagung unter Corona-Bedingungen sorgten die Mitarbeiterinnen aus dem administrativen Management des Centrums für Orthopädie mit grosser Umsicht, so dass auch im Anschluss an die Tagung keine Infektionen unter den Teilnehmenden zu registrieren waren.

    Die Tagung begann am 8.10. um 15.00Uhr mit der Vorstandssitzung, an die sich ab 16:00 Uhr die Präsentation und Diskussion spontan mitgebrachter oder vorab angemeldeter ad-hoc Fällen mit aktuellen diagnostischen oder therapeutischen Problemen anschloss.

    Insgesamt wurden 4 ad-hoc Fälle präsentiert.

    Der erste Fall betraf eine 16 Jahre alte Patientin, die seit 4 Monaten eine schmerzlose Schwellung über dem rechten Schienbein bemerkte. Seit einigen Tagen verspürte sie ausserdem ein Druckgefühl. Bei der radiologischen Untersuchung wurde der Verdacht auf das Vorliegen eines Knorpeltumors geäussert. Wegen der klinischen Beschwerden kam trotz des Alters ein atypischer cartilaginärer Tumor (ACT; früher Chondrosarkom Grad1) der rechten Tibia in Betracht. Da bei radiologischen Kontrollen kaum eine Progredienz festgestellt werden konnte, wurde nach Diskussion der Befunde empfohlen, zunächst weiter zu kontrollieren und bei Progredienz eine «verzögerte» Kürettage vorzunehmen. Der Fall soll ausserdem an der nächsten Sitzung in Basel unter Kenntnis des Verlaufes ausführlicher diskutiert werden.

    Als Nächstes wurde der Fall einer 54-jährige Frau mit einem tumorverdächtigen, offenbar knochenbildenden Befund an der linken distalen Tibia mit Übergreifen auf die Weichteile vorgestellt, bei dem zunächst an ein Osteoblastom gedacht wurde, nach Diskussion jedoch auch ein Osteosarkom in Frage kam. Auch dieser Fall soll nach Vorliegen der Biopsie nochmals diskutiert werden.

    Der 3. Fall betraf einen 31 Jahre alten Mann mit Schmerzen im Köpfchen des Metacarpale IV. Die Histologie ergab zunächst eine unspezifische Osteosklerose. Erst bei Kontrollen nach Kürettage konnte die eigentliche Schmerzursache, ein Osteoid-Osteom im Köpfchen des Metacarpale IV, mittels CT gesichert werden. Primär entzog sich der Befund wie häufig in dieser Lokalisation dem einfachen röntgenologischen Nachweis.

    Der letzte Fall wurde bei einem 35-jährigen Mann beobachtet, bei dem bereits in Syrien ein Chondroblastom des Beckens diagnostiziert und offenbar inkomplett reseziert worden war. Zwischenzeitlich zeigte der Tumor ein Rezidiv mit extensiver Grössenzunahme. Diskutiert wurde, ob sich die Situation noch durch eine alleinige orthop.-chirurgische Therapie kontrollieren lässt. Eine erneute Vorstellung im Rahmen der regulären Falldiskussion ist für die Frühjahrstagung geplant.

    Nach Diskussion der ad-hoc-Fälle gab Prof. Schaser einen kurzen Überblick über die Geschichte und Entwicklung der Universitätsklinik in Dresden (Einzelheiten siehe Homepage des Universitätsklinikums Dresden: https://www.uniklinikum-dresden.de/de/das-klinikum/geschichte).

    Daran schlossen sich die wissenschaftlichen Vorträge an, die neben einem klinisch orientierten Vortrag auch Themen aus der präklinischen Forschung und molekularpathologischen Diagnostik beinhalteten:

    • Navigation und 3D-Imaging in der muskuloskeletalen Tumorchirurgie K.-D. Schaser, H. Fritzsche, A. Weidlich, D. Winkler, A. Pape, UniversitätsCentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    • Tumor-Organoide als präklinische Tumormodelle: Implikationen für Knochen- und Weichteilsarkome? C. Ball, Experimentelle Translationale Onkologie, Abteilung Translationale Medizinische Onkologie, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Dresden

    • Der diagnostische Stellenwert der Isocitrat-Dehydrogenase-Mutationen beim Chondrosarkom. T. Juratli, Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

    Die Kurzfassungen der Vorträge sind im Anschluss an den Tagungsbericht zu finden.

    Das anschliessende gemeinsame Abendessen in einem italienischen Restaurant am Elbufer bot endlich wieder einmal nach überwiegend virtuellen «Begegnungen» Gelegenheit für persönliche Gespräche und einen regen Gedankenaustausch.

    Der Samstag begann wie üblich um 8:30 Uhr mit der nicht öffentlichen Mitgliederversammlung, die wegen zahlreicher Tagesordnungspunkte, über die in den vergangenen ZOOM-Tagungen nicht abgestimmt werden konnte, diesmal etwas länger dauerte.

    Erster Tagesordnungspunkt war die Aufnahme neuer Mitglieder, die aus Corona-geschuldeten, satzungstechnischen Gründen mehrfach verschoben werden musste.

    Insgesamt wurden mit Dr. Thomas Breining, Radiologie, Univ.-Klinik Ulm, Dr. Hagen Fritsche und PD Dr. Christine Hofbauer, beide Orthopädie, Univ.-Klinik Dresden, Dr. Jessica Pablik, Pathologie, Univ.-Klinik Dresden, Dr. Dorothee Harder, Radiologie, Univ.-Spital Basel, Dr. Timo Lübben, Orthopädie, Orthopädische Praxis u. Marienhospital, Gelsenkirchen und Prof. Dr. Frank Traub, Orthopädie, Universitätsmedizin Mainz, 7 Kolleginnen und Kollegen neu in die Arbeitsgemeinschaft aufgenommen.

    Ein weiterer wichtiger Tagesordnungspunkt war die Änderung der Satzung, die notwendig wurde, um die Arbeits-und Beschlussfähigkeit der AGKT auch unter Coronabedingungen oder anderen, eine Präsenztagung verhindernde Bedingungen ohne zusätzlichen massiven Aufwand sichern zu können und regelkonforme virtuelle Tagungen zu ermöglichen.

    In der anschliessenden Falldiskussion wurde in Nachträgen zu 8 älteren Fällen über Verläufe und Zusatzuntersuchungen berichtet sowie 10 neue Fälle teils sehr ausführlich diskutiert.

    Davon betraf ein Fall das Becken, 9 Fälle die langen Röhrenknochen (4x Femur, 2x Tibia, 1x Fibula, 1x Humerus, 1x Radius). Betroffen waren jeweils 5 Frauen und 5 Männer im Alter von 14 bis 71 Jahren. 5 Patienten waren unter 30 Jahre alt. 5 Läsionen waren gutartig (zwei aneurysmatische Knochenzysten, ein intraossäres Schwannom, ein phosphaturischer mesenchymaler Tumor, eine periostale Reaktion bei Sapho-Syndrom). Eine Läsion liess sich nicht abschliessend klassifizieren und in ihrer Dignität einordnen sodass weitere Untersuchungen notwendig sind. Die Läsion präsentierte sich zunächst als leicht sklerosierte Läsion mit einer pathologischen Humerusfraktur, entwickelte im weiteren Verlauf das Bild einer «solitären Knochenzyste» und zeigte histologisch umschriebene solidere Anteile sowie eine NFATC2-Translokation.

    Zwei Tumoren wurden als lokal aggressiv (atypischer cartilaginärer Tumor/früher: Chondrosarkom G1) bzw. lokal aggressiv und selten metastasierend (Riesenzelltumor) eingeordnet. Bei zwei weiteren Tumoren handelte es sich um high-grade Osteosarkome, eines davon auf dem Boden eines M. Paget.

    Am Ende der Sitzung wurde der Fall 1138 (Lokal aktiver, nicht sicher klassifizierbarer SKZ-ähnlicher Tumor mit NFATC2-Translokation), vorgestellt von Prof. Wolfgang Hartmann und Dr. Niklas Deventer/Essen sowie Dr. Volker Vieth/Ibbenbüren, mit dem Preis der AGKT als beste Fallpräsentation ausgezeichnet.

    Die Tagung wurde um 14.00 Uhr mit einem herzlichen Dank an die Veranstalter für die hervorragende, gerade unter Coronabedingungen nicht einfache Organisation und umsichtige Betreuung beendet.

    Die nächste Tagung ist für den 18./19. März in Basel geplant. Einzelheiten sind auf der Homepage der AG Knochentumoren zu finden (www.agkt.org).

    Falls Interesse besteht, als Gast an den Tagungen der AG Knochentumoren teilzunehmen, können weitere Informationen über das Sekretariat der AGKT in Basel oder über die Homepage abgerufen werden.


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    Publication History

    Article published online:
    21 February 2022

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